European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0100NC00025.21I.0208.000
Spruch:
Als örtlich zuständiges Gericht wird das Bezirksgericht Schwechat bestimmt.
Begründung:
[1] Die Kläger machen gegen die beklagte Partei, eine Fluglinie mit Sitz in Äthiopien, Ansprüche nach der Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. 2. 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen (Fluggastrechte-Verordnung) geltend.
[2] Die Kläger hätten von der Beklagten (als ausführendes Luftfahrtunternehmen und Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft iSd Art 2 lit b und c Fluggastrechte‑VO) je einen Flugschein von Windhoek, Namibia, nach Wien mit Zwischenstopp in Addis Abeba, Äthiopien, erworben. Die Flüge seien nicht durchgeführt worden. Die gegenüber der Beklagten geltend gemachten Schadenersatz-, Ausgleichs- und Erstattungsansprüche hafteten unberichtigt aus. Für den Fall, dass sich das angerufene Gericht als (international) unzuständig erachte, stellten die Kläger einen Ordinationsantrag nach § 28 JN an den Obersten Gerichtshof, weil ihnen die Rechtsverfolgung am Sitz der Beklagten in Äthiopien nicht zumutbar sei.
[3] Das zunächst angerufene Bezirksgericht Schwechat sprach mit Beschluss vom 7. 4. 2021 (vom Landesgericht Korneuburg als Rekursgericht mit Beschluss vom 20. 5. 2021 insofern bestätigt) seine Unzuständigkeit aus.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die Voraussetzungen für eine Ordination durch den Obersten Gerichtshof sind gegeben.
[5] Der Oberste Gerichtshof hat, wenn für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts im Sinne der JN oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln sind, aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn unter anderem der Kläger österreichischer Staatsbürger ist oder seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre (§ 28 Abs 1 Z 2 JN).
[6] Der Oberste Gerichtshof hat in gleichgelagerten Fällen bereits mehrfach die Ordination bewilligt (7 Nc 21/20b; 2 Nc 8/21a: jeweils Äthiopien; vgl allgemein die zu RS0046148 indizierten Entscheidungen). Ausschlaggebend war die Erwägung, dass Urteile äthiopischer Gerichte mangels verbürgter Gegenseitigkeit nicht vollstreckt werden können (7 Nc 21/20b; 2 Nc 8/21a).
[7] Für die Auswahl des zu ordinierenden Gerichts (in örtlicher Hinsicht) ist auf die Kriterien der Sach- und Parteinähe sowie der Zweckmäßigkeit Bedacht zu nehmen (RS0106680 [T13]). Die Zuweisung der Sache an das Bezirksgericht Schwechat entspricht diesen Kriterien, lag doch zum einen der Abflugort in dessen Sprengel und wurde zum anderen die Klage bereits bei diesem Gericht behandelt (vgl 6 Nc 27/19a; 4 Nc 20/20h).
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