OGH 10Ob309/00i

OGH10Ob309/00i14.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Ing. Johannes C*****, vertreten durch Hügel & Partner, Rechtsanwälte in Mödling, gegen die beklagte und widerklagende Partei Prof. Günter P*****, vertreten durch Weiss-Tessbach, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen S 146.280 sA (22 Cg 119/98w) und S 444.497,06 sA (22 Cg 163/98s), infolge außerordentlicher Revision der beklagten und widerklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 6. September 2000, GZ 17 R 130/00p-26, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt zu 22 Cg 119/98w vom Beklagten die Zahlung von S

146.280 sA als Schadenersatz für Beratungs- und Vertretungskosten im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Liegenschaft. Diese Sache wurde mit der zu 22 Cg 163/98s eingebrachten Widerklage (Streitwert: S 444.497,06 sA) verbunden.

Das Erstgericht wies die Klage ab und gab der Widerklage statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass dem Klagebegehren stattgegeben und die Widerklage abgewiesen wurde und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision des Beklagten, worin der Antrag gestellt wird, der Oberste Gerichtshof möge die angefochtene Entscheidung im Sinne der Klageabweisung und Stattgebung der Widerklage abändern, hilfsweise aufheben, legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise widerspricht hinsichtlich des Verfahrens 22 Cg 119/98w der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage:

Nach § 502 Abs 3 ZPO idF WGN 1997 (im folgenden: ZPO nF) ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 leg cit - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar S 52.000, nicht aber S 260.000 übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nicht für zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO nF binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungserkenntnisses den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 Satz 1 ZPO nF) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür angeben, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.

Die Verbindung mehrerer Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen das gemeinsame Urteil keinen Einfluss; die Streitwerte sind auch nicht zusammen zu rechnen. Die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision ist daher für jeden einzelnen Anspruch abgesondert zu prüfen (Kodek in Rechberger**2 Rz 1 Abs 2 zu § 502 ZPO; RIS-Justiz RS0037173 und RS0037252).

Im vorliegenden Fall hat der Rechtsmittelwerber das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum er entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet. Der Revision fehlt jedoch die ausdrückliche Erklärung, dass der Beklagte im Verfahren 22 Cg 119/98w den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO nF) stelle. Im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 508 ZPO nF). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar (gleich den Revisionsausführungen zur Sache) an den Obersten Gerichtshof gerichtet sei (vgl zum Fehlen der richtigen Bezeichnung des Berufungsgerichts: Kodek aaO ZPO Rz 2 zu § 467), dann wird es einen, mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinn des § 84 Abs 3 ZPO, dann ist ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Das gilt nach § 474 Abs 2 Satz 2 ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags. Sollte der Beklagte die Verbesserung seines Schriftsatzes sodann verweigern, wäre seine Revision hinsichtlich des Verfahrens 22 Cg 119/98w jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0109501).

Aus diesen Erwägungen sind die Akten vorerst dem Erstgericht zur verfahrensrichtigen Behandlung zurückzustellen (10 Ob 133/99b uva).

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