OGH 10Ob14/15d

OGH10Ob14/15d19.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*****, vertreten durch Dr. Michael Jöstl, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. C*****, vertreten durch Dr. Johannes Margreiter, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, wegen Feststellung und Einverleibung von Dienstbarkeiten, (Streitwert 24.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 18. November 2014, GZ 10 R 77/14w‑56, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 4. Juni 2014, GZ 69 Cg 35/12i‑50, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00014.15D.0519.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens obliegt dem Erstgericht.

 

Begründung:

Der Kläger ist seit 1969 Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** A*****, bestehend aus den Grundstücken 1895/18 und 1896/1, auf denen das Wohnhaus F***** errichtet ist.

Der Beklagte ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** A*****, bestehend aus dem Grundstück 1895/11, auf dem das Haus F***** errichtet ist. Er bewohnt diese Liegenschaft seit 1979. Weiters ist der Beklagte seit 2001 Alleineigentümer auch der EZ ***** GB ***** A*****, bestehend aus dem Grundstück 1895/10, auf dem das Haus F***** errichtet ist. Darüber hinaus ist der Beklagte Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** A*****, bestehend aus den Grundstücken 1895/16 und 1895/17, welche die F***** in A***** darstellen. Diese Liegenschaft ist aufgrund eines Vertrags vom 6. 8. 1965 grundbücherlich mit der Dienstbarkeit des Geh‑ und Fahrwegs für die Grundstücke des Klägers belastet.

Im Hinblick auf die Beengtheit der örtlichen Verhältnisse in dem hier maßgeblichen Bereich der F***** will der Kläger mit der vorliegenden Klage die Feststellung und grundbücherliche Einverleibung von Dienstbarkeiten des Fahrens und Parkens auch an (näher bezeichneten) Teilflächen der Grundstücke 1895/11 und 1895/10 des Beklagten erreichen.

Zur Örtlichkeit:

Bei der F***** handelt es sich um eine von Westen nach Osten führende Sackgasse, an deren Ende sich nördlich das Grundstück 1895/11 des Beklagten (mit dem Haus F***** und einer Garage für drei PKWs) befindet. Südlich liegen die Grundstücke 1895/18 und 1896/1 des Klägers (beide mit dem Haus F***** sowie einer Garage für zwei PKWs und an diese Garage östlich anschließend vier nicht überdachte Autoabstellplätze). Geradeaus am Ende der F***** (im Osten) mündet diese in das (weitere) Grundstück 1895/10 des Beklagten (mit dem Haus F*****).

Die Vorderfront der zum Haus F***** gehörigen Garage des Beklagten ist von der F***** etwa 2,5 m zurückversetzt, wodurch sich auf dem Grundstück 1895/11 ein optisch nicht von der F***** abgetrennter privater Garagenvorplatz (in dem dem Ersturteil angeschlossenen Plan als gelbe Teilfläche markiert) bildet. Die Vorderfront der Garage des Klägers ist um ungefähr einen Meter zurückversetzt, wodurch sich ebenfalls ein optisch nicht von der F***** abgetrennter privater Garagenvorplatz auf den Grundstücken 1895/18 und 1896/1 des Klägers bildet.

Im Anschluss an das Grundstück 1895/10 des Beklagten (mit dem Haus F*****) befindet sich ebenfalls ein asphaltierter, privater Garagenvorplatz (in dem dem Ersturteil angeschlossenen Plan als rote Fläche markiert), der zumindest bis 2012 nicht durch aufgezeichnete Grundgrenzen gekennzeichnet war.

Die vom Kläger errichteten nicht überdachten Autoabstellplätze liegen in einer Art Einbuchtung, die mit der angrenzenden F***** und dem angrenzenden Grundstück 1895/10 des Beklagten eine durchgehende asphaltierte Fläche bildet. Bei einem Einparken in der Art und Weise, dass die Fahrzeuge auf den nicht überdachten Autoabstellplätzen im nahezu 90°igem Winkel zur Fahrbahnlängsachse parken, überragen die parkenden Fahrzeuge, wenn es sich um Mittelklassewägen handelt, die Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken 1896/1 und 1895/10 um ca 0,8 bis 0,9 m und bei Oberklassewägen um ca 1,15 bis 1,25 m). Dabei ragen die beiden östlich geparkten Fahrzeuge auf das Grundstück des Beklagten 1895/10 (in dem dem Ersturteil angeschlossenen Plan als blaue Teilfläche markiert).

Der Kläger begehrt (nach Klagsänderung) die urteilsmäßige Feststellung der näher genannten Dienstbarkeit des Fahrrechts mit Kraftfahrzeugen auf der gelb markierten Teilfläche des Grundstücks 1895/11, der rot markierten Teilfläche des Grundstücks 1895/10 und zusätzlich des Abstellens von Kraftfahrzeugen auf der blau markierten Teilfläche des Grundstücks 1895/10; weiters begehrt er, den Beklagten schuldig zu erkennen, in die grundbücherliche Einverleibung dieser Dienstbarkeiten einzuwilligen.

Er brachte zusammengefasst vor, wegen der beengten Verhältnisse sei die Zufahrt zu seiner Garage unter ausschließlicher Benützung der F***** nicht möglich, sodass ein Befahren der gelb markierten Teilfläche auf Grundstück 1895/11 erforderlich sei. Auch die Zufahrt zu den nicht überdachten Autoabstellplätzen sei nur unter Benützung sowohl der gelb markierten Teilfläche auf Grundstück 1895/11, als auch der rot markierten Teilfläche auf Grundstück 1895/10 möglich. Seit mehr als 30 Jahren hätten er, seine Familienmitglieder und Besucher die genannten Teilflächen laufend und regelmäßig zum Befahren mit Kraftfahrzeugen benützt. Auf den nicht überdachten Parkplätzen seien außerdem seit mehr als 30 Jahren laufend und regelmäßig Kraftfahrzeuge derart abgestellt worden, dass das Heck der Fahrzeuge um bis zu 0,8 m in das südwestliche Eck des Grundstücks 1895/10 hineingereicht habe (blaue Fläche). Die Benutzung der Grundstücksflächen auf diese Weise sei auch von den Rechtsvorgängern des Beklagten ausdrücklich gestattet und jedenfalls für den genannten Zeitraum unwidersprochen hingenommen worden. Wenn der Beklagte selbst fallweise Kraftfahrzeuge auf den klagsgegenständlichen Flächen abgestellt habe, stelle dies kein dauerndes Hindernis dar. Nur ein dauerndes Hindernis könnte aber die Ausübung der Dienstbarkeit hindern. Es wäre Sache des Beklagten gewesen, innerhalb der Ersitzungszeit eine entsprechende Unterlassungsklage einzubringen. Erst 2011/2012 habe der Beklagte erstmals die Ausübung der Dienstbarkeit streitig gemacht. Während der gesamten Ersitzungszeit sei der Kläger im guten Glauben gewesen, ein Recht zu haben, die Teilflächen zu benützen.

Sollte das Gericht zur Ansicht gelangen, dass die Dienstbarkeit unter der Einschränkung ersessen worden wäre, ein Befahren sei nur dann gestattet, wenn die Flächen jeweils zum Befahren frei gewesen wären, stelle dies lediglich ein Minus zum Klagebegehren dar.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung und wendete im Wesentlichen ein, ein Zufahren zur Garage des Klägers und auch zu dessen Parkfläche sei auch ohne Benutzung der vom Kläger in Anspruch genommenen Grundstücksflächen möglich. Das Zurücksetzen der Garage auf dem Grundstück 1895/11 sei erfolgt, um selbst auf dem so entstandenen Vorplatz fahren und parken zu können, nicht aber zu dem Zweck, dem Kläger ein Recht auf Mitbenutzung dieser Fläche einzuräumen. Eine Vereinbarung über die Nutzung sei niemals abgeschlossen worden. Eine allfällige Nutzung sei nur prekaristisch geduldet worden und zwar so, dass dann, wenn der Beklagte oder seine Familienmitglieder oder Gäste auf dem Grundstücksteil selbst Fahrzeuge abgestellt hatten, die Zu‑ und Abfahrt aus den Garagen des Klägers jeweils ohne Nutzung des Nachbargrundes zu erfolgen hatte. Der Kläger sei nicht nur von ihm selbst, sondern bereits von den Voreigentümern vielfach darauf hingewiesen worden, dass kein Recht zur Benutzung des Grundstücks 1895/11 bestehe. Auf dem Vorplatz zur Garage sei nicht nur oftmals ein PKW, sondern über Jahre ein Motorboot und zwischen 1990 und 1994 ein Wohnmobil abgestellt gewesen. Zudem seien auf den strittigen Flächen Schnee und auch Gartenabfälle abgelagert worden, sodass ein Befahren oder Parken nicht möglich gewesen sei. Der Kläger habe all dies widerspruchslos zur Kenntnis genommen. Es habe nur eine „örtliche Übung“ bestanden, eine derartige stelle keine Rechtsausübung dar. Die Ersitzung eines eingeschränkten Dienstbarkeitsrechts dergestalt, dass ein Überfahren erlaubt sei, wenn auf den Flächen durch den Eigentümer gerade kein Fahrzeug oder keine sonstigen Hindernisse abgestellt seien, sei nicht Gegenstand der Ersitzung. Die Ersitzung scheitere überdies am Erfordernis der Redlichkeit des Besitzes. Es habe dem Kläger insbesondere infolge der Eigennutzung durch die jeweiligen Eigentümer stets bewusst sein müssen, dass ausschließlich ein prekaristisches Entgegenkommen vorliege.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren im Hinblick auf die gelb markierte Teilfläche (Fahren) östlich der Ostmauer der auf Grundstück 1895/11 errichteten Garage und der gedachten Verlängerung Richtung Süden und im Hinblick auf die östliche Hälfte der blau markierten Fläche (Fahren und Abstellen) ab. Hinsichtlich der restlichen gelb, rot und blau markierten Teilflächen gab das Erstgericht dem Feststellungsbegehren und dem Begehren auf Einverleibung „eingeschränkt auf eine Mitnutzung gemeinsam mit dem dort nicht nur zum Fahren, sondern auch zum Parken berechtigten Eigentümer der Grundstücke 1895/11 bzw 1895/10“ statt und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren ab.

Das Erstgericht traf umfangreiche weitere Feststellungen, die sich ‑ stark verkürzt ‑ wie folgt zusammenfassen lassen:

Ohne Überfahren der Grundstücksgrenzen ist eine Zufahrt zur Garage und zu der nicht überdachten Parkfläche des Klägers nur durch geschickte Fahrmanöver möglich, wobei auf der Parkfläche bei ausgeklügelter Parkweise lediglich drei Mittelklassewagen (anstelle von vier PKWs) abgestellt werden könnten.

Die östliche Hälfte der blau markierten Teilfläche war in der Zeit von 1974 bis 1994 wegen eines dort befindlichen Telefonmastes nicht befahrbar. Demgegenüber wurde die westliche Hälfte der blau markierten Teilfläche vom Kläger bzw dessen Familienmitgliedern und Gästen zumindest seit 1975 regelmäßig befahren und beparkt, sofern diese Fläche nicht von Hindernissen verstellt war.

Auch bei der gelb markierten Fläche ist zwischen einem westlichen und einem östlichen Teil (östlich der Ostwand der Garage des Beklagten und der gedachten Verlängerung dazu) zu unterscheiden. Ob und in welchem Umfang die östliche Teilfläche der gelb markierten Fläche durch den Kläger bzw dessen Familienmitgliedern und Gästen befahren wurde, ist nicht feststellbar. Die restliche gelb markierte Teilfläche und die rot markierte Teilfläche wurden hingegen regelmäßig vom Kläger bzw dessen Familienmitgliedern und Gästen seit 1971 bzw 1975 befahren, um bequemer in die Garage beziehungsweise zum westlich gelegenen Parkplatz zu gelangen, sofern diese Flächen nicht durch Hindernisse blockiert waren.

Auf sämtlichen klagsgegenständlichen Flächen wurden von den jeweiligen Eigentümern der Grundstücke 1895/10 und 1895/11 in unterschiedlicher Dauer und Intensität vorübergehend Kraftfahrzeuge abgestellt. Es waren dort aber auch andere Hindernisse vorhanden (ein Motorboot, Baumaterial, Schneehaufen, Grünschnitt), denen der Kläger bzw dessen Familienmitglieder und Gäste beim Befahren oder Beparken der klagsgegenständlichen Flächen jeweils auswichen. Der Kläger verlangte von den jeweiligen Eigentümern nie die Entfernung ihrer PKWs oder der sonstigen Hindernisse. Die Benutzung durch den Kläger wurde vom Beklagten und auch von den Voreigentümern der Grundstücke 1895/10 und 1895/11 bis Ende 2011 bzw Anfang 2012 widerspruchslos geduldet.

Die klagsgegenständlichen Flächen wurden auch von den jeweiligen Eigentümern der Grundstücke 1895/10 und 1895/11 selbst befahren. Aufgrund der beengten räumlichen Situation war dem Kläger als auch dem Beklagten und dessen Voreigentümern klar, dass die jeweils vor ihren Garagen gelegenen Flächen ‑ soweit frei ‑ wechselseitig zum Wenden und Reversieren von Fahrzeugen laufend genutzt wurden. In den Zeiten guten Einvernehmens wiesen der Kläger und der Beklagte ihre Gäste sogar an, nicht auf den Flächen vor den (eigenen) Garagen zu parken, damit das wechselseitige Ein- und Ausfahren zu ihren Garagen auf einfache Art und Weise möglich bleibe. Bis Ende 2011 bzw Anfang 2012 herrschte hinsichtlich der Fahr‑ und Parksituation ein gutes nachbarschaftliches Einvernehmen. Ende 2011 bzw Anfang 2012 untersagte der Beklagte schließlich schriftlich das Parken und Abstellen von Fahrzeugen auf den streitgegenständlichen Flächen.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, mangels einer vertraglichen Einräumung einer Dienstbarkeit komme nur Ersitzung in Betracht. Die östlich der Ostmauer der Garage gelegene gelb markierte Fläche sei aber ebenso wie die östliche Hälfte der blau markierten Fläche nicht über den gesamten Ersitzungszeitraum hin genutzt worden, weshalb diesbezüglich die Klage abzuweisen sei. Dass auf den anderen Flächen vorübergehend Hindernisse vorhanden gewesen seien, führe nicht zu einer Unterbrechung der Ersitzung. Bloße Mitbenützung durch andere schließe die Ersitzung nicht aus. Da auch die Ersitzung von Miteigentum möglich sei, müsse es auch möglich sein, dass der Kläger eine durch die Mitbenützung (Fahren und Parken) der Eigentümer der dienenden Grundstücke eingeschränkte Dienstbarkeit des Befahrens und Beparkens erwerben könne. Die zur Redlichkeit des Klägers getroffenen zahlreichen Negativfeststellungen gingen zu Lasten des ‑ diesbezüglich behauptungs‑ und beweispflichtigen ‑ Beklagten, sodass bis Ende des Jahres 2011 bzw Anfang des Jahres 2012 vom guten Glauben des Klägers auszugehen sei.

Die Klageabweisung hinsichtlich der östlichen Hälfte der blau markierten Fläche auf Grundstück 1895/10 erwuchs in Rechtskraft.

Das Berufungsgericht gab der gegen den klagsstattgebenden Teil der Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten Folge und änderte die Entscheidung dahingehend ab, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wurde. Der gegen den (übrigen) klageabweisenden Teil gerichteten Berufung des Klägers gab es hingegen nicht Folge. (Der Kläger hatte mit seiner Berufung eine Abänderung im Sinne der Feststellung und Einwilligung in die Einverleibung der Dienstbarkeit des ‑ Fahrrechts hinsichtlich des westlichen Teils der gelb markierten Fläche unter Entfall der Einschränkung des Parkens von Kraftfahrzeugen durch den Eigentümer des dienenden Grundstücks angestrebt; hinsichtlich der östlichen, gelb markierten Teilfläche mit einer Einschränkung des „gelegentlichen“ Parkens von Kraftfahrzeugen durch den Eigentümer des dienenden Grundstücks und hinsichtlich der rot markierten Teilfläche und der westlichen Hälfte der blau markierten Teilfläche mit der Einschränkung der Mitnutzung des Fahrens und des „gelegentlichen“ Parkens von Kraftfahrzeugen durch den Eigentümer des dienenden Grundstücks.)

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, zum Erwerb des Besitzes eines Rechts an einer Liegenschaft als Voraussetzung der Ersitzung sei nicht nur der Wille des Besitzers, ein Recht auszuüben, sondern außerdem erforderlich, dass die Leistung oder Duldung durch den Grundeigentümer erkennbar wie die Erfüllung einer Schuldigkeit geschehe, als hätte derjenige, dem geleistet wird oder dessen Handlungen geduldet werden, ein Recht darauf. Es komme darauf an, dass sich der Ersitzungsgegner „füge“. Auch wenn die Nutzung der gegenständlichen Flächen durch den Kläger geduldet worden sei, hätten sich die Eigentümer durch ihre ‑ die Nutzung des Klägers teils erschwerende, teils ausschließende ‑ Eigennutzung gerade nicht „gefügt“. Vielmehr habe sich der Kläger „gefügt“, indem er die Flächen nicht genutzt habe oder ausgewichen sei. Somit liege eine Gestattung durch die Eigentümer „wie die Erfüllung einer Schuldigkeit“ und damit die geltend gemachte Ersitzung nicht vor. Eine Teilstattgebung unter Vorbehalt der Mitnutzung durch die Eigentümer komme nicht in Betracht. Ein für eine Teilstattgebung erforderliches quantifizierbares Minus, etwa in zeitlicher oder räumlicher Hinsicht, sei nicht gegeben, weil die Eigentümer die Flächen zu unterschiedlichen Zeiten, in unterschiedlichem Ausmaß und an unterschiedlichen Stellen genutzt hätten und sich der Kläger dem „gefügt“ habe. Die Rechtsprechung zur Ersitzung von Miteigentum lasse sich auf die Dienstbarkeit des Fahrrechts bei ‑ damit unvereinbarem ‑ gleichzeitigem Parken durch die Eigentümer nicht übertragen. Die Klagsstattgebung unter Vorbehalt des Parkens durch die Eigentümer sei daher kein „minus“ und darüber hinaus auch kein „aliud“, sondern schlicht nicht exequierbar. Der Vorbehalt stehe unter dem unausgesprochenen Gebot der gegenseitigen nachbarschaftlichen Rücksichtnahme und sei in Wahrheit die Kehrseite dessen, dass der Kläger gerade kein Recht zum Fahren und Parken ersessen habe. Die mit der Berufung gewünschte Einschränkung auf „gelegentliches“ Parken leide am selben Mangel. Habe ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ der Eigentümer selbst den Besitz für sich in Anspruch genommen und die Nutzung durch den Kläger behindert, sei im Übrigen auch die Redlichkeit der Besitzausübung zu verneinen.

Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 5.000 EUR, aber nicht 30.000 EUR übersteigend und ließ über Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO nachträglich die Revision zu der Frage zu, ob Dienstbarkeiten im Rahmen von Fahrrechten und Rechten zum Abstellen von Kraftfahrzeugen auch mit analogen Rechten der Eigentümer der dienenden Grundstücke konkurrieren könnten. Ähnliche Konstellationen ‑ wie die vorliegende ‑ kämen in eng bebauten Wohngebieten immer wieder vor.

Mit seiner Revision begehrt der Kläger, dass das Berufungsurteil in Stattgebung seiner Revision im Sinne seiner Berufungsanträge abgeändert werde; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Er macht zusammengefasst geltend, aufgrund der Feststellungen sei von einer Ersitzung jedenfalls des westlichen Teils der gelb markierten Fläche und des westlichen Teils der blau markierten Fläche auszugehen, weil die Redlichkeit der Besitzausübung zu vermuten und dem Beklagten der Gegenbeweis nicht gelungen sei. Der Beklagte habe sich der Rechtsausübung auch nicht widersetzt und bis Anfang 2012 niemals Unterlassung begehrt. Dass der Beklagte bzw sein Rechtsvorgänger auf der rot markierten Fläche immer wieder Fahrzeuge abgestellt hatte und sich allenfalls auch auf den anderen Servitutsflächen kurzfristig Kraftfahrzeuge oder Fahrnisse befunden hätten, stelle keine Widersetzlichkeit des Servitutsbelasteten dar. Eine solche wäre nur dann anzunehmen, wenn die Ausübung der Servitut maßgeblich und dauerhaft gehindert sei. Es wäre daher jedenfalls von einer eingeschränkten Dienstbarkeit auszugehen gewesen. Die Ersitzung eines Mitnutzungsrechts sei möglich, ein solches sei unter Berücksichtigung der während der Ersitzungszeit gehandhabten Nutzung auch durchsetzbar.

Der Beklagte beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig:

 

1.1 Die Behauptungs‑ und Beweislast für das Vorliegen der Ersitzungsvoraussetzungen trifft den Ersitzungsbesitzer (RIS‑Justiz RS0034237 [T2]). Dieser hat Art und Umfang der Besitzausübung und die Vollendung der Ersitzungszeit zu behaupten und zu beweisen, wobei es genügt, wenn das Bestehen des Besitzes zu Beginn und am Ende der Ersitzungszeit feststeht (RIS‑Justiz RS0034251 [T7]), wobei der zur Ersitzung führende Besitz auch durch Stellvertreter, Boten oder andere Besitzmittler ausgeübt werden kann, sofern diese Rechtsausübung vom Besitzwillen des Ersitzenden getragen wird (siehe RIS‑Justiz RS0011655 [T1]).

1.2 Hinsichtlich der gelb markierten Teilfläche hat das Erstgericht eine Differenzierung dahin getroffen, dass zwischen einer östlichen und einer westlichen Teilfläche unterschieden wurde. Nach den Feststellungen wurde lediglich der westliche Teil der gelb markierten Fläche seit 1971 bzw 1974 vom Kläger bzw seinen Familienmitgliedern oder Besuchern regelmäßig befahren, sofern dort nicht Hindernisse vorhanden waren, die das Befahren verhinderten. Hingegen konnte eine Nutzung des östlichen ‑ dh östlich der Ostmauer der auf Grundstück 1895/11 errichteten Garage und einer gedachten Verlängerung daraus Richtung Süden gelegenen ‑ Teils der gelb markierten Fläche zum Befahren durch den Kläger, seine Familienangehörigen und Gäste nicht festgestellt werden. Im Sinne der Ausführungen zu oben Pkt 1.1 geht dies zu Lasten des Klägers, dem damit in diesem Umfang der ihm obliegende Beweis für das Vorliegen der Ersitzungsvoraussetzung der Besitzausübung während bzw zumindest am Beginn und Ende einer dreißigjährigen Ersitzungszeit hinsichtlich der östlichen Teilhälfte der gelb markierten Fläche nicht gelungen ist.

2.1. Auch die Ersitzung des westlichen Teils der gelb markierten Fläche sowie der übrigen ‑ noch strittigen ‑ Teilflächen (rot und blau markiert) ist zu verneinen:

Die Ersitzung von Wegedienstbarkeiten erfordert ‑ anders als die Ersitzung des Eigentumsrechts ‑ nicht den ausschließlichen Besitz des Ersitzungsbesitzers an der dienenden Sache. Die Ersitzung setzt nur den Besitz eines Rechts voraus, das seinem Inhalt nach dem zu erwerbenden Recht entspricht. Dass der Eigentümer selbst den strittigen Grundstücksteil regelmäßig benützt, steht daher einer Ersitzung einer Wegedienstbarkeit grundsätzlich nicht entgegen (7 Ob 1735/95).

2.2 Für die Ersitzung des Rechts an einer fremden Sache ist Rechtsbesitz erforderlich; hierzu ist die Inanspruchnahme eines Rechts nötig. Die Ersitzung einer Dienstbarkeit muss für den Eigentümer erkennbar auf ein behauptetes Recht an seiner Sache gestützt sein. Die bloße Ausübung des Gemeingebrauchs oder einer jedermann offen stehenden örtlichen Übung genügt nicht für die Ersitzung (vgl M. Bydlinski in Rummel , ABGB 3 § 1460 Rz 3 mwN). Es kommt daher nicht auf die objektive Erkennbarkeit einzelner Ersitzungshandlungen schlechthin an. Der Eigentümer der belasteten Liegenschaft muss vielmehr aus der Art der Benützungshandlungen erkennen können, dass damit ein (individuelles) Recht ausgeübt wird (1 Ob 33/09y; RIS‑Justiz RS0010135). Keine erkennbare Rechtsausübung stellt beispielsweise die Benützung eines Weges aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen dar (vgl 4 Ob 87/04d).

2.3 Die Ersitzung eines den Eigentümer eines Grundstücks zu einer Duldung (hier des Fahrens bzw Parkens) verpflichtenden Rechts setzt somit voraus, dass die Ausübung als Recht in Anspruch genommen wird, der Eigentümer des Grundstücks dies erkennen kann und dennoch dieses Verhalten so duldet, als hätte der andere ein Recht darauf. Die Handlungen müssen in ihrer Gesamtheit als eine Besitzausübung gewertet werden können. Es muss somit der Wille ersichtlich sein, dass ein Recht ausgeübt wird und nicht eine bloß sich aus dem gutnachbarlichen Verhältnis ergebende Gestattung in Anspruch genommen wird. In letzterem Fall liegt kein zur Ersitzung führender Rechtsbesitz vor (RIS‑Justiz RS0010135 [T2] = 1 Ob 506/82).

2.4 Ob der Eigentümer der belasteten Liegenschaft erkennen kann, dass Benutzungshandlungen in Ausübung eines Rechts erfolgen, hängt aber immer nur von den Umständen des Einzelfalls ab. Diese Frage stellt daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO dar, es sei denn, dass ein Fall grober Fehlbeurteilung vorliegt (RIS‑Justiz RS0033021 [T1]).

2.5 Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, aufgrund der im vorliegenden Fall getroffenen Feststellungen sei für den Beklagten nicht erkennbar gewesen, dass der Kläger ein Recht zum Befahren der gelb und rot markierten Flächen sowie zum Befahren und Beparken der blau markierten Fläche in Anspruch nehme ‑ und nicht nur eine sich bloß aus dem gutnachbarlichen Verhältnis ergebende Gestattung ‑, stellt jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung dar. Da der Wille zur Besitzausübung ersichtlich sein muss, ist die ‑ nach außen nicht erkennbare ‑ Ansicht des Klägers, er habe ein Recht zum Befahren bzw zum Parken, nicht maßgeblich.

Ist ein zur Ersitzung führender Rechtsbesitz zu verneinen, ist auf die weiters vom Berufungsgericht thematisierten Fragen (beschränkte Zuerkennung einer Dienstbarkeit gegenüber der beanspruchten Dienstbarkeit, Bestimmtheit des Begehrens bzw Exequierbarkeit im Hinblick auf die Einschränkung des „gelegentlichen“ Parkens durch den berechtigten Eigentümer, Redlichkeit des Besitzes) nicht mehr einzugehen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO.

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