OGH 10Ob7/23m

OGH10Ob7/23m28.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende, den Hofrat Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin Dr. Faber und die Hofräte Mag. Schober und Dr. Annerl als weitere Richter in der (ehemaligen) Pflegschaftssache des * 2004 geborenen E*, vertreten durch Mag. Sonja Aziz, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterhalts, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Vaters Dr. S*, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. Juni 2022, GZ 44 R 204/22h-33, womit dem Rekurs des Vaters gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 22. April 2022, GZ 60 PU 60/21v-22 nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0100OB00007.23M.0328.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Unterhaltsrecht inkl. UVG

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Über Antrag des mittlerweile volljährigen Sohns erhöhte das Erstgericht die Geldunterhaltspflicht des Vaters über den im Scheidungsvergleich vom 23. 7. 2021 (GZ * des Erstgerichts) ab 1. 8. 2021 festgesetzten vorläufigen Betrag von monatlich 200 EUR auf (insgesamt) 343 EUR für den Zeitraum 1. 8. 2021 bis 31. 12. 2021 und von (insgesamt) 351 EUR ab dem 1. 1. 2022 längstens bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes. Das Unterhaltsmehrbegehren für den Monat Juli 2021 wies es ab.

[2] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[3] Das Erstgericht legte den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Vaters dem Obersten Gerichtshof vor.

[4] Diese Vorgangsweise entspricht nicht der Rechtslage.

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Hat das Rekursgericht – wie hier – nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht nach § 62 Abs 1 AußStrG zulässig ist, so kann gemäß § 62 Abs 5 AußStrG dennoch ein Revisionsrekurs erhoben werden, wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR übersteigt oder soweit er nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist (außerordentlicher Revisionsrekurs). Übersteigt der Entscheidungsgegenstand nicht insgesamt 30.000 EUR und hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig ist, so kann eine Partei einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung; § 63 Abs 1 AußStrG).

[6] 2. Im Unterhaltsbemessungsverfahren ist der Entscheidungsgegenstand nach ständiger Rechtsprechung rein vermögensrechtlicher Natur und besteht ausschließlich in einem Geldbetrag (RS0007110 [T32]). Maßgeblich ist gemäß § 58 Abs 1 JN das Dreifache der Jahresleistung, bei bestimmter Dauer aber der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge, jedoch in keinem Fall mehr als das Zwanzigfache der Jahresleistung. Wenn auch laufende Ansprüche zu beurteilen sind, kommt es grundsätzlich auf den 36-fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags an, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz zwischen den Parteien noch strittig war (RS0103147 [T23]).

[7] 3. Im vorliegenden Fall war zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien an laufendem Unterhalt der über 200 EUR monatlich hinausgehende Unterhaltsbeitrag von 151 EUR ab 1. 1. 2022 strittig. Der Wert des Entscheidungsgegenstands beträgt daher 5.436 EUR (das 36-fache des strittigen laufenden Unterhalts) und übersteigt somit nicht 30.000 EUR.

[8] 4. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat das Erstgericht dieses Rechtsmittel – auch wenn es direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge im Sinne des § 63 AußStrG zu werten sind (RS0109623 [T13]). Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [T14]).

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