Spruch:
Der Akt wird dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, das angefochtene Urteil durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteigt.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt, die Beklagten zu verpflichten, das Tabakrauchen in den allgemein zugänglichen Räumen des Landesgerichtes Wiener Neustadt, soweit diese nicht ausdrücklich als Räume, in denen das Rauchen gestattet ist, bezeichnet sind, zu unterlassen. Im Gangbereich vor einem Verhandlungssaal herrsche nach den Bestimmungen der §§ 12, 13 Abs 1 Z 1 TabakG, auf die auch in einem entsprechenden Anschlag an der Eingangstüre zum Amtsgebäude hingewiesen sei, absolutes Rauchverbot. Desungeachtet hätten die Beklagten dort am 11.9.1995 Zigaretten geraucht und dies auch nach entsprechenden Hinweisen des Klägers nicht eingestellt.
Die Beklagten stellten nicht in Frage, daß sie am 11.9.1995 im Bereich vor dem vom Kläger bezeichneten Verhandlungssaal geraucht hätten, beantragten jedoch die Abweisung des Klagebegehrens. Die Bestimmungen des Tabakgesetzes seien sanktionslos. Dem Kläger fehle ein Direktanspruch zur Erhebung einer Unterlassungsklage. Es fehle ihm die aktive Klagslegitimation; der Rechtsweg sei nicht zulässig.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Tabakgesetz sei eine Verwaltungsvorschrift und sehe keine Sanktion bei einem Verstoß gegen die §§ 12 oder 13 vor. Daraus ergebe sich, daß der Gesetzgeber weder eine verwaltungsrechtliche noch eine sonstige gesetzliche Sanktion eines Verstoßes gegen diese Bestimmungen vorgesehen habe. Es handle sich um bloße Ordnungsvorschriften, die weder einen Individualanspruch auf Unterlassung einräumten, noch im Fall eines Verstoßes sanktioniert seien. Dem Begehren des Klägers komme daher keine Berechtigung zu.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge, wobei es seine Begründung vor allem auf die Entscheidung ÖBl 1983, 9 stützte. In dieser Entscheidung habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß das Gesetz (vorbeugende) Unterlassungsklagen einerseits zum Schutz vor Eingriffen in dingliche Rechte, insbesondere im Rahmen des Nachbarrechtes und andererseits im Rahmen bestehender Schuldverhältnisse zulasse. Außerhalb von Schuldverhältnissen werde Rechtsschutz durch Unterlassungsbegehren nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt, wie insbesondere zum Schutz des Namens, zur Untersagung des Gebrauches einer Firma oder bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte. Keiner dieser Fälle liege hier jedoch vor. Selbst aus der Lehrmeinung Stabentheiners (ÖJZ 1992, 78 ff), daß Unterlassungsansprüche zur Abwehr gesundheitsgefährdender Umwelteinwirkungen zulässig seien, sei für den Standpunkt des Klägers nichts abzuleiten. Der Autor vertrete dieses Ergebnis nur für Fälle, in denen Umwelteinwirkungen mit Gesundheitsbeeinträchtigungen verbunden seien, die eine gewisse Intensität erreichen; nur die Gefahr einer erheblichen Schädigung des menschlichen Organismus vermöge den Unterlassungsanspruch zu begründen, nicht jedoch geringfügige Einschränkungen oder bloße Belästigungen, die keinen merklichen Eingriff in die körperliche Integrität mit sich brächten.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei; einen Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes enthält das Berufungsurteil nicht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß seinem Begehren zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand) an Geld oder Geldeswert 50.000 S nicht übersteigt. Gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO hat das Berufungsgericht dann, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000 S übersteigt oder nicht. Dieser Ausspruch wird durch die vom Kläger gemäß § 56 Abs 2 JN vorgenommene Angabe des Wertes des Streitgegenstandes nicht ersetzt (1 Ob 574, 575/94 ua).
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist ein Unterlassungsbegehren, sohin ein nicht in Geld bestehender Streitgegenstand, so daß das Berufungsgericht einen Bewertungsausspruch im Sinne des § 500 Abs 2 ZPO vorzunehmen hatte. Dieser Ausspruch, der zur Beurteilung der Anfechtungszulässigkeit erforderlich ist, fehlt in der Entscheidung des Berufungsgerichtes. Die Unterlassung dieses Ausspruches stellt eine offenbare Unrichtigkeit dar, die nach § 419 ZPO berichtigt werden kann und muß (sa SSV-NF 8/1 mwH).
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