GehG §169f
VwGG §26
VwGG §30a
VwGG §46
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W213.2254884.1.02
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG über den Antrag von der Landespolizeidirektion Steiermark, 8052 Graz, Straßgangerstraße 280, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer ordentlichen Revision gegen das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.07.2023 abgeschlossene Verfahren, GZ. W213 2254884-1/2E, beschlossen:
A)
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 VwGG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Steiermark, vom 13.04.2022, GZ. XXXX wurde das Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers gemäß § 169 f GehG neu festgesetzt.
2. Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.07.2023, GZ. W213 2254884-1/2E, gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG stattgegeben und das Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers verbessert. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt.
3. Mit Schreiben vom 15.09.2023 (einlangend am 20.09.2023) stellte die belangte Behörde einen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer ordentlichen Revision und brachte unter einem die ordentliche Revision gegen das oben angegebene Erkenntnis ein.
Begründend wurde vorgebracht: „Die Personalabteilung (PA) als personalführende Organisationseinheit der Landespolizeidirektion Steiermark, im konkreten der Aktführer, XXXX , hat durch Übermittlung der E-Mail jener Organisationseinheit, in welcher der Beschwerdeführer XXXX seinen Dienst verrichtet, nämlich das Polizeianhaltezentrum (PAZ) XXXX , am 13.09.2023,11:35 Uhr, davon Kenntnis erlangt, dass das Bundesverwaltungsgericht am 19.07.2023 zu GZ W213 2254884-1/2E eine Sachentscheidung getroffen hat, die von diesem an die Adresse „LPD Steiermark, Parkring 4,8011 Graz" am 26.07.2023 dem Referat Sicherheitsverwaltung (SVA) zugestellt wurde.
Offensichtlich wurde nach Zustellung dieses oa. Erkenntnis behördenintern an die Abteilungsleiterin der Fremden- und Grenzpolizeilichen Abteilung (FGA), XXXX weitergeleitet, welche jener Organisationseinheit der Landespolizeidirektion Steiermark vorsteht, zu welcher das PAZ organisatorisch zugehört.
Von hier ausgehend erfolgte dann offensichtlich eine behördeninterne Weiterleitung an das PAZ, von welchem schließlich eine Übergabe an den Beschwerdeführer am 17.8.2023 erfolgte und letztlich die PA am 13.09.2023 durch Übermittlung jener oa. E-Mail Kenntnis erlangte.
Hier ist erklärend auszuführen, dass die PA, wie auch die Landespolizeidirektion Steiermark, ihre Postanschrift mit „Straßgangerstraße 280,8052 Graz" hat, welche auch im ggstl. Verfahren mit dem Bundesverwaltungsgericht ausgewiesen ist. Nachdem behördenintern die oa. Zustellung an die SVA offensichtlich dem Beschwerdeführer XXXX und nicht der personalführenden Organisationseinheit zugerechnet wurde, erfolgte die behördeninterne Weiterleitung des oa. Erkenntnisses zunächst über den Dienstweg von der SVA zur FGA und schließlich zum PAZ als Dienststelle des Beschwerdeführers und nicht direkt an die PA.
Die PA Landespolizeidirektion Steiermark war durch den oa. Zustellvorgang gehindert rechtzeitig die Frist zur Erhebung der ordentlichen Revision zu erheben, wobei das Fristversäumnis einerseits auf die Zustellung an die dislozierte/n Organisationseinheit/en SVA (FGA, PAZ), Parkring 4,8010 Graz, ausgelöst wurde und andererseits behördenintern die Zustellung dem Beschwerdeführer zugerechnet wurde, welchem dann am Dienstweg das oa. Erkenntnis übermittelt wurde.
Die PA Landespolizeidirektion Steiermark war durch dieses für sie unvorhergesehene bzw unabwendbare Ereignis gehindert, rechtzeitig die ordentliche Revision auszuführen, wobei es weder für die SVA noch FGA oder schließlich PAZ aufgrund der Zustellung einwandfrei verifizierbar war, dass die Zustellung des oa. Erkenntnisses für die PA als Ausfertigung bestimmt war und diese annehmen konnten und durften, dass es sich hier um die Zustellung einer Ausfertigung für den Beschwerdeführer handelt, zumal das PAZ örtlich wie auch die FGA im Ämterbereich Parkring 4, 8010 Graz disloziert situiert sind.
Beweis zur Glaubhaftmachung:
Zeuge XXXX , pA LPD Steiermark, Sraßgangerstraße 280,8052 Graz;
Urkunden: E-Mail XXXX an XXXX vom 13.09.2023 samt beigeschlossenem Deckblatt RSb, Kuvert mit Eingangsstampiglie 26.07.2023 und darin befindlichem Erkenntnis.
Es wird daher binnen offener Frist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Frist zur Erstattung der ordentlichen Revision an das Bundesverwaltungsgericht gestellt.“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Steiermark, vom 13.04.2022, GZ. XXXX , wurde das Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers gemäß § 169 f GehG neu festgesetzt. Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.07.2023, GZ. W213 2254884-1/2E, gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG stattgegeben und das Besoldungsdienstalter des Beschwerdeführers verbessert. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt.
Das Erkenntnis wurde mit RSb-Brief, an die „LPD Steiermark, Parkring 4, 8011 Graz“ zugestellt und am 26.07.2023 übernommen. An dieser Adresse befindet sich die Dienststelle des Beschwerdeführers (PAZ XXXX ). Das in Rede stehende Erkenntnis wurde der Fremden-und grenzpolizeilichen Abteilung der Landespolizeidirektion Steiermark, die ebenfalls an dieser Adresse angesiedelt ist übermittelt. Von dort aus erfolgte die Ausfolgung des Erkenntnisses im Wege des PAZ an den Beschwerdeführer. Erst aufgrund eines Ersuchens des Beschwerdeführers erfolgte am 13.09.2023 die Übermittlung des in Rede stehenden Erkenntnisses an die Personalabteilung der Landespolizeidirektion Steiermark.
Die Landespolizeidirektion Steiermark verfügt über nachstehend angeführte Postadressen:
„Landespolizeidirektion SteiermarkStraßganger Straße 280, 8052 Graz
Landespolizeidirektion Steiermark Standort Parkring 4 (Ämtergebäude)8010 Graz“
Weiters steht fest, dass die Antragstellerin mit Eingabe vom 15.09.2023 den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellte, der sich gegen die Versäumung der Revisionsfrist wendet; gleichzeitig erhob die Antragstellerin ordentliche Revision.
Die Revision wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.10.2023, Zl. W213 2254884-1/4E, als verspätet zurückgewiesen.
Maßgebend ist, dass die Antragstellerin bei der Einbringung der fristgebundenen Revision ihre Sorgfaltspflicht verletzt hat.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensgang und der im wesentlichen unstrittigen Aktenlage. Die Feststellungen hinsichtlich der Postadressen der Wiedereinsetzungswerberin ergeben sich aus ihrer entsprechenden Verlautbarung im Internet (https://polizei.gv.at/stmk/lpd/dst/dienststellen.aspx , abgefragt am 15.10.2023, 13:52 Uhr).
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Die Bestimmungen der §§ 26, 30a und 46 VwGG lauten – auszugsweise - wie folgt:
„Revisionsfrist
§ 26. (1) Die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes (Revisionsfrist) beträgt sechs Wochen. Sie beginnt
1. in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber nur mündlich verkündet wurde, jedoch mit dem Tag der Verkündung;
2. in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG dann, wenn das Erkenntnis der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung;
3. in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 3 B-VG dann, wenn das Erkenntnis dem zuständigen Bundesminister zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem er von dem Erkenntnis Kenntnis erlangt hat;
4. in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 4 B-VG dann, wenn das Erkenntnis der Schulbehörde zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem sie von dem Erkenntnis Kenntnis erlangt hat;
5. in den Fällen des Art. 133 Abs. 8 B-VG dann, wenn das Erkenntnis dem auf Grund des Bundes- oder Landesgesetzes zur Erhebung der Revision befugten Organ zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem es von dem Erkenntnis Kenntnis erlangt hat.
(2) Ist das Erkenntnis bereits einer anderen Partei zugestellt worden, kann die Revision bereits ab dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem der Revisionswerber von dem Erkenntnis Kenntnis erlangt hat.
(3) Hat die Partei innerhalb der Revisionsfrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt (§ 61), so beginnt für sie die Revisionsfrist mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes an diesen. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen, so beginnt die Revisionsfrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei.
(4) Hat der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, so beginnt die Revisionsfrist mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes oder, wenn der Antrag auf Abtretung der Beschwerde erst nach dessen Zustellung gestellt wurde, mit der Zustellung des Beschlusses gemäß § 87 Abs. 3 VfGG.
(5) Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden.
Vorentscheidung durch das Verwaltungsgericht
§ 30a. (1) Revisionen, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Behandlung eignen oder denen die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, sind ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
(2) Revisionen, denen keiner der im Abs. 1 bezeichneten Umstände entgegensteht, bei denen jedoch die Vorschriften über die Form und den Inhalt (§§ 23, 24, 28, 29) nicht eingehalten wurden, sind zur Behebung der Mängel unter Setzung einer kurzen Frist zurückzustellen; die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung. Dem Revisionswerber steht es frei, einen neuen, dem Mängelbehebungsauftrag voll Rechnung tragenden Schriftsatz unter Wiedervorlage der zurückgestellten unverbesserten Revision einzubringen.
(3) Das Verwaltungsgericht hat über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden.
(4) Das Verwaltungsgericht hat den anderen Parteien Ausfertigungen der Revision samt Beilagen mit der Aufforderung zuzustellen, binnen einer mit höchstens acht Wochen festzusetzenden Frist eine Revisionsbeantwortung einzubringen.
(5) Im Fall des § 29 hat das Verwaltungsgericht eine Ausfertigung der Revision samt Beilagen auch dem zuständigen Bundesminister bzw. der Landesregierung mit der Mitteilung zuzustellen, dass es ihm bzw. ihr freisteht, binnen einer mit höchstens acht Wochen festzusetzenden Frist eine Revisionsbeantwortung einzubringen.
(6) Nach Ablauf der Fristen gemäß Abs. 4 und 5 hat das Verwaltungsgericht den anderen Parteien Ausfertigungen der eingelangten Revisionsbeantwortungen samt Beilagen zuzustellen und dem Verwaltungsgerichtshof die Revision und die Revisionsbeantwortungen samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen.
(7) Hat das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis oder Beschluss ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, sind die Abs. 1 bis 6 nicht anzuwenden. Das Verwaltungsgericht hat den anderen Parteien sowie im Fall des § 29 dem zuständigen Bundesminister bzw. der Landesregierung eine Ausfertigung der außerordentlichen Revision samt Beilagen zuzustellen und dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen.
(8) Auf Fristsetzungsanträge sind die Abs. 1 und 2 sinngemäß anzuwenden. Das Verwaltungsgericht hat dem Verwaltungsgerichtshof den Fristsetzungsantrag unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen.
(9) Auf Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens und auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind die Abs. 1 und 2 sinngemäß anzuwenden.
(10) Hat das Verwaltungsgericht Verfahrensschritte gemäß den Abs. 2 und 4 bis 7 nicht oder nicht vollständig vorgenommen, kann der Verwaltungsgerichtshof dem Verwaltungsgericht die Revision samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens mit dem Auftrag zurückstellen, diese Verfahrensschritte binnen einer ihm zu setzenden kurzen Frist nachzuholen. Der Verwaltungsgerichtshof kann diese Verfahrensschritte auch selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 46 (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist und der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil das anzufechtende Erkenntnis, der anzufechtende Beschluss oder die anzufechtende Revisionsvorentscheidung fälschlich einen Rechtsbehelf eingeräumt und die Partei den Rechtsbehelf ergriffen hat oder keine Belehrung zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages, keine Frist zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsbehelf zulässig sei.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die den Rechtsbehelf als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Erhebung der Revision bzw. der Stellung eines Antrages auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,
beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
(4) Bis zur Vorlage der Revision hat über den Antrag das Verwaltungsgericht zu entscheiden. Ab Vorlage der Revision hat über den Antrag der Verwaltungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof können dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung statt.“
Gemäß § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes (Revisionsfrist) sechs Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG dann, wenn das Erkenntnis der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.
Im vorliegenden Fall erfolgte die Zustellung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.07.2023, GZ. W213 2254884-1/2E, am 26.07.2023. Die Revisionsfrist endete daher gemäß § 26 Abs. 1 Z 2 VwGG mit Ablauf des 06.09.2023.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Behörden haben dafür Sorge zu tragen, dass durch organisatorische Vorkehrungen eine rasche Entscheidung einer Rechtssache möglich ist. Diese Pflicht gilt auch für die Wahrung der Frist zur Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH 25.4.2019, Ra 2019/07/0035). Zu derartigen organisatorischen Vorkehrungen gehört auch ein Kontrollsystem, das gewährleistet, dass fristgebundene Zustellungen an Behörden rechtzeitig an die inhaltlich zuständige Abteilung weitergeleitet werden.
Wer einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden einer Hilfsperson stützt, hat schon im Wiedereinsetzungsantrag durch ein substantiiertes Vorbringen darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft, etwa dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat (vgl. VwGH 26.9.2018, Ra 2018/14/0003, sowie 19.6.2018, Ra 2017/20/0521, jeweils mwN).
Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wurde der Landespolizeidirektion Steiermark mittels an die Landespolizeidirektion Steiermark adressierten RSb-Kuvert zugestellt, sodass nicht nachvollziehbar ist, wieso die Landespolizeidirektion Steiermark davon ausging, dass das Erkenntnis vom 19.07.2023, Zl. W213 2254884-1/2E, an den im Erkenntnis angeführten Beschwerdeführer zuzustellen ist.
Die Weiterleitung von Poststücken an die inhaltlich zuständige Abteilung stellt einen für einen geordneten Kanzleibetrieb elementaren Vorgang dar. Die Revisionswerberin verstößt gegen die ihr obliegende Sorgfaltspflicht, wenn sie weder im Allgemeinen noch im Besonderen (wirksame) Kontrollsysteme vorgesehen hat, die im Fall des Versagens einer Kanzleikraft Fristversäumungen auszuschließen geeignet sind bzw. geeignet sind dafür Sorge zu tragen, das Poststücke unverzüglich an die zuständige Stelle weitergeleitet werden. Aufgrund des fehlenden Kontrollsystem kann im vorliegenden Fall von einem minderen Grad des Versehens nicht gesprochen werden.
Somit konnte im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag weder nachvollziehbar aufgezeigt werden, dass die Antragstellerin durch ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis gehindert war, die gegenständliche Frist zur Einbringung einer Revision zu wahren, noch dass der Antragstellerin an der Versäumung der Revisionsfrist kein Verschulden oder lediglich ein minderer Grad des Versehens anzulasten ist.
Der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 46 Abs. 1 und 4 VwGG abzuweisen.
Zu B)
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Der gegenständliche Beschluss ist in der taxativen Aufzählung des § 25a Abs. 2 bis 4 VwGG nicht enthalten. Die Zulässigkeit einer Revision ist daher nach § 25a VwGG nicht ex lege ausgeschlossen. Es ist daher eine Zulässigkeitsentscheidung nach § 25a Abs. 1 VwGG zu treffen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es wird dazu auf die im Beschluss zitierte Judikatur des VwGH verwiesen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
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