OGH 10ObS1/14s

OGH10ObS1/14s28.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Sabine Duminger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Horst Nurschinger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Ulrike Hauser, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist‑Straße 1, wegen Pflegegeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 11. September 2013, GZ 11 Rs 88/13k‑17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 25. April 2013, GZ 32 Cgs 11/13y‑7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Der Kläger ist nach der Aktenlage afghanischer Staatsangehöriger. Mit Bescheid des Bundesasylamtes Außenstelle Innsbruck vom 21. 3. 2011 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen. Dagegen erhob er Beschwerde, welche noch in zweiter Instanz anhängig ist. Gleichzeitig wurde ihm gemäß § 8 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 16. 3. 2012 erteilt. Über Antrag des Klägers wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung bis 16. 3. 2013 und zuletzt bis 16. 3. 2014 verlängert.

Mit Bescheid vom 11. 1. 2013 wies die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag des Klägers vom 11. 12. 2012 auf Gewährung von Pflegegeld mit der Begründung ab, dass er nicht dem anspruchsberechtigten Personenkreis nach dem BPGG angehöre.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger rechtzeitig Klage mit dem Begehren, ihm ab 1. 1. 2013 das Pflegegeld im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren. Er habe als subsidiär Schutzberechtigter aufgrund der Statusrichtlinie 2004/83/EG Ansprüche aus der Krankenversicherung und damit auch auf Pflegegeld.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, der Kläger habe gemäß § 13 AsylG nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht und gehöre daher nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis gemäß §§ 3, 3a BPGG.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus, dem Kläger sei zwar der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden, welcher ihn jedoch nicht zum unbefristeten Aufenthalt im Inland berechtige. Da das Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei und der Kläger nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht habe, habe er gemäß § 3a Abs 3 Z 4 BPGG keinen Anspruch auf Pflegegeld. Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg auf Art 29 der Statusrichtlinie 2004/83/EG berufen, weil der Zugang zur medizinischen Versorgung nicht die Gewährung von Pflegegeld umfasse und die Mitgliedstaaten befugt seien, die medizinische Versorgung auf Kernleistungen zu beschränken.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Die Personengruppe der subsidiär Schutzberechtigten werde weder bei den nach § 3a Abs 1 und 2 BPGG den österreichischen Staatsbürgern gleichgestellten noch bei den nach § 3a Abs 3 BPGG vom Pflegegeldbezug ausgeschlossenen Personen genannt. Auch aus dem Unionsrecht, auf das in § 3a Abs 2 Z 1 BPGG verwiesen werde, sei die Gleichstellung subsidiär Schutzberechtigter mit österreichischen Staatsbürgern nicht ableitbar. Art 29 Abs 2 der Statusrichtlinie 2004/83/EG garantiere zwar subsidiär Schutzberechtigten den Zugang zur medizinischen Versorgung wie für eigene Staatsangehörige. Die medizinische Versorgung könne jedoch vom Mitgliedstaat auf Kernleistungen beschränkt werden. Nach Erwägungsgrund Nr 34 der Statusrichtlinie sei die Möglichkeit der Einschränkung auf Kernleistungen so zu verstehen, dass dieser Begriff zumindest ein Mindesteinkommen sowie Unterstützung bei Krankheit, Schwangerschaft und bei Elternschaft umfasse, sofern diese Leistungen nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats eigenen Staatsangehörigen gewährt werden. Das im Erwägungsgrund Nr 34 erwähnte Mindesteinkommen betreffe die Sozialhilfe, zu der das Pflegegeld nicht zu zählen sei. Die dort weiters erwähnte Unterstützung bei Krankheit umfasse offenkundig nur Sachleistungen. Pflegegeld sei weder eine Sachleistung noch eine Kernleistung bei Krankheit. Auch aus dem Erwägungsgrund Nr 34 sei daher nicht abzuleiten, dass subsidiär Schutzberechtigten Anspruch auf Pflegegeld zukomme. Dieses Ergebnis finde durch die Neufassung der Statusrichtlinie 2011/95/EU seine Bestätigung. Nach deren Art 30 sei Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden sei, Zugang zur medizinischen Versorgung zu den selben Bedingungen wie Staatsangehörigen des diesen Schutz gewährenden Mitgliedstaats zu gewähren. Wenngleich die Beschränkung auf Kernleistungen in der Neufassung der Statusrichtlinie entfallen sei, bleibe es beim Anspruch auf bloße Sachleistungen. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Pflegegeld komme den subsidiär Schutzberechtigten demnach auch nach der Statusrichtlinie 2011/95/EU nicht zu.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der Frage bestehe, ob subsidiär Schutzberechtigte Anspruch auf Pflegegeld haben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht im Widerspruch zu der mittlerweile vorliegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs steht. Sie ist im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.

Der Revisionswerber macht im Wesentlichen geltend, beim Pflegegeld nach dem BPGG handle es sich um eine Leistung bei Krankheit im Sinne der gemeinschaftsrechtlichen Terminologie. Lege man diesen Begriffsinhalt auch bei der Auslegung der Statusrichtlinie ‑ insbesondere der Art 28, 29 iVm Erwägungsgrund Nr 34 ‑ zugrunde, so gelange man zu dem Ergebnis, dass das Pflegegeld nach dem BPGG zu jenen Kernleistungen gehöre, auf die der Kläger als subsidiär Schutzberechtigter im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen wie ein österreichischer Staatsbürger Anspruch habe. Diese Rechtsansicht werde auch in einem entsprechenden an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gerichteten Erlass des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 4. 10. 2013 vertreten.

Der erkennende Senat hat dazu in den ebenfalls die Frage des Anspruchs eines subsidiär Schutzberechtigten auf Pflegegeld betreffenden Entscheidungen 10 ObS 153/13t und 10 ObS 161/13v jeweils vom 17. 12. 2013 Folgendes ausgeführt:

1. Zur innerstaatlichen Rechtslage:

1.1. Zum Asylgesetz:

Der Kläger stellte in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz (§ 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005). Mit diesem Antrag wird die Zuerkennung des Status als Asylberechtigten begehrt. Bei Nichtzuerkennung des Status als Asylberechtigten gilt er als Antrag auf Zuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter. Hat das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof das Fehlen zumindest eines Erfordernisses für die Gewährung von Asyl festgestellt, etwa das Vorliegen von asylrelevanten Fluchtgründen verneint, ist zu untersuchen, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter vorliegen.

Subsidiär Schutzberechtigte sind Personen, denen dieser Status zuerkannt wurde, weil die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention bedeuten würde (Verletzung des Rechts auf Leben, die Gefahr unmenschlicher Behandlung, von Folter oder der Todesstrafe) oder die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in ihren Herkunftsstaat für sie als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde (§ 8 Abs 1 AsylG). Gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, der den Status eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, von der zuerkennenden Behörde eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Diese Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Fall des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen auf Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Ab 1. 1. 2014 können die subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren Aufenthalt als subsidiär Schutzberechtigte einen unbefristeten Daueraufenthaltstitel erhalten (§ 45 Abs 12 Niederlassungs‑ und Aufenthaltsgesetz [NAG] idF BGBl I 2013/68). Der Status als subsidiär Schutzberechtigter erlischt, wenn dem Fremden der Status als Asylberechtigtem zuerkannt wird (§ 8 Abs 7 AsylG).

1.2. Zu den Landespflegegeldgesetzen:

Nach den ‑ mit 31. 12. 2011 außer Kraft getretenen ‑ jeweiligen Landespflegegeldgesetzen war die österreichische Staatsbürgerschaft Anspruchsvoraussetzung. Es fand sich aber auch eine Aufzählung von Fremden, die österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt waren. Bei dieser Gruppe handelte es sich insbesondere um Fremde,

‑ insoweit sich eine Gleichstellung aus Staatsverträgen ergibt,

‑ wenn mit ihrem Heimatstaat aufgrund tatsächlicher Übung Gegenseitigkeit bestand ...,

‑ denen nach den Bestimmungen des AsylG Asyl gewährt wurde,

‑ Personen, die durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum begünstigt waren oder deren Familienangehörige.

In den Landespflegegeldgesetzen waren Härteklauseln vorgesehen, nach denen die Voraussetzung der österreichischen Staatsbürgerschaft nachgesehen werden konnte, wenn es die persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Fremden zur Vermeidung sozialer Härten geboten erschienen ließen ( Greifeneder/Liebhart , Pflegegeld 3 Rz 119 f).

1.3. Zum Bundespflegegeldgesetz:

Mit dem Außerkrafttreten der Landespflegegeldgesetze per 31. 12. 2011 und der Überleitung des gesamten Pflegegeldwesens in Gesetzgebung und Vollziehung in die Kompetenz des Bundes waren auch im Bereich des BPGG die anspruchsberechtigten Gruppen neu zu definieren und die Gruppe der bisherigen Landespflegegeldbezieher in den Zuständigkeitsbereich des Bundes einzubeziehen.

§ 3a Abs 1 BPGG idF des PflegegeldreformG 2012 BGBl I 2011/58 gewährt Anspruch auf Pflegegeld auch ohne Grundleistung für österreichische Staatsbürger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.

Nach dem Wegfall der landesgesetzlichen Härtefallregelungen ist für Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft Anspruch auf Pflegegeld nur mehr dann gegeben, wenn sie vom Anwendungsbereich des § 3a Abs 2 BPGG idF des PflegegeldreformG 2012 BGBl I 2011/58 erfasst sind.

Nach diesem sind den österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt:

Z 1 Fremde, die nicht unter eine der folgenden Ziffern fallen, insoweit sich eine Gleichstellung aus Staatsverträgen oder Unionsrecht ergibt , oder

Z 2 Fremde, denen gemäß § 3 des Asylgesetzes 2005, Asyl gewährt wurde, oder

Z 3 Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht gemäß §§ 65 und 65a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 ... oder gemäß §§ 51 bis 54a und 57 des Niederlassungs‑ und Aufenthaltsgesetzes ... verfügen, …, oder

Z 4 Personen, die über einen Aufenthaltstitel

a) „Blaue Karte EU“ gemäß § 42 NAG

b) „Daueraufenthalt‑EG“ gemäß § 45 NAG ... .

c) „Daueraufenthalt-Familienangehöriger“ gemäß § 48 NAG ... .

d) „Familienangehöriger“ gemäß § 47 Abs 2 NAG oder

e) gemäß § 49 NAG verfügen.

Nach § 3a Abs 3 BPGG idF des PflegegeldreformG 2012 BGBl I 2011/58 haben keinen Anspruch auf Pflegegeld gemäß Abs 1 insbesondere

Z 1 Personen, die gemäß § 3 Abs 3 und 4 in den anspruchsberechtigten Personenkreis einbezogen werden können, aber noch nicht einbezogen worden sind,

Z 2 nicht erwerbstätige EWR‑Bürger, Schweizer Staatsangehörige und deren Angehörige jeweils in den ersten drei Monaten ihres Aufenthaltes,

Z 3 Personen während ihres visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Inland,

Z 4 Personen, die nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Asylgesetz 2005 haben (Asylwerber/innen).

Den in § 3a Abs 2 BPGG genannten Personengruppen kommt somit ohne Grundleistung und ohne österreichische Staatsbürgerschaft Anspruch auf Bundespflegegeld zu. Es handelt sich hiebei um Personengruppen, deren Gleichstellung mit Inländern völkerrechtlich schon bisher verpflichtend war. Dazu gehören insbesondere EWR‑Bürger/innen und deren Familienangehörige oder anerkannte Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (Gesetzesmaterialien zum Pflegegeldreformgesetz BGBl I 2011/58, 1208 der BlgNR 24. GP 9; Greifeneder/Liebhart aaO Rz 105).

Die Gesetzesmaterialien (1208 der BlgNR 24. GP 9 f) führen im Einzelnen weiter aus:

'Abs. 2 Z 1 sieht eine Gleichstellung von Fremden vor, deren Gleichbehandlung sich aus Staatsverträgen bzw. Unionsrecht ergibt. Dieses Gleichstellungselement ist gleichsam auch ein Auffangtatbestand für jene Fälle, die nicht unter die folgenden Ziffern subsumiert werden können, aber grundsätzlich gleichstellungsberechtigt sind. In diesem Zusammenhang wäre etwa an türkische Staatsbürger/innen zu denken, die noch nicht über einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder 'Daueraufenthalt-Familienangehörige' verfügen, deren Gleichstellung jedoch unter Umständen auf der Grundlage des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (64/733 EWG) bzw. dem Beschluss Nr. 3/80 des Assoziationsrates vorgegeben ist. …

Aus dem Unionsrecht ‑ und hier insbesondere aus der VO (EG) Nr. 883/2004 ‑ ergibt sich, dass Unionsbürger/innen und anerkannte Flüchtlinge und Staatenlose sowie deren Familienangehörige die gleichen Rechte und Pflichten im Bereich der sozialen Sicherheit genießen wie Inländer/innen. Eine Exportverpflichtung in den EWR ergibt sich unmittelbar aus der VO (EG) Nr. 883/2004 , sofern eine Zuständigkeit Österreichs im Bereich der Krankenversicherung besteht. Dies soll sowohl für Personen, die ihren Pflegegeldanspruch aus einer Grundleistung gemäß § 3 ableiten als auch für den anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 3a gelten. Das Gleichbehandlungsgebot erstreckt sich nicht nur auf Unionsbürger/innen samt deren Familienangehörigen, letztere im Übrigen auch dann, wenn es sich dabei um Drittstaatsangehörige handelt, sondern auch auf Staatsangehörige von Norwegen, Island, Liechtenstein sowie der Schweiz und deren Familienangehörige. … Ergänzend werden im Wege der Verordnung (EU) Nr. 1231/2010 auch bestimmte Drittstaatsangehörige (die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben und innerhalb der Union ein grenzüberschreitendes Element nachweisen müssen) und deren Familienangehörige den Unionsbürgern gleichgestellt. Die in Abs. 2 Z 2 bis 4 genannten Fälle betreffen daher nur jene zusätzlichen Fälle, die nicht bereits durch dieses unmittelbar anwendbare Staatsvertragsrecht bzw. Unionsrecht erfasst werden ... .

In Abs. 2 Z 4 werden z.B. weitere Personengruppen gleichgestellt, soweit sie einen bestimmten Aufenthaltstitel vorweisen können, der ihnen einen privilegierten Status einräumt. Dazu zählen …, deren Gleichstellung sich aus Art 11 bzw Art 21 der RL 2003/109/EG ergibt. Hinsichtlich des Aufenthaltstitels 'Blaue Karte EU' ergibt sich die Gleichstellung aus Art 14 Abs. 1 lit e der RL 2009/50/EG ...'

§ 3a BPGG idF des PflegegeldreformG 2012 wurde am 29. 7. 2011 publiziert und trat mit 1. 1. 2012 in Kraft. Die durch das SRÄG 2012, BGBl I 2013/3 mit 1. 1. 2014 erfolgte Novellierung des § 3a BPGG enthält für den vorliegenden Zusammenhang jedoch keine substantiellen Änderungen.

1.4. Zur Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B‑VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (Asylwerber, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen in Österreich ]Grundversorgungs-vereinbarung Art 15a B‑VG BGBl I 2004/80] und zum Grundversorgungsgesetz Bund 2005 BGBl 1991/405, geändert durch BGBl 2005/100):

Subsidiär Schutzberechtigte fallen unter die Grundversorgungsvereinbarung (Art 2 Abs 1 Z 3). Nach deren Art 6 Abs 1 Z 5 umfasst die Grundversorgung ua die Sicherung der Krankenversorgung im Sinne des ASVG durch Bezahlung der Krankenversicherungsbeiträge, die Gewährung allenfalls darüber hinausgehender notwendiger, durch die Krankenversicherung nicht abgedeckter Leistungen nach Einzelfallprüfung (Z 6) sowie „Maßnahmen für pflegebedürftige Personen“ (Z 7). Art 9, der Kostenhöchstsätze für die Erfüllung der Aufgaben nach Art 6 regelt, sieht einen Kostenhöchstsatz für die Sonderunterbringung für pflegebedürftige Personen von 2.480 EUR pro Monat vor. Unter Maßnahmen für pflegebedürftige Personen versteht die Grundversorgungsvereinbarung daher offenkundig nur die Sonderunterbringung Pflegebedürftiger. Eine dem Pflegegeld entsprechende Leistung ‑ etwa bei häuslicher Pflege ‑ ist nicht vorgesehen ( Greifeneder/Liebhart , Pflegegeld 3 Rz 114). Derartige Leistungen sind auch im Grundversorgungsgesetz Bund 2005, BGBl 1991/405 idF BGBl 2005/100 nicht genannt. In dessen § 1 Z 3 wird lediglich auf die gemäß Art 6 und 7 der Grundversorgungsvereinbarung zu erbringenden Leistungen verwiesen.

2. Zum Unionsrecht:

2.1. Am 29. 4. 2004 hat der Rat die Richtlinie 2004/83/EG über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (sog. „Status‑RL“) erlassen. Ziel der Richtlinie ist die Festlegung von Mindestnormen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen. Weiters soll der Inhalt des zu gewährenden Schutzes vereinheitlicht werden. Er umfasst unter anderem den Schutz vor Zurückweisung, Informationsrechte, die Wahrung des Familienverbands, den Aufenthaltstitel, den Zugang zur Beschäftigung und Bildung, die Sozialhilfe, den Zugang zu Wohnraum, zu medizinischer Versorgung sowie zu Integrationsmaßnahmen. Nach Art 28 („Sozialhilfe-leistungen“) tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der die jeweilige Rechtsstellung gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten. Abweichend von dieser allgemeinen Regel des Abs 1 können die Mitgliedstaaten die Sozialhilfe für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, auf Kernleistungen beschränken, die sie im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige gewähren.

Art 29 der RL 2004/83/EG regelt die medizinische Versorgung. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, zu denselben Bedingungen wie Staatsangehörige des die Rechtsstellung gewährenden Mitgliedstaates Zugang zu medizinischer Versorgung haben (Abs 1). Abweichend von der allgemeinen Regel nach Abs 1 können die Mitgliedstaaten die medizinische Versorgung beschränken, die sie dann im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige gewähren (Abs 2). Nach Art 29 Abs 3 gewährleisten die Mitgliedstaaten unter denselben Voraussetzungen wie Staatsangehörigen des die Rechtsstellung gewährenden Mitgliedstaates eine angemessene medizinische Versorgung von Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidäre Schutzstatus zuerkannt worden ist und die besondere Bedürfnisse haben, wie schwangere Frauen, Menschen mit Behinderungen, Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, oder Minderjährigen, die Opfer irgendeiner Form von Missbrauch, Vernachlässigung, Ausbeutung, Folter, grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung gewesen sind oder unter bewaffneten Konflikten gelitten haben.

Nach Erwägungsgrund Nr 34 der Richtlinie sollten bei der Sozialhilfe und der medizinischen Versorgung die Modalitäten und die Einzelheiten der Gewährung der Kernleistungen durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften bestimmt werden. Die Möglichkeit der Einschränkung von Leistungen für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, auf Kernleistungen ist so zu verstehen, dass dieser Begriff zumindest ein Mindesteinkommen sowie Unterstützung bei Krankheit, bei Schwangerschaft und bei Elternschaft umfasst, sofern diese Leistungen nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates eigenen Staatsangehörigen gewährt werden.

Gemäß Art 38 Abs 1 war die Richtlinie bis zum 10. 10. 2006 durch die erforderlichen Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften in innerstaatliches Recht umzusetzen.

2.2. Im Zuge der Arbeiten am „gemeinsamen Europäischen Asylsystem“ wurde die RL 2004/83/EG überarbeitet und neugefasst. Im Dezember 2011 wurde die RL 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. 12. 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des gewährten Schutzes verabschiedet (ABl L 2011/337). Gemäß ihrem Art 41 trat sie am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt, somit am 9. 1. 2012, in Kraft. Umzusetzen in innerstaatliches Recht sind die Regelungen bis 21. 12. 2013. Mit diesem Datum wird die RL 2004/83/EG außer Kraft treten. Die Regelungen über den Zugang zu Sozialhilfeleistungen in Art 29 sind ident mit jenen der Richtlinie 2004/83/EG . Sozialhilfeleistungen für subsidiär Schutzberechtigte dürfen weiterhin auf Kernleistungen eingeschränkt werden. Erwägungsgrund Nr 45 bestimmt, dass darunter unter anderem Unterstützung bei Krankheit gemeint ist. Beim Zugang zur medizinischen Versorgung (Art 30) wurde aber die Einschränkung auf Kernleistungen nicht aufrechterhalten. Medizinische Versorgung muss nunmehr allen Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt wurde, zu denselben Bedingungen wie für eigene Staatsbürger gewährt werden (Peyrl, Der Anspruch von subsidiär Schutzberechtigten auf Pflegegeld, ÖZPR 2013, 111 [113]).

3.1. Im Schrifttum wurde darauf verwiesen, dass der EuGH in der Rechtssache Jauch das Bundespflegegeld unter die Kategorie Leistung bei Krankheit im Sinne der damals noch geltenden VO (EWG) 1408/71 eingereiht habe (EuGH C‑215/99, Rs Jauch). Handle es sich beim österreichischen Pflegegeld um eine Leistung bei Krankheit, sei nach Art 28 Abs 1 und 2 der RL 2004/83/EG in Verbindung mit deren Erwägungsgrund Nr 34 subsidiär Schutzberechtigten ab dem Zeitpunkt der Zuerkennung dieses Status Pflegegeld wie österreichischen Staatsbürgern zu gewähren (Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld3 Rz 114).

3.2. Peyrl (Der Anspruch von subsidiär Schutzberechtigten auf Pflegegeld, ÖZPR 2013, 111 f) geht davon aus, dass nach dem Wegfall der landesgesetzlichen Härtefallregelungen Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft Anspruch auf Pflegegeld nur mehr dann zukomme, wenn sie von § 3a BPGG erfasst seien. Mangels einer expliziten Regelung für subsidiär Schutzberechtigte bleibe die Frage offen, ob diesen Pflegegeld zustehe bzw ob sich deren Anspruch auf Gleichstellung mit Österreichern aus dem Unionsrecht ergebe. Gleichstellungsbestimmungen iSd § 3a Abs 2 Z 1 BPGG seien in Art 28 und 29 der Statusrichtlinie 2004/83/EU enthalten. Seit der Entscheidung in der Rechtssache Jauch sei aufgrund der gebotenen einheitlichen Anwendung des Rechts der Union Pflegegeld europarechtlich aufgrund der begrifflichen Nähe zur Krankheit als eine Leistung bei Krankheit zu qualifizieren. Da der Begriff „Kernleistungen“ die Unterstützung bei Krankheit umfasse, sei der Pflegegeldanspruch von subsidiär Schutzberechtigten gemäß Art 3a Abs 2 Z 1 BPGG iVm Art 28 RL 2004/83/EG zu bejahen. Im Hinblick auf die Neufassung der Richtlinie, die bei der medizinischen Versorgung eine Beschränkungsmöglichkeit auf Kernleistungen nicht mehr vorsehe, sei für subsidiär Schutzberechtigte der Anspruch auf Pflegegeld sogar unabhängig von der Einordnung des Pflegegeldes als Leistung bei Krankheit oder der medizinischen Versorgung gegeben.

4. Der erkennende Senat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 3a Abs 2 Z 1 BPGG sind Fremde, die nicht unter eine der folgenden Ziffern fallen, den österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt, wenn sich eine solche Gleichstellung aus dem Unionsrecht ergibt. Nach den bereits zitierten Gesetzesmaterialien (RV 1208 BlgNR 24. GP 9) ist die genannte Bestimmung somit ein Auffangtatbestand für jene Personen, die nicht unter § 3a Abs 2 Z 2 bis 4 BPGG subsumiert werden können, aber grundsätzlich aufgrund von Staatsverträgen oder dem Unionsrecht österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind. In den zitierten Gesetzesmaterialien wird weiters darauf hingewiesen, dass sich aus dem Unionsrecht ‑ und hier insbesondere aus der VO (EG) Nr 883/2004 ‑ ergibt, dass Unionsbürger/innen und anerkannte Flüchtlinge und Staatenlose sowie deren Familienangehörige die gleichen Rechte und Pflichten im Bereich der sozialen Sicherheit genießen wie Inländer/innen. Auslösender Faktor für die österreichische Verpflichtung zur Gleichstellung auch in Bezug auf Pflegegelder im Wege der VO (EG) Nr 883/2004 waren die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen Jauch und Hosse, in denen der Gerichtshof sowohl das Bundes‑ als auch das Landespflegegeld unter die Kategorie Leistung bei Krankheit im Sinne der (damals noch) VO (EG) Nr 1408/71 eingereiht hat (vgl RV 1208 BlgNR 24. GP 9).

4.2. Art 28 der RL 2004/83/EG sieht vor, dass Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige des betreffenden Mitgliedstaates erhalten müssen. Im Fall von subsidiär Schutzberechtigten können die Mitgliedstaaten diese allerdings auf „Kernleistungen“ beschränken, die sie im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige gewähren.

4.3. Art 29 der RL 2004/83/EG regelt den Zugang zu medizinischer Versorgung in ähnlicher Weise: Grundsätzlich muss dieser für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte zu denselben Bedingungen wie für eigene Staatsbürger gegeben sein; auch hier besteht aber die Möglichkeit der Beschränkung auf „Kernleistungen“ für subsidiär Schutzberechtigte.

4.4. Nach dem Erwägungsgrund Nr 6 der RL 2004/83/EG ist es das wesentliche Ziel dieser Richtlinie einerseits, ein Mindestmaß an Schutz in allen Mitgliedstaaten für Personen zu gewährleisten, die tatsächlich Schutz benötigen, und andererseits sicherzustellen, dass allen diesen Personen in allen Mitgliedstaaten ein Mindestniveau von Leistungen geboten wird. Es ist daher nach dem Erwägungsgrund Nr 33 insbesondere zur Vermeidung sozialer Härtefälle angezeigt, Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, ohne Diskriminierung im Rahmen der Sozialfürsorge angemessene Unterstützung in Form von Sozialleistungen und Leistungen zur sozialen Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.

4.5. Nach dem Erwägungsgrund Nr 34 der RL 2004/83/EG sollen bei der Sozialhilfe und der medizinischen Versorgung die Modalitäten und Einzelheiten der Gewährung der Kernleistungen durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften bestimmt werden. Die Möglichkeit der Einschränkung von Leistungen für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, auf Kernleistungen ist so zu verstehen, dass dieser Begriff zumindest ein Mindesteinkommen sowie Unterstützung bei Krankheit, bei Schwangerschaft und bei Elternschaft umfasst, sofern diese Leistungen nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates eigenen Staatsangehörigen gewährt werden.

4.6. Aus dem 34. Erwägungsgrund der RL geht somit hervor, dass der Begriff der Kernleistungen zumindest ein Mindesteinkommen sowie Unterstützung bei Krankheit, bei Schwangerschaft und bei Elternschaft erfasst. Zunächst ist festzustellen, dass die in diesem Erwägungsgrund enthaltene Aufzählung, die den in Art 28 und 29 der RL verwendeten Begriff der „Kernleistungen“ veranschaulicht, nicht erschöpfend ist, wie die Verwendung des Wortes „zumindest“ zeigt. Dass in diesem Erwägungsgrund nicht ausdrücklich auf Pflegegeld Bezug genommen wird, bedeutet somit nicht, dass dieses keine der Kernleistungen darstellt, auf die der Grundsatz der Gleichbehandlung zwingend anzuwenden ist (vgl EuGH 24. 4. 2012, C-571/10 , Kamberaj, Rn 85 zu dem insoweit vergleichbaren Art 11 Abs 4 der RL 2003/109 ).

4.7. Weiters ist, da die Gleichstellung der Rechtsstellung der Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, mit den Staatsangehörigen des Mitgliedstaates die Grundregel nach Art 28 Abs 1 und Art 29 Abs 1 der RL bildet, die in Abs 2 dieser beiden Artikel für subsidiär Schutzberechtigte vorgesehene Ausnahme eng auszulegen. Es ist für den erkennenden Senat auch nicht ersichtlich, dass der österreichische Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht hätte, von der in Art 28 Abs 2 und Art 29 Abs 2 der RL vorgesehenen Ausnahme vom Grundsatz der Gleichbehandlung Gebrauch zu machen (vgl EuGH 24. 4. 2012, C-571/10 , Kamberaj, Rn 86 ff).

4.8. Schließlich ist festzustellen, dass die im 34. Erwägungsgrund der RL 2004/83/EG enthaltene Verweisung auf das nationale Recht nur die Modalitäten der Gewährung der fraglichen Leistungen betrifft, dh die Festlegung der Voraussetzungen für den Zugang zu diesen Leistungen und der Höhe dieser Leistungen sowie der entsprechenden Verfahren (vgl EuGH 24. 4. 2012, C-571/10 , Kamberaj, Rn 89).

4.9. Die Bedeutung und die Tragweite des Begriffs „Kernleistungen“ iSd Art 28 Abs 2 und 29 Abs 2 der RL 2004/83/EG sind daher unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem dieser Begriff verwendet wird, und des mit dieser Richtlinie verfolgten Ziels zu ermitteln, das nach Erwägungsgrund Nr 6 der RL im Wesentlichen darin liegt, einerseits ein Mindestmaß an Schutz in allen Mitgliedstaaten für Personen zu gewährleisten, die tatsächlich Schutz benötigen, und andererseits sicherzustellen, dass allen diesen Personen in allen Mitgliedstaaten ein Mindestniveau von Leistungen geboten wird, wobei es insbesondere zur Vermeidung sozialer Härtefälle angezeigt ist, diesen schutzbedürftigen Personen ohne Diskriminierung im Rahmen der Sozialfürsorge angemessene Unterstützung in Form von Sozialleistungen und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren (vgl Erwägungsgrund Nr 33).

4.10. Art 28 und 29 der RL 2004/83/EG betreffen in ihrem Zusammenhang Fragen des Inhalts des internationalen Schutzes, vor allem der mit diesem Status verbundenen Rechte. Der EuGH betont in ständiger Rechtsprechung das Gebot der einheitlichen Anwendung und Auslegung des Rechts der Union, da dies zu größerer Rechtssicherheit beiträgt (vgl EuGH 21. 12. 2011, C-424/10 und C-425/10 , Ziolkowski ua und Szeja, Rn 34 mwN). Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass der EuGH in den Rechtssachen Jauch und Hosse sowohl das Bundes‑ als auch das Landespflegegeld den Leistungen bei Krankheit zugeordnet hat und auch der österreichische Gesetzgeber bei der Neufassung des anspruchsberechtigten Personenkreises nach § 3a BPGG durch das Pflegegeldreformgesetz 2012, BGBl I 2011/58, von dieser europarechtlichen Zuordnung des Pflegegeldes zu den Leistungen bei Krankheit ausgegangen ist (vgl RV 1208 BlgNR 24. GP 9).

5. Da Pflegegeld somit europarechtlich eine Leistung bei Krankheit darstellt und der Terminus „Kernleistungen“ jedenfalls auch die „Unterstützung bei Krankheit“ umfasst, haben subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 3a Abs 2 Z 1 BPGG iVm Art 28 RL 2004/83/EG Anspruch auf Pflegegeld, weil sich ein Anspruch auf Gleichstellung mit österreichischen Staatsbürgern aus dem Unionsrecht ergibt (in diesem Sinne auch Peyrl , Der Anspruch von subsidiär Schutzberechtigten auf Pflegegeld, ÖZPR 2013/77, 111; Greifeneder/Liebhart , Pflegegeld³ Rz 114). Diese Beurteilung trägt auch dem Umstand Rechnung, dass gerade der Personenkreis der subsidiär Schutzberechtigten aufgrund der Lebensumstände besonders schutzwürdig ist und diese Personen durch den Eintritt einer Pflegebedürftigkeit keinen zusätzlichen Nachteil erleiden sollen.

Ausgehend von diesen Erwägungen waren auch im gegenständlichen Fall in Stattgebung der Revision des Klägers die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren werden die weiteren für einen Anspruch auf Pflegegeld notwendigen Feststellungen (§ 4 BPGG) zu treffen sein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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