Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 811,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist aufgrund des Schenkungsvertrages vom 30.5.1978 zu 1/16 sowie aufgrund des Kaufvertrages vom 29.4.1994 zu einem weiteren 1/16-Anteil Miteigentümer der Liegenschaft EZ 1193, ***** bestehend aus dem einzigen Grundstück Nr 639 mit einer Fläche von 1.117 m2. Hiebei handelt es sich um ein ausschließlich als Weg genutztes Grundstück, das vormals die Bezeichnung 1366/4 trug und Bestandteil der Parzelle 1371 war. Die Tochter des Beklagten ist grundbücherliche Eigentümerin des Grundstückes 636/2 und einer Teilfläche des Grundstückes 637 der EZ 1048, wobei das Grundstück 636/2 im Jahr 1972 von den seinerzeitigen Eigentümern Johann und Hildegard P***** erworben wurde. Die Übereignungsansprüche wurden in den Verfahren 16 Cg 244/90 und 22 Cg 278/92 durchgesetzt. Der Erwerb des Grundstückes 636/2 erfolgte derart, daß es am 15.4.1972 zur Unterfertigung eines Kaufvorvertrages durch die Verkäufer P***** kam. Danach wurden 1200 m2 Grund der EZ 1371 verkauft, wobei das neue Grundstück aus dieser EZ abgeschrieben werden sollte. Das genaue Ausmaß sollte bei Vertragsabschluß festgelegt werden. Ein Quadratmeterpreis von S 100 wurde vereinbart. Es wurde festgehalten, daß nach Klärung der Zufahrt der Kaufvorvertrag durch einen notariellen Vertrag ersetzt wird. Dieser Kaufvorvertrag wurde von der Tochter des Beklagten am 16.4.1972 unterschrieben. Die Verkaufsverhandlungen führte der Beklagte für seine Tochter. Noch am 15.4.1972 wurde zwischen dem Beklagten und den Verkäufern die Frage der Zufahrt geklärt. Gegenstand der Vereinbarung war die strittige Wegparzelle Nr 639, über die allein das von der Tochter des Beklagten erworbene Grundstück 636/2 erreicht werden kann. Es erfolgte noch an diesem Tag die Errichtung eines Schuldscheines, in dem sich die Tochter des Beklagten zusätzlich zum vereinbarten Kaufpreis laut Kaufvertrag für das Grundstück noch verpflichtete, S 40 pro m2 für den Weg zu bezahlen, der heute noch im Miteigentum der Ehegatten P***** neben anderen Miteigentümern ua auch dem Kläger steht. Dabei wurde festgehalten, daß die genaue Summe erst nach Bekanntgabe des Vermessungsergebnisses festgestellt werden könne und daher zunächst vereinbart werde, daß S 44.000 für die Weganteile bezahlt werden. Ebenso wurde in diesem Schuldschein vereinbart, daß bei Bezahlung des Betrages von S 44.000 sich die Ehegatten P***** verpflichten, die Zweitschrift dieser Vereinbarung an den Beklagten auszufolgen. Dieser Originalschuldschein wurde am 17.4.1972 von Hildegard P***** an den Beklagten ausgefolgt, nachdem dieser die Einzahlung des Betrages von S 44.000 gegenüber Hildegard P***** nachgewiesen hatte. Schließlich wurde nach Klärung der Zufahrt auch der Kaufvertrag von Johann und Hildegard P***** und der Tochter des Beklagten unterfertigt. Außer Streit steht, daß die beklagte Partei den Weg 639 benützt (AS 35).
Der Kläger begehrt die Unterlassung des Begehens und Befahrens des Weges, Grundstück 639, EZ 1193, mit Fahrzeugen aller Art, einschließlich eines selbstfahrenden Rasenmähers. Die Tochter des Beklagten sei zwar außerbücherliche Eigentümerin von Teilflächen des Grundstückes 636 und einer weiteren Teilfläche des Grundstückes 637, jedoch habe die Tochter des Beklagten es offensichtlich verabsäumt, Miteigentumsanteile an dem für die Zufahrt zu ihren Teilflächen erforderlichen, nunmehr streitgegenständlichen Weg von den Ehegatten P***** beim Kauf ihrer Grundstücksteile mitzuerwerben. Es bestehe daher sowohl für sie als auch den Beklagten keine Berechtigung über das streitgegenständliche Grundstück zuzufahren. Die Klage sei zur Hintanhaltung der Ersitzung notwendig.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, bestritt die regelmäßige Benützung der gegenständlichen Wegparzelle namens und im Auftrag seiner Tochter nicht. Diese habe aufgrund einer mündlichen Vereinbarung den seinerzeitigen Miteigentümern ein Servitutsrecht eingeräumt erhalten. Im übrigen hätten sich Johann und Hildegard P***** verpflichtet, Miteigentumsanteile am Weggrundstück zu übertragen. Für diese Weganteile habe seine Tochter auch den vereinbarten Kaufpreis von je S 40 pro m2 bezahlt. Dem Kläger fehle auch die aktive Klagslegitimation, weil er sich durch die gegenständliche Klage in Widerspruch zum Erklärungsverhalten sämtlicher übriger Miteigentümer setze, die eine einheitliche Streitgenossenschaft bilden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Ausgehend von den von ihm getroffenen Feststellungen, daß eine Einigung über den Erwerb von Anteilen an dem Weggrundstück zwischen der Tochter des Beklagten und den seinerzeitigen Eigentümern, den Ehegatten P*****, nicht zustandegekommen sei, vertrat es die Rechtsansicht, daß sich der Kläger als Miteigentümer des verfahrensgegenständlichen Weggrundstückes gegen die Anmaßung einer Servitut und der widerrechtlichen Benützung durch den Beklagten zur Wehr setzen könne und auch als Miteigentümer berechtigt sei, eine Eigentumsfreiheitsklage zu erheben.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, und änderte das Ersturteil im Sinne einer Klageabweisung ab. Nach Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, vor allem hinsichtlich der Berechtigung des Beklagten zur Liegenschaft seiner Tochter zuzufahren, wiederholte das Berufungsgericht die in erster Instanz durchgeführten Beweise und kam zu den eingangs wiedergegebenen Feststellungen.
Auch der einzelne Miteigentümer sei berechtigt, die Eigentumsfreiheitsklage zu erheben, es sei denn, er setze sich ganz offensichtlich in Widerspruch zum geäußerten Willen der übrigen Miteigentümer. Im gegenständlichen Fall sei nicht hervorgekommen (eher das Gegenteil), daß die übrigen Miteigentümer sich gegen die Vorgangsweise des Klägers ausgesprochen hätten. Die Aktivlegitimation des Klägers sei daher zu bejahen. Da die Tochter des Beklagten am streitgegenständlichen Weg Miteigentumsanteile von den Ehegatten Hildegard und Johann P***** als Miteigentümer dieses Wegstückes erworben habe, sei der Beklagte aus diesem Grunde berechtigt, dieses Weggrundstück zu benützen. Auf die Einräumung einer Servitut zugunsten des Beklagten bzw seiner Tochter käme es nicht an.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen Aktenwidrigkeit sowie Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, weil nach der Rechtsprechung ein Miteigentümer sich schon in Widerspruch zu den übrigen Miteigentümern setzt, wenn andere Miteigentümer dem mit der Eigentumfreiheitsklage in Anspruch Genommenen zu einem obligatorischen Verhalten verpflichtet sind.
Die Revision ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der gerügte Verfahrensmangel erster Instanz - Unterlassung der Einvernahme der Zeugin Brigitte W***** - liegt, abgesehen davon, daß nicht der Kläger, sondern der Beklagte die Einvernahme dieser Zeugin beantragt hat, schon deshalb nicht vor, weil auf die Einvernahme dieser Zeugin in der Verhandlung vom 26.9.1996 (AS 65) verzichtet wurde und der Kläger diesen Beweisantrag nicht aufgenommen hat.
Eine Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, weil der relevierten Frage keine entscheidende Bedeutung zukommt. Es geht nicht darum, ob das nunmehrige Grundstück 639 Bestandteil des Grundstückes 1371 war, sondern ob dem Beklagten bzw seiner Tochter Benützungsrechte zustehen.
Entgegen der Meinung der Revision hat das Berufungsgericht festgestellt, daß die Tochter des Beklagten von vom Kläger verschiedenen Miteigentümern der streitgegenständlichen Liegenschaft Rechte am Weggrundstück erworben hat, die die Zufahrt sichern sollten. Als Ausfluß dieses Rechtes hat der Beklagte, dies läßt sich dem übereinstimmenden Vorbringen der Streitteile bzw der Außerstreitstellung (AS 35) entnehmen, diesen Weg auch tatsächlich benützt. Eine vom Kläger zu beweisende (SZ 69/187) Rechtswidrigkeit des Eingriffes durch den Beklagten ist dann nicht gegeben, wenn der Tochter des Beklagten ein Recht zur Benützung des Weges auch gegenüber dem Kläger als Miteigentümer zusteht (SZ 57/183; 1 Ob 24/91). Dieses abgeleitete Benützungsrecht der Tochter des Beklagten, ob aufgrund des Miteigentums oder einer Servitut ist nicht entscheidend, ist aber nicht verbüchert. Es ist daher kein dingliches gegenüber jedem Erwerber durchsetzbares Recht geworden. Demgemäß ist der Einzelrechtsnachfolger von Miteigentumsanteilen, wie hier der Kläger, an nicht verbücherte Benützungsrechte nur dann gebunden, wenn er sich ausdrücklich oder konkludent dieser Regelung unterworfen hat (MietSlg 25.058; MietSlg 33/22, MietSlg 43/29; 1 Ob 2342/96k; 5 Ob 47/97s). Die bloße Kenntnis genügt zum Rechtseintritt nicht (MietSlg 24.060). Daß der Kläger die Miteigentumsanteile mit allen Rechten und Pflichten übernommen hat, hat der Beklagte, der die Berechtigung seines Eingriffes und damit auch im Falle der abgeleiteten Rechtsausübung die Berechtigung seiner Tochter zu beweisen hat (SZ 57/183; SZ 69/187; 1 Ob 2003/96g), nicht behauptet. Ob die Ehegatten P***** verpflichtet sind, der Tochter des Beklagten grundbücherliche Rechte zu übertragen, ist in diesem von einem anderen Miteigentümer angestrengten Verfahren auf Unterlassung der ihm gegenüber rechtsgrundlos erfolgten Eingriffe nicht zu prüfen. Die tatsächliche Übergabe oder Duldung der Teilgewahrsame am Weg durch die Ehegatten P***** ist andererseits für eine Übereignung bedeutungslos.
Der Beklagte hat aber auch vorgebracht, daß sich der Kläger mit seiner Klage in Widerspruch zu anderen Miteigentümern setzt und ihm die aktive Klagslegitimation fehlt (AS 9, 103). Hiezu hat das Berufungsgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung ausgeführt, daß nicht hervorgekommen sei (eher das Gegenteil), daß die übrigen Miteigentümer sich gegen die Vorgangsweise des Klägers ausgesprochen haben. Er hat aber seine Feststellungen übersehen, daß die Frage der Zufahrt jedenfalls zwischen Miteigentümern des Weges und der Tochter des Beklagten geklärt war und sie sich dieses Zufahrtsrecht durch Bezahlung eines Betrages gesichert, sie "Miteigentumsanteile" am Weg erworben hat.
Während etwa die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Servitut nur einheitlich von allen Miteigentümern des dienenden Grundstückes, die dabei eine einheitliche Streitpartei bilden, verlangt werden kann (1 Ob 2003/96g; 5 Ob 2036/96i), bleibt für eine Klage auf Unterlassung, soweit Eingriffe in das Eigentum des einzelnen Miteigentümers abzuwehren sind, dieser Miteigentümer aktiv klagslegitimiert (5 Ob 2036/96i).
Bei Miteigentum wird nach Lehre und Rechtsprechung jeder allein als berechtigt angesehen, Eingriffe in sein Eigentum mit der Eigentumsfreiheitsklage (auch Negatorienklage) abzuwehren, soferne er sich damit nicht in Widerspruch zu den übrigen Miteigentümern setzt (SZ 60/216; NZ 1994, 15; 1 Ob 2003/96g, 5 Ob 2036/96i). Der Kläger begehrt die Unterlassung der Benützung des gesamten Grundstückes 639, mit welchem Begehren schon die seinerzeitige Zustimmung weiterer Miteigentümer (P*****) zur Benützung durch Übertragung von obligatorischen Miteigentumsanteilen im Widerspruch steht (RdW 1992, 398 = NZ 1994, 15). Es kommt nicht darauf an, ob dieses Benützungsrecht auf Grund eines Kaufvertrages, einer Dienstbarkeitseinräumung oder einer sonstigen Benützungsvereinbarung zusteht. Entscheidend ist bloß das Bestehen eines obligatorischen Rechtes, das aber vom Beklagten nachgewiesen wurde. Er leitet wiederum sein Benützungsrecht von der obligatorisch Berechtigten ab. Da das Benützungsrecht ein die ganze Liegenschaft betreffendes unteilbares Recht ist, kann dem Begehren des Klägers, das mit der obligatorischen Vertragsbindung anderer Miteigentümer in Widerspruch steht, nicht stattgegeben werden. Der aus dem Eigentumsrecht abgeleitete Unterlassungsanspruch ist im Falle einer Miteigentümergemeinschaft unteilbar. Das Recht lastet daher auf der gesamten Liegenschaft oder besteht überhaupt nicht (NZ 1994, 15 = RdW 1992, 398).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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