European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:010OBS00101.15Y.0628.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, dass sie insgesamt zu lauten haben:
„Es wird festgestellt, dass die Klägerin zum 1. 2. 2013 114 Beitragsmonate der Pflichtversicherung-Erwerbstätigkeit nach den österreichischen Rechtsvorschriften erworben hat.
Das Mehrbegehren, es werde festgestellt, dass die Klägerin auch im Zeitraum 8. 1. 1972 bis 31. 7. 1978 Versicherungsmonate erworben habe, wird abgewiesen.“
Die klagende Partei hat ihre Revisionskosten selbst zu tragen.
Entscheidungsgründe:
Die am 2. 2. 1944 geborene Klägerin, eine österreichische Staatsbürgerin, studierte nach ihrer Matura bis 1968 in Salzburg. 1970 heiratete sie und zog nach Italien, wo sie bis zu ihrer Rückkehr nach Österreich im Jahr 2000 lebte. Am 8. 1. 1972 und am 4. 7. 1974 kamen ihre beiden Kinder zur Welt. In Italien erwarb die Klägerin keine Versicherungsmonate. Ein Antrag der Klägerin auf Anerkennung von Kindererziehungszeiten in Italien wurde von den italienischen Behörden abgelehnt. Beitragsmonate zur Pflichtversicherung in Österreich erwarb die Klägerin im Juli 1993 (ein Monat), von Jänner 2003 bis Dezember 2004 (24 Monate) sowie von September 2005 bis Jänner 2013 (89 Monate).
Mit Bescheid der beklagten Pensionsversicherungsanstalt vom 13. 2. 2013 wurden bis zum Feststellungszeitpunkt (1. 2. 2013) insgesamt 114 Beitragsmonate der Pflichtversicherung‑Erwerbstätigkeit festgestellt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Feststellung von weiteren Versicherungszeiten für den Zeitraum vom 8. 1. 1972 bis 31. 7. 1978 (Kindererziehungszeiten) gerichtete Klage im Wesentlichen mit dem Vorbringen, Kindererziehungszeiten in einem anderen EU‑Mitgliedstaat müssten nach der Rechtsprechung des EuGH in der Pensionsversicherung wie inländische Zeiten berücksichtigt werden. Durch die seit 1. 5. 2010 geltende Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, VO (EG) Nr 883/2004 samt Durchführungsverordnung VO (EG) Nr 987/2009, sei keine Änderung der Rechtslage eingetreten. Art 44 Abs 2 VO (EG) Nr 987/2009 habe zwar das Ziel, die sich aus den Urteilen des EuGH in den Rs Elsen (C‑135/99) und Kauer (C‑28/00) ergebende Anrechnung von Kindererziehungszeiten einzugrenzen, die Klägerin werde dadurch aber in ihrem Recht auf Freizügigkeit und freien Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gemäß Art 21 AEUV beschränkt. Eine Benachteiligung der Klägerin würde nur dann nicht vorliegen, wenn entweder die Anrechnung der Kindererziehungszeiten durch den italienischen Träger erfolgt sei oder Art 44 Abs 2 VO (EG) Nr 987/2009 über seinen Wortlaut hinaus dahin ausgelegt werde, dass auch ohne Vorliegen einer Beschäftigung oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen seien, wenn ansonsten keine Anrechnung in Betracht komme. In der Rs C‑522/10, Reichel ‑ Albert , habe die Europäische Kommission gegenüber dem EuGH die Rechtsansicht vertreten, Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 sei mit Art 21 AEUV nicht vereinbar. Da die italienischen Behörden eine Anrechnung der Kindererziehungszeiten ablehnen, werde ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung des Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 angeregt.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, die Klägerin habe erstmals am 1. 7. 1993 eine Beschäftigung in Österreich ausgeübt. Trotz der Gleichstellung der Erziehung eines Kindes in einem EU‑Mitgliedstaat mit einer solchen in Österreich komme eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten gemäß § 227a ASVG iVm Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 nur dann in Betracht, wenn entweder vor der Kindererziehung eine die Pflichtversicherung begründende Erwerbstätigkeit in Österreich ausgeübt worden sei oder dann, wenn die Versicherungspflicht in der österreichischen Pensionsversicherung erst nach der Geburt des Kindes, aber vor Ablauf der 48‑Kalendermonate‑Frist eingetreten sei. Beides sei hier nicht der Fall. Da die Klägerin nie in Italien gearbeitet habe, sei auch eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten durch den italienischen Träger nicht vorgesehen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht dahin, dass eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten nicht in Betracht komme, weil die Klägerin weder unmittelbar vor der Geburt noch innerhalb des Höchstausmaßes von 48 Kalendermonaten nach der Geburt eines Kindes eine die Pflichtversicherung begründende Erwerbstätigkeit in Österreich ausgeübt habe. Mangels Einbeziehung in die österreichische Sozialversicherung während oder nach der Dauer der Kindererziehung bleibe für eine Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten in Österreich im Ausnahmefall kein Raum. Da die Klägerin erst 19 Jahre (Juli 1993) bzw 29 Jahre (ab 2003) nach der Geburt ihres zweiten Kindes (in Österreich) Beitragsmonate erworben habe, sei für sie auch aus der Entscheidung des EuGH in der Rs C‑522/10, Reichel ‑ Albert , nichts zu gewinnen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es führte in seiner ausführlichen rechtlichen Beurteilung – zusammengefasst – aus, beide Parteien seien sich darüber einig, dass im Hinblick auf das maßgebende Unionsrecht grundsätzlich Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 zur Anwendung komme. Danach seien Kindererziehungszeiten in einem anderen EU‑Mitgliedstaat nur mehr dann dem österreichischen Recht unterworfen und Kindererziehungszeiten im Inland gleichgestellt, wenn 1) das Kind in Österreich geboren worden sei, 2) der die Anrechnung von Kindererziehungszeiten begehrende Elternteil im Zeitpunkt der Geburt aufgrund einer Beschäftigung in Österreich sozialversichert gewesen sei, 3) nach den Rechtsvorschriften des anderen Mitgliedstaats, in dem das Kind in der Folge erzogen worden sei, keine Kindererziehungszeiten erworben worden seien und 4) auf den die Gleichstellung der Kindererziehungszeiten begehrenden Elternteil auch nicht aufgrund einer Erwerbstätigkeit die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats zur Anwendung kommen. Die Anwendung der VO (EG) Nr 883/2004 hinsichtlich der Gleichstellung von Kindererziehungszeiten reduziere sich somit auf Fälle, in denen eine bei der Geburt beschäftigte Person nach der Geburt in einen (anderen) Mitgliedstaat abwandere, dort keiner Erwerbstätigkeit nachgehe und auch keine sonstigen Vorschriften des Wohnsitzstaats, in dem das Kind erzogen werde, die Anrechnung von Kindererziehungszeiten vorsehen. Daraus folge, dass eine Gleichstellung der Kindererziehungszeiten der Klägerin in Italien mit Kindererziehungszeiten in Österreich nicht in Betracht komme, weil die Klägerin bei der Geburt nicht in Österreich aufgrund einer Beschäftigung sozialversichert gewesen sei. Die Klägerin habe während der Kindererziehung in Italien gewohnt und sei somit dem italienischen Sozialrecht (Wohnmitgliedstaat) unterlegen. Die italienischen Kindererziehungszeiten seien aber gemäß Art 6 und 52 VO (EG) Nr 883/2004 im Wege der Zusammenrechnung (nur dann) zu berücksichtigen, wenn sie nach italienischem Recht als Kindererziehungszeiten zu beurteilen seien. Dies treffe im vorliegenden Fall nicht zu.
Soweit sich die Klägerin auf die Sachverhaltsgleichstellung nach Art 5 VO (EG) Nr 883/2004 berufe, sei ihr entgegenzuhalten, dass Österreich nicht der für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten der Klägerin zuständige Mitgliedstaat sei. Im Übrigen gehe der Anwendungsbereich des Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 über die Sachverhaltsgleichstellung nach Art 5 VO (EG) Nr 883/2004 insofern hinaus, als danach auch Kindererziehungszeiten durch den ehemals zuständigen Mitgliedstaat weiterhin angerechnet werden, sofern die Voraussetzungen nach Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 vorliegen, was jedoch bei der Klägerin nicht der Fall sei. Eine Auslegung dieser Bestimmung dahingehend, dass auf jeden Fall einer der beiden für die Anrechnung in Betracht kommenden Mitgliedstaaten die Zeiten der Kindererziehung anrechnen müsse, sofern nur nach dem nationalen Recht eines dieser beider Staaten die Anrechnung von Kindererziehungszeiten grundsätzlich vorgesehen sei, würde dem Wortlaut und der Intention des Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 widersprechen.
Auch der Verweis der Klägerin auf Art 21 AEUV lasse unberücksichtigt, dass die Klägerin – anders als die Klägerin in der Rs Reichel ‑ Albert C‑522/10 – nicht in einem Mitgliedstaat (hier: Österreich) erwerbstätig gewesen sei und dann ihre berufliche Tätigkeit während der Kindererziehungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat (hier: Italien) vorübergehend eingestellt habe. Es habe daher auch der Oberste Gerichtshof in vergleichbaren Fällen eine Gleichstellung der ausländischen Kindererziehungszeiten mit österreichischen Kindererziehungszeiten abgelehnt.
Das Berufungsgericht teile daher nicht die Bedenken der Klägerin an der Vereinbarkeit von Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 mit Art 21 AEUV. Nur wenn eine Rechtsordnung Kindererziehungszeiten als Versicherungs‑ oder Ersatzzeiten anerkenne, dürfe es nicht zu einer Diskriminierung der Unionsbürger kommen, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben. Der andere Mitgliedstaat müsse diese Kindererziehungszeiten als Versicherungszeiten anerkennen und im Wege der Zusammenrechnung berücksichtigen. Das Recht auf Freizügigkeit verlange aber keine Besserstellung der Versicherten durch eine generelle – über Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 hinausgehende – Gleichstellung aller Kindererziehungszeiten unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat sie zurückgelegt worden seien.
Da somit die Voraussetzungen nach Art 44 Abs 2 VO (EG) Nr 987/2009 für eine Gleichstellung der italienischen Kindererziehungszeiten, so als ob sie in Österreich absolviert worden wären, nicht erfüllt seien, habe die beklagte Partei eine Berücksichtigung von in Italien zurückgelegten Kindererziehungszeiten der Klägerin für den Zeitraum vom 8. 1. 1972 bis 31. 7. 1978 zu Recht abgelehnt.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision im Hinblick auf das Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Berücksichtigung von in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegten Kindererziehungszeiten in der österreichischen Pensionsversicherung nach den Bestimmungen der VO (EG) Nr 883/2004 bzw der VO (EG) Nr 987/2009 zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinn einer Stattgebung des Klagebegehrens zu ändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, ein Mitgliedstaat sei, wenn er nach Titel II der VO (EG) Nr 883/2004 zuständig sei oder der Verpflichtung nach Art 44 Abs 2 VO (EG) Nr 987/2009 unterliege, verpflichtet, in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegten Erziehungszeiten und entrichteten Beiträgen auf die gleiche Art und Weise Rechtsfolgen zuzuerkennen, als wären diese Sachverhalte oder Ereignisse in seinem eigenen Hoheitsgebiet eingetreten. Darüber hinaus stelle Art 5 VO (EG) Nr 883/2004 eine Kodifizierung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes dar und der EuGH habe bereits im Rahmen der Auslegung der VO (EWG) Nr 1408/71 einen Grundsatz der Gleichstellung von in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen Sachverhalten entwickelt, der sich im Wesentlichen mit dem Inhalt der nunmehrigen Regelung des Art 5 VO (EG) Nr 883/2004 decke. Auch wenn im Anlassfall von der Anwendbarkeit des Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 auszugehen sei, sei für den Fall, dass Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 für die Anrechnung der Kindererziehungszeiten hinderlich sei, festzuhalten, dass dies lediglich darauf zurückzuführen sei, dass die Klägerin ihren diesbezüglichen Antrag erst nach dem 1. 5. 2010 gestellt habe. Bei einer Antragstellung bis zum 30. 4. 2010 hätte eine Anrechnung der strittigen Kindererziehungszeiten jedenfalls erfolgen müssen. Bei entsprechend unionsrechtskonformer Auslegung hätten die Vorinstanzen daher zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass auch die Kindererziehungszeiten, die die Klägerin in Italien zurückgelegt habe, in demselben Umfang zu berücksichtigen seien, als wären diese Sachverhalte in Österreich eingetreten. Es werde angeregt, ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung des Art 44 Abs 2 VO (EG) Nr 987/2009 zu stellen. Darüber hinaus habe der Rechtsdienst der Europäischen Kommission in der Rs C‑522/10, Reichel ‑ Albert , gegenüber dem EuGH die Auffassung vertreten, dass Art 44 Abs 2 VO (EG) Nr 987/2009 gegen den AEUV verstoße.
Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:
1. Unionsrecht:
1.1 Die am 20. 5. 2004 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 4. 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (im Folgenden: VO 883/2004 ) bezweckt die Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit. Sie gilt gemäß ihrem Art 91 ab dem Tag des Inkrafttretens ihrer Durchführungsverordnung, der Verordnung (EG) Nr 987/2009 (im Folgenden: VO 987/2009 ), dh seit 1. 5. 2010, und ist an die Stelle der VO (EWG) Nr 1408/71 getreten, die durch sie aktualisiert und vereinfacht wurde.
1.2 Art 5 VO 883/2004 , der die „Gleichstellung von Leistungen, Einkünften, Sachverhalten oder Ereignissen“ zum Gegenstand hat, bestimmt:
„Sofern in dieser Verordnung nicht anderes bestimmt ist, gilt unter Berücksichtigung der besonderen Durchführungsbestimmungen Folgendes:
...
b) Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären.“
1.3 Art 11 Abs 1 und 3 VO 883/2004 , der eine „Allgemeine Regelung“ in Titel II über die „Bestimmung des anwendbaren Rechts“ enthält, lautet auszugsweise wie folgt:
„(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.
...
(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:
a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
...
e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a) bis d) fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.“
1.4 Art 87 („Übergangsbestimmungen“) VO 883/2004 bestimmt:
„(1) Diese Verordnung begründet keinen Anspruch für den Zeitraum vor dem Beginn ihrer Anwendung.
(2) Für die Feststellung des Leistungsanspruchs nach dieser Verordnung werden alle Versicherungszeiten sowie gegebenenfalls auch alle Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten berücksichtigt, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats vor dem Beginn der Anwendung dieser Verordnung in dem betreffenden Mitgliedstaat zurückgelegt worden sind.
(3) Vorbehaltlich des Absatzes 1 begründet diese Verordnung einen Leistungsanspruch auch für Ereignisse vor dem Beginn der Anwendung dieser Verordnung in dem betreffenden Mitgliedstaat.
...“
2. Die VO 987/2009 regelt die Modalitäten für die Durchführung der Grundverordnung Nr 883/2004.
2.1 Art 44 VO 987/2009 betrifft die „Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten“ und lautet wie folgt:
„(1) Im Sinne dieses Artikels bezeichnet der Ausdruck 'Kindererziehungszeiten' jeden Zeitraum, der im Rahmen des Rentenrechts eines Mitgliedstaats ausdrücklich aus dem Grund angerechnet wird oder Anrecht auf eine Zulage zu einer Rente gibt, dass eine Person ein Kind aufgezogen hat, unabhängig davon, nach welcher Methode diese Zeiträume berechnet werden und unabhängig davon, ob sie während der Erziehungszeit anfallen oder rückwirkend anerkannt werden.
(2) Wird nach den Rechtsvorschriften des gemäß Titel II der Grundverordnung zuständigen Mitgliedstaats keine Kindererziehungszeit berücksichtigt, so bleibt der Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften nach Titel II der Grundverordnung auf die betreffende Person anwendbar waren, weil diese Person zu dem Zeitpunkt, zu dem die Berücksichtigung der Kindererziehungszeit für das betreffende Kind nach diesen Rechtsvorschriften begann, eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, zuständig für die Berücksichtigung dieser Zeit als Kindererziehungszeit nach seinen eigenen Rechtsvorschriften, so als hätte diese Kindererziehung in seinem eigenen Hoheitsgebiet stattgefunden.
(3) Absatz 2 findet keine Anwendung, wenn für die betreffende Person die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats aufgrund der Ausübung einer Beschäftigung oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit anwendbar sind oder anwendbar werden.“
2.2 Art 93 („Übergangsbestimmungen“) VO 987/2009 lautet:
„Artikel 87 der Grundverordnung gilt für die Sachverhalte im Anwendungsbereich der Durchführungsverordnung.“
3. Österreichisches Recht:
3.1 § 227a ASVG betreffend „Ersatzzeiten für Zeiten der Kindererziehung aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 und vor dem 1. Jänner 2005“ lautet:
„(1) Als Ersatzzeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 und vor dem 1. Jänner 2005 gelten überdies in dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem die letzte vorangegangene Beitragszeit bzw beim Fehlen einer solchen, in dem die erste nachfolgende Beitragszeit vorliegt, bei einer (einem) Versicherten, die (der) ihr (sein) Kind (Abs. 2) tatsächlich und überwiegend erzogen hat, die Zeit dieser Erziehung im Inland im Ausmaß von höchstens 48 Kalendermonaten, gezählt ab der Geburt des Kindes ...
...“
3.2 Diese in § 227a Abs 1 ASVG vorgesehene Beschränkung auf Zeiten der Kindererziehung im Inland kann aber nicht verhindern, dass aufgrund unionsrechtlicher Verpflichtungen Kindererziehungszeiten auch im EU‑Ausland (in bestimmten Fallkonstellationen) berücksichtigt werden müssen.
4. Anzuwendende Rechtslage:
4.1 Zu der hier anwendbaren Rechtslage ist auszuführen, dass die neue Sozialrechtskoordinierung, die mit den VO 883/2004 und der VO 987/2009 geschaffen wurde, grundsätzlich ab dem 1. 5. 2010 Anwendung findet, wodurch die VO 1408/71 und die Durchführungsverordnung 574/72 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wurden. Dies ergibt sich aus Art 87 VO 883/2004 und aus Art 93 VO 987/2009 . Aus Art 87 Abs 3 VO 883/2004 geht hervor, dass, wenn das Sozialleistungen rechtfertigende Ereignis während des Anwendungszeitraums dieser Verordnung eintritt, ein Anspruch auf Gewährung dieser Leistungen auch für vor dem Beginn ihrer Anwendbarkeit liegende Ereignisse besteht. Dieser Grundsatz ist gemäß Art 93 VO 987/2009 auf diese Verordnung übertragbar (vgl dazu die Schlussanträge des Generalanwalts im Verfahren Reichel ‑ Albert, C‑522/10 Rn 37 ff).
4.2 Im vorliegenden Fall war zu der Zeit, als die beklagte Partei den angefochtenen Bescheid über die Nichtanrechnung von Kindererziehungszeiten zugunsten der Klägerin erließ, die VO 987/2009 bereits anwendbar. Art 44 VO 987/2009 ist daher in zeitlicher Hinsicht auf den vorliegenden Sachverhalt bereits anwendbar (vgl EuGH, Rs C‑522/10, Reichel ‑ Albert , Rn 27 f). Auch zwischen den Parteien ist nicht strittig, dass die genannte Bestimmung im vorliegenden Fall zur Anwendung kommt.
5. Auch die VO 883/2004 und die VO 987/2009 bezwecken keine Harmonisierung, sondern lediglich eine Koordinierung der von den Mitgliedstaaten geschaffenen Systeme der sozialen Sicherheit und sie beeinträchtigen daher nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten in diesem Bereich, sofern diese im Einklang mit dem Unionsrecht und insbesondere im Einklang mit den Zielen dieser Verordnungen und den Bestimmungen des EG‑Vertrags zur Freizügigkeit handeln. Eines der grundlegenden Prinzipien des Systems zur Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit ist der Grundsatz der Anwendbarkeit nur eines Rechts, wie ihn Art 11 Abs 1 VO 883/2004 festlegt. Außerdem ist es eines der Kernprinzipien der VO 883/2004 sowie der VO 987/2009 , dass die Versicherten – gemäß ständiger Rechtsprechung im Bereich der sozialen Sicherheit – nicht verlangen können, dass ihr Umzug in einen anderen Mitgliedstaat keine Auswirkungen auf die Art oder das Niveau der Leistungen hat, die sie in ihrem Herkunftsstaat beanspruchen könnten. Die Tatsache, dass die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die soziale Sicherheit möglicherweise nicht neutral ist, dh je nach Einzelfall Vorteile oder gar Nachteile haben kann, ist eine unmittelbare Folge dessen, dass der zwischen den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bestehende Unterschied beibehalten wurde (vgl dazu die Schlussanträge des Generalanwalts im Verfahren Reichel ‑ Albert , C‑522/10 Rn 43 ff).
6. Es sind daher in einem ersten Schritt der für die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten zuständige Mitgliedstaat sowie die dafür anwendbaren Rechtsvorschriften zu bestimmen.
6.1 Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass Art 11 Abs 1 VO 883/2004 den Grundsatz normiert, dass auf eine Person, für die die Verordnung gilt, in jedem Zeitpunkt immer nur die Rechtsvorschriften eines einzigen Staats anwendbar sind. Art 11 Abs 3 lit a VO 883/2004 legt als grundsätzliche Regelung die Zuständigkeit des Beschäftigungsstaats für Beschäftigte fest. Art 11 Abs 3 lit e VO 883/2004 sieht als subsidiäre Auffangregel insbesondere für alle nicht erwerbstätigen Personen die Zuständigkeit des Wohnmitgliedstaats vor.
6.2 Die Klägerin verlegte nach ihrem Studium in Österreich im Jahr 1970 ihren Wohnsitz nach Italien, wo sie nach der Geburt ihrer beiden Kinder im Jahr 1972 und 1974 bis zum Jahr 2000 verblieb, ohne dort einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichts unterlag die Klägerin während der Zeit ihres Wohnsitzes in Italien, also auch während der hier strittigen Zeiten der Kindererziehung, den Rechtsvorschriften des Wohnsitzmitgliedstaats, somit italienischem Recht.
6.3 Da die Klägerin vor der Verlegung ihres Wohnsitzes nach Italien in Österreich keine unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeit verrichtet hat, besteht – anders als in den vom EuGH entschiedenen Rechtssachen C‑135/99, Elsen ; C‑28/00, Kauer und C‑522/10, Reichel ‑ Albert – keine hinreichend enge Verbindung zwischen den Erziehungszeiten und bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten, um selbst unter Geltung des Art 13 Abs 2 VO (EWG) 1408/71 zur Anwendbarkeit österreichischen Rechts zu gelangen. Die Rechtsansicht der Klägerin, die beklagte Partei wäre bis zum Inkrafttreten der VO 883/2004 und der VO 987/2009 ohne Zweifel zur Anrechnung ihrer Kindererziehungszeiten verpflichtet gewesen, trifft daher nicht zu (vgl dazu auch die bereits vom Berufungsgericht zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in vergleichbaren Fällen 10 ObS 55/05v, SSV‑NF 20/2 = DRdA 2007/30, 296 [ Egger ]; 10 ObS 175/06t, SSV‑NF 20/81 ua).
7. Die im vorliegenden Fall anwendbare Bestimmung des Art 44 VO 987/2009 ist in die neue Regelung zur Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit aufgenommen worden, um der Rechtsprechung des EuGH, die insbesondere aus den Urteilen Elsen (Rs C‑135/99) und Kauer (Rs C‑28/00) hervorgegangen ist, Rechnung zu tragen. Art 44 VO 987/2009 begründet eine – allerdings lediglich nachrangige – Zuständigkeit für einen Mitgliedstaat, der nach den allgemeinen Regeln nicht zuständig ist, um die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten zu ermöglichen, sofern die in diesem Artikel festgelegten Voraussetzungen vorliegen (vgl dazu die Schlussanträge des Generalanwalts im Verfahren Reichel ‑ Albert , C‑522/10 Rn 63).
7.1 Art 44 Abs 2 VO 987/2009 setzt für seine Anwendung voraus, dass 1. die Kindererziehungszeiten nach den Rechtsvorschriften des nach Titel II VO 883/2004 zuständigen Mitgliedstaats berücksichtigt werden und 2. die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats nach Titel II der VO 883/2004 auf die betreffende Person anwendbar waren, weil diese Person eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem nach diesen Rechtsvorschriften die Berücksichtigung der Kindererziehungszeit für das betreffende Kind begann. Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine Anrechnung vorgesehen. Es ist dieser Bestimmung immanent, dass es auch Konstellationen geben kann, in denen der zuvor zuständige Staat keine Kindererziehungszeiten anzurechnen hat (vgl Pöltl in Spiegel , Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht Art 44 VO 987/2009 Rz 7 ff).
7.2 Kindererziehungszeiten im EU‑Ausland sind daher nach Art 44 VO 987/2009 dem österreichischem Recht unterworfen und damit gleichgestellt, wenn 1) das Kind in Österreich geboren wurde, 2) der die Kindererziehungszeiten begehrende Elternteil im Zeitpunkt der Geburt aufgrund einer Beschäftigung (oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit) in Österreich sozialversichert war, 3) nach den Rechtsvorschriften des anderen Mitgliedstaats, in dem das Kind in der Folge erzogen wurde, keine Kindererziehungszeiten erworben werden, und 4) auf den die Gleichstellung der Kindererziehungszeiten begehrenden Elternteil auch nicht aufgrund einer Erwerbstätigkeit die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zur Anwendung kommen. Die Anwendung der VO 883/2004 hinsichtlich der Gleichstellung der Kindererziehungszeiten reduziert sich damit im Wesentlichen auf Fälle, in denen eine bei Geburt beschäftigte Person nach der Geburt in einen anderen Mitgliedstaat abwandert, dort keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und auch keine sonstigen Vorschriften des Wohnsitzstaats, in dem das Kind erzogen wird, die Anrechnung von Kindererziehungszeiten vorsehen ( Panhölzl in SV‑Komm [117. Lfg] § 227a ASVG Rz 55 f).
7.3 Es wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt, dass sie die soeben dargelegten Voraussetzungen des Art 44 VO 987/2009 nicht erfüllt. Diese Vorschrift kann daher nicht zu einer Verpflichtung der beklagten Partei führen, die von der Klägerin auf italienischem Gebiet zurückgelegten Kindererziehungszeiten – nach österreichischem Recht – zu berücksichtigen, als wären sie auf österreichischem Gebiet zurückgelegt worden.
8. Die Klägerin beruft sich in diesem Zusammenhang jedoch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art 5 VO 883/2004 , wonach Leistungen, Einkünfte, Sachverhalt oder Ereignisse, die Rechtswirkungen nach dem nationalen Recht des zuständigen Mitgliedstaats auslösen, zu berücksichtigen sind, auch wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat eingetreten sind. Die Klägerin beruft sich auch auf die diesbezüglichen Ausführungen des Generalanwalts in der Rs Reichel ‑ Albert , C‑522/10, Rn 75, wonach er der Ansicht sei, dass Art 5 VO 883/2004 die Bundesrepublik Deutschland verpflichte, die Kindererziehungszeiten, die die betreffende Person in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegt habe, ebenso wie die zum System der sozialen Sicherheit eines anderen Mitgliedstaats entrichteten Beiträge in demselben Umfang zu berücksichtigen, als wären diese Sachverhalte in Deutschland eingetreten.
8.1 Diese Ausführungen der Klägerin lassen allerdings außer Betracht, dass die wiedergegebenen Ausführungen des Generalanwalts nur für den Fall gemacht wurden, dass der Gerichtshof – entgegen der Auffassung des Generalanwalts – der Ansicht sei, dass im Anlassfall nicht die belgischen, sondern die deutschen Rechtsvorschriften im Wege einer zeitlichen Ausdehnung der Anwendung des Rechts des Beschäftigungsstaats gemäß Titel II der VO 883/2004 iVm Art 44 VO 987/2009 entsprechend den Urteilen Elsen und Kauer zur Anwendung gelangen. Der gegenständliche Sachverhalt unterscheidet sich nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts jedoch insofern wesentlich von dem der Entscheidung in der Rs Reichel ‑ Albert zugrundeliegenden Sachverhalt, als die Klägerin im vorliegenden Verfahren vor ihrer Wohnsitzverlegung in Österreich nicht erwerbstätig war, während die Klägerin im Verfahren Rs C‑522/10 zunächst in Deutschland erwerbstätig war und noch während ihres Arbeitslosengeldbezugs nach Belgien verzog, wo sie ihre Kinder gebar und erzog, aber dort nicht erwerbstätig war.
8.2 Weiters verwies das Berufungsgericht mit Recht darauf, dass die Gleichstellung von Sachverhalten oder Ereignissen, die in einem Mitgliedstaat eingetreten sind, in keinem Fall bewirken kann, dass ein anderer Mitgliedstaat zuständig wird oder dessen Rechtsvorschriften anwendbar werden. Die kollisionsrechtlichen Vorschriften des Titels II der VO 883/2004 zur Bestimmung der anwendbaren Rechtsvorschriften bleiben durch die Sachverhaltsgleichstellung des Art 5 VO 883/2004 unberührt (vgl Erwägungsgründe 10‑12; Schuler in Fuchs , Europäisches Sozialrecht 6 Art 5 VO 883/2004 Rz 1). Die Regelung des Art 44 VO 987/2009 geht daher über die Sachverhaltsgleichstellung des Art 5 VO 883/2004 hinaus, weil sie den nach Titel II der VO 883/2004 nicht zuständigen Mitgliedstaat verpflichtet, Kindererziehungszeiten in bestimmten Fällen anzurechnen ( Spiegel in Spiegel , Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht [45. Lfg] Art 5 VO 883/2004 Rz 8). Eine Auslegung des Art 44 VO 987/2009 dahingehend, dass auf jeden Fall einer der beiden in Betracht kommenden Mitgliedstaaten Zeiten anrechnen muss, sofern nur nach dem nationalen Recht eines dieser beiden Staaten die Anrechnung von Kindererziehungszeiten grundsätzlich vorgesehen ist, würde dem klaren Wortlaut und der Intention der Bestimmung widersprechen ( Pöltl in Spiegel , Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht [23. Lfg] Art 44 VO 987/2009 Rz 10). Eine Auslegungsfrage zu Art 44 VO 987/2009 , die dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen wäre, stellt sich daher im vorliegenden Fall nicht.
9. Soweit die Klägerin schließlich unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH in der Rs Reichel ‑ Albert , C‑522/10, vom 19. 7. 2012 neuerlich davon ausgeht, dass die Nichtberücksichtigung ihrer in Italien zurückgelegten Kindererziehungszeiten gegen das allgemeine Freizügigkeitsrecht nach Art 21 AEUV verstoße, ist ihr, wie bereits dargelegt, mit den Ausführungen des Berufungsgerichts entgegenzuhalten, dass sich der vorliegende Sachverhalt wesentlich von dem der Entscheidung des EuGH zugrundeliegenden Sachverhalt unterscheidet. Auch gegen die Richtigkeit der weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts, wenn eine Rechtsordnung Kindererziehungszeiten als Versicherungs‑ oder Ersatzzeiten anerkenne, dürfe es nicht zu einer Diskriminierung der Unionsbürger kommen, wenn sie von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen; das Recht auf Freizügigkeit verlange aber keine generelle, über Art 44 VO 987/2009 hinausgehende Gleichstellung aller Kindererziehungszeiten unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat sie zurückgelegt wurden, bringt die Klägerin keine inhaltlichen Argumente vor, welche den erkennenden Senat zu einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH veranlassen könnten.
10. Der erkennende Senat gelangt daher zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die Vorinstanzen eine Berücksichtigung der von der Klägerin im Zeitraum vom 8. 1. 1972 bis 31. 7. 1978 in Italien zurückgelegten Kindererziehungszeiten als weitere Versicherungszeiten zu Recht abgelehnt haben.
11. Im vorliegenden Fall hat der mit Klage bekämpfte Bescheid ausschließlich die Feststellung von Versicherungszeiten gemäß § 247 ASVG zum Gegenstand und bildet daher inhaltlich eine Einheit; dies bedeutet, dass der Bescheid durch die Klagserhebung zur Gänze außer Kraft getreten ist (vgl Neumayr in ZellKomm 2 § 71 ASGG Rz 2 mwN). Dies bedeutet weiters, dass vom Erstgericht auch über diejenigen Versicherungszeiten hätte entschieden werden müssen, die im Bescheid der beklagten Partei schon festgestellt sind. Da zwischen den Parteien Übereinstimmung darüber besteht, dass sie festzustellen sind, konnte der Oberste Gerichtshof die vom Erstgericht unterlassene Entscheidung im Rahmen einer Maßgabebestätigung nachholen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse der Klägerin, welche einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch aus dem Akteninhalt nicht.
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