Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 9. Mai 1967 geborene Kläger bezieht von der beklagten Partei auf Grund des Bescheides vom 12. Juni 1984, seit 11. Februar 1984 eine Waisenpension nach seiner bei der beklagten Partei versichert gewesenen, an diesem Tag verstorbenen ehelichen Mutter, Ingrid K***.
Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9. Februar 1984 5 P 114/77-70 wurde der eheliche Vater des Klägers, Cedomir K***, verpflichtet, für diesen ab 6. September 1983 statt S 1.000,-- einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 1.800,-- zu leisten, welcher Verpflichtung er nachkam.
Mit Beschluß des genannten Pflegschaftsgerichtes vom 8. Mai 1984 5 P 114/77-76 bestellte dieses ua mit Zustimmung des ehelichen Vaters das Bezirksjugendamt für den 3. Bezirk in Wien zum Amtsvormund des Klägers, wovon die beklagte Partei am 21. Mai 1984 Kenntnis erlangte. Der Bestellungsbeschluß wurde dem Amtsvormund mit einer Ausfertigung des Unterhaltserhöhungsbeschlusses ON 70 im Mai 1984 zugestellt.
Am 19. Juni 1984 beantwortete der genannte gesetzliche Vertreter des Klägers den ihm von der beklagten Partei zugemittelten Ausgleichszulagenfragebogen, teilte dabei aber nicht mit, daß der Kläger gegen seinen ehelichen Vater einen - sogar
titulierten - Unterhaltsanspruch hatte. Das Bezirksjugendamt für den
3. Bezirk nahm zur Kenntnis, daß es gesetzlich verpflichtet sei, jede Änderung, die die Beantwortung dieser Fragen betrifft, binnen zwei Wochen bekanntzugeben und daß zu Unrecht empfangene Beträge rückzuerstatten sind.
Mit Bescheid vom 3. Juli 1984 gewährte die beklagte Partei dem Kläger ab 11. Februar 1984 (Pensionsbeginn) eine Ausgleichszulage. In diesem dem Amtsvormund des Klägers zugestellten Bescheid machte die beklagte Partei bezüglich der gesetzlichen Meldepflicht auf ein beigelegtes Informationsblatt und darauf aufmerksam, daß durch Verletzung der Meldepflicht entstandene Überbezüge zu erstatten sind. Waisenpension und Ausgleichszulage wurden bis Juni 1986 dem Amtsvormund, von Juli bis Oktober 1986 dem volljährig gewordenen Kläger selbst ausgezahlt.
Mit Schreiben vom 11. September 1986 übermittelte Rechtsanwalt Dr. Friedrich F*** namens des Klägers der beklagten Partei die Fotokopie des Protokolles des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 10. September 1986 über einen Vergleich, in dem sich der Vater des Klägers verpflichtete, für diesen anstelle des im Beschluß vom 9. Februar 1984 5 P 114/77-70 festgesetzten Unterhaltsbeitrages von S 1.800,-- ab 1. September 1986 für die Dauer der Arbeitslosigkeit und des Bezuges der Arbeitslosenunterstützung durch den Vater in der damaligen Höhe von S 6.829,-- nur mehr einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 1.500,-- zu zahlen. Wegen dieser Herabsetzung des Unterhaltsbeitrages beantragte der Kläger die Erhöhung der Ausgleichszulage.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 1986 stellte die beklagte Partei fest, daß dem Kläger seit Pensionsbeginn keine Ausgleichszulage gebührt, weil seine Pension zuzüglich der Unterhaltsleistungen seines Vaters die Höhe des jeweiligen Richtsatzes übersteigt, stellte für die Zeit vom 11. Februar 1984 bis 31. Oktober 1986 einen Überbezug an Ausgleichszulage von S 5.240,70 fest und schrieb diesen nach § 107 Abs 1 ASVG zum Rückersatz vor.
Nur "gegen die Vorschreibung des Überbezuges zum Rückersatz" erhob der Kläger unter Bestreitung seiner Rückersatzpflicht rechtzeitig Klage, in der er die Verurteilung der beklagten Partei zur Unterlassung der Rückforderung des im Bescheid festgestellten Überbezuges begehrte.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Erstgericht gab der Klage statt, weil der Kläger für die Meldepflichtverletzung seines gesetzlichen Vertreters nicht hafte. Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der beklagten Partei Folge, änderte das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinne ab und legte dem Kläger den Rückersatz von S 5.240,70 in Monatsraten von S 400,-- an die beklagte Partei auf.
Es vertrat die Rechtsansicht, daß der Kläger (auch) für die Meldepflichtverletzung seines Amtsvormundes hafte.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen oder das angefochtene Urteil allenfalls aufzuheben.
Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung. Aufgrund der Anregung im hg Beschluß vom 12. Jänner 1988 10 Ob S 157/87 berichtigte das Berufungsgericht sein Urteil mit Beschluß vom 11. März 1988 32 Rs 159/87 durch Beisetzen des nach § 45 Abs 1 Z 2 ASGG nötigen Ausspruchs, daß die Revision nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG zulässig sei, und begründete diesen Ausspruch zutreffend damit, daß die Entscheidung von der Lösung der wegen Fehlens einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs erheblich bedeutsamen Rechtsfrage abhänge, ob ein Pensionist für die Meldepflichtverletzung seines gesetzlichen Vertreters hafte.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist daher zulässig, aber nicht berechtigt.
Nach § 40 ASVG sind die Zahlungsempfänger (§ 106) verpflichtet,
jede Änderung in den für den Fortbestand der Bezugsberechtigung
maßgebenden Verhältnissen .... binnen zwei Wochen dem zuständigen
Versicherungsträger anzuzeigen. Nach § 298 Abs 1 ASVG ist der
Pensionsberechtigte, der eine Ausgleichszulage bezieht,
verpflichtet, jede Änderung seines Nettoeinkommens .... dem Träger
der Pensionsversicherung gemäß § 40 anzuzeigen. Die Leistungen werden nach § 106 Abs 1 ASVG an den Anspruchsberechtigten, wenn dieser aber geschäftsunfähig oder ein beschränkt geschäftsfähiger Unmündiger ist, an seinen gesetzlichen Vertreter ausgezahlt. ..... Mündige Minderjährige .... sind nur für Leistungen, die ihnen auf Grund ihrer eigenen Versicherung zustehen, selbst empfangsberechtigt; für andere Leistungen sind bei solchen Personen deren gesetzliche Vertreter empfangsberechtigt.
Nach § 107 Abs 1 ASVG hat der Versicherungsträger zu Unrecht erbrachte Geldleistungen .... zurückzufordern, wenn der Zahlungsempfänger (§ 106) bzw der Leistungsempfänger den Bezug durch bewußt unwahre Angaben, bewußte Verschweigung maßgebender Tatsachen oder Verletzung der Meldevorschriften (§ 40) herbeigeführt hat oder wenn der Zahlungsempfänger (§ 106) bzw der Leistungsempfänger erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. .....
Daraus folgt für diese Sozialrechtssache, bei der es um keine Rechtsstreitigkeit über den Bestand und den Umfang des Anspruchs des Klägers auf Auslgeichszulage zur Waisenpension iS des § 65 Abs 1 Z 1 ASGG, sondern ausschließlich um eine Rechtsstreitigkeit über die Pflicht des Klägers zum Rückersatz der unbestritten in der Zeit vom 11. Februar 1984 bis 31. Oktober 1986 zu Unrecht empfangenen Ausgleichszulage von S 5.240,70 iS der Z 2 dieser Gesetzesstelle geht:
Ein Pensionsberechtiger hat nur dann Anspruch auf eine Ausgleichszulage, wenn die Pension zuzüglich eines aus seinen übrigen Einkünften erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 294 ASVG zu berücksichtigenden Beträge nicht die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes erreicht (§ 292 Abs 1 ASVG). Die Ausgleichszulage gebührt in der Höhe des Unterschiedes zwischen der Summe aus Pension, Nettoeinkommen und den gemäß § 294 zu berücksichtigenden Beträgen einerseits und dem Richtsatz andererseits (§ 296 Abs 1 ASVG). Letzterer betrug für Pensionsberechtigte auf Waisenpension bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres, falls nur ein Elternteil verstorben war, in den Jahren 1984 bis 1986 S 1.620,--, S 1.673,-- und S 1.732,-- (§ 293 Abs 1 lit c sub lit aa). Die Waisenpension des Klägers betrug in diesen Jahren S 1.488,70, S 1.537,80 und S 1.591,60, der Unterschied zwischen Pension und dem Richtsatz daher S 131,30, S 135,20 und S 140,40.
Wegen dieses verhältnismäßig geringen Unterschiedes zwischen der Waisenpension und dem jeweils geltenden Richtsatz mußte zunächst der Amtsvormund, der als gesetzlicher Vertreter des minderjährigen Klägers für dessen Waisenpension samt Ausgleichszulage empfangsberechtigt war, und nach Eintritt der Volljährigkeit der Kläger selbst als jeweiliger Zahlungsempfänger (§ 106 ASVG) erkennen, daß die Ausgleichszulage nicht gebührte. Der Kläger bezog ja in den genannten Jahren durch die Unterhaltsleistungen seines Vaters bis August 1986 neben der Waisenpension ein monatliches Nettoeinkommen von S 1.800,--, seit September 1986 ein solches von S 1.500,--, wodurch die Summe aus Waisenpension und Nettoeinkommen in den Jahren 1984, 1985 und Jänner bis August 1986 S 3.288,70, S 3.337,80 und S 3.391,60, seit September 1986 S 3.091,60 ausmachte und damit etwa doppelt so hoch war wie der jeweils geltende Richtsatz.
Unter diesen Umständen war das Nichtgebühren der Ausgleichszahlung zunächst dem Amtsvormund und dann dem volljährigen Kläger bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit ohne weiters erkennbar, so daß jedenfalls der im § 107 Abs 1 Satz 1 ASVG zuletzt genannte Rückforderungstatbestand erfüllt ist. Deshalb mußte nicht mehr darauf eingegangen werden, ob der jeweilige Zahlungsempfänger den Bezug allenfalls durch bewußt unwahre Angaben, bewußte Verschweigung maßgebender Tatsachen oder Verletzung der Meldevorschriften herbeigeführt hat.
Daß der Amtsvormund von den väterlichen Unterhaltsbeiträgen wissen mußte, ergibt sich aus der dem Pflegschaftsakt zu entnehmenden Zustellung einer Ausfertigung des rechtskräftigen Unterhaltserhöhungsbeschlusses ON 70 im Mai 1984, also bereits vor Erlassung des Ausgleichszulagenzuerkennungsbescheides vom 3. Juli 1984, aber auch vor Beantwortung des Ausgleichszulagenfragebogens vom 19. Juni 1984.
Daß der am 9. Mai 1986 volljährig gewordene Kläger wissen mußte, daß ihm die beklagte Partei zur Waisenpension eine Ausgleichszulage erbrachte und daß er auch die Höhe der Waisenpension und der Ausgleichszulage kennen mußte, geht aus der an ihn gerichteten Mitteilung der beklagten Partei vom 30. Mai 1986 über die Zusammensetzung der ihm ab 1. Juli 1986 an seine Wohnadresse zu überweisenden Leistung hervor.
Die Ersatzpflicht trifft für den gesamten Zeitraum den Kläger als Empfänger, nicht aber seinen gesetzlichen Vertreter (vgl Schrammel in Tomandl, SV-System 3. ErgLfg 170 f; Pichler in ZAS 1967, 103 FN 8).
Der Revision war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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