OGH 10ObS2329/96i

OGH10ObS2329/96i12.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Danzl sowie die fachkundigen Laienrichter Hofrat Mag. Kurt Resch (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Wilhelm Patzold (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Norbert K*****, ***** vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram und Dr. Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. April 1996, GZ 8 Rs 76/96x-35, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 5. September 1995, GZ 24 Cgs 157/94t-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 6.5.1942 geborene Kläger war im maßgeblichen Beurteilungszeitraum der letzten fünfzehn Jahre vor Antragstellung überwiegend als Lagerarbeiter tätig. Er leidet ua seit Jahren an einer insulinpflichtigen Zuckerstoffwechselstörung in Form eines labilen Diabetes. Im Rahmen eines achtstündigen Arbeitstages muß er dreimal, und zwar am Vormittag, zu Mittag und am Nachmittag, eine Blutzuckerkontrolle durchführen, bei der er sich in den Finger stechen und einen Bluttropfen in einem Apparat auswerten muß. Hiefür ist ein Zeitaufwand von jeweils fünf Minuten anzusetzen; ein eigener Raum muß nicht aufgesucht werden. Auf Grund der Zuckerkrankheit und damit einhergehender Blutzuckerentgleisungen, die einen stationären Aufenthalt erfordern, sind beim Kläger Krankenstände im Ausmaß von drei Wochen pro Jahr zu erwarten.

Trotz des vom Erstgericht im einzelnen festgestellten eingeschränkten medizinischen Leistungskalküls ist der Kläger in der Lage, Hilfstätigkeiten in den Tätigkeitsbereichen Werkstückmontage (Kleinwerkstückmontage) und unqualifizierte Fertigungsprüfung diverser Wirtschaftsbranchen (zB in der Metall- und Elektrobranche beim Zusammenbau von Kleinwerkstücken), in der Kunststoffbranche bei der händischen Nachbearbeitung von Werkstücken aus Kunststoff, in der Elektrobranche sowie im Rahmen der optischen Fertigungskontrolle auszuüben, da es sich hiebei allesamt um Arbeiten mit leichter körperlicher Belastung, vorwiegend im Sitzen, ohne Kundenkontakt und ohne besonderes Kommunikationserfordernis, Diäteinhaltungs- und Durchführungsmöglichkeit der erforderlichen Blutzuckerkontrollen (auch ohne besonderes Entgegenkommen des Dienstgebers) handelt.

Mit Bescheid vom 8.11.1993 hat die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Zuerkennung einer Invaliditätspension mangels Invalidität abgelehnt.

Sowohl das Erst- als auch das Berufungsgericht haben das hiegegen erhobene Klagebegehren, mit dem auch ein Antrag auf Gewährung einer vorläufigen Zahlung in Höhe von S 15.000 pro Monat verbunden worden war, abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte, gemäß § 46 Abs 3 Z 3 ASGG auch ohne Vorliegen der in Abs 1 leg cit genannten Gründe zulässige und von der beklagten Partei nicht beantwortete Revision ist nicht berechtigt.

1. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird - entgegen der Nennung dieses Revisionsgrundes zu Beginn der Rechtsmittelschrift - nicht ausgeführt und liegt auch nicht vor (§ 510 Abs 3 Z 3 ZPO).

2. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend (§ 48 ASGG). Schon in der Entscheidung SSV-NF 4/10 hat der Senat ausgesprochen, daß das Erfordernis von zwei bis drei zusätzlichen Pausen in der Dauer von je fünf bis sieben Minuten während eines Arbeitstages zur Blutzuckerbestimmung bei Vorhandensein eines ausreichenden Verweisungsfeldes nicht arbeitsmarktausschließend ist. Gleiches wurde in der Entscheidung SSV-NF 4/15 auch bei einem Versicherten, der wegen instabilem Diabetes zum Messen des Blutzuckers (und der Verabreichung von Insulin) über die gesetzlichen Arbeitspausen hinaus zusätzliche Arbeitspausen von zumindest fünfzehn Minuten benötigt, wiederholt; ebenso auch in der Entscheidung SSV-NF 6/66 bei einem Erfordernis zusätzlicher Kurzpausen in der Gesamtdauer bis zu zwanzig Minuten zur Blutzuckerkontrolle (und allfälligen Insulinzuführung). Mit diesen Entscheidungen stehen jene der Vorinstanzen in Übereinstimmung. Dagegen vermag die Revision keine stichhaltigen Gründe vorzubringen.

Daß Krankenstandserwartungen von bloß drei Wochen jährlich keinen Ausschluß vom allgemeinen Arbeitsmarkt bewirken, entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung (SSV-NF 6/70, 6/82, 7/76, 10 ObS 42/96 uva). Soweit von einer höheren Krankenstandsdauer ausgegangen wird, entfernt sich der Revisionswerber von den Feststellungen der Vorinstanzen und bringt damit seine Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Dies gilt auch für die Behauptung, daß eine betriebliche Kommunikation mit dem Kläger leidensbedingt wesentlich erschwert (und deshalb seine verbleibende Restarbeitsfähigkeit unverwertbar) sei. Demgegenüber hat das Erstgericht - von ihm unbekämpft - ausdrücklich die Feststellung getroffen, daß es bei den festgestellten (und von ihm gleichfalls unbekämpft gelassenen) Verweisungsberufen gerade kein besonderes Kommunikationserfordernis (etwa durch Kundenkontakt) gibt und es auch eines besonderen Entgegenkommens des jeweiligen Dienstgebers (zur Durchführung der kurzzeitigen Pausenunterbrechungen während der Arbeit) nicht bedarf (siehe hiezu erneut SSV-NF 4/10).

Der Revision war daher aus allen diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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