Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 25. 4. 1980 geborene Kläger leistete nach Absolvierung der Matura im Sommer 1998 von Oktober 1998 bis einschließlich September 1999 seinen ordentlichen Zivildienst. Er bezog zuletzt aufgrund des Bescheids der beklagten Partei vom 1. 9. 2005 eine Waisenpension nach seinem verstorbenen Vater über das 18. Lebensjahr hinaus.
Mit Bescheid vom 17. 8. 2007 wies die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Waisenpension auch über das vollendete 27. Lebensjahr hinaus ab.
Der Kläger begehrt die Weitergewährung der Waisenpension über das vollendete 27. Lebensjahr hinaus bis 31. 3. 2008 im Wesentlichen mit dem Vorbringen, er habe von 1999 bis 2002 einen Speziallehrgang für Modedesign und von 2002 bis 2004 die Ausbildung zum Modisten an der Modeschule Hetzendorf erfolgreich absolviert. Im Wintersemester 2004/2005 habe er das Studium der Kunstpädagogik für experimentelles textiles Gestalten und Architektur, Design und Environment an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien begonnen. Seit dem Sommersemester 2007 betreibe er zusätzlich das Studium der Kunstgeschichte. Er habe bei allen diesen Ausbildungen stets einen hervorragenden Studienerfolg erzielt. Die Kindeseigenschaft von Studierenden, die wie der Kläger eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchten, verlängere sich, wenn sie entweder Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bezögen oder ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben. Im Hinblick auf die Anknüpfung des Anspruchs auf Waisenpension nach § 252 Abs 2 Z 1 ASVG an die Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes ergebe sich schon bei der Erforschung des Wortsinnes, des Bedeutungszusammenhangs und der Gesetzessystematik, dass ihm der Anspruch auf Waisenpension auch über das 27. Lebensjahr hinaus zustehen müsse. Dies ergebe sich aus der gebotenen analogen Anwendung der Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes über die Möglichkeit der Verlängerung des Bezugs der Familienbeihilfe bei Absolvierung des Präsenzdienstes vor dem 26. Lebensjahr um ein Jahr sowie der insoweit auch gebotenen verfassungskonformen Auslegung der Bestimmung des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG, da sonst Frauen mangels Verpflichtung zur Ableistung von Präsenz- oder Zivildienst eine Waisenpension um ein Jahr länger beziehen könnten als Männer.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, die Waisenpension sei nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres zu gewähren.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Rechtsausführungen bestehe die Kindeseigenschaft nach § 252 Abs 2 Z 1 ASVG auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind sich in einer Schul- und Berufsausbildung befinde, die seine Arbeitskraft überwiegend beanspruche, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. Die Vollendung des 27. Lebensjahres stelle daher aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Anwendungsfall des § 255 Abs 2 Z 2 ASVG - eine absolute Altershöchstgrenze für den Anspruch auf Waisenpension dar. Eine Gesetzeslücke, welche den vom Kläger angestrebten Analogieschluss rechtfertigen könnte, liege nicht vor.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Es schloss sich im Wesentlichen der Rechtsansicht des Erstgerichts an und teilte auch nicht die vom Kläger dagegen vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung nicht zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zu der vom Revisionswerber vertretenen Auslegung der Bestimmung des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG in der derzeit geltenden Fassung und zu den von ihm gegen diese Bestimmung vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken noch nicht Stellung genommen hat. Sie ist aber nicht berechtigt.
Der Revisionswerber vertritt weiterhin die Rechtsansicht, im Hinblick auf die Anknüpfung des Anspruchs auf Waisenpension nach § 252 Abs 2 Z 1 ASVG an die Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes ergebe sich schon bei Erforschung des Wortsinnes, des Bedeutungszusammenhangs und der Gesetzessystematik, dass ihm die Waisenpension auch über das 27. Lebensjahr hinaus zustehen müsse. Im Familienlastenausgleichsgesetz sei nämlich vorgesehen, dass die Familienbeihilfe grundsätzlich bis zum 26. Lebensjahr, bei Absolvierung des Präsenz- oder Zivildienstes vor dem 26. Lebensjahr jedoch um ein Jahr länger ausbezahlt werde. Diese Auslegung sei auch aufgrund des Zweckes der Waisenpension, den Lebensunterhalt eines Waisen nach dem Tod des bisher Unterhaltsleistenden an dessen Stelle zu sichern, um ihm eine entsprechende Schul- bzw Berufsausbildung zu ermöglichen, sowie aus Gründen der Verfassungskonformität geboten. Die von den Vorinstanzen vertretene Auslegung führe nämlich zu dem verfassungswidrigen Ergebnis, dass Frauen mangels Verpflichtung zur Ableistung von Präsenz- oder Zivildienst die Waisenpension um ein Jahr länger beziehen könnten als Männer. Diese Auslegung stelle daher eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und des Eigentumsrechts sowie des Rechts auf gleiche Zugänglichkeit zu öffentlichen Ämtern dar.
Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:
Nach § 260 ASVG haben nach dem Tod des Versicherten die Kinder im Sinne des § 252 Abs 1 Z 1 bis 4 und Abs 2 ASVG Anspruch auf Waisenpension. Über das vollendete 18. Lebensjahr hinaus wird Waisenpension nur auf besonderen Antrag gewährt.
Die für den Anspruch des Klägers auf Waisenpension maßgebende Bestimmung des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach novelliert.
Nach der Stammfassung des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG (BGBl 1955/189) war als Kind auch über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus anzusehen, wer wegen wissenschaftlicher oder sonstiger regelmäßiger Schul- oder Berufsausbildung sich noch nicht selbst erhalten konnte, bis zur ordnungsmäßigen Beendigung der Ausbildung, jedoch längstens bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres.
Durch die 31. ASVG-Novelle, BGBl 1974/775, erhielt § 252 Abs 2 Z 1 ASVG folgende Fassung:
„Die Kindeseigenschaft besteht auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind
1. sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens jedoch bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres; zur Schul- oder Berufsausbildung zählt auch ein angemessener Zeitraum für die Vorbereitung auf die Ablegung der entsprechenden Abschlussprüfungen und auf die Erwerbung eines akademischen Grades. Ist die Schul- oder Berufsausbildung durch die Erfüllung der Wehrpflicht, der Zivildienstpflicht, durch Krankheit oder ein anderes unüberwindbares Hindernis verzögert worden, so besteht die Kindeseigenschaft über das 26. Lebensjahr hinaus für einen der Dauer der Behinderung angemessenen Zeitraum."
Durch die 44. ASVG-Novelle (BGBl 1987/609) erhielt § 252 Abs 2 Z 1 folgende Fassung:
„Die Kindeseigenschaft besteht auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind
1. sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres; die Kindeseigenschaft verlängert sich höchstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wenn die Berufsausbildung über das 25. Lebensjahr hinaus andauert, das Kind ein ordentliches Studium betreibt und eine Studiendauer im Sinne des § 2 Abs 3 des Studienförderungsgesetzes 1983 nicht überschreitet. Überschreitungen, die wegen Erfüllung der Wehrpflicht, der Zivildienstpflicht oder wegen sonstiger wichtiger Gründe gemäß § 2 Abs 3 letzter Satz des Studienförderungsgesetzes 1983 eintreten, sind hiebei außer Betracht zu lassen."
Nach einer weiteren Änderung durch die 46. ASVG-Novelle (BGBl 1988/749) erhielt § 252 Abs 2 Z 1 ASVG durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 1992 (BGBl 1992/474) folgende Fassung:
„Die Kindeseigenschaft besteht auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind
1. sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres; die Kindeseigenschaft von Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, verlängert sich nur dann, wenn sie ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, betreiben.".
Durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 1996/201, wurde in § 252 Abs 2 Z 1 ASVG der Ausdruck „§ 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376", durch den Ausdruck „§ 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 311/1992", ersetzt. Nach den Gesetzesmaterialien (vgl RV 72 und zu 72 BlgNR XX. GP 245 f) soll im Bereich der Sozialversicherung die aufgrund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl Nr 376, idF des Bundesgesetzes BGBl Nr 311/1992, bestehende Rechtslage im Bereich der Angehörigeneigenschaft für Studierende beibehalten werden. Somit verlängert sich die Angehörigeneigenschaft weiterhin längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wenn ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Für die Beurteilung der Kriterien der Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit sind die in der Novelle BGBl Nr 311/1992 angeführten Kriterien maßgeblich.
Hingegen wurde durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 1996/201, die Altersgrenze bei der Gewährung der Familienbeihilfe allgemein vom 27. auf das 26. Lebensjahr herabgesetzt. Als Ausgleich dafür wurde nach § 2 Abs 1 lit g Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 1996/201, für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 26. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die den Präsenz- oder Zivildienst geleistet haben, die Familienbeihilfe bis längstens zur Vollendung des 27. Lebensjahres unter den in dieser Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen verlängert. Eine ähnliche Regelung findet sich auch in § 2 Abs 1 lit i FLAG 1967 idF BGBl I 1998/8 bezüglich Frauen, die vor Vollendung des 26. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder am Tag der Vollendung des 26. Lebensjahres schwanger sind. Damit hat der Gesetzgeber bezogen auf die Regelung des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG den Bereich der Verlängerung der Kindeseigenschaft im ASVG bewusst von der weiteren Entwicklung der Anspruchsberechtigung nach dem Familienlastenausgleichsgesetz abgekoppelt.
Durch die 60. ASVG-Novelle, BGBl I 2002/140, erhielt § 252 Abs 2 Z 1 ASVG mit Wirksamkeit ab 1. 9. 2002 seine derzeit geltende Fassung. Danach besteht die Kindeseigenschaft auch nach der Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn und solange das Kind
„1. sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres; die Kindeseigenschaft von Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, verlängert sich nur dann, wenn für sie
a) entweder Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bezogen wird oder
b) zwar keine Familienbeihilfe bezogen wird, sie jedoch ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 311/1992 betreiben."
Nach den Gesetzesmaterialien zur 60. ASVG-Novelle (abgedruckt in Teschner/Widlar, MGA ASVG Anm 6a zu § 252) entsteht durch das Auseinanderklaffen der Definitionen der Angehörigeneigenschaft nach dem Familienlastenausgleichsgesetz einerseits und den Sozialversicherungsgesetzen andererseits ein vermeidbarer Verwaltungsaufwand für die Krankenversicherungsträger. Diese haben regelmäßig auch dann zu prüfen, ob ein Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird, wenn nach den Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 der Familienbeihilfenbezug zu bejahen ist. Dies führt nicht nur zu einer doppelgleisigen Anspruchsprüfung, sondern auch zu Unverständnis bei den Betroffenen. Grundlage für die vorgeschlagene Lösung ist die Überlegung, dass bei der Definition der Angehörigeneigenschaft grundsätzlich auf den Familienbeihilfenbezug abgestellt wird, wobei aber im Sozialversicherungsrecht die bisherige Altersgrenze (Vollendung des 27. Lebensjahres) beibehalten werden soll. Nach dem Ende des Bezugs von Familienbeihilfe (in der Regel mit Vollendung des 26. Lebensjahres) soll es dem/der Studierenden weiterhin möglich sein, durch den Nachweis der Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit hinsichtlich des Studiums wie nach der geltenden Rechtslage die Angehörigeneigenschaft zu wahren.
Aus den dargelegten Ausführungen ergibt sich, dass die Kindeseigenschaft auch nach der für den Kläger maßgebenden Bestimmung des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG idF 60. ASVGNov (BGBl I 2002/140) grundsätzlich nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres bestanden hat, sie aber unter bestimmten Bedingungen auf Antrag als weiterbestehend angesehen wird. Der Gesetzgeber wollte aus bildungspolitischen Gründen in Ausbildung stehende Personen länger schützen. Die Kindeseigenschaft verlängert sich daher bis zum 27. Lebensjahr, wenn sich das „Kind" in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht (Tomandl, Grundriss des Österreichischen Sozialrechts5 Rz 54). Der eindeutige Wortlaut der Bestimmung des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG in der für den Kläger maßgebenden Fassung der 60. ASVGNov und die oben dargestellte Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung sowie die zitierten Vorgängerbestimmungen lassen keinen Zweifel dahingehend offen, dass nach der nunmehr geltenden Fassung mit der Vollendung des 27. Lebensjahres eine absolute Altershöchstgrenze für den Anspruch auf Waisenpension geschaffen wurde, bis zu der eine Verlängerung der Kindeseigenschaft unter den genannten Bedingungen möglich ist.
Der Verweis auf die bereits zitierten Bestimmungen des § 2 Abs 1 lit g und lit i FLAG 1967, welche gesonderte Regelungen bezüglich Präsenz/Zivildienst sowie Schwangerschaften enthalten, vermag eine andere Betrachtungsweise schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil im Bereich der Familienbeihilfe, wie bereits ausgeführt, allgemein als Altersgrenze die Vollendung des 26. Lebensjahres vorgesehen ist, welche unter den genannten Voraussetzungen längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres erstreckt werden kann. Der Verweis in § 252 Abs 2 Z 1 lit a ASVG auf den Bezug der Familienbeihilfe nach dem FLAG 1967 stellt daher primär auf die im FLAG 1967 allgemein vorgesehene Altersgrenze (Vollendung des 26. Lebensjahres) ab, welche im Falle des Präsenzdienstes/Zivildienstes bzw der Mutterschaft auf die ebenfalls absolute Altersgrenze der Vollendung des 27. Lebensjahres erstreckt werden kann.
Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers liegt daher auch eine Gesetzeslücke, also eine planwidrige, vom Gesetzgeber nicht gewollte Lücke, welche vom Gericht im Wege der Analogie zu schließen wäre, nicht vor. Dem Kläger steht daher nach zutreffender Rechtsansicht der Vorinstanzen der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Weitergewährung der Waisenpension auch über das vollendete 27. Lebensjahr hinaus nicht zu.
Gegen diese Rechtslage bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es hat bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Waisenpension (Sicherung des Lebensunterhalts eines Waisen nach dem Tod des bisher Unterhaltspflichtigen für die angemessene Dauer einer entsprechenden Schul- bzw Berufsausbildung) die Altersgrenze von 27 Jahren eine Grenze darstellt, innerhalb der es im Hinblick auf die übliche Studiendauer im Regelfall ohne weiteres möglich ist, ein Studium zu absolvieren, auch wenn der Präsenz- oder Zivildienst geleistet wird. Soweit der Revisionswerber eine unsachliche Differenzierung nach dem Geschlecht darin erblickt, dass er während seines Zivildienstes keine Waisenpension bezogen habe und Frauen daher mangels Verpflichtung zur Ableistung von Präsenz- oder Zivildienst im Hinblick auf die geschlechtsneutrale Altersgrenze von 27 Jahren Waisenpension somit im Ergebnis um ein Jahr länger beziehen könnten, ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber nach der nunmehr geltenden Rechtslage für den Anspruch auf Waisenpension (Vorliegen der Kindeseigenschaft) mit dem vollendeten 27. Lebensjahr eine absolute Altershöchstgrenze eingezogen hat, welche auch durch die Erfüllung der Wehrpflicht, der Zivildienstpflicht, durch Krankheit oder ein anderes unüberwindbares Hindernis (bei Frauen beispielsweise durch Schwangerschaft bzw Geburt - vgl 10 ObS 74/92 ua) nicht überschritten werden kann.
Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe und der Waisenpension teilweise unterschiedlich geregelt sind und die für den Anspruch auf Familienbeihilfe vorgesehene Erstreckung des Anspruchs wegen Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes sowie wegen Schwangerschaft bzw Geburt vom Gesetzgeber für den Anspruch auf Waisenpension nach der derzeit geltenden Rechtslage nicht übernommen wurde. In der Festsetzung einer - geschlechtsneutralen - absoluten Altershöchstgrenze von 27 Jahren für den Anspruch auf Waisenpension durch den Gesetzgeber kann daher weder eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes noch ein unzulässiger Eingriff in das Eigentumsrecht erblickt werden. Auch eine Verletzung des Rechts des Klägers auf gleiche Zugänglichkeit zu öffentlichen Ämtern ist nicht erkennbar. Der erkennende Senat sieht sich daher zu der vom Revisionswerber angeregten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst.
Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse, welche einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht geltend gemacht und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
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