Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die am 16. 6. 1944 geborene Klägerin stellte am 30. 5. 2000 bei der beklagten Partei den Antrag auf Gewährung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit. Maßgebender Stichtag für die Zuerkennung der beantragten Pensionsleistung ist somit der 1. 6. 2000.
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 14. 7. 2000 wurde dieser Antrag der Klägerin unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 253d, 587 Abs 4 ASVG ohne Überprüfung der allgemeinen und besonderen Anspruchsvoraussetzungen mit der Begründung abgelehnt, dass Anträge auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, die nach dem 23. 5. 2000 und vor dem 2. 6. 2000 gestellt wurden, als Anträge auf Invaliditätspension gemäß § 255 Abs 4 ASVG in der ab 1. 7. 2000 geltenden Fassung zu werten seien. Der Anspruch auf Invaliditätspension gemäß § 255 Abs 4 ASVG sei unter anderem an die Voraussetzung geknüpft, dass der (die) Versicherte das 57. Lebensjahr vollendet habe. Da die Klägerin das 57. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, sei ihr Antrag abzulehnen.
Das Erstgericht wies mit Urteil vom 14. 11. 2000 (auch Tag des Schlusses der mündlichen Verhandlung) das von der Klägerin gegen diesen Bescheid erhobene, auf die Gewährung der beantragten Leistung ab dem 1. 6. 2000 gerichtete Klagebegehren ab und folgte dabei dem von der beklagten Partei im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsstandpunkt. Die von der Klägerin geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 587 Abs 4 ASVG könne vom Erstgericht nicht aufgegriffen werden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin, in der ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 587 Abs 4 ASVG geltend gemacht wurden, nicht Folge, weil es diese Bedenken nicht teilte.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Sinne ihres Eventualantrages berechtigt.
Die Klägerin macht in ihren Revisionsausführungen vorwiegend verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 587 Abs 4 ASVG idF SRÄG 2000 geltend und verweist darauf, dass das SRÄG 2000 mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23. 3. 2001 als verfassungswidrig aufgehoben worden sei.
Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:
Die Übergangsbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG in der durch das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000 (SVÄG 2000, BGBl I 43) geschaffenen und durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 (SRÄG 2000, BGBl I 92 bzw 101) geänderten Fassung war bereits Gegenstand mehrerer Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (10 ObS 43/01y, 10 ObS 54/01s und 10 ObS 56/01k). Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 14. Juli 2000 war zwar bereits das SVÄG 2000, nicht jedoch das SRÄG 2000 kundgemacht. Während die Übergangsbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG idF SVÄG 2000 nur auf männliche Versicherte abstellt und daher schon aus diesem Grunde im Fall der Klägerin keine Anwendung zu finden hat, entfaltete das SRÄG 2000 im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch keine Rechtswirkungen und es bestand damals somit auch noch keine Rechtsgrundlage für eine Umdeutung des auf die Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit gerichteten Leistungsantrages der Klägerin auf einen Antrag auf Invaliditätspension gemäß § 587 Abs 4 ASVG idF SRÄG 2000. Es ist zwischen den Parteien des Verfahrens aber nicht strittig, dass das Gericht alle Änderungen (auch Gesetzesänderungen) jedenfalls bis zum Schluss der Verhandlung in erster Instanz zu berücksichtigen hat und dem Urteil eines Arbeits- und Sozialgerichtes somit auch in Sozialrechtssachen jene Sach- und Rechtslage zugrundezulegen ist, wie sie sich bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (also nicht bloß der zeitlich davor liegenden Bescheiderlassung) präsentiert (SSV-NF 12/154, 10/113, 6/137, 3/134, 3/145 mwN ua). Es ist daher im vorliegenden Fall auch die vom Gesetzgeber durch das SRÄG 2000 vorgenommene Änderung der Übergangsbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG in die Beurteilung einzubeziehen (in diesem Sinne auch die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vom 28. 6. 2001 in den Verfahren 10 ObS 43/01y, 10 ObS 54/01s und 10 ObS 56/01k).
Der erkennende Senat hat in den zitierten Entscheidungen auch bereits darauf hingewiesen, dass das SRÄG 2000 erstmals am 11. 8. 2000 im Teil I des BGBl unter der Nr 92 und am 24. 8. 2000 nochmals unter der Nr 101 kundgemacht wurde, wobei angefügt wurde, dass diese Kundmachung die erste Kundmachung ersetzen soll. Soweit die Revisionswerberin offensichtlich unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. 3. 2001, G 152/00-11, die Verfassungswidrigkeit auch der Bestimmung des § 587 Abs 4 ASVG idF SRÄG 2000 infolge mehrfacher Kundmachung geltend macht, ist ihr entgegenzuhalten, dass vom Verfassungsgerichtshof zwar das SRÄG 2000, BGBl I 101, auch im Umfang der hier maßgebenden Übergangsbestimmung des Art I Z 52c (betreffend § 587 Abs 4 ASVG) als verfassungswidrig aufgehoben wurde und diese Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist, der gegen die gleichlautende Bestimmung des SRÄG 2000, BGBl I 92, gerichtete Antrag jedoch abgewiesen wurde, weil die festgestellten Publikationsmängel diese gesetzliche Bestimmung nicht betreffen.
Die Übergangsbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG idF SRÄG 2000, BGBl I 92, wonach Anträge auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, die nach dem 23. 5. 2000 und vor dem 2. 6. 2000 gestellt wurden, als Anträge auf Invaliditäts-(Berufungsunfähigkeits-)pension mit Stichtag 1. 6. 2000 zu werten sind, wobei § 255 Abs 4 idF des Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 2000, BGBl I Nr 43, anzuwenden ist, ist somit weiterhin anzuwenden. Diese Bestimmung steht jedoch ebenso wie die Vorgängerbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG idF SVÄG 2000 im Widerspruch zum Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art 4 Abs 1 der Richtlinie des Rates zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (RL 79/7 EWG - im Folgenden kurz RL).
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat mit Urteil vom 23. 5. 2000, Rs C-104/98 , Buchner - unter anderem veröffentlicht in DRdA 2000, 449 ff [Panhölzl] und WBl 2000, 313 - ausgesprochen, dass das unterschiedliche Pensionsanfallsalter für Männer und Frauen von 57 bzw 55 Jahren für die vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit (§ 122c BSVG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 1996/201) gegen Art 7 der RL verstößt. Die von der österreichischen Bundesregierung unter Hinweis auf die bedeutenden finanziellen Auswirkungen einer Aufhebung der diskriminierenden Maßnahmen gewünschte Begrenzung der zeitlichen Wirkungen der Entscheidung lehnte der EuGH unter Hinweis darauf, dass zum Zeitpunkt der Einführung der unterschiedlichen Zugangsalter bereits eine ständige Rechtsprechung des EuGH zu den relevierten Fragen vorlag, die es der Republik Österreich ermöglichte, die Vereinbarkeit dieser Regelung mit der RL zu prüfen, ab (RNr 40). Zudem rechtfertigten die finanziellen Konsequenzen, die sich aus einer Vorabentscheidung für einen Mitgliedstaat ergeben können, für sich allein nicht die zeitliche Begrenzung der Wirkungen des betreffenden Urteiles (RNr 41).
Da somit der EuGH keinen Anlass sah, die Wirkungen seiner Entscheidung zeitlich zu begrenzen, war sein Erkenntnis sofort wirksam und umfasste auch alle gleichartigen Tatbestände im ASVG und GSVG. Auf Grund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes war daher die durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 mit Wirksamkeit vom 1. 7. 1996 auch im Bereich der vorzeitigen Alterspensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (§ 253d ASVG) eingeführte Erhöhung des Anfallsalters für Männer von bisher 55 auf 57 Jahre unbeachtlich. Es konnten somit auch Männer diese Pensionsart bis zum Wirksamwerden einer mit dem Gemeinschaftsrecht übereinstimmenden neuen Regelung bereits nach Vollendung des 55. Lebensjahres in Anspruch nehmen (10 ObS 200/00k ua; 10 ObS 43/01y, 10 ObS 54/01s, 10 ObS 56/01k; Tomandl, Gedanken zum Vertrauensschutz im Sozialrecht, ZAS 2000, 129 ff [138];
Resch, OLG Linz: Aufhebung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nicht verfassungswidrig, RdW 2001, 28 f;
Rudda, Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000 - wesentliche Änderungen beim Berufs-(Tätigkeits-)schutz, SozSi 2000, 554 f [555] ua).
Das EuGH-Erkenntnis vom 23. 5. 2000 führte infolge des außerordentlichen Medieninteresses und von Aktionen seitens der Betriebs- und Interessenvertretungen vom 24. Mai bis 1. Juni 2000 zu einer Flut von Anträgen. Während in den letzten drei Jahren (1997 bis 1999) durchschnittlich pro Monat 1230 Anträge auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit) bei allen Pensionsversicherungsträgern gestellt wurden, waren dies in der Woche nach Verkündung des EuGH-Urteils - vom 24. Mai bis 1. Juni 2000 - insgesamt 5388 Anträge, vor allem von 55- bis 57-jährigen Männern. Stellten in den Jahren 1994 bis 1999 die Männer in der Regel rund drei Viertel aller Anträge auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit), betrafen diese in der Woche vom 24. Mai bis 1. Juni 2000 bei allen Pensionsversicherungsträgern gestellten Anträge zu über 92 % Männer und zu weniger als 8 % Frauen. Bei der im vorliegenden Fall beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter betrafen diese Anträge sogar zu 94 % Männer und lediglich zu 6 % Frauen (vgl dazu die statistischen Tabellen 1 und 2 in Rudda, Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur unterschiedlichen Altersgrenze von Männern und Frauen bei vorzeitigen Alterspensionen wegen Erwerbsunfähigkeit und seine Folgen, SozSi 2001, 337 ff).
Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH zum Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen haben die Mitglieder der benachteiligten Gruppe, solange keine mit dem Gemeinschaftsrecht übereinstimmende Neuregelung besteht, Anspruch auf die gleiche Behandlung und auf Anwendung der gleichen Regelung wie die Angehörigen der bevorzugten Gruppe, da dieses System das einzig gültige Bezugssystem für die Gleichbehandlung ist (Rs 384/85, Borrie Clarke, Slg 1987, 2865; Rs C-184/89 , Nimz, Slg 1991, I-297; Rs C-33/89 Kowalska, Slg 1990, I-2591, 2612; Rs C-102/88 , Ruzius-Wilbrink, Slg 1989, 4311; Rs C-377/89 , Cotter und Dermott II, Slg 1991, I-1155; Rs C-343/92 , Roks, Slg 1994, I-571 ua). Der EuGH hat es den zuständigen Stellen in den Mitgliedstaaten überlassen, wie sie die Ungleichbehandlung beseitigen, sei es durch Abschaffung der Vergünstigung insgesamt, sei es durch Ausdehnung der Vergünstigung auf die bisher Ausgeschlossenen. Er hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass das Gemeinschaftsrecht es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, im Rahmen der Kontrolle seiner Sozialausgaben Maßnahmen zu ergreifen, die bewirken, dass bestimmten Personengruppen Leistungen der sozialen Sicherheit entzogen werden, sofern bei diesen Maßnahmen der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Sinne des Art 4 Abs 1 RL beachtet wird (Rs C-343/92 , Roks, Slg 1994, I-571 mwN ua). Dabei ist es allerdings notwendig, dass auch das Übergangsrecht älteres diskriminierendes Recht nicht aufrechterhält. Die Richtlinie sieht nämlich keine Ausnahme von dem in Art 4 Abs 1 der RL verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz vor, um die Verlängerung der diskriminierenden Wirkungen früherer innerstaatlicher Vorschriften zu erlauben. Der Umstand, dass diese Ungleichbehandlung von Übergangsbestimmungen herrührt, die anlässlich der Einführung einer neuen Leistung erlassen wurden, kann dabei zu keiner anderen Beurteilung führen (Rs 384/85, Borrie Clarke, Slg 1987, 2865; Rs 80/87, Dik ua, Slg 1988, 1601; Rs C-31/90 , Johnson, Slg 1991, I-3754 ua). Verspätet getroffene nationale Durchführungsmaßnahmen müssen schließlich in vollem Umfang auch die Rechte der einzelnen beachten, die in einem Mitgliedstaat auf Grund von Art 4 Abs 1 mit dem Ablauf der den Mitgliedstaaten für die Anpassung ihrer Vorschriften an die Richtlinie gesetzten Frist entstanden sind (Rs 80/87, Dik ua, Slg 1988, 1601; Rs C-377/89 , Cotter und Mc Dermott, Slg 1991, I-1155; Rs C-343/92 , Roks, Slg 1994, I-571 mwN ua).
Wie der erkennende Senat in den in den Verfahren 10 ObS 43/01y, 10 ObS 54/01s und 10 ObS 56/01k ergangenen Entscheidungen vom 28. 6. 2001 näher ausgeführt hat, wurde die hinsichtlich des Anfallsalters für eine vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit diskriminierende (innerstaatliche) Rechtslage erst durch die durch das SVÄG in gleicher Weise für Männer und Frauen vorgenommene Abschaffung dieser Pensionsleistung mit Ablauf des 30. 6. 2000 beseitigt. Es enthält zwar bereits die Übergangsbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG idF SRÄG 2000 auf Grund ihrer geschlechtsneutralen Fassung - anders als die Vorgängerbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG idF SVÄG 2000 - keine unmittelbar auf dem Geschlecht beruhende Diskriminierung mehr, der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art 4 Abs 1 RL verbietet aber auch eine bloß mittelbare (indirekte) geschlechtsspezifische Diskriminierung. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH liegt eine mittelbare Diskriminierung bei Anwendung einer nationalen Maßnahme, die zwar neutral formuliert ist, tatsächlich aber wesentlich mehr Mitglieder eines Geschlechts benachteiligt, vor (vgl Rs C-229/89 , Kommission/Belgien, Slg 1991, I-2205; Rs C-343/92 , Roks, Slg 1994, I-571; Rs C-444/93 , Megner und Scheffel, Slg 1995, I-4741 uva). Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH steht daher Art 4 Abs 1 der RL der Anwendung einer nationalen Maßnahme entgegen, die zwar neutral formuliert ist, tatsächlich aber in einem wesentlich höheren Prozentsatz die Angehörigen eines Geschlechts gegenüber den Angehörigen des anderen Geschlechtes benachteiligt, sofern diese Maßnahme nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes zu tun haben (Rs C-317/93 , Nolte, Slg 1995, I-4625 uva; Egger, Das Arbeits- und Sozialrecht der EG und die österreichische Rechtsordnung 204 f mwN ua). Der EuGH hat sowohl für die Frage der ungleichen Betroffenheit eines Geschlechtes wie auch für die Frage der objektiven Rechtfertigung und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme bzw Regelung immer wieder betont, es sei Aufgabe der nationalen Gerichte, das Vorliegen dieser Voraussetzungen im Einzelfall zu prüfen (vgl Rs C-1/95 , Gerster, Slg 1997, I-5253, 5258; Rs C-100/95 , Kording, Slg 1997, I-5289, 5298; Rs C-243/95 , Hill, Slg 1998, I-3739, 3770; Rs C-167/97 , Seymour-Smith, Slg 1999, I-623; Bieback in Fuchs, Kommentar zum euroäischen Sozialrecht2 578 ua).
Ausgehend von den bereits oben zitierten statistischen Erhebungsergebnissen betrifft die Übergangsbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG idF SRÄG 2000, BGBl I 92, trotz ihrer geschlechtsneutralen Formulierung nahezu ausschließlich männliche Versicherte, die nach dem Bekanntwerden des für sie günstigen Urteiles des EuGH in der Zeit vom 24. 5. bis einschließlich 1. 6. 2000 in großer Anzahl Anträge auf Zuerkennung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit) zu dem letzten für die Gewährung dieser Leistung noch möglichen Stichtag 1. 6. 2000 gestellt haben. Diese Antragsflut männlicher Versicherter im Zuge des Bekanntwerdens des EuGH-Urteiles war auch Anlass für die Schaffung der Übergangsbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG, durch die gerade männliche Versicherte getroffen werden sollten. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bereits in der Vergangenheit die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit) regelmäßig überwiegend von Männern in Anspruch genommen wurde, werden durch die Übergangsbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG idF SRÄG 2000 prozentuell doch noch wesentlich mehr Männer als Frauen tatsächlich negativ beeinträchtigt. Unter diesen Umständen trifft der vom Gesetzgeber durch diese Übergangsbestimmung angeordnete Ausschluss dieser Personengruppe vom Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit) zu dem letzten für die Gewährung dieser Leistung noch möglichen Stichtag im Ergebnis die Männer deutlich stärker als die Frauen und stellt somit eine mittelbare Diskriminierung männlicher Versicherter im Sinn des Art 4 Abs 1 der RL dar, für die sich kein objektiv rechtfertigender Grund finden lässt, weil die vom Gesetzgeber damit verfolgten Haushaltserwägungen, wie der EuGH bereits in der Rechtssache Buchner ausgeführt hat, eine Diskriminierung nach dem Geschlecht nicht rechtfertigen können. Es ist daher auch die Übergangsbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG idF SRÄG 2000, BGBl I 92, auf Grund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes unbeachtlich.
Da, wie bereits erwähnt, die Anwendung der gleichen Regelung auf Männer und Frauen, die sich in der gleichen Lage befinden, bis zu einer ordnungsgemäßen Durchführung der RL das einzig gültige Bezugssystem bleibt, hat die Übergangsbestimmung des § 587 Abs 4 ASVG idF SRÄG 2000 auch auf die Klägerin keine Anwendung zu finden. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist nämlich das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtes anzuwenden hat, gehalten, für die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechtes aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste (Rs C-184/89 , Nimz, Slg 1991, I-297 mwN ua).
Auf Grund dieser Erwägungen gelangt der erkennende Senat zu dem Ergebnis, dass auch für den von der Klägerin zum Stichtag 1. 6. 2000 geltend gemachten Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit die Vollendung des 55. Lebensjahres am Stichtag ausreichend ist. Diese Voraussetzung liegt bei der Klägerin unstrittig vor.
Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren ausschließlich deshalb abgewiesen, weil die Klägerin am Stichtag das 57. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Da dieser Abweisungsgrund nicht tragend ist, das Vorliegen der übrigen allgemeinen und besonderen Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Leistung bisher aber nicht erörtert wurde, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen schon auf Grund dieser Erwägungen zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung aufzuheben. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die in den Rechtsmittelschriften vorwiegend behandelte Frage der Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden Übergangsbestimmung.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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