OGH 10ObS241/93

OGH10ObS241/931.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinz Paul (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr.Renate Klenner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef G***** Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Heinz Wille, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65, wegen Integritätsabgeltung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25.August 1993, GZ 31 Rs 53/93-33, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 17.September 1992, GZ 13 Cgs 23/91-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die dem Obersten Gerichtshof als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vorgelegten Akten

a) 13 Cgs 23/91 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien,

b) L 13.902/85 der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (Landesstelle Linz) und

c) 31 Rs 53/93 des Oberlandesgerichtes Wien werden dem Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen zur amtswegigen Berichtigung seines Urteils vom 25. August 1993, 31 Rs 53/93-33, durch Beisetzen des Ausspruches, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000 S übersteigt, falls dies nicht zutrifft, auch des kurz zu begründenden Ausspruches, ob die Revision nach § 46 Abs 1 Z 1 ASGG zulässig ist, zurückgestellt.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 9.1.1991 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägers auf Gewährung einer Integritätsabgeltung gemäß § 213a ASVG für die Folgen des Arbeitsunfalls vom 7.3.1985 ab.

Das Erstgericht wies das auf Gewährung einer Integritätsabgeltung im gesetzlichen Ausmaß gerichtete Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Sein Urteil enthält keine Aussprüche gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 2 ASGG.

Rechtliche Beurteilung

Das Revisionsgericht kann über die ihm mit den im Spruch angeführten Akten vorgelegte Revision des Klägers aus folgenden Gründen noch nicht entscheiden.

Die vorliegende Rechtssache ist eine Rechtsstreitigkeit (zwischen einem Versicherten und einem Träger der Unfallversicherung) über den Bestand und den Umfang des Anspruchs auf eine Versicherungsleistung, und zwar auf eine Integritätsabgeltung gemäß § 213a ASVG. Es handelt sich daher um eine Sozialrechtssache iS des § 65 Abs 1 Z 1 ASGG (vgl SSV-NF 6/61 und 89 jeweils mwN; Reischauer, DRdA 1992, 324/327/; Grillberger, österreichisches Sozialrecht2, 71).

Für Sozialrechtssachen gelten ua die §§ 45 und 46 ASGG. Nach § 45 hat das Berufungsgericht in seinem Urteil auszusprechen, 1. wenn der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000 S übersteigt; 2. wenn der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000 S nicht übersteigt, ob die Revision nach § 46 Abs 1 Z 1 (ASGG) zulässig ist (Abs 1). Der letztgenannte Ausspruch ist kurz zu begründen (Abs 2 Satz 2). In Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen haben diese Aussprüche zu unterbleiben (Abs 4). Nach § 46 ist die Revision nur zulässig, wenn 1. die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt,... oder 2. der Streitwert, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert insgesamt 50.000 S übersteigt (Abs 1). In Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen ist die Revision auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 zulässig (Abs 3).

Wenn die im § 213a Abs 1 ASVG genannten Voraussetzungen vorliegen, gebührt eine angemessene Integritätsabgeltung. Diese wird nach Abs 2 leg cit als einmalige (Geld)Leistung gewährt, die das Doppelte des bei Eintritt des Versicherungsfalles nach § 178 Abs 2 ASVG jeweils geltenden Betrages nicht überschreiten darf und entsprechend der Schwere des Integritätsschadens abzustufen ist.

Im vorliegenden Fall wies das Erstgericht ein auf eine Integritätsabgeltung im gesetzlichen Ausmaß gerichtetes Klagebegehren eines Versicherten ab, das iS des für Sozialrechtssachen geltenden § 82 Abs 1 bis 3 ASGG auch mangels Anführung eines bestimmten Geldbetrages hinreichend bestimmt war. Obwohl ein Begehren "im gesetzlichen Ausmaß" nach § 82 Abs 4 ASGG so zu verstehen ist, daß es auf das für den Versicherten Günstigste gerichtet ist, bestand der Gegenstand des erstgerichtlichen Urteils und infolge dessen gänzlicher Anfechtung in der Berufung auch der Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichtes nicht in einem Geldbetrag. Das Klagebegehren, in dem kein Geldbetrag genannt war, wurde ohne Erörterung der Höhe des Anspruches deshalb abgewiesen, weil nicht bewiesen werden konnte, daß der Arbeitsunfall durch die grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften verursacht wurde.

Da es sich bei der als einmalige Leistung zu gewährenden Integritätsabgeltung um keine wiederkehrende Leistung handelt, hätte das Berufungsgericht in seinem Urteil jedenfalls den im § 45 Abs 1 Z 1 ASGG vorgeschriebenen Bewertungsausspruch, allenfalls auch den kurz zu begründenden Zulässigkeitsausspruch iS der Z 2 der zit Gesetzesstelle vornehmen müssen.

Die Unterlassung dieses notwendigen Ausspruches bzw dieser notwendigen Aussprüche des Berufungsgerichtes stellen eine offenbare Unrichtigkeit in dessen Urteil dar, die nach dem gemäß § 2 Abs 1 ASGG auch in Sozialrechtssachen anzuwendenden § 419 ZPO berichtigt werden kann und muß (zB SSV-NF 2/1, 3/12 und 153; zuletzt 23.2.1993, 10 Ob S 17/93).

Dazu werden die Akten dem Berufungsgericht zurückgestellt.

Sollte das Berufungsgericht aussprechen, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000 S nicht übersteigt und daß die Revision nach § 46 Abs 1 Z 1 ASGG nicht zulässig ist, dann wäre dem Kläger Gelegenheit zu geben, seine Revision, die dann eine außerordentliche wäre, nach dem gemäß § 2 Abs 1 ASGG auch in Sozialrechtssachen anzuwendenden § 506 Abs 1 Z 5 ZPO durch die Gründe zu ergänzen, warum, entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, die Revision für zulässig erachtet wird (zB die im vorigen Abs angeführte Rsp).

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