OGH 10ObS10/97m

OGH10ObS10/97m28.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Dr.Danzl als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Bruno B*****, vertreten durch Dr.Otmar Franiek, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, wegen Wiederaufnahme, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes in Arbeits- Sozialrechtssachen vom 9.Oktober 1996, GZ 8 Rs 218/96g-6, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 20.Juni 1996, GZ 30 Cgs 124/96a-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzungen den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird keine Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der am 8.10.1946 geborene Kläger begehrte im Verfahren 30 Cgs 160/94t des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes die ihm von der beklagten Versicherungsanstalt bescheidmäßig abgelehnte Zuerkennung einer Invaliditätspension (gemäß § 255 Abs 3 ASVG). Dieses Klagebegehren wurde in allen drei Instanzen abgewiesen (zuletzt Urteil Oberster Gerichtshof 13.12.1996, 10 ObS 2442/96g). Das klagsabweisliche Urteil erster Instanz war am 21.12.1995, jenes des Berufungsgerichtes am 9.10.1996 ergangen.

Am 6.5.1996 (also nach Schluß der Verhandlung erster Instanz) beantragte der Kläger - gestützt auf den Grund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO - die Wiederaufnahme dieses Verfahrens, Beseitigung des in dieser Sozialrechtssache erflossenen Ersturteils und Zuerkennung der begehrten Invaliditätspension. Gestützt wurde diese Wiederaufnahmsklage auf das Vorbringen, daß sich - nach stationären Spitalsaufenthalten vom 6. bis 13.3.1996 sowie ab dem 15.4.1996 - in den letzten Tagen des April 1996 (zufolge Mitteilung der Ärzte gegenüber seiner Ehefrau und ihm selbst) herausgestellt habe, daß er "nunmehr invalid im Sinne des § 255 Abs 3 ASVG" sei.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der - zusammengefaßten - Begründung zurück, daß es sich bei diesem Vorbringen um neue Beweismittel im Sinne von nova producta und nicht um bereits vor Schluß der Verhandlung erster Instanz entstandene nova reperta handle.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und schloß sich der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes an.

Rechtliche Beurteilung

Der auf den Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs des Klägers ist gemäß § 47 Abs 2 ASGG zulässig, jedoch nicht berechtigt. Es kann hiebei grundsätzlich genügen, auf die diesbezüglich zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes zu verweisen (§ 48 ASGG). Darüber hinaus ist noch folgendes zu ergänzen:

Der Tatbestand des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO setzt voraus, daß die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung in früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte. Voraussetzung ist also - wie ganz allgemein für die Wiederaufnahmsgründe -, daß in der vorangegangenen Entscheidung zu dem für sie maßgeblichen Zeitpunkt vorhandene Umstände unberücksichtigt geblieben sind. Nach diesem Zeitpunkt eingetretene Änderungen des Tatbestandes können hingegen keine Wiederaufnahmsklage, sondern nur entweder die neuerliche Geltendmachung eines vorher abgewiesenen Anspruches oder - im Falle einer Exekution - eine Oppositionsklage oder bei entsprechendem Interesse eine negative Feststellungsklage rechtfertigen (Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 1 zu § 530; jüngst 4 Ob 2378/96a).

Bereits in dem ebenfalls die Wiederaufnahme in einer Sozialrechtssache betreffenden Fall 10 ObS 2118/96h hat der Oberste Gerichtshof - in Anwendung der vorstehenden allgemeinen Rechtsgrundsätze zur Wiederaufnahmsklage im allgemeinen, zum Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO im besonderen - ausgesprochen, daß dieser Grund dann nicht vorliege, wenn sich ein Kläger (so wie auch hier) inhaltlich ausschließlich auf eine zu seinen Gunsten (gegenüber der Vorentscheidung) veränderte Einschätzung (dort: der Unfallfolgen; hier: der Invalidität) durch spätere ärztliche Aussagen (oder Gutachten) gegenüber jener im betroffenen Vorverfahren wendet. Aus dem Klagevorbringen geht auch eindeutig hervor, daß der Kläger die Anerkennung seiner Invalidität aufgrund der erst mehrere Monate nach dem Ersturteil stattgefundenen Spitalsaufenthalte und Operationen für die Zeit seither (arg.: "nunmehr"), und keineswegs - wie in Rekurs und Revisionsrekurs behauptet - bereits für die Zeit davor (also 1995) behauptet hat; insoweit verstoßen diese Ausführungen einerseits gegen das im Rechtsmittelverfahren geltende Neuerungsverbot und stehen andererseits mit seinem eigenem maßgeblichen Vorbringen in Widerspruch; von einem "Mißverständnis" der Vorinstanzen kann daher keine Rede sein.

Wenn sich ein geltend gemachter Wiederaufnahmsgrund überhaupt unter keinen der im Gesetz angeführten Wiederaufnahmsgründe einordnen läßt, dann ist die Zurückweisung der Klage nach § 538 Abs 1 ZPO gerechtfertigt. Dem Rechtsmittel des Klägers konnte daher aus den vorstehenden Erwägungen keine Folge gegeben werden. Da es sich hiebei um den Fall einer Klagszurückweisung im Sinne des § 11a Abs 1 Z 3 ASGG handelt, konnte der Oberste Gerichtshof gemäß Abs 3 Z 1 leg cit hierüber durch einen Dreiersenat entscheiden, zumal auch das Erstgericht bloß durch seinen Vorsitzenden allein und das Oberlandesgericht durch einen Dreiersenat entschieden hatte.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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