OGH 10ObS145/91

OGH10ObS145/9128.5.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Raimund Kabelka (Arbeitgeber) und Claus Bauer (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Otto A*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Höhe der Alterspension (vorläufige Leistung), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Februar 1991, GZ 32 Rs 30/91-9, womit der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23.November 1990, GZ 19 Cgs 142/89-6, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Bescheid der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 5.7.1989 wurde der Anspruch des Klägers auf eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer gemäß § 270 iVm § 253 b ASVG anerkannt; die Pension beginnt am 1.5.1989 und beträgt ab Stichtag S 16.627,20 monatlich. Dabei wurden 456 in Österreich nach dem ASVG erworbene Versicherungsmonate zugrunde gelegt.

Mit der dagegen erhobenen Klage begehrt der Kläger eine höhere Pension durch Anerkennung weiterer 11 Versicherungsmonate. Er beantragte für den Fall der Unterbrechung des Verfahrens nach § 74 ASGG ausdrücklich die Auferlegung einer vorläufigen Zahlung von S 331,10 monatlich als Differenz der beanspruchten und der gewährten Pensionshöhe.

Das Erstgericht unterbrach den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse über Beginn und Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigungen des Klägers in den Zeiten 9.3. bis 9.8.1950 und 13.7. bis 26.11.1952; gleichzeitig regte es die Einleitung eines diesbezüglichen Verwaltungsverfahrens an. Den Antrag des Klägers auf Gewährung einer vorläufigen Leistung wies das Erstgericht ab. Es nahm als bescheinigt an, daß der Kläger von März bis Weihnachten 1950 und vom 13.7. bis 26.11.1952 bei einem Arbeitgeber in Angern/March beschäftigt war und daß er von April bis Juni 1945 die Handelsakademie besuchte. Nicht als bescheinigt erklärte das Erstgericht, daß der Kläger bei der Sozialversicherung gemeldet war oder Beiträge entrichtet hätte. Ersatzzeiten für das Schuljahr 1944/45 würden nicht anzuerkennen sein, weil die Voraussetzung des § 227 ASVG ("volles Schuljahr") nicht vorliege. Sollte im Verwaltungsverfahren nachträglich eine Versicherungspflicht des Klägers für die oben genannten Zeiträume ausgesprochen werden, würden allfällige nachgezahlte Beiträge nicht wirksam entrichtet sein. Eine Anerkennung nachgezahlter Beiträge als wirksam iSd § 225 Abs 3 ASVG werde aller Voraussicht nach nicht erfolgen.

Das Rekursgericht gab dem nur wegen Ablehnung einer vorläufigen Leistung erhobenen Rekurs des Klägers nicht Folge. Die vom Erstgericht vernommene Zeugin und der Kläger hätten nur Vermutungen darüber anstellen können, daß er in den strittigen Zeiträumen zur Sozialversicherung gemeldet gewesen sei. Dem Erstgericht könne "kein Vorwurf gemacht werden", daß es diese Zeiten als nicht bescheinigt angesehen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Kläger erhobene Revisionsrekurs ist rechtzeitig und zulässig (SSV-NF 2/41 und 80, zuletzt 10 Ob S 84/91), aber nicht berechtigt.

Im Fall einer Unterbrechung nach § 74 Abs 1 ASGG hat das Gericht auf Antrag des Klägers dem beklagten Versicherungsträger eine vorläufige Leistung bis zur rechtskräftigen Beendigung des gerichtlichen Verfahrens durch Beschluß aufzuerlegen, soweit der Kläger seinen Anspruch dem Grunde und der Höhe nach glaubhaft macht. Gelingt dem Kläger die Glaubhaftmachung nicht, ist sein Antrag abzuweisen. Das gleiche gilt für den Fall, daß die beschränkten Mittel des Bescheinigungsverfahrens - auch bei Anlegung eines gebotenen strengen Maßstabes - im konkreten Fall nicht ausreichen, um die für die Auferlegung einer vorläufigen Leistung erforderlichen Tatsachen als bescheinigt annehmen zu können (Kuderna ASGG 399 Erl 9 zu § 74).

Die Vorinstanzen haben - ungeachtet der als Beilage C vorgelegten "Bescheinigung" über den Inhalt der Quittungskarte - nach Vernehmung des Klägers und der von ihm namhaft gemachten Zeugin nicht als bescheinigt angesehen, daß für die behaupteten Beschäftigungszeiten Beiträge vom Lohn abgezogen oder entrichtet worden seien. Wenn es nicht bloß um die Würdigung des Inhaltes von Urkunden geht, ist der Oberste Gerichtshof auch im Bescheinigungsverfahren an den von den Tatsacheninstanzen angenommenen Sachverhalt gebunden (Judikaturnachweise bei Stohanzl, JN und ZPO14 739 unter E 26 zu § 274 ZPO). Auch die Annahme, eine bestimmte Feststellung nicht treffen zu können, ist als Akt der Beweiswürdigung einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (vgl ÖBl 1982, 10; JBl 1981, 206; SSV-NF 2/54; 10 Ob S 84/91).

Was die geltend gemachten Ersatzzeiten wegen Schulbesuchs betrifft, so muß der Rechtsmittelwerber einräumen, daß er kein volles Schuljahr zurückgelegt habe. Grundsätzlich kommt eine Ausbildung, die - abgesehen von den normalen Ferien - nicht das ganze Jahr andauert, für die Anrechnung nicht in Betracht (Teschner ASVG 48. ErgLfg 1114 Anm 6 zu § 227; SV-Slg 23.207, 23.209, 29.218). Ob im Fall des Klägers aus besonderen Gründen hievon eine Ausnahme zu machen wäre, ist mit den Mitteln des Provisorialverfahrens nicht zu beurteilen. Daß dem Kläger die dem - durch die Klager außer Kraft getretenen - Bescheid entsprechende Pensionsleistung von S 16.627,20 monatlich ab 1.5.1989 (weiter) zu gewähren ist, ergibt sich aus § 71 Abs 2 ASGG und war vom Gericht nicht mehr auszusprechen.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte