AlVG §49
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W255.2242138.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Sandra FOITL und Mag. Jutta HAIDNER als Beisitzer über die Beschwerde und den Vorlageantrag von XXXX , geb. XXXX , gegen die Bescheide des Arbeitsmarktservice XXXX vom 27.01.2021, GZ: XXXX , und vom 09.03.2021, GZ: XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 19.04.2021, GZ: WF 2021-0566-9-008174, betreffend den Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe für den Zeitraum 26.01.2021 bis 02.02.2021, gemäß § 49 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass es zu lauten hat: „ XXXX verliert für die Dauer von 26.01.2021 bis 02.02.2021 seinen Anspruch auf Notstandshilfe.“
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) bezieht seit 01.05.2001 mit Unterbrechungen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Er bezieht zuletzt seit 02.09.2019 durchgehend Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und wurde vom Arbeitsmarktservice XXXX (in der Folge: AMS) als die für ihn aufgrund seines Wohnortes zuständige, regionale Geschäftsstelle betreut. Seit 16.10.2020 bezieht er Notstandshilfe.
1.2. Mit Schreiben des AMS vom 05.10.2020 wurde dem BF nach Abklärung mit der Landesgeschäftsführerin des AMS XXXX und Rücksprache mit dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle (AMS XXXX ) mitgeteilt, dass seine fortgesetzte Betreuung gemäß § 23 Abs. 3 Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG) durch das AMS Case Management erfolgen werde, da dieses für den BF eine individuellere Betreuung und Unterstützung bei der Arbeitssuche gewährleisten könne.
1.3. Mit Schreiben des AMS vom 11.12.2020 wurde dem BF der nächste Kontrollmeldetermin gemäß § 49 AlVG für 26.01.2021, 11:00 Uhr, im Case Management XXXX , XXXX , XXXX , vorgeschrieben. Das Schreiben, das dem BF per RSa-Brief zugestellt wurde, enthielt eine Rechtsbelehrung gemäß § 49 AlVG und dessen Rechtsfolgen.
1.4. Mit Schreiben vom 20.01.2021 teilte der BF dem AMS mit, dass er den Kontrolltermin nicht wahrnehmen werde, da er – zusammengefasst – der Meinung sei, dass das AMS XXXX für ihn zuständig sei und er sich dagegen ausspreche, das Case Management XXXX , in der XXXX , XXXX , aufsuchen zu müssen.
1.5. Mit Bescheid des AMS vom 27.01.2021, GZ: XXXX , wurde festgestellt, dass die Notstandshilfe des BF gemäß §§ 49 und 24 Abs. 1 iVm. § 38 AlVG mit 26.01.2021 vorläufig eingestellt werde, da der BF den Kontrolltermin am 26.01.2021 nicht wahrgenommen habe.
1.6. Am 09.02.2021 nahm das AMS eine Niederschrift mit dem BF auf. Dabei gab der BF bekannt, dass es sich beim Termin vom 26.01.2021 eigentlich um den verschobenen Termin vom 03.11.2020 bzw. 22.12.2020 handeln würde und er triftige Gründe für sein Nichterscheinen habe.
1.7. Gegen den unter Punkt 1.5. genannten Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und verwies darin auf sein Schreiben vom 20.01.2021.
1.8. Mit Bescheid des AMS vom 09.03.2021, GZ: XXXX , wurde festgestellt, dass der BF für den Zeitraum vom 26.01.2021 bis 02.02.2021 keine Notstandshilfe erhalte, da er den ihm vorgeschriebenen Kontrolltermin am 26.01.2021 nicht eingehalten und sich erst am 03.02.2021 wieder beim AMS gemeldet habe.
1.9. Gegen den unter Punkt 1.8. genannten Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und verwies darin auf sein Schreiben vom 20.01.2021. Weiters brachte der BF vor, dass ihm das AMS bis dato die individualisierte Begründung dafür schuldig sei, warum es ihn dem Case Management zuführen wolle. Dies sei völlig unverständlich.
1.10. Mit Schreiben vom 24.03.201 hielt das AMS fest, dass der BF den ihm vorgeschriebenen Kontrolltermin am 26.01.2021 nicht wahrgenommen habe. Als Kontrollmeldestelle könne seitens der Landesgeschäftsstelle auch eine andere Stelle als die regional zuständige Stelle bezeichnet werden. Im Falle des BF sei die Landesgeschäftsstelle des AMS XXXX als Meldestelle für den BF (für 26.01.2021) bezeichnet worden, weshalb auch Kontrolltermine gemäß § 49 AlVG in der Landesgeschäftsstelle des AMS XXXX vorgeschrieben werden können würden. Dem BF sei mit Schreiben vom 05.10.2020 ausführlich erklärt worden, warum der BF vom Case Management betreut werden solle. Der BF habe den Kontrolltermin am 26.01.2021 nicht wahrgenommen und es liege kein triftiger Grund hierfür vor. Dem BF werde die Möglichkeit geboten, zu diesem Schreiben bis 08.04.2021 Stellung zu nehmen.
1.11. Mit Schreiben vom 31.03.2021 bezog sich der BF neuerlich auf sein Schreiben vom 20.01.2021 und sprach sich gegen die Verlegung der für ihn zuständigen Geschäftsstelle ( XXXX statt XXXX , XXXX ) aus. Er verwehre sich dagegen, „zwanghaft“ dem Case Management zugeordnet zu werden.
1.12. Mit Bescheid (Beschwerdevorentscheidung) des AMS vom 19.04.2021, GZ: WF 2021-0566-9-008174, wurden die unter den Punkten 1.7. und 1.9. genannten Beschwerden des BF abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF den Kontrollmeldetermin am 26.01.2021 ohne triftigen Grund nicht eingehalten und sich erst am 03.02.2021 wieder beim AMS gemeldet habe.
1.13. Mit Schreiben vom 28.04.2021 beantragte der BF fristgerecht die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht.
1.14. Am 04.05.2021 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
1.15. Mit Schreiben vom 22.11.2021 legte das AMS neuerlich dar, aus welchen Gründen dem BF ein Kontrolltermin im Case Management des AMS vorgeschrieben wurde.
2. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
2.1. Feststellungen
2.1.1. Der BF bezieht seit 01.05.2001 mit Unterbrechungen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Er bezieht zuletzt seit 02.09.2019 durchgehend Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Seit 16.10.2020 bezieht er Notstandshilfe.
2.1.2. Der BF ist mit Hauptwohnsitz in XXXX , gemeldet und wurde seit seinem letzten durchgehenden Leistungsbezug (seit 02.09.2019) vom Arbeitsmarktservice XXXX (in der Folge: AMS) als die für ihn aufgrund seines Wohnortes grundsätzlich zuständige, regionale Geschäftsstelle betreut.
2.1.3. Mit Schreiben des AMS vom 05.10.2020 wurde dem BF nach Abklärung mit der Landesgeschäftsführerin des AMS XXXX und Rücksprache mit dem Leiter der regionalen Geschäftsstelle (AMS XXXX XXXX ) mitgeteilt, dass seine fortgesetzte Betreuung gemäß § 23 Abs. 3 AMSG durch das AMS Case Management der Landesgeschäftsstelle XXXX erfolgen bzw. von dieser übernommen wird. Der BF wurde gemäß § 23 Abs. 3 AMSG iVm. § 49 AlVG belehrt, dass die Landesgeschäftsstelle XXXX als Meldestelle für ihn bezeichnet wird.
2.1.3. Mit Schreiben des AMS vom 11.12.2020 wurde dem BF der nächste Kontrollmeldetermin gemäß § 49 AlVG für 26.01.2021, 11:00 Uhr, im Case Management XXXX , das in der Landesgeschäftsstelle XXXX , in XXXX , angesiedelt ist, vorgeschrieben. Das Schreiben, das dem BF per RSa-Brief zugestellt wurde, enthielt eine Rechtsbelehrung gemäß § 49 AlVG und dessen Rechtsfolgen.
2.1.4. Der BF nahm den Kontrolltermin am 26.01.2021 nicht wahr. Als Grund hierfür brachte der BF vor, dass er sich dagegen verwehre, Kontrolltermine im AMS Case Management in der XXXX , in XXXX , statt in der regionalen Geschäftsstelle des AMS in der XXXX , in XXXX , wahrnehmen zu müssen.
2.1.5. Der BF hat sich am 03.02.2021 wieder beim AMS gemeldet.
2.1.6. Mit Bescheid des AMS vom 27.01.2021, GZ: XXXX , wurde festgestellt, dass die Notstandshilfe des BF gemäß §§ 49 und 24 Abs. 1 iVm. § 38 AlVG mit 26.01.2021 vorläufig eingestellt werde, da der BF den Kontrolltermin am 26.01.2021 nicht wahrgenommen habe. Mit Bescheid des AMS vom 09.03.2021, GZ: XXXX , wurde festgestellt, dass der BF für den Zeitraum 26.01.2021 bis 02.02.2021 keine Notstandshilfe erhalte, da er den ihm vorgeschriebenen Kontrolltermin am 26.01.2021 nicht eingehalten und sich erst wieder am 03.02.2021 beim AMS gemeldet habe. Der BF erhob gegen beide Bescheide des AMS fristgerecht Beschwerde. Mit Bescheid (Beschwerdevorentscheidung) des AMS vom 19.04.2021, GZ: WF 2021-0566-9-008174, wurden die beiden Beschwerden des BF gegen die Bescheide des AMS vom 27.01.2021, GZ: XXXX , und 09.03.2021, GZ: XXXX , abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF den Kontrollmeldetermin am 26.01.2021 ohne triftigen Grund nicht eingehalten und sich erst am 03.02.2021 wieder beim AMS gemeldet habe. Der BF stellte fristgerecht den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
2.1.7. Das AMS XXXX verfügt im Bundesland XXXX einmal über die Einrichtung „AMS Case Management“. Diese ist in der Landesgeschäftsstelle XXXX , XXXX , angesiedelt.
2.2. Beweiswürdigung:
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht fest und ist unstrittig. Es handelt sich im vorliegenden Fall um die bloße Lösung einer Rechtsfrage. Strittig ist, ob das AMS dem BF rechtswirksam einen Kontrolltermin im Case Management der Landesgeschäftsstelle XXXX (in XXXX ) vorschreiben und seine Nichtteilnahme gemäß § 49 AlVG sanktionieren durfte oder das AMS dem BF einen Kontrolltermin nur in der aufgrund seiner Wohnadresse grundsätzlich für ihn zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS (in XXXX ) vorschreiben hätte dürfen.
2.3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.
Zu A)
2.3.1. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) lauten:
Kontrollmeldungen
§ 49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Vorweisung der Meldekarte persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, daß das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.
(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterläßt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören.
2.3.2. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitsmarktservicegesetzes (AMSG) lauten:
Regionale Geschäftsstelle
§ 23. (1) Als Hilfsapparat der Organe der regionalen Organisationen des Arbeitsmarktservice bei der Erfüllung ihrer Aufgaben werden am Sitz der regionalen Organisationen regionale Geschäftsstellen eingerichtet.
(2) Das Landesdirektorium kann bestimmen, daß Teile einer regionalen Geschäftsstelle sachlich, örtlich oder organisatorisch getrennt vom Sitz der regionalen Organisation eingerichtet werden, wenn dies zur besseren Erbringung der Leistungen des Arbeitsmarktservice unter den im § 19 Abs. 1 genannten Gesichtspunkten zweckmäßig ist. Ausgegliederte Teile einer regionalen Geschäftsstelle oder besondere Geschäftsstellen erhalten eine ihre jeweilige Aufgabenstellung ausdrückende Bezeichnung.
(3) Der Leiter der regionalen Geschäftsstelle kann im Interesse einer raschen und zweckmäßigen Geschäftsbehandlung die ihm nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zustehenden Befugnisse hinsichtlich bestimmter Angelegenheiten auf Träger von bestimmten Funktionen oder namentlich bezeichnete Mitarbeiter des Arbeitsmarktservice zur selbständigen Erledigung übertragen. Der Leiter der Geschäftsstelle behält jedoch auch bei einer Übertragung die Verantwortung für die ordnungsgemäße Erledigung der Angelegenheiten. Das Weisungsrecht der vorgesetzten Organe wird durch die Übertragung zur selbständigen Erledigung bestimmter Angelegenheiten nicht berührt.
2.3.3. Abweisung der Beschwerde
Dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht liegt der Zweck zu Grunde, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Um Missbräuche hinsichtlich des Leistungsbezuges in der Arbeitslosenversicherung hintanzuhalten, wurde im Zuge des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 201, als Sanktion für die Versäumung eines Kontrollmeldetermins der Anspruchsverlust auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe festgelegt.
Der Anspruchsverlust als Sanktion einer Kontrollterminversäumnis hängt von der wirksamen Vorschreibung einer Kontrollmeldung ab. Die wirksame Vorschreibung verlangt wiederum die Möglichkeit einer Kenntnisnahme einerseits von dieser Vorschreibung und hängt andererseits von der Belehrung über die mit der Nichteinhaltung des Kontrolltermins verbundenen Rechtsfolgen durch den Arbeitslosen ab (vgl. Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz, 18. Lfg. (Juni 2021), Rz 825; VwGH vom 20.11.2002; Zl. 2002/08/0136).
Gemäß § 49 Abs. 2 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterlässt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, vom Tag der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezugs den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Angesichts dieser Sanktion kommt der Entschuldigung für das Versäumnis der Kontrollmeldung aus triftigem Grund wesentliche Bedeutung zu. Die Sanktion des § 49 Abs. 2 AlVG tritt, wenn die Kontrollterminfestsetzung überhaupt ordnungsgemäß erfolgt ist, dennoch nicht ein, wenn der Arbeitslose seine Säumnis mit triftigen Gründen entschuldigen kann. Eine generelle Aufzählung von Entschuldigungsgründen ist nicht möglich, es bedarf in jedem Fall einer individuellen Prüfung. Durch die Verwendung des Begriffes „triftig" hat allerdings der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass es sich hierbei um einen Begriff handeln muss, der den Arbeitslosen tatsächlich behindert hat, die Kontrollmeldung einzuhalten, oder der die Einhaltung des Kontrollmeldetermins für den Arbeitslosen unzumutbar macht.
Grundsätzlich hat die Prüfung eines Entschuldigungsgrundes einzelfallbezogen zu erfolgen. Triftige Gründe, die zum Ausschluss einer Sanktionsverhängung führen können, sind z.B. Erkrankung des Arbeitslosen bzw. eines Kindes, wichtige persönliche Gründe (vergleichbar den Dienstverhinderungsgründen gemäß § 8 AngG), Arbeitssuche (Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz, 18. Lfg. (Juni 2021), § 49, Rz 828).
Der Anspruchsverlust als Sanktion der Nichteinhaltung einer Kontrollmeldung besteht bis zur Geltendmachung des Fortbezuges (Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz, 18. Lfg. (Juni 2021), § 49, Rz 829).
Im gegenständlichen Fall ist der Kontrollmeldetermin dem BF ordnungsgemäß zugewiesen und sind die Folgen der Nichteinhaltung des Termins dem BF zur Kenntnis gebracht worden.
Wie festgestellt wurde dem BF mit Schreiben vom 11.12.2020 der Kontrollmeldetermin am 26.01.2021 vorgeschrieben und nachweislich per RSa-Brief zugestellt. Dieses Schreiben enthielt Ort und Zeit des Kontrollmeldetermins sowie eine Rechtsfolgenbelehrung gemäß § 49 AlVG.
Da daher von einer ordnungsgemäßen Kontrollterminfestsetzung auszugehen ist, ist in weiterer Folge einzelfallbezogen das Vorliegen eines triftigen Entschuldigungsrundes zu prüfen:
Der BF führt als Grund seines Nichterscheinens zusammengefasst an, dass das AMS nicht berechtigt gewesen wäre, dem AMS einen Kontrolltermin im Case Management, in der Landesgeschäftsstelle XXXX (in XXXX ) vorzuschreiben, sondern dass aufgrund seiner Wohnadresse ausschließlich die regionale Geschäftsstelle in XXXX , für ihn zuständig wäre.
Die Berechtigung des AMS, dem BF eine von der regionalen Geschäftsstelle in XXXX abweichende Meldestelle vorzusehen, ist in § 49 Abs. 1 letzter Satz AlVG normiert: „Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.“ Von dieser Möglichkeit hat das AMS Gebrauch gemacht und das in der Landesgeschäftsstelle XXXX (in XXXX ) eingerichtete Case Management für ihn zulässiger Weise als Meldestelle bezeichnet.
Das Case Management des AMS wurde beim AMS XXXX 2014 im Rahmen eines Projekts implementiert, lief im ersten Jahr im Projektstatus und im Anschluss im Regelbetrieb. Das AMS Case Management bietet KundInnen des AMS Unterstützung an, die für die Entwicklung ihrer beruflichen Perspektiven mehr Betreuung benötigen, als in der Regelbetreuung der regionalen Geschäftsstellen des AMS vorgesehen ist. Die Übernahme der Betreuung des BF durch das AMS Case Management dient somit der intensiveren Betreuung des BF, die unter anderem dadurch gewährleistet wird, dass die MitarbeiterInnen des Case Management flexiblere Zeitressourcen haben und stellt anders als vom BF dargestellt, weder eine Strafe noch eine unzulässige „Zwangsmaßnahme“ dar. Der BF wurde von Seiten des AMS auch darüber informiert, dass für außenstehende Personen nicht ersichtlich ist, welche KundInnen im Case Management betreut werden, sodass Diskretion gewahrt wird.
Das AMS XXXX verfügt im Bundesland XXXX „nur“ einmal über die Einrichtung „AMS Case Management“. Diese ist in der Landesgeschäftsstelle XXXX , XXXX , angesiedelt. Aus diesem Grund war es dem AMS auch nicht möglich, dem BF einen Kontrolltermin in einem (nicht vorhandenen) Case Management in der für ihn näher gelegenen regionalen Geschäftsstelle, in XXXX , zuzuteilen.
Auch aus § 23 AMSG ergibt sich, dass das AMS berechtigt ist, Teile einer regionalen Geschäftsstelle sachlich, örtlich oder organisatorisch getrennt vom Sitz der regionalen Organisation einzurichten, wenn dies zur besseren Erbringung der Leistungen des Arbeitsmarktservice zweckmäßig ist.
Bei dem vom BF ins Treffen geführten Grund handelt es sich somit nicht um einen „triftigen Grund" im Sinne des § 49 Abs. 2 AlVG.
Sofern der BF in seiner Beschwerde vorbringt, dass es in Pandemiezeiten angebracht wäre, das Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten, statt auf die Verlegung des Kontrolltermins „weg von der laut § 49 AlVG zuständigen AMS-Geschäftsstelle, die eben zu Fuß erreicht werden kann, hin zu einer weiter entfernten Geschäftsstelle mit der Notwendigkeit öffentliche Verkehrsmittel benutzen zu müssen“, ist festzuhalten, dass die Anwendung von die Ansteckung vermeidbaren Maßnahmen wie das Tragen von FFP2-Masken allgemein als zumutbar erachtet wird und es im Hinblick auf die Wegstrecke vom Wohnsitz des BF ( XXXX ) in die Landesgeschäftsstelle des AMS XXXX ( XXXX ) bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel diverse Optionen für den BF gäbe, mit denen er insgesamt (mit Umsteigen) höchstens 12 Minuten in U-Bahnen oder Zügen verbringen müsste.
Damit wurde kein triftiger Grund iSd § 49 Abs. 2 AlVG dargetan. Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Leistungsbezug des BF vom Tag des versäumten Kontrollmeldetermins am 26.01.2021 bis zu seiner neuerlichen Meldung beim AMS am 03.02.2021 gemäß § 49 Abs. 2 AlVG einzustellen war.
Die Beschwerden gegen die Bescheide des AMS waren daher abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung des AMS mit der Maßgabe zu bestätigen, dass es zu lauten hat: „ XXXX verliert für die Dauer von 26.01.2021 bis 02.02.2021 seinen Anspruch auf Notstandshilfe.“
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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