Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 29.Jänner 1986 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen vorübergehender Invalidität für die Zeit vom 1.Oktober 1985 bis 30.September 1986 die Invaliditätspension. Mit Bescheid vom 19. Dezember 1986 wies sie den vom Kläger am 15.Juli 1986 gestellten Antrag auf Weitergewährung der Invaliditätspension ab. Das Erstgericht wies das auf Weitergewährung der Invaliditätspension gerichtete Klagebegehren ebenfalls ab. Es stellte hiezu im wesentlichen folgendes fest:
Der am 2.Juli 1935 geborene Kläger erlernte keinen Beruf und war seit 1960 als Elektromonteurhelfer beschäftigt. Er kann auf Grund seines - im einzelnen näher beschriebenen geistigen und körperlichen Zustands - ganztägig leichte Arbeiten mit den üblichen Pausen und stundenweise auch mittelschwere Arbeiten verrichten. Die mittelschweren Arbeiten dürfen nicht mehr als ein Drittel der Gesamtarbeitszeit ausmachen, können aber im Sitzen, Stehen und Gehen ausgeführt werden. Zu Außenarbeiten ist er nur bei günstiger Witterung imstande, jedenfalls ist der Schutz vor Kälte, Nässe und Zugluft wichtig. Arbeiten, die mit häufigem Bücken verbunden sind, sowie das Heben und Tragen schwerer Lasten sind zu vermeiden. Er soll zumindest fünf verhältnismäßig kleine Mahlzeiten regelmäßig über den Tag verteilt einnehmen und die Möglichkeit zu einem warmen Mittagessen haben. Der Arbeitsweg von der Wohnung zu einem öffentlichen Verkehrsmittel und von diesem zum Arbeitsplatz ist auf jeweils 1.000 m eingeschränkt. Für die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels bestehen hingegen keine Einschränkungen. Zu Arbeiten, die eine besondere Fingerfertigkeit verlangen, ist der Kläger nicht mehr imstande, weshalb auch Fließbandarbeiten ausscheiden. Auf Grund dieses Leistungskalküls kann der Kläger zwar keine Monteurtätigkeiten mehr verrichten, er kann aber noch die Berufstätigkeit eines Fabriksportiers, Wacheorgans, Bürodieners oder Aufsehers ausüben.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß der Kläger nicht invalid im Sinn des für ihn maßgebenden § 255 Abs 3 ASVG sei, weil ihm noch die angeführten Berufstätigkeiten zugemutet werden könnten. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es war der Meinung, daß Feststellungen zum Berufsbild der vom Erstgericht angeführten Tätigkeiten nicht erforderlich seien, weil dieses bekannt sei. Es handle sich dabei um einfache Hilfs- und nicht um Angestelltentätigkeiten, die schon nach kurzer Unterweisung ausgeübt werden könnten, weshalb sich der Kläger hierauf verweisen lassen müsse.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes erhob der Kläger Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern oder es (aufzuheben und die Rechtssache) zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Gemäß § 256 ASVG kann bei vorübergehender Invalidität die Invaliditätspension für eine bestimmte Frist zuerkannt werden. Besteht nach Ablauf dieser Frist Invalidität weiter und wurde die Weitergewährung der Pension spätestens innerhalb eines Monates nach deren Wegfall beantragt, so ist die Pension für die weitere Dauer der Invalidität zuzuerkennen.
Wird eine zeitlich begrenzte Invaliditätspension zuerkannt, fällt sie nach Ablauf der Frist weg, ohne daß es eines weiteren behördlichen Aktes bedarf (in diesem Sinn auch die EB zur RV des ASVG 599 BlgNR 7.GP 86). Die Zuerkennung der zeitlich begrenzten Invaliditätspension wirkt daher zumindest für die Frage der Invalidität nicht über die Frist hinaus, weil gerade die Tatsache, daß es sich um eine bloß vorübergehende Invalidität handelt, der Grund und die Voraussetzung für die zeitliche Begrenzung der Pension war. Dem steht nicht entgegen, daß das im § 256 ASVG verwendete Wort "Weitergewährung" auf einen gewissen Zusammenhang mit der zuerkannten Invaliditätspension hindeutet, weil eine andere Auslegung mit dem Zweck der Zuerkennung einer zeitlich begrenzten Invaliditätspension nicht vereinbar wäre. Ob etwas ande es für die Erfüllung der allgemeinen Voraussetzung für den Leistungsanspruch zutrifft (vgl. hiezu die E des Oberlandesgerichtes Wien SSV 11/53), muß hier nicht geprüft werden.
Der Anspruch auf Weitergewährung der Invaliditätspension hängt daher davon ab, ob der Versicherte nach Ablauf der Frist, für die sie zuerkannt wurde, (noch, erstmals oder wieder) als invalid im Sinne des § 255 ASVG gilt. Ein Vergleich mit den Verhältnissen zur Zeit der Zuerkennung der Invaliditätspension, wie er bei der Entziehung einer Leistung notwendig ist (SSV-NF 1/43; vgl. auch SSV-NF 1/44) ist nicht anzustellen (so schon die ständige Rechtsprechung des OLG Wien SSV 1/65, 2/206, 24/9 ua). Die Vorinstanzen prüften die Frage der Invalidität des Klägers daher zutreffend auf Grund der Verhältnisse, die sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung erster Instanz ergaben. Geht man von den hiezu vom Erstgericht getroffenen unbekämpft gebliebenen Feststellungen aus, so haben sie auch den Anspruch des Klägers auf Weitergewährung der Invaliditätspension mit Recht verneint. Es ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß schon auf Grund der Tatsachen, die bei Gericht für die vom Erstgericht festgestellten Verweisungsberufe offenkundig sind, verläßlich beurteilt werden kann, ob dem Kläger die Ausübung dieser Berufstätigkeiten im Hinblick auf sein Leistungskalkül zugemutet werden darf. Sind aber die Aufwendungen in den Verweisungsberufen offenkundig, dann bedarf es der vom Kläger in diesem Zusammenhang geforderten Feststellungen nicht (§ 2 Abs 1 ASGG iVm § 269 ZPO). Auf Grund dieser offenkundigen Tatsachen kann gesagt werden, daß dem Kläger zwar möglicherweise, nämlich soweit es sich um Außendienst handelt, die Tätigkeit eines Wacheorgans nicht mehr zugemutet werden darf, weil dabei der notwendige Schutz vor Kälte, Nässe und Zugluft nicht gewährleistet sein und der Ausübung dieser Berufstätigkeit auch die Einschränkung bei der Zurücklegung von Wegstrecken entgegenstehen könnte. Wohl aber ist das Leistungskalkül des Klägers mit der Tätigkeit eines Portiers, Bürodieners oder Aufsehers vereinbar, weil dabei über leichte Arbeiten hinausgehende Arbeiten nicht zu verrichten, schwerere Lasten nicht zu heben, Außenarbeiten nicht notwendig und besondere Anforderungen an die Gehleistung oder die Fingerfertigkeit nicht zu stellen sind. Da es sich bei diesen Berufstätigkeiten nicht um Angestelltentätigkeiten handelt, muß auf die in der Revision angeschnittene Frage, ob der Kläger auf solche Tätigkeiten verwiesen werden dürfte, nicht eingegangen werden.
Der Kläger kann durch die zuletzt angeführten Berufstätigkeiten, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet werden und die ihm unter billiger Berücksichtigung der von ihm ausgeübten Tätigkeiten zugemutet werden können, wenigstens die Hälfte des Entgelts erwerben, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch solche Tätigkeiten zu erzielen pflegt, weshalb die Vorinstanzen zutreffend zu dem Ergebnis kamen, daß er nicht als invalid im Sinn des für ihn maßgebenden § 255 Abs 3 ASVG gilt. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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