Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Beide Parteien haben ihre Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin hat auch Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung für ihren am 11. 12. 1991 geborenen Sohn Max, der seit seiner Geburt an einer hochgradigen valvulären Aortenstenose leidet. Bei der Aortenklappe handelt es sich um das wichtigste Ventil des linken Herzens, welches für die Durchblutung des gesamten Körpers verantwortlich ist. Am 20. 4. 1992 wurde im Deutschen Herzzentrum München eine Valvulplastik der Aortenklappe durchgeführt, bei welcher die Verengung des Klappenringes gesprengt wurde. Dadurch stand nicht mehr die Verengung der Aortenklappe im Vordergrund sondern eine Kombination aus einer geringen Verengung mit unvollständigem Verschluss. Die nachfolgenden Kontrolluntersuchungen wurden ebenfalls im Deutschen Herzzentrum München durchgeführt.
Im August 2001 beantragte die Klägerin wiederum die Kostenübernahme für den jährlichen Kontrolltermin im Oktober 2001 und ersuchte um Übersendung des Vordrucks E-112/A. Die Beklagte verweigerte mit der Begründung, die Nachuntersuchung könne auch in Österreich durchgeführt werden, die Zustimmung zur medizinischen Behandlung des Sohnes der Klägerin im Ausland.
Am 5. 10.2001 erfolgte die Nachuntersuchung des Sohnes der Klägerin im Deutschen Herzzentrum München. Die Klägerin hat das in Rechnung gestellte Honorar von DM 592,50 (= EUR 302,89) bezahlt und die Honorarnote bei der beklagten Partei zur Kostenerstattung eingereicht. Für den Fall der nur teilweisen Kostenerstattung beantragte die Klägerin die Erlassung eines Bescheides.
Mit Schreiben vom 19. 12. 2001 teilte die beklagte Partei der Klägerin mit, dass sie für die von der Klägerin vorgelegte Honorarnote (vorerst) einen Kostenersatz in Höhe von EUR 24,38 leiste. Sie begründete dies damit, dass der Kostenersatz 80 % des jeweils gültigen Vertragstarifes betrage. Die Klägerin habe daher jedenfalls Anspruch auf jenen Betrag, den sie bei Inanspruchnahme eines Wahlbehandlers im Inland vergütet bekäme. Weiters gab die beklagte Partei bekannt, dass sie eine Anfrage an den deutschen Krankenversicherungsträger bezüglich der für diese Leistungen dort möglichen Erstattungsbeiträge gerichtet habe. Sollten diese höher sein als die im Inland gültigen Tarifsätze, erhalte sie die Differenz nachträglich überwiesen. Die AOK Bayern gab in der Folge den Erstattungsbetrag mit EUR 52,36 bekannt. Die beklagte Partei hat daraufhin einen weiteren Kostenersatz in Höhe von EUR 27,98, zuzüglich der bereits zuerkannten EUR 24,38 somit insgesamt EUR 52,36, an die Klägerin geleistet.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin, soweit dies für das Revisionsverfahrens noch von Bedeutung ist, die Zahlung des offenen Differenzbetrages von EUR 250,53 (= EUR 302,89 abzüglich geleisteter EUR 52,36) samt 4 % Verzugszinsen im Wesentlichen mit dem Vorbringen, die Klägerin habe so wie in den Vorjahren Anspruch auf Übernahme der gesamten Behandlungskosten durch die beklagte Partei.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, eine volle Kostenübernahme für die Nachuntersuchung im Deutschen Herzzentrum München am 5. 10. 2001 sei nicht möglich, weil diese Untersuchung auch in Österreich in einer Spitalsambulanz hätte durchgeführt werden können. Es wäre daher von der beklagten Partei entsprechend § 40 Abs 1 ihrer Satzung lediglich eine Kostenerstattung in Höhe von 80 % der Ambulanzpauschale zu leisten gewesen. In sozialer Rechtsanwendung habe die beklagte Partei der Klägerin darüber hinaus auch den Differenzbetrag zu dem für den deutschen Krankenversicherungsträger maßgebenden Erstattungstarif ersetzt. Ein höherer Kostenersatz komme jedenfalls nicht in Betracht. Die in der Vergangenheit erfolgte gänzliche Kostenübernahme für Untersuchungen und Behandlungen in Deutschland erzeuge keinen Rechtsanspruch für zukünftige Fälle.
Das Erstgericht wies dieses Klagebegehren ab. Es stellte noch fest, dass beim Sohn der Klägerin ein Zustand nach Valvuloplastik einer hochgradigen Aortenstenose mit geringgradiger valvulärer Aortenstenose und mäßiggradiger Aortenklappeninsuffizienz bei persistierendem Foramen ovale besteht. Aus der Sicht der Inneren Medizin sind die jährlich erforderlichen Kontrollen, so auch jene am 5. 10. 2001, auch im Kinderkardiologischen Zentrum im Allgemeinen Krankenhaus möglich. Unter Außerachtlassung der psychischen Komponente bestünden keine höheren Risiken für den Sohn der Klägerin bei einer Behandlung in Österreich. Der Zweck der jährlichen Kontrolle besteht in einer Überprüfung der Druckparameter vor und hinter der Aortenklappe hinsichtlich einer Veränderung. Eine Veränderung ist zum Beispiel im Wachstum möglich.
Aus kinderneuropsychiatrischer Sicht sind beim Sohn der Klägerin im emotionalen Bereich eine Novophobie, eine Kardiophobie und freifolttierende Ängste festzustellen, die sich in Panikattacken und vitaler Bedrohung äußern. Der Sohn der Klägerin hat zum Deutschen Herzzentrum München ein hohes Maß an Vertrauen und ist an dieses aufgrund der suffizienten Betreuung emotional gebunden. Es liegt bei ihm keine Nerven-, Geistes- oder Gemütserkrankung oder eine diesen Erkrankungen gleichwertige seelische Störung vor. Festzustellen ist eine "sekundäre Neurotisierung". Dabei handelt es sich um Begleitumstände bei einer existenziell bedrohlichen Erkrankung. Er hatte in den letzten Jahren immer wieder Kollapszustände mit Bewusstlosigkeit bei körperlicher oder psychischer Anstrengung bzw Erregung erlebt, dies insbesondere in Stresssituationen. Durch eine weitere Behandlung in München wäre sein psychischer Zustand zu stabilisieren. Sein psychischer Zustand hat letztlich auf die mit dem Herzklappenfehler verbundenen Beschwerden, wie zum Beispiel eine Leistungsminderung, einen Einfluss. Bei schlechter psychischer Verfassung würde es zu stärkeren Leistungsminderungen kommen. Es liegt eine Kombination eines körperlichen Leidens mit einer psychischen Komponente vor. Der Sohn der Klägerin würde mit großer Wahrscheinlichkeit bei in Österreich durchgeführten Kontrollen häufiger unter Panikattacken leiden. Sein Genesungsprozess wird durch eine Behandlung in Deutschland positiver beeinflusst als durch Behandlungen in Österreich.
Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht dahin, dass die beim Sohn der Klägerin erforderliche medizinische Behandlung zwar auch in Österreich hätte durchgeführt werden können, sich jedoch eine solche Behandlung in Österreich aufgrund der festgestellten psychischen Umstände im Vergleich zur Behandlung im Deutschen Herzzentrum München nachteiliger auf den Genesungsprozess und damit auf die mit dem Herzklappenfehler verbundenen Beschwerden ausgewirkt hätte. Da durch eine Krankenbehandlung die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden soll und dies bei Kontrolluntersuchungen in Österreich nicht (in diesem Ausmaß) erreicht werden könne, sei die Vornahme der Behandlung des Sohnes der Klägerin am 5. 10. 2001 im Deutschen Herzzentrum München zweckmäßig und notwendig gewesen. Die beklagte Partei habe daher die Genehmigung für diese Auslandsbehandlung zu Unrecht verweigert.
Der Europäische Gerichtshof habe in der Rechtssache C-368/98, Vanbraekel, Slg 2001, I-5363, bereits ausgesprochen, dass Art 36 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht so ausgelegt werden könne, dass danach ein Sozialversicherter, der einen Genehmigungsantrag gemäß Art 22 Abs 1 Buchstabe c dieser Verordnung gestellt habe und dessen Antrag vom zuständigen Träger abgelehnt worden sei, Anspruch auf die Erstattung sämtlicher Krankheitskosten hätte, die ihm in dem Mitgliedstaat entstanden seien, in dem er behandelt worden sei, wenn sich die Ablehnung seines Genehmigungsantrages als unbegründet erweise. Wäre die Genehmigung zu Recht verweigert worden, hätte die Klägerin Anspruch auf Kostenerstattung nach § 40 Abs 1 der Satzung der Beklagten gehabt, wonach die Kasse einen Ambulanzkostenzuschuss in Höhe von 80 % der zum 31. 12. 1996 geltenden Ambulanztarife mit der nächstgelegenen geeigneten öffentlichen Krankenanstalt zu erbringen habe, wenn der Versicherte (Angehörige) Krankenbehandlung ambulant in einer Krankenanstalt in Anspruch genommen habe, die nicht über Landesfonds finanziert werde und mit der keine diesbezügliche vertragliche Regelung bestehe, und wenn auch keine vertragliche Regelung mit einer anderen vergleichbaren Krankenanstalt bestehe. Dies gelte entsprechend auch für die ambulante Behandlung in einer ausländischen Krankenanstalt. Gemäß § 40 Abs 2 der Satzung der Beklagten seien die zum 31. 12. 1996 geltenden Ambulanztarife für das in Betracht kommende Kalenderjahr mit dem Betrag aufzuwerten, um den die Vertragstarife für private Krankenanstalten für stationärer Pflege erhöht worden seien. Die Klägerin habe somit keinen Anspruch auf eine höhere Kostenerstattung als ihr von der beklagten Partei bereits gewährt worden sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und verwies ergänzend noch darauf, dass jeder neuerliche Antrag eines Leistungswerbers für sich genommen eine eigene Leistungssache darstelle und "einzelfallbezogen" zu beurteilen sei. Auch wenn ein Versicherter in regelmäßigen Abständen immer wieder gleiche oder ähnliche Leistungen beantrage, könne daraus kein Rechtsanspruch auf die künftige Gewährung in der Vergangenheit bereits bezogener Leistungen abgeleitet werden. Die Frage eines allfälligen Schadenersatzanspruches der Klägerin aufgrund der unrechtmäßigen Verweigerung der Ausstellung des Vordrucks E 112/A sei nicht Gegenstand des Sozialrechtsverfahrens.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil - soweit überblickbar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage des Umfanges des Kostenerstattungsanspruches des Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger im Falle einer zu Unrecht nicht erteilten Genehmigung einer Auslandsbehandlung fehle.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin macht geltend, die ärztliche Hilfe unterliege als Dienstleistung den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen der Art 49 ff EGV über die Dienstleistungsfreiheit. Die durch die beklagte Partei erfolgte Kostenerstattung sei mit der Dienstleistungsfreiheit jedoch nicht vereinbar. Bei einer Behandlung des Sohnes der Klägerin im Inland wären die dadurch entstandenen Kosten der ärztlichen Hilfe zur Gänze übernommen worden. Im vorliegenden Fall sei jedoch eine Einrichtung in Deutschland in Anspruch genommen worden und es sei ein Erstattungsbetrag zur Anweisung gelangt, welcher die tatsächlich in Rechnung gestellten Behandlungskosten unterschreite. Durch das geringe Ausmaß der erbrachten Kostenerstattung ergebe sich eine wesentliche Schlechterstellung für die Klägerin bei der Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen im Ausland und es stehe dies daher im Widerspruch zum freien Dienstleistungsverkehr. Auch der Genehmigungsvorbehalt verstoße gegen die Dienstleistungsfreiheit, weil er die Versicherten veranlasse, die ärztliche Leistung im Inland und nicht in anderen Mitgliedstaaten in Anspruch zu nehmen. Schließlich verstoße die Regelung des § 40 Abs 1 der Satzung der beklagten Partei gegen geltendes Gemeinschaftsrecht, weil die Erstattung von lediglich 80 % des Vertragstarifes mit den Freiheiten des Waren- und Dienstleistungsverkehrs nicht vereinbar sei. Es hätte daher eine Kostenerstattung in Höhe des vollen Vertragstarifes erfolgen müssen.
Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten.
Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) fallen Gesundheitsleistungen, die Gegenstand sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche sind, unter die Dienstleistungsfreiheit der Art 49 ff EGV, ohne dass danach zu unterscheiden wäre, ob die Versorgung in einer Krankenanstalt oder außerhalb davon erbracht wird (vgl Urteil vom 28. 4. 1998, Rs C-158/96, Kohll, Slg 1998, I-1931 RdNr 21, 46; Urteile vom 12. 7. 2001, Rs C-368/98, Vanbraekel, Slg 2001, I-5363 RdNr 41, sowie C-157/99, Smits und Peerbooms, Slg 2001, I-5473, RdNr 53, und vom 13. 5. 2003, Rs C-385/99, Mueller-Faure und Van Riet, Slg 2003, I-4509). Dies gilt auch, wenn der Leistungsempfänger einem Krankenversicherungssystem angehört, das die Krankenbehandlung als Sachleistung gewährt (vgl Urteil Smits und Peerbooms RdNr 55 bis 58). Das Gemeinschaftsrecht lässt zwar die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt; gleichwohl müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Befugnis das Gemeinschaftsrecht beachten (vgl ua Urteile Smits und Peerbooms, RdNr 44 bis 46, sowie Mueller-Faure und Van Riet, RdNr 100 und die dort zitierte Rechtsprechung).
So hat der EuGH insbesondere entschieden, dass Art 49 EGV der Anwendung einer nationalen Regelung, die die Erstattung von in einem anderen Mitgliedstaat entstandenen Krankheitskosten von einem System der vorherigen Genehmigung abhängig macht, entgegensteht, wenn sich zeigt, das ein solches System die Sozialversicherten davon abschreckt oder sie sogar daran hindert, sich an Erbringer medizinischer Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat der Versicherungszugehörigkeit zu wenden, es sei denn, dass die sich daraus ergebende Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs in Anbetracht einer der nach dem EG-Vertrag zulässigen Ausnahmen gerechtfertigt ist (vgl Urteil Kohll, RdNr 35 und 36, sowie die Urteile Smits und Peerbooms, RdNr 69 bis 45, sowie Mueller-Faure und Van Riet, RdNr 44, 67 und 68).
Nach Art 22 Abs 1 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 hat ein Versicherter, der vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten hat, sich in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates zu begeben, um dort eine seinem Zustand angemessene Behandlung zu erhalten, Anspruch auf Sachleistungen, die der Träger des Aufenthaltsortes nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften für Rechnung des zuständigen Trägers gewährt (sogenannte Leistungsaushilfe). Die erforderliche Genehmigung darf gemäß Art 22 Abs 2 der Verordnung nicht verweigert werden, wenn die Behandlung zu den Leistungen gehört, die nach dem Recht des Wohnsitzstaates vorgesehen sind, und wenn der Betreffende in Anbetracht seines Gesundheitszustandes und des voraussichtlichen Verlaufs der Krankheit die Behandlung nicht innerhalb des im Wohnsitzstaat üblichen Zeitraumes erhalten kann. Diese Regelungen finden gemäß Art 22 Abs 3 der Verordnung entsprechend auf die Familienangehörigen eines Arbeitnehmers oder Selbstständigen Anwendung. Hatte der zuständige Träger die Genehmigung zu Unrecht abgelehnt, so hat er dem Versicherten die entstandenen Kosten in der Höhe zu erstatten, wie sie normalerweise zu erbringen gewesen wären, wenn die Genehmigung von Anfang an ordnungsgemäß erteilt worden wäre (vgl Urteil Vanbraekel, RdNr 34).
Zum Umfang der Ansprüche, die Art 22 Abs 1 Buchstabe c Verordnung (EWG) Nr 1408/71 einem Sozialversicherten verleiht, ergibt sich aus dieser bereits zitierten Bestimmung, dass einem solchen Versicherten grundsätzlich Sachleistungen für Rechnung des zuständigen Trägers vom Träger des Aufenthaltsorts nach den Rechtsvorschriften des Staates der Leistungserbringung zu gewähren sind, als ob er dort versichert wäre, und dass sich nur die Dauer der Leistungsgewährung weiterhin nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates richtet. Der zuständige Träger ist anschließend verpflichtet, dem Träger des Aufenthaltsorts die Aufwendungen unter den in Art 36 der Verordnung Nr 1408/71 geregelten Voraussetzungen unmittelbar zu erstatten (Urteil Vanbraekel, RdNr 32 f).
Es ist daher im Sinne der zitierten Rechtsprechung des EuGH (vgl insbesondere Urteil Vanbraekel, RdNr 34) davon auszugehen, dass ein Sozialversicherter, wenn er einen Antrag auf Genehmigung gemäß Art 22 Abs 1 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 gestellt hat, dieser Antrag vom zuständigen Träger abgelehnt worden ist und die Unbegründetheit dieser Ablehnung später entweder vom zuständigen Träger selbst oder durch gerichtliche Entscheidung festgestellt wird, einen unmittelbaren Anspruch gegen den zuständigen Träger auf eine Erstattung in der Höhe hat, wie sie normalerweise zu erbringen gewesen wäre, wenn die Genehmigung von Anfang an ordnungsgemäß erteilt worden wäre. Es ist daher dem Versicherten in diesem Fall jener Betrag zu erstatten, den der aushelfende Träger aufzuwenden gehabt hätte, zumal der zuständige Träger dem aushelfenden Träger diesen Betrag jedenfalls zu ersetzen gehabt hätte. Geht man daher im vorliegenden Fall im Sinne des Prozessstandpunktes der Revisionswerberin und in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen von einer unberechtigten Ablehnung der Genehmigung der Behandlung des Sohnes der Klägerin im Deutschen Herzzentrum München durch die beklagte Partei aus, so hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung jenes Betrages, den der aushelfende Träger (AOK Bayern) aufzuwenden gehabt hätte. Im Falle einer Genehmigung der Auslandsbehandlung des Sohnes der Revisionswerberin im Deutschen Herzzentrum München in Form der Ausstellung des Vordruckes E 112/A wäre eine Verrechnung der Behandlungskosten zwischen dieser Krankenanstalt und dem in Deutschland zuständigen Krankenversicherungsträger (AOK Bayern) erfolgt. Der entsprechende deutsche Erstattungstarif hätte EUR 52,36 betragen. Die beklagte Partei hätte diesen Betrag der AOK Bayern ersetzen müssen und hat auch bereits eine Kostenerstattung in dieser Höhe an die Klägerin geleistet. Ein darüber hinaus gehender Kostenerstattungsanspruch der Klägerin lässt sich aus der Bestimmung des Art 22 Verordnung (EWG) Nr 1408/71 jedenfalls nicht ableiten.
Nach der Rechtsprechung des EuGH soll aber Art 22 Verordnung (EWG) Nr 1408/71 nicht die Erstattung der bei einer Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat entstandenen Kosten durch die Mitgliedstaaten zu den im Mitgliedstaat der Versicherungszugehörigkeit geltenden Sätzen regeln und hindert daher die Mitgliedstaaten nicht an einer solchen Erstattung, wenn die Rechtsvorschriften des Versicherungsmitgliedstaates eine derartige Erstattung vorsehen und die nach diesen Rechtsvorschriften angewandten Sätze sich als günstiger als diejenigen erweisen, die in dem Mitgliedstaat praktiziert werden, in dem die Behandlung erfolgt ist (Urteil Vanbraekel, RdNr 36). Eine derartige Verpflichtung ergibt sich nach der Rechtsprechung des EuGH somit zwar nicht unmittelbar aus Art 22 Verordnung (EWG) Nr 1408/71, wohl aber aus Art 49 EGV (früher Art 59 EGV). Diese Bestimmung ist so auszulegen, dass dann, wenn die Erstattung von Kosten, die durch in einem Aufenthaltsmitgliedstaat erbrachte Krankenhausdienstleistungen veranlasst worden sind, die sich aus der Anwendung der in diesem Staat geltenden Regelung ergibt, niedriger als diejenige ist, die sich aus der Anwendung der im Mitgliedstaat der Versicherungszugehörigkeit geltenden Rechtsvorschriften im Fall einer Krankenhauspflege in diesem Staat ergeben würde, dem Sozialversicherten vom zuständigen Träger eine ergänzende Erstattung gemäß dem genannten Unterschied zu gewähren ist (Urteil Vanbraekel, RdNr 53). Damit greift der EuGH auf Grundsätze zurück, die sich aus der primärrechtlich verankerten Dienstleistungsfreiheit ergeben. Diese Grundfreiheit wäre behindert, wenn der Versicherte bei einer Auslandsbehandlung mit einer geringeren Kostenerstattung rechnen müsste, als ihm bei einer Kostenerstattung im zuständigen Staat zustünden (vgl Windisch-Graetz, Europäisches Krankenversicherungsrecht in Tomandl/Schrammel [Hrsg], Wiener Beiträge zum Arbeits- und Sozialrecht [Bd 45] 208 f).
Es ist im vorliegenden Fall nicht strittig, dass die Klägerin bei einer entsprechenden Behandlung ihres Sohnes im Inland in einer Krankenanstalt, die nicht über Landesfonds finanziert wird, nach der maßgebenden Bestimmung des § 40 der Satzung der beklagten Partei Anspruch auf einen Ambulanzkostenzuschuss in Höhe von 80 % des entsprechenden Ambulanztarifes, somit auf Ersatz eines Betrages von EUR 24,38, gehabt hätte. Selbst wenn man im Sinne des Prozessstandpunktes der Revisionswerberin davon ausgeht, dass die Erstattung von lediglich 80 % des Vertragstarifes gemeinschaftsrechtswidrig sei und daher eine Kostenerstattung in Höhe des vollen Vertragstarifes zur Folgen habe, erreicht dieser Betrag bei weitem nicht die Höhe der von der beklagten Partei an die Klägerin bereits geleisteten Kostenerstattung von insgesamt EUR 52,36.
Damit zeigt sich aber, dass, wie bereits die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, das Klagebegehren entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht mit Erfolg auf das Gemeinschaftsrecht gestützt werden kann. Die Ansicht der Revisionswerberin, der zuständige Träger habe sämtliche, dem Versicherten entstandenen Kosten zu erstatten, wurde vom EuGH bereits in der Rechtssache Vanbraekel, RdNr 56 ausdrücklich abgelehnt und es wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Art 36 Verordnung (EWG) Nr 1408/71 nicht so ausgelegt werden kann, dass danach ein Sozialversicherter, der einen Genehmigungsantrag gemäß Art 22 Abs 1 Buchstabe c dieser Verordnung gestellt hat und dem dieser Antrag vom zuständigen Träger abgelehnt worden ist, Anspruch auf die Erstattung sämtlicher Krankheitskosten hat, die ihm in dem Mitgliedstaat entstanden sind, in dem er behandelt worden ist, wenn sich die Ablehnung seines Genehmigungsantrags als unbegründet erweist (vgl auch B. Karl, Die Auswirkungen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs auf die Kostenerstattung, DRdA 2002, 15 ff [19] ua). Lässt sich somit ein Versicherter ohne Genehmigung in einem anderen Mitgliedstaat medizinisch behandeln, so tut er dies mit dem eventuellen Risiko einer finanziellen Eigenbelastung.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 1 und 2 lit b ASGG. Das Kostenersatzbegehren der beklagten Partei ist unberechtigt, weil der Versicherungsträger - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall der Verursachung von Verfahrenskosten durch Mutwillen, Verschleppung oder Irreführung (§ 77 Abs 3 ASGG) - die ihm durch das Verfahren erwachsenen Kosten ohne Rücksicht auf dessen Ausgang selbst zu tragen hat. Daraus ergibt sich, dass die beklagte Partei die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen hat. Es bestehen aber auch keine Anhaltspunkte dafür, der unterlegenen Klägerin nach Billigkeit einen Kostenersatz zu gewähren.
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