OGH 10ObS155/00t

OGH10ObS155/00t27.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gabriele Griehsel (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und DDr. Wolfgang Massl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Hermann P*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Christoph Rittler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. März 2000, GZ 23 Rs 25/00y-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. Oktober 1999, GZ 46 Cgs 172/99m-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 6. 7. 1999 lehnte die beklagte Partei die Anerkennung des Unfalls des Klägers vom 14. 11. 1995 als Arbeitsunfall und die Gewährung von Leistungen aus der Unfallversicherung ab. Der Unfall habe sich bei der Zufahrt zu einer Tankstelle ereignet; das Auftanken eines Fahrzeuges stehe in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit, sondern sei dem privaten Interessensbereich zuzuordnen. Außerdem hätte sich der Kläger nicht auf dem direkten Weg zur Besorgung von betrieblichen Materialien befunden.

Mit der dagegen erhobenen Klage stellte der Kläger das Begehren, 1. es werde festgestellt, dass es sich bei dem Unfall um einen Arbeitsunfall handle, und 2. die beklagte Partei sei schuldig, ihm für die Folgen dieses Unfalls eine Versehrtenrente im Ausmaß von 20 vH der Vollrente zu gewähren. Dazu brachte er vor, er habe sich auf einer Dienstfahrt befunden, während der er sein Fahrzeug auf einer an der Haller Straße in Innsbruck gelegenen Tankstelle auftanken habe müssen. Die Notwendigkeit des Tankens sei ausschließlich im betrieblichen Interesse gelegen; außerdem habe er seine Notdurft verrichten müssen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe sich zwar auf einer Dienstfahrt befunden, doch sei das Auftanken nicht "unmittelbar" zur Fortsetzung der Fahrt notwendig gewesen. Der Kläger habe auch keine "unmittelbar am Arbeitsweg" liegende Tankstelle benützt, sondern die Fahrtrichtung geändert und sei ein Stück der bisher gefahrenen Wegstrecke zurückgefahren. Die Verrichtung der Notdurft sei eine eigenwirtschaftliche, nicht versicherte Tätigkeit.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im Wesentlichen folgende Feststellungen:

Der am 24. 1. 1962 geborene Kläger war von 1984 bis Januar 1999 als Schalzimmerer im Betrieb seines Vaters beschäftigt. Arbeitsort (zugleich Wohnort) war der Firmensitz in S*****. Es kam fallweise vor, dass der Kläger während der Arbeitszeit im Auftrag seines Vaters Besorgungen für den Betrieb erledigte, wobei er entweder eines der beiden Betriebsfahrzeuge oder seinen privaten PKW verwendete. Am Unfallstag trat er die Arbeit im Betrieb um 7.30 Uhr an. Gegen 9.30 Uhr machte er sich, ohne sich bei seinem (anwesenden) Vater abzumelden, mit seinem privaten PKW auf eine Fahrt nach Innsbruck. Welche der Autobahnabfahrten im Ortsgebiet Innsbruck er benützte und welchen Weg er in der Folge bis zum Bereich der von der Mühlauerbrücke Richtung Osten führenden Haller Straße nahm, ist nicht feststellbar. Gegen 10 Uhr fuhr er auf der Haller Straße zwischen Mühlauerbrücke und Grenoblerbrücke Richtung Osten. In diesem Bereich befindet sich zwischen den jeweils aus zwei Fahrspuren bestehenden Fahrbahnen der Haller Straße das Areal einer - aus beiden Fahrtrichtungen anfahrbaren - Tankstelle. Der Kläger fuhr (Richtung Osten) an dieser Tankstelle vorbei, beschloss aber dann umzukehren, auf die Gegenfahrbahn zu wechseln und sein Fahrzeug an dieser Tankstelle aufzutanken. Ob dieses Tanken für die Fortsetzung der Fahrt notwendig und der Tank zu jenem Zeitpunkt bereits nahezu leer war, ist nicht feststellbar. Ein dringendes Bedürfnis des Klägers, seine Notdurft zu verrichten, war jedenfalls nicht der Grund für das Anfahren der Tankstelle. Der Kläger wendete sein Fahrzeug im Bereich der Grenoblerbrücke, fuhr auf der Haller Straße Richtung Westen zurück und ordnete sich auf der (in seiner Fahrtrichtung gesehen) linken Fahrspur ein, um zur Tankstelle einzubiegen. Während des Einbiegemanövers prallte ein nachfahrender PKW auf das Fahrzeug des Klägers auf. Dabei erlitt dieser eine Zerrung der Halswirbelsäule. Ob das Tanken für die Fortsetzung der Fahrt notwendig war und ob der Tank zu jenem Zeitpunkt bereits nahezu leer war, ist nicht feststellbar. Selbst wenn der Kläger am Unfallstag die Fahrt deshalb unternommen haben sollte, weil er für den Betrieb seines Vaters in Innsbruck Werkzeug und Material einkaufen wollte, so bleibt unfeststellbar, ob er aus diesem Grund ein in der Nähe der Tankstelle oder an der Haller Straße liegendes Geschäft hatte anfahren wollen, ob er also den unmittelbar vor dem Unfall gewählten Weg im dienstlichen Interesse eingeschlagen hatte.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es sei unfeststellbar geblieben, ob der Kläger den unmittelbar vor dem Unfallsort auf der Haller Straße in Innsbruck gelegenen Weg im dienstlichen oder privaten Interesse zurückgelegt habe, sodass schon aus diesem Grund kein Arbeitsunfall vorliege. Selbst wenn aber der Kläger auf der Haller Straße in Richtung Osten gefahren sei, um betriebliche Einkäufe zu erledigen, so hätte er die Tankstelle auch in eben dieser Fahrtrichtung anfahren können und es sei zudem die Notwendigkeit eines Tankvorganges, um den Weg fortsetzen zu können, wiederum nicht feststellbar. Auch die Umstände des Umkehrmanövers auf die entgegengesetzte Fahrtrichtung würden einen betrieblichen Zusammenhang ausschließen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte den gerügten Verfahrensmangel einer Verletzung der Anleitungspflicht, weil der Kläger qualifiziert vertreten gewesen sei. Abgesehen davon habe die beklagte Partei eingeräumt, dass sich der Kläger auf einer Dienstfahrt befunden habe; die diesbezügliche Negativfeststellung des Erstgerichtes sei daher (rechtlich) unbeachtlich, weshalb auf die Beweisrüge nicht einzugehen sei. Der Rechtsrüge hielt es entgegen, das Auftanken eines Fahrzeuges während einer Dienstfahrt stehe nur dann unter Versicherungsschutz, wenn einerseits zum Tanken kein relevanter Umweg in Kauf genommen werde und andererseits das Tanken jedenfalls notwendig gewesen sei, um die Fahrt fortsetzen zu können. Gerade dies habe aber das Erstgericht nicht feststellen können. Der innere Zusammenhang des Tankvorganges mit der versicherten Tätigkeit und damit eine Voraussetzung für die Annahme eines Arbeitsunfalls "nach § 175 Abs 2 Z 1 ASVG" sei unbewiesen geblieben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt die Abänderung im Sinne einer Stattgebung seines Klagebegherens und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne ihres Aufhebungsantrages berechtigt.

Der Kläger führt den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache dahin aus, er sei im dienstlichen Interesse nach Innsbruck gefahren und habe noch eine Strecke von etwa 70 km vor sich gehabt, um zurück an seinen Arbeitsort zu fahren. Das restliche Benzin hätte für diese Heimfahrt nicht ausgereicht, weshalb das Tanken notwendig gewesen sei. Ein Dienstnehmer müsse die Möglichkeit haben, auf der Dienstfahrt zu tanken, ohne dadurch den Versicherungsschutz zu verlieren. Der Kläger habe auch keinen relevanten Umweg in Kauf genommen, sondern sich von der eigentlichen Fahrtroute nicht entfernt, sodass der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit jedenfalls erhalten geblieben sei.

Diese Ausführungen sind im Ergebnis insoweit berechtigt, als sie sekundäre Feststellungsmängel aufzeigen und damit den Mangel der Spruchreife geltend machen.

Arbeitsunfälle sind nach § 175 Abs 1 ASVG Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. Ob die mit dem Auftanken eines Kraftfahrzeugs zusammenhängenden Vorgänge unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen, wurde in der Judikatur des Obersten Gerichtshofs - soweit überblickbar - nur bei der Beurteilung von Unfällen auf sogenannten Arbeitswegen untersucht. Gemäß § 175 Abs 2 Z 1 ASVG sind Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich auf einem mit der Beschäftigung nach Abs 1 zusammenhängenden Weg zur oder von der Arbeit ereignen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates kann grundsätzlich nur die Zurücklegung des direkten Weges von der Wohnung zum Arbeitsplatz in den Unfallversicherungsschutz einbezogen werden. Benützt der Versicherte für den Weg zum Arbeitsplatz ein Kraftfahrzeug, so ist die Beschaffung der Betriebsmittel nicht ausschließlich dem eigenwirtschaftlichen Sektor zuzurechnen. Wird das Tanken auf dem Weg zur Arbeitsstätte notwendig und fährt der Versicherte deshalb zu einer unmittelbar am Weg liegenden Tankstelle, um seine Fahrt dann fortsetzen zu können, so handelt es sich um eine so geringe Einschiebung in den versicherten Arbeitsweg, dass ihr rechtliche Bedeutung nicht zukommt. Das Auftanken des für die Fahrt zum Arbeitsplatz benützten Fahrzeuges steht in diesem Fall in einem so engen inneren Zusammenhang mit der Zurücklegung des Arbeitsweges, dass diese Tätigkeit keine Unterbrechung des Versicherungsschutzes zur Folge hat, vorausgesetzt, dass zum Tanken kein relevanter Umweg in Kauf genommen wird - dies ist bei der Zufahrt zu einer unmittelbar neben dem Weg liegenden Tankstelle nicht der Fall - und dass das Tanken nicht durch irgendwelche anderen, dem privaten Lebensbereich zuzuordnenden Tätigkeiten verlängert wird (SSV-NF 1/12, 4/64, 8/91, 12/45).

Der vorliegende Fall unterscheidet sich von den bisher entschiedenen dadurch, dass sich der Kläger am Unfallstag nicht auf einem Weg zwischen der Wohnung und dem Arbeitsplatz im Sinne des § 175 Abs 2 Z 1 ASVG, also auf einem sogenannten Arbeitsweg, sondern - wie die beklagte Partei schon in ihrer Klagebeantwortung außer Streit gestellt hatte - auf einer Dienstfahrt befunden hat. Auf Wegen und Reisen außerhalb der Betriebsstätte, die zur Ausführung der versicherten Tätigkeit (während der Arbeitszeit) zurückgelegt werden und demnach in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen, unterliegen die Versicherten dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 175 Abs 1 ASVG. Diese Wege und Reisen sind ein Teil der versicherten Tätigkeit und unterscheiden sich von den Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit im Sinne des § 175 Abs 2 Z 1 ASVG, die in einem nicht so unmittelbaren Betriebsinteresse stehen wie die Betriebswege und Reisen (vgl SSV-NF 2/84; Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3,

92. Lfg, Rz 88 zu § 8 SGB VII mwN insb der Judikatur des BSG). Der Senat hat aber wiederholt darauf hingewiesen (SSV-NF 4/65, 6/39, 7/45), dass auch während einer Dienstreise zwischen Betätigungen, die mit der Beschäftigung rechtlich wesentlich zusammen hängen, und solchen Verrichtungen zu unterscheiden ist, die der privaten Sphäre des Dienstreisenden angehören: Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz ist nämlich auf einer Dienstreise nicht schon deshalb ohne Weiteres gegeben, weil sich der Versicherte im betrieblichen (dienstlichen) Interesse außerhalb seines Beschäftigungsortes aufhalten und bewegen muss. Der Versicherungsschutz entfällt vielmehr, wenn sich der Dienstreisende rein persönlichen, für die Betriebstätigkeit nicht mehr wesentlichen und von dieser nicht mehr wesentlich beeinflussten Belangen widmet. Allerdings wird bei Unfällen während einer Dienstreise ein innerer Zusammenhang mit der betrieblichen (dienstlichen) Tätigkeit auch außerhalb der eigentlichen dienstlichen Beschäftigung im Allgemeinen eher anzunehmen sein als am Wohn- oder am Betriebsort. Wird aber etwa eine an sich unfallversicherte Fahrt unterbrochen, um auf einem Autobahnparkplatz den aus privaten Gründen versäumten Schlaf nachzuholen, dann steht ein während des Schlafes erlittener Unfall nicht unter Unfallversicherungsschutz (SSV-NF 4/65). Andererseits stehen etwa die Kursteilnehmer einer im Rahmen einer Dienstreise durchgeführten Fortbildungsveranstaltung auch auf dem Weg vom Kurskokal oder dem Unterkunftsraum zur in der Nähe beabsichtigten Befriedigung lebenswichtiger persönlicher Bedürfnisse (Einnahme gemeinsamer Mahlzeiten) unter Versicherungsschutz (SSV-NF 6/39). Auf Dienstreisen steht die Nahrungsaufnahme nur dann unter Versicherungsschutz, wenn betriebliche Umstände über das normale Maß hinaus so stark sind, dass sie eine wesentliche Bedingung für die Essenseinnahme sind, wie etwa besonderer Zeitdruck, Erhaltung der Fahrtüchtigkeit eines Kraftfahrers oder Durst erregende Beschäftigung (SSV-NF 7/45 = DRdA 1994, 262/22 mit zust Komm von Marg. Ritzberger-Moser). Die für (in der Regel mehrtägige) Dienstreisen entwickelten Grundsätze gelten weitgehend auch für Dienstfahrten, von denen der Versicherte am selben Tag zurückkehren kann.

Ist die Vornahme einer Dienstfahrt oder Dienstreise aber grundsätzlich als Ausübung der arbeitsvertraglichen Tätigkeit nach § 175 Abs 1 ASVG geschützt, dann gehört dazu auch das erforderliche Auftanken des für die Dienstfahrt benützten Fahrzeuges. Der zum Unfall auf Arbeitswegen entwickelte Grundsatz, Voraussetzung für den Versicherungsschutz sei, dass das Tanken jedenfalls ("zwingend": SSV-NF 8/91) notwendig gewesen sei, um die Fahrt fortzusetzen (SSV-NF 12/45), kann in dieser Bestimmtheit nicht für Dienstfahrten und Dienstreisen gelten, die ja grundsätzlich in ihrer Gesamtheit unter Versicherungsschutz stehen. Das Auftanken des "Dienstfahrzeuges" zählt - im Gegensatz zu dem Auftanken des für den Arbeitsweg verwendeten Fahrzeuges - nicht zu den an sich eigenwirtschaftlichen, ausnahmsweise (wie beispielsweise durch § 175 Abs 2 Z 1, 2, 4, 7 oder 10 ASVG) aber doch versicherten Tätigkeiten, sondern zur betrieblichen Tätigkeit selbst.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes (das durch seinen Hinweis auf § 175 Abs 2 Z 1 ASVG den vorliegenden Sachverhalt unreflektiert dem Arbeitswegunfall gleich stellte) kann daher nicht entscheidend sein, ob der vom Kläger geplante Tankvorgang unmittelbar für die Fortsetzung der Fahrt notwendig war, ob also der Tank "überhaupt zu jenem Zeitpunkt bereits nahezu leer war", die Fahrt also anders nicht fortgesetzt werden könnte. Dies folgt auch daraus, dass sogar außerhalb der regulären Arbeitszeit liegende Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit eines für die Dienstfahrt benötigten Verkehrsmittels unter Versicherungsschutz stehen, weil Arbeitsunfälle nach § 175 Abs 2 Z 5 ASVG auch Unfälle sind, die sich bei einer mit der Beschäftigung zusammen hängenden Verwahrung, Beförderung, Instandhaltung und Erneuerung des Arbeitsgerätes ereignen, auch wenn dieses vom Versicherten beigestellt wird. Zu den "Arbeitsgeräten" sind auch Fahrzeuge (Verkehrsmittel) zu zählen, die in erheblichem Maß ("hauptsächlich") für Betriebszwecke (und nicht für den Arbeitsweg) benützt werden (vgl Teschner/Widlar, ASVG 70. ErgLfg 942 Anm 4a zu § 175 mwN; SSV-NF 4/64; 7/43; 8/63). Wie die Revision an sich richtig bemerkt, muss ein Dienstnehmer die Möglichkeit haben, jederzeit während der Dienstfahrt zu tanken, ohne den Versicherungsschutz zu verlieren, also nicht erst, wenn der Tank des Dienstfahrzeuges "bereits nahezu leer" ist und die Fahrt nicht anders fortgesetzt werden konnte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist daher die Negativfeststellung des Erstgerichtes, es sei nicht feststellbar, ob der geplante Tankvorgang für die Fortsetzung der Fahrt notwendig und der Tank zu jenem Zeitpunkt bereits nahezu leer war, rechtlich ohne Belang und keine Grundlage für eine Abweisung des Klagebegehrens.

Damit erweist sich die Revision des Klägers als im Ergebnis berechtigt. Auch für den Versicherungsschutz auf einer Dienstfahrt ist Voraussetzung, dass die zurückgelegten Wege betrieblich bedingt sind und nicht unternehmensfremde (private) Abwege oder Umwege darstellen. Wählt der Versicherte auf einer Dienstfahrt nicht den kürzesten Weg, so ist entscheidend, ob der Grund für den Umweg zumindest auch wesentlich im betrieblichen Interesse lag (Krasney aaO Rz 92 mwN). Eigenwirtschaftliche Verrichtungen während einer Dienstfahrt (ausgenommen etwa die Befriedigung lebenswichtiger persönlicher Bedürfnisse im Sinne des § 175 Abs 2 Z 7 ASVG) stehen nicht unter Versicherungsschutz. Unterbricht also der Versicherte den zur versicherten Tätigkeit gehörenden Weg aus privaten Gründen nicht nur geringfügig, um sich persönlichen, von der versicherten Tätigkeit nicht mehr wesentlich beeinflussten Belangen zu widmen, so steht er während dieser Zeit nicht unter Versicherungsschutz (Krasney aaO Rz 102 mwN). Voraussetzung für den Unfallversicherungsschutz ist daher auch beim Auftanken eines Dienstfahrzeuges auf einer Dienstfahrt, dass zum Tanken kein relevanter Umweg oder Abweg eingeschlagen und dass das Tanken nicht durch irgendwelche anderen, dem privaten Lebensbereich zuzuordnende Tätigkeiten verlängert wird (SSV-NF 12/45 mwN). Ohne Bedeutung ist, dass der Kläger zunächst an der Tankstelle vorbei fuhr, es sich dann anders überlegte, umkehrte und auf der Gegenfahrbahn zur Tankstelle zurück fuhr; eine solche Handlungsweise mag unzweckmäßig sein, stellt aber für sich allein keinen relevanten Umweg auf der Dienstfahrt dar.

Das Erstgericht hat es als nicht feststellbar angesehen, ob der Kläger Werkzeug oder Material in einem Geschäft im Nahebereich der Tankstelle (Haller Straße in Innsbruck) einkaufen habe wollen, ob er also den unmittelbar vor dem Unfall gewählten Weg (Umweg oder Abweg?) im dienstlichen oder im privaten Interesse eingeschlagen hatte. Die Möglichkeit eines privaten, nicht versicherten Umwegs oder Abwegs steht - im Gegensatz zur Meinung des Berufungsgerichtes - nicht im Widerspruch zu der generellen Aussage, der Kläger habe sich am Unfallstag insgesamt auf einer Dienstfahrt befunden. Die Außerstreitstellung durch die beklagte Partei, der Kläger habe sich am Unfallstag auf einer Dienstreise befunden, wurde denn auch sogleich relativiert durch den Einwand, er habe keine unmittelbar am "Arbeitsweg" liegende Tankstelle benützt, was - auch ohne Erörterung dieses Vorbringens - nur so verstanden werden kann, dass die Zurücklegung der Wegstrecke im Bereich der Tankstelle nicht betrieblich bedingt gewesen sei. Das Berufungsgericht hat daher zu Unrecht die genannte Negativfeststellung des Erstgerichtes als "unbeachtlich" angesehen und die Beweisrüge des Klägers, mit der er diese bekämpft hatte, aus unzutreffenden rechtlichen Gründen unerledigt gelassen. Damit liegt aber ein im Rahmen der rechtlichen Beurteilung aufzugreifender Feststellungsmangel vor. Wäre im Sinne der nunmehr maßgeblichen erstgerichtlichen Tatsachenannahmen unter Ausschöpfung aller Beweismittel nicht feststellbar, ob sich der Kläger im Unfallzeitpunkt aus dienstlichen Gründen im Bereich der Unfallstelle, also auf einem seiner Dienstfahrt entsprechenden Weg befunden hat, wäre im Sinne der von den Vorinstanzen angenommenen und vom Kläger nie bezweifelten objektiven Beweislastverteilung nicht erwiesen, dass ein Arbeitsunfall im Sinne des § 175 Abs 1 ASVG vorliegt.

Der Revision war daher Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.

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