OGH 10ObS120/87

OGH10ObS120/8730.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Kellner sowie die fachkundigen Laienrichter Johann Reiterer und Mag. Robert Renner als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anna J***, psychiatrisches Krankenhaus der Stadt Wien, 3370 Ybbs an der Donau, vertreten durch den zu 2 Sw 162/85 des Bezirksgerichtes Ybbs bestellten Sachwalter Dr. Ingrid Ruckenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER A***,

Roßauer Lände 3, 1090 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Witwenpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Mai 1987, GZ 31 Rs 112/87-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 17. Februar 1987, GZ 7 a C 315/86 -6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 24. September 1986 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung einer Witwenpension nach dem verstorbenen Versicherten Anton J*** ab.

Mit ihrer dagegeben erhobenen Klage begehrt die Klägerin, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, der klagenden Partei ab Antragstag eine Witwenpension in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der verstorbene Versicherungsnehmer sei zwar nicht von der Klägerin selbst auf Unterhalt geklagt worden; er sei aber durch ein von der S*** W*** auf Grund der Legalzession erreichtes Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 6. Mai 1985 zu einer Unterhaltsleistung in Höhe von 10 % seines Nettoeinkommens verpflichtet worden. Der Unterhalt der Klägerin sei damit gerichtlich festgesetzt worden, sodaß die Voraussetzungen des § 258 Abs 4 ASVG für eine Witwenpension gegeben seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende Feststellungen:

Die Ehe der Klägerin mit dem bei der beklagten Partei Versicherten, am 27. Juni 1985 verstorbenen Anton J*** wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9. Juli 1954, 13 Cg 198/54 (nach § 51 EheG) ohne Verschuldensausspruch geschieden. Der geschiedene Ehegatte der Klägerin leistete nach der Ehescheidung keinen Unterhalt. Es bestehe weder eine den Unterhalt betreffende, vor Auflösung der Ehe eingegangene vertragliche Verpflichtung noch ein gerichtliches Urteil oder ein gerichtlicher Vergleich.

Anton J*** wurde auf Grund einer Klage der S*** W*** Matristratsabteilung 14 (wie sich aus dem Pensionsakt ergibt, richtig wohl Magistratsabteilung 17) im Rahmen eines Regreßverfahrens wegen von der S*** W*** als Fürsorgeträger an die Klägerin erbrachter Fürsorgeleistungen mit Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 6. Mai 1985, 2 C 19/84 (richtig 2 C 19/85) zu einer Ersatzleistung im Rahmen des Fürsorgerechtes an die S*** W*** verpflichtet.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, Rechtszweck der Witwenpension sei der Ersatz des Ausfalles an Unterhalt wegen des Todes des Unterhaltspflichtigen. Die Klägerin habe keine Unterhaltsansprüche geltend gemacht und auch tatsächlich nie Unterhalt von ihrem geschiedenen Ehemann bezogen. Das im Rahmen eines Regreßverfahrens erflossene Urteil regle nicht die Rechtsbeziehungen zwischen den geschiedenen Ehegatten und habe keinerlei Bindungswirkung für deren Rechtsbeziehungen untereinander. Dadurch sei der geschiedene Ehemann jedenfalls nicht zu Unterhaltsleistungen an die Klägerin verpflichtet worden. Die Voraussetzungen des § 258 Abs 4 ASVG seien daher nicht gegeben. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge, billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, die durch Urteil ausgesprochene Verpflichtung des Verstorbenen Anton J*** zum Ersatz der der G*** W*** für die Klägerin aufgelaufenen Kosten beruhe zwar auf dessen gesetzlicher Unterhaltsverpflichtung, nicht aber auf einem der in § 258 Abs 4 ASVG genannten rechtsbegründenden Tatbestände. Die Klägerin habe aus diesem Urteil mangels Parteieigenschaft im Verfahren keine Rechte ableiten können, die Rechtskraftwirkung dieses Urteiles habe sich nicht auf sie erstreckt. Ein solches Urteil sei daher nicht einem der in § 258 Abs 4 ASVG genannten Unterhaltstitel gleichzusetzen.

In ihrer wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revision führt die Klägerin aus, dem Wortlaut des § 258 Abs 4 ASVG sei nicht zu entnehmen, daß das in dieser gesetzlichen Bestimmung genannte "Unterhaltsurteil" in einem Prozeß zwischen den geschiedenen Ehegatten erflossen sein müsse, es genüge ein Urteil, in welchem eine der Höhe nach bestimmte Unterhaltsleistung festgehalten sei, um einen Anspruch auf Witwenpension zu begründen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht begründet.

§ 258 Abs 4 ASVG zählt taxativ jene Rechtstitel auf, die der Frau (dem Mann) deren (dessen) Ehe mit dem (der) Verstorbenen für nichtig erklärt, aufhoben oder geschieden worden ist, einen Anspruch auf Witwenpension (Witwerpension) sichern, nämlich daß der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor Auflösung der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung zu leisten hatte. Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (599 BlgNR VII GP) führen dazu aus, daß diese Sicherungen eingebaut wurden, um eine spekulative Ausnützung dieser Einrichtung auszuschließen. Nach dem Gesetzeswortlaut, "Zur Zeit seines Todes Unterhalt (einen Unterhaltsbeitrag) zu leisten hatte", hängt der Anspruch auf Witwenpension nur davon ab, ob der Versicherte auf Grund der im Gesetz angeführten rechtsbegründenden Tatbestände im Zeitpunkt des Todes Unterhalt zu leisten hatte. Es ist daher nicht von Bedeutung, ob der Unterhalt im Zeitpunkt des Todes auch tatsächlich gewährt wurde oder ob dessen Leistung - aus welchen Gründen immer - unterblieb. Das Vorliegen nur eines den Anspruch auf Unterhalt begründenden abstrakten Tatbestandes nach dem Ehegesetz genügt nicht, der Versicherte muß vielmehr zur Unterhaltsleistung auf Grund eines der im Gesetz angeführten Tatbestände, also eines gerichtlichen Urteiles, gerichtlichen Vergleiches oder eines vor Auflösung der Ehe eingegangenen Vertrages zum Zeitpunkt seines Todes zur Unterhaltsleistung verpflichtet gewesen sein.

Diese Voraussetzungen erfüllt aber das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf keineswegs. Die S*** W*** Magistratsabteilung 17 begehrte im Verfahren 2 C 19/85 vom Beklagten Anton J*** den Betrag von S 17.631,--. Sie brachte vor, dessen Ehefrau Anna J*** befinde sich seit 1950 im Psychiatrischen Krankenhaus der S*** W*** in Pflege und sei einkommens- und vermögenslos. Der Beklagte sei davon verständigt worden, daß nach § 27 des Wiener Sozialhilfegesetzes die Unterhaltsansprüche des Pfleglings gegen den geschiedenen Ehemann auf die S*** W*** übergegangen seien. Anton J*** sei in der Lage ab 1. Jänner 1982 einen monatlichen Unterhalt von S 538,-- und ab 1. Jänner 1983 monatlich S 567,-- zu zahlen. Vom 1. Jänner 1982 bis 31. Jänner 1985 seien S 20.631,-- an Pflegegebühren aufgelaufen. Weil der Beklagte nur S 3.000,-- bezahlt habe, begehre die S*** W*** den Ersatz von S 17.631,--. Am 6. Mai 1985 erfloß über diesen Betrag ein Versäumungsurteil. Auf Grund dieses Urteiles hatte Anton J*** daher nur für in der Vergangenheit aufgelaufene Pflegegebühren Ersatz zu leisten. Eine Unterhaltsverpflichtung auf Grund einer der in § 258 Abs 4 ASVG aufgezählten Rechtstitel bestand daher zum Zeitpunkt seines Todes nicht und läßt sich aus dem angeführten Urteil somit keineswegs ableiten. Schon aus diesem Grunde ist ein Anspruch auf Witwenpension nach § 258 Abs 4 ASVG nicht gegeben.

Der Revision war daher keine Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Revision beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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