BVwG W200 2250139-1

BVwGW200 2250139-122.2.2022

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W200.2250139.1.00

 

Spruch:

 

W200 2250139-1/7E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (SM) vom 29.12.2021, Zl. 62699523300119, gegen die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen als der Spruch zu lauten hat:

Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 05.05.2021 wird abgewiesen. Der Grad der Behinderung beträgt 40%.

 

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Erstes Vorverfahren:

Der Beschwerdeführer war ab 2015 im Besitz eines befristeten Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50% samt Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“.

Kausal dafür waren folgende Funktionseinschränkungen:

1. Morbus Crohn mit Zustand nach Ileozökalresektion, Wahl dieser Positionsnummer, da wegen schwerer chronischer Schleimhautveränderungen eine Ileozökaloperation notwendig war.

Unterer Rahmensatz, da postoperativ ein guter Allgemein- und Ernährungszustand besteht. Pos.Nr. 07.04.06 GdB 50%

2. Depressive Störung, Wahl dieser Positionsnummer, da die Arbeitsleistung erhalten ist und unter Psychotherapie stabil.

Unterer Rahmensatz, da keine Medikamenteneinnahme besteht.

Pos.Nr. 03.06.01 GdB 10%

Zweites Vorverfahren:

Der Beschwerdeführer stellte am 21.09.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Über diesen Antrag wurde mit Bescheid vom 21.08.2019 negativ entschieden. Dafür kausal war ein allgemeinmedizinisches Gutachten, das Folgendes hinsichtlich der Funktionseinschränkungen ergab:

1. Morbus Crohn mit Zustand nach Ileozökalresektion 2015, Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da längerfristige Stabilisierung mit guten Allgemein- und Ernährungszustand eingetreten. Pos.Nr. 07.04.05 GdB 30%

2. Depressive Störung, Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da die Arbeitsleistung ohne regelmäßige Medikamenteneinnahme erhalten ist. Pos.Nr. 03.06.01GdB 10%

Der Gesamtgrad der Behinderung betrug 30%.

Gegenständliches Verfahren:

Der Beschwerdeführer stellte am 05.05.2021 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses aufgrund des bei ihm vorliegenden Morbus Crohn. Dem Antrag angeschlossen waren eine Bestätigung einer klinischen Psychologin und Psychotherapeutin vom 30.04.20121 (gemeint wohl 2021), ein psychiatrischer Befund einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 16.05.2019 mit der Diagnose Morbus Crohn, ein ärztlicher Befundbericht eines Facharztes für Innere Medizin vom 27.09.2019, ein MRT-Befund vom 27.09.2019, ein ärztlicher Befundbericht eines weiteren Facharztes für Innere Medizin vom 22.03.2021, ein Befundbericht eines weiteren Facharztes für Innere Medizin vom 16.04.2021.

Der Beschwerdeführer wurde vom Sozialministeriumservice zu einer Fachärztin für Innere Medizin zur Untersuchung geladen. Diese Ärztin wurde vom Beschwerdeführer abgelehnt, da sie seiner Ansicht nach nicht über eine facheinschlägige Ausbildung und Berufstätigkeit in dem zu beurteilenden Bereich verfüge. (Hingewiesen wird darauf, dass es sich dabei um diejenige Fachärztin für Innere Medizin handelt, welche im Erstverfahren des Beschwerdeführers tätig war und eine Einstufung mit 50% vorgenommen hat.)

In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer von einer anderen Fachärztin für Innere Medizin am 17.08.2021 untersucht. Das Gutachten dieser Fachärztin für Innere Medizin ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert und gestaltete sich, wie folgt:

„Anamnese:

Vorgutachten vom 06.05.2015 Dr. XXXX : M Crohn 50%, Depressive Störung 10%-> Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H. Unzumutbarkeit ÖVM

Vorgutachten/Nachuntersuchung Dr. XXXX /Allgemeinmedizin 29.04.2019: M. Chron 30%; Depressive Störung 10%-> Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.; Zumutbarkeit ÖVM

Antragsleiden: M. Chron, Anpassungsstörung Nikotin: negiert, Allergien: Gold

Derzeitige Beschwerden:

"Ich habe seit 2003 M. Chron, kein schubhaftes Auftreten, aber unerwartete Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfälle, Stuhlfrequenz: von 7 Tagen habe ich 5 Tage ca. 10/d Stuhlgang, an den besseren Tagen 3x; Ich muss sehr stark auf die Ernährung achten, diesbezüglich bin ich stark eingeschränkt. Ein spontaner Sportausflug ist wegen der hohen Stuhlfrequenz nicht möglich, das muss ich immer genau planen. Letzten März war ich im Krankenhaus wegen einem Ileus." Kontinenzprodukte werden nicht getragen.

 

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Azathioprin 100mg/tgl

Sozialanamnese: lebt mit Familie /Gattin und 2 Kinder Beruf: XXXX in Niederösterreich

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Mitgebrachter Entlassungsbericht Barmherzige Brüder Chirurgische Abteilung 28.2.21-11.3.21: Ileus, Morbus Chron- Therapie Antibiose, Nahrungskarenz, parenterale Ernährung

Arztbrief OA Dr. XXXX 16.04.2021: Bei dem Patienten besteht seit 2007 ein ileokolonischer Morbus Crohn mit fistulierend - stenosierendem Verlauf und Zustand nach lleozökalresektion 2015, im Zuge derer insgesamt 60 cm lleum reseziert wurden- Eingriff trotz Biologikatherapie (Infliximab 2014-2016). Anschließend Therapie mit Azathioprin, welches im Verlauf pausiert wurde. März 2021 Stationärer Aufenthalt BHB Dünndarmileus unter konservativem Management. rezidivierende Diarrhoen 15/d, Nachtruhe sei gestört; Therapie derzeit Imurek. St.p. Ileozökaöresektion 60cm, ausgeprägtes Gallensäureverlustsyndrom.

Befundbericht Dr. XXXX 22.3.21: Sonographisch wurden zuletzt indirekte Zeichen für Biofilme im unteren lleum gesehen, die gut zum Beschwerdebild passen und am ehesten Folge von Bridenbildung sind. Eine Verbesserung der Symptomatik ist aufgrund der Narben und nachhaltigen Störung der Mikrobiota nicht zu erwarten. Im Februar 2021 kam es zu einem neuerlichen Darmverschluss aufgrund zunehmender Aktivität des M. Crohn.

Psychiatrischer Befund v. 16.05.2019 Dr. XXXX : rez. Depressionen. Die Belastbarkeit ist depressionsbedingt zusätzlich zu Mb. Chron Erkrankung vermindert. Ängste, Sorgen, Schlafstörungen.

Mag. XXXX , Psychotherapeutin: Anpassungsstörung. Antriebsreduktion mit Erschöpfungssymptomen.

2018-4 Prof. Dr. XXXX , Internist: fistulierender Mb. Crohn, Zustand nach Ileozökalresektion (45 cm Ileum 9 cm Cökum) und Fistelexzission 01/2015, chologene Diarrho mit 5-10 täglichen, auch nächtlichen, imperativen flüssigem Stuhlgang mit Urge Inkontinenz, Bauchkrämpfe, und eine Einschränkung der allgemeinen Leistungsfähigkeit., postoperatives Rezidiv, seit einem Jahr in meiner Behandlung.

Magnetresonanz Ober- und Unterbauch 27.09.19: aktiv entzündliche Veränderungen im neoterminalem Ileum, sowie auch im distalen Ileum des rechten Mittel- und Unterbauchs im Rahmen des M. Chron. keine mechan. Obstruktion oder Abzessformation

 

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: normal, BMI 24,5,

Größe: 180,00 cm Gewicht: 80,00 kg Blutdruck: 120/86

Klinischer Status - Fachstatus:

SO2RL: 98%

HF:88 /min

Hals: keine pathologischen Lymphknoten palpabel, Schilddrüse schluckverschieblich Pulmo: VA, keine RG's, kein spastisches Atemgeräusch, SKS Cor: leise rhythmisch, normofequent, kein pathologisches Herzgeräusch Abdomen: im Thoraxniveau, weich, kein Druckschmerz, Darmgeräusche in allen 4 Quadranten hörbar, Leber am Rippenbogen, Milz nicht palpabel, Nierenlager frei Haut: trocken warm

UE: keine Varizen, keine Ödeme, Fußpulse bds. tastbar

grob neurologisch unauffällig, FNV unauffällig, Faustschluss möglich, Handkraft seitengleich, grobe Kraft obere und untere Extremität altersentsprechend unauffällig, Nacken und Schürzengriff möglich, allseits keine Sensibilitätsstörung Untersuchung im Sitzen und Liegen, selbstständiges An und Ausziehen

Gesamtmobilität - Gangbild:

benötigt kein Hilfsmittel, unauffälliges Gangbild, altersentsprechende unauffällige Gesamtmobilität

Status Psychicus: allseits orientiert, Ductus kohärent

 

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

 

Lfd.

Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes

Pos.Nr

Gdb %

1

Morbus Chron mit Z.n. Ileozökalresektion 2015, Ileus 3/21 (konservatives Management)

oberer Rahmensatz bei rezidivierenden Beschwerden, Durchfälle mit nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen, bei gutem Allgemein- und Ernährungszustand

07.04.05

40

2

Depressive Störung, Anpassungsstörung

unterer Rahmensatz, keine Dauermedikation notwendig

03.06.01

10

    

 

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führend Leiden Nr. 1 wird durch Leiden Nr. 2 nicht weiter erhöht, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Im Vergleich zum Vorgutachten wird unter Vorlage eines Entlassungsbriefes/ Barmherzige Brüder (Aufenthalt März 2021) und einem ärztlichen Befundbericht Dr. XXXX das führende Leiden mit 40% eingestuft.

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Aktuell 40%; Vorgutachten 4/19: 30%

 

Dauerzustand“

Im Rahmen des gewährten Parteiengehörs zum eingeholten Gutachten ersuchte der Beschwerdeführer um Beantwortung einiger Fragen durch die Gutachterin, u. a. auch einer allgemeinen Frage, die sich nicht auf den aktuellen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers bezog sowie, ob sich der Krankheitszustand des Beschwerdeführers seit der Untersuchung im Erstverfahren verbessert oder verschlechtert hätte, sowie der folgenden weiteren Fragen (Die zum Thema „(Un-)zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ mangels Verfahrensgegenständlichkeit gestellten Fragen werden nicht wiedergegeben):

„Beim Antragsteller besteht seit vielen Jahren eine medikamentös zu behandelnde Depression als Folge der Grunderkrankung Morbus Crohn. Wegen des unkontrollierbaren Stuhldrangs und imperativen Flatulenzen hat der Antragsteller seine Sozialkontakte weitgehend reduzieren müssen. Ergibt sich hieraus eine Änderung der Einschätzung in Bezug auf die psychische Erkrankung und bejahendenfalls inwiefern?

Besteht eine nachteilige Beeinflussung der Grunderkrankung Morbus Crohn auf die Depression des Antragstellers, wenn ja, inwiefern, und bewirkt dies eine Änderung der Einschätzung? Wäre zur Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im psychischen Bereich und zur ganzheitlichen Beurteilung noch ein Psychologe oder Psychiater heranzuziehen?

(…)

Die Sachverständige führt auf Seite 5 unter Punkt 1. ihres Schreibens an. dass eine höhergradige, anhaltende Stuhlinkontinenz durch aktuelle Untersuchungsbefunde und Behandlungsberichte nicht dokumentiert ist. Der Antragsteller ersucht darum, auf die aktuellen Befunde des Jahres 2021 (Dr. XXXX , Dr. XXXX ) und seine Angaben anlässlich der Befundaufnahme am 17.08.2021 in der Ordination der Sachverständigen Bedacht zu nehmen, welche bei der Beurteilung offenkundig keine Berücksichtigung gefunden haben. “

 

Die dazu ergangene Stellungnahme der befassten Fachärztin für Innere Medizin ergab, dass seit dem im Verfahren relevanten Vorgutachten des Zweitverfahrens sich der Gesamtgrad der Behinderung um eine Stufe erhöht hätte und damit die häufigen Durchfälle und die nachweisliche chronische Schleimhautveränderung berücksichtigt worden seien. Bei einem BMI von 24,5 bestünde beim Beschwerdeführer ein normaler Ernährungszustand, der keine weitere Erhöhung des Grades der Behinderung rechtfertige. Zu Leiden 2 gab sie an, dass unter Berücksichtigung der befundbelegten Diagnosen und Ausprägungen – mangels erkennbarer Änderung- dieses nicht geeignet sei, eine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu untermauern. Auch aus internistischer Sicht sei ein imperativer Stuhlgang nicht einer höhergradigen Stuhlinkontinenz gleichzusetzen, die den Transport mit öffentlichen Verkehrsmittel nachvollziehbar problematisieren müsste.

Die nachgereichten Einwendungen beinhalteten daher keine ausreichenden relevanten Sachverhalte, die eine Änderung des Gutachtens bewirken würden.

Mit Bescheid vom 15.11.2021 wurde der Antrag vom 07.05.2021 abgewiesen. Begründend wurde auf das eingeholte Gutachten verwiesen.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde ohne Anschluss von Beweismitteln die kurze Dauer der Befunderhebung und die allgemeine und oberflächliche Untersuchung gerügt.

Eine eingehende Untersuchung der inneren Organe durch die Sachverständige sei nicht erfolgt, wäre aber erforderlich gewesen und hätte eine der fachlichen Höhe eines Sachverständigengutachtens aus dem medizinischen Fachbereich der Gastroenterologie entsprechende Stellungnahme erstellt bzw. eingeholt werden müssen, um ein der Entscheidung schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten zu Grunde legen zu können, dem es bei der vorliegenden Stellungnahme mangle, welches sich eben nicht auf einer entsprechenden fachlichen Höhe wie die vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten bewege.

Aufgrund der Ausführung der Sachverständigen in ihrer Stellungnahme vom 14.11.2021 („die vom Antragsteller beim Antrag und bei der Untersuchung vorgebrachten Leiden"... „von allgemeinmedizinischer Seite unter Beachtung der vom Antragsteller zur Verfügung gestellten Befunde zur Kenntnis genommen" und „entsprechend den Aussagen bei der Anamnese niedergeschrieben und einer richtsatzgemäßen Beurteilung gemäß der geltenden EVO unterzogen") gehe der Beschwerdeführer davon aus, dass die Gutachterin die Befunde nur zur Kenntnis genommen, aber nicht gewürdigt hätte. Wäre dies entsprechend erfolgt, wäre ein damit betrauter Sachverständiger keinesfalls zu einer wie hier vorliegend schlichtweg nicht nachvollziehbaren Schlussfolgerung gelangt, ein imperativer Stuhldrang „müsste den Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht nachvollziehbar problematisieren (?!)".

Der Beschwerdeführer weise auch entgegen der Ansicht der Gutachterin keinen guten Allgemein- sowie normalen Ernährungszustand auf. Dies sei im Rahmen einer halbstündigen Untersuchung durch allgemeine Untersuchungen und unter Betrachtung des äußeren Erscheinungsbildes auch nicht abschließend beurteilbar.

Diesbezüglich sei entgegen den Feststellungen der Sachverständigen vom Beschwerdeführer bei der Untersuchung durch die Sachverständige am 17.08.2021 auch angegeben worden, dass er sehr stark auf seine Ernährung achten muss und hierbei stark eingeschränkt ist.

Es sei auch nicht möglich aufgrund der einfachen Berechnung des Body-Mass-Index auf den Ernährungszustand und folglich den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu schließen. Der BMI diene nur als Anhaltspunkt dafür, ob das Körpergewicht eher gering, normal oder hoch sei. Eine genaue Beurteilung des Ernährungszustandes eines Menschen verlange, die Heranziehung weiterer Parameter wie bspw. das Essverhalten, wozu keine Befragung durchgeführt wurde. In Wahrheit sei der Beschwerdeführer bei der Nahrungsmittelwahl stark beeinträchtig, und müsse bei jeder Nahrungsmitteleinnahme vorher Abwägungen treffen.

Folglich widerspreche das Sachverständigengutachten den Denkgesetzen und auch der Wissenschaft und hätte die Behörde ihren Feststellungen unreflektiert ein mangelhaftes Gutachten zugrunde gelegt und daher notwendige Ermittlungen unterlassen.

 

Bei Morbus Crohn handle es sich zum aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft um eine unheilbare Erkrankung und es sei mit einer Besserung in aller Regel nicht zu rechnen. Dem Beschwerdeführer sei nicht nachvollziehbar, wie sich bei diesem Stand der Wissenschaft die Einschätzung des Beschwerdeführers mit einem Grad der Behinderung im Zusammenhalt mit den von der belangten Behörde bisher eingeholten Vorgutachten, welche einen Grad der Behinderung von zuerst 50 %, dann 30 % und jetzt 40 % in Einklang bringen lasse, wenn eine Besserung des Zustands bei dieser Form der Erkrankung nicht zu erwarten sei, wozu die Sachverständige nicht Stellung genommen hätte. Woher dieser Schluss durch die Sachverständige gezogen werde, entzieht sich einer schlüssigen Nachvollziehbarkeit und sei auch - was die Erkrankung des Beschwerdeführers und deren Verlauf betreffe - völlig unzutreffend:

In dem dem Antrag beigeschlossenen Gutachten des Hr. Univ. Prof. Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin vom 27.09.2019, werde festgehalten, dass beim Beschwerdeführer ein langjähriger Morbus Crohn vorliege, bei dem nach 2 vergeblichen Dilatationsversuchen im Jänner 2015 eine lleozökalresektion mit Fistelexzision durchgeführt worden sei; nach Verlust von rund 50 cm Dünndarm leide er an chologener (= Gallensäure spillover) Diarrhö mit 5 - 10 täglichen, auch nächtlichen Stühlen in diesem Ausmaß. Auf Grund dieser Grunderkrankung und der ausgedehnten OP komme es zu erheblichen Einschränkungen der Kontrolle normaler Körperfunktionen wie Stuhlgang. Es bestehe daneben auch Urge Inkontinenz, Bauchkrämpfe und eine Einschränkung der allgemeinen Leistungsfähigkeit (Anm: unter Urge lnkontinenz ist fachärztlich ein während der Blasenfüllungsphase auftretender starker Harndrang zu verstehen). Eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei für den Beschwerdeführer nicht zumutbar. Univ. Prof. Dr. XXXX kommt zu diesem Ergebnis auf Grund seiner eingehenden, laufenden Untersuchungen am Beschwerdeführer mit medizinischen Spezialgeräten.

Der psychiatrische Befund der Fachärztin Dr. XXXX vom 16.05.2019 legt dar, dass der Beschwerdeführer über Ängste, Sorgen und Schlafstörungen klage. In Verbindung mit den Depressionen und den Schlafstörungen des Beschwerdeführers wurde dementsprechend der Einnahme des Medikaments „Trittico" begonnen. Unter Bezugnahme auf den daraus resultierenden hohen psychischen Druck und den Erkrankungen wollte der Beschwerdeführer neuerlich mit einer Psychotherapie beginnen und wäre gemäß Befund aus psychiatrischer Sicht eine unbefristete Reduktion der Erwerbsfähigkeit (50 %) und die Zuerkennung der unbefristeten Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu empfehlen. Verändert hätte sich beim Beschwerdeführer dementsprechend wie oben angeführt auch die psychotherapeutische Behandlung, weil die aus der Krankheit resultierenden neu aufgetretenen Depressionen pro futuro eine dauernde psychiatrische Behandlung erforderlich machten.

Der Magnetresonanztomographiebefund der Radiologie Hernals vom 27.09.2019 weise weiters auch aktive entzündliche Veränderungen im neoterminalen lleum, sowie auch im distalen lleum des rechten Mittel- und Unterbauchs im Rahmen des Morbus Crohn auf (es besteht bereits eine Stenosierung).

Der ärztliche Befundbericht des Dr. XXXX lege dar, dass sich der Beschwerdeführer bereits seit 2014 in dessen Behandlung befindet. Es wurde der Inhalt des Befundberichtes zusammengefasst wiedergegeben.

Der Beschwerdeführer sei erst Anfang 2021 stationär in der chirurgischen Abteilung der Barmherzigen Brüder vom 28.02. - 11.03.2021 aufgenommen worden, weil sich das schon im Jahr 2015 postoperativ bildgebend diagnostizierten Rezidiv stark entzündlich verhalten hätte und immer weiter angewachsen sei. Es sei nur der Kunst der Ärzte sowie Nahrungskarenz und parenteraler Ernährung zu verdanken, dass die bereits in Auge gefasste Operation vermieden werden konnte (siehe dazu im Detail den auch im Rahmen der Antragstellung vorgelegten Befundbericht des Gastroenterologen Dr. XXXX vom 16.04.2021).

Das Fortschreiten des sich durch die Grunderkrankung Morbus Crohn stetig verschlechternden Zustandes des Beschwerdeführers sei durch zahlreiche Befunde und Gutachten nachweislich dokumentiert und sei dem Beschwerdeführer wiederholt von den zahlreichen von ihm konsultierten Spezialisten attestiert, worden, dass eine Heilung des Morbus Crohn nicht möglich sei und sich dessen Behandlung lediglich auf die Linderung der damit verbundenen Symptome beschränke. Der Verlauf der im Rahmen der hier maßgebenden Verfahren festgestellten Grade der Behinderungen von zuerst 50 %, dann 30 % und jetzt 40% sei auf Basis dieses Kenntnisstandes sohin nicht nachvollziehbar.

Weiters bestätigte die den Beschwerdeführer betreuende Psychotherapeutin in ihrem Schreiben vom 30.04.2021, dass beim Beschwerdeführer aufgrund der bestehenden Grunderkrankung Morbus Crohn Symptome einer Anpassungsstörung und dabei eine Antriebsreduktion mit Erschöpfungssymptomen vorlägen, ein Gefühl mit den Anforderungen des Alltags nicht zurechtzukommen, verringerte Leistungsfähigkeit sowie eine dysphorisch- gedrückte emotionale Grundstimmung im Vordergrund. Damit verbunden seien Zukunftsängste, grundlegende Existenzsorgen, eine deutliche Reduktion von Sozialkontakten sowie die hoch emotional belastende Notwendigkeit zur ständigen Anpassung des eigenen Selbstbildes.

Vor dem Hintergrund dieser vorgelegten Befunde und Gutachten und im Hinblick auf die langjährige Leidensgeschichte des Beschwerdeführers stelle sich eine Beurteilung der Erkrankung des Beschwerdeführers und die Einschätzung des Gesamtgrades seiner Behinderung auf Basis einer 30-minütigen Untersuchung als äußerst fragwürdig da, im Speziellen, da die Sachverständige sich wohl nicht mit den vorgelegten Befunden und Gutachten der behandelnden Ärzte des Beschwerdeführers auseinandergesetzt haben dürfte.

Ärzte seien zwar grundsätzlich befugt Gutachten zu erstatten, doch sei nicht jeder Arzt automatisch qualifiziert, als medizinischer Sachverständiger iSd AVG jedes medizinische Gutachten abzugeben, gleichgültig, welche medizinische Fachrichtung einschlägig sei. Vielmehr seien Ärzte im Hinblick auf das jeweilige Fachgebiet, auf welches sie sich spezialisiert hätten, als Sachverständige iSd AVG anzusehen.

Im Hinblick auf die zwar immer häufiger auftretende, aber nach wie vor seltene Erkrankung Morbus Crohn, deren Ursache, Entstehung und Entwicklung, welche noch immer nicht geklärt sei, wäre von der Behörde die Beiziehung eines Sachverständigen erforderlich gewesen, der die erforderliche Fachkunde aufweist (Facharzt/Fachärztin für Gastroenterologie), was ausdrücklich beantragt war. Der Stellungnahme der hier betrauten Fachärztin für Innere Medizin mit einer gemäß offenem Internet Spezialisierung für Lungenkrankheiten hafte als Folge mangelnder Befunderhebung und Untersuchung Fehler an und sei dieses nicht schlüssig und nachvollziehbar begründet. Wäre ein einschlägiges Gutachten eingeholt worden, wäre dieses zu einem anderen Ergebnis gelangt - und zwar, dass beim Beschwerdeführer ein Grad der Behinderung von zumindest 50 v.H. als Dauerzustand vorlieget -, so wie die vom Beschwerdeführer vorgelegten Privatgutachten dies klar hervorstellten.

Dessen ungeachtet wäre auch ein psychiatrisches Gutachten einzuholen gewesen, da auch die von der Sachverständigen auf Seite 4 ihrer Stellungnahme angeführten Angaben, das führende Leiden 1 (Anm: Morbus Crohn) werde durch das Leiden 2 (Anm: depressive Störung) nicht weiter erhöht, da keine wechselseitige Beeinflussung bestehe, nicht nachvollziehbar sei. Ganz im Gegenteil sei in der Wissenschaft seit langem die Wechselbeziehung zwischen Morbus Crohn und depressiven Störungen bekannt (siehe bspw. ein Artikel aus 2017 auf der Österreichischen Ärztezeitung „Die sekundären Folgen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung wurden bislang unterschätzt: Die Betroffenen weisen dreimal so oft eine depressive Störung auf als die Normalbevölkerung.)"

Er wiederholte, dass die von ihm vorgelegten Gutachten und Befundungen nicht ausreichend behandelt oder gewürdigt worden seien bzw. dass die Gutachterin davon abgewichen sei.

Die Gutachterin hätte ausgeführt, dass eine höhergradige, anhaltende Stuhlinkontinenz durch aktuelle Untersuchungsbefunde und Behandlungsberichte nicht dokumentiert sei, obwohl die vorliegenden Befunde und Gutachten des Beschwerdeführers genau dies attestierten. Wenn die Sachverständige keine eigenen Untersuchungen durchführe und ohne Begründung die gegenteilige Auffassung wie jene der den Beschwerdeführer langjährig behandelnden Fachärzte vertrete und die Behörde dies ungeprüft ohne eigene Begründung übernehme, dann übe diese Willkür.

Abermals verwies er auf von ihm vorgelegte Privatgutachten diverser Fachärzte.

 

Es erfolgten Ausführungen zur nicht verfahrensgegenständlichen Zusatzeintragung sowie Zitierung von höchstgerichtlicher Judikatur zu dieser.

Wenn die Sachverständige in ihrer Stellungnahme angebe, sie habe die vorgebrachten Leiden entsprechend den Aussagen bei der Anamnese niedergeschrieben und einer richtsatzgemäßen Beurteilung gemäß der geltenden EVO unterzogen und damit implizit zum Ausdruck bringe oder bringen wolle, eine andere Beurteilung wäre angesichts dieser Rechtsvorschrift nicht möglich gewesen, dann müsse wohl die Verordnung gesetzwidrig oder die darauf gegründete Gesetzesbestimmung verfassungswidrig sein, weil das Ziel der Eintragung einer „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" - welches angesichts der Judikatur des VwGH bei diesen und vergleichbaren Beschwerden gegeben sei - nur über den Weg eines Behindertenpasses führe, der gemäß § 40 BBG nur bei einer Behinderung von zumindest 50 % ausgestellt werde, was hier wie ausgeführt von der Sachverständigen aufgrund der festen Richtsätze angeblich nicht möglich gewesen sei.

Diese aufgestellte „Hürde" von 50 % führe zu unsachlichen Ergebnissen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 vH.

1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

beschwerderelevanter Status:

Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: normal, BMI 24,5,

Größe: 180,00 cm Gewicht: 80,00 kg Blutdruck: 120/86

Klinischer Status - Fachstatus:

Hals: keine pathologischen Lymphknoten palpabel, Schilddrüse schluckverschieblich Pulmo: VA, keine RG's, kein spastisches Atemgeräusch, SKS Cor: leise rhythmisch, normofequent, kein pathologisches Herzgeräusch

Abdomen: im Thoraxniveau, weich, kein Druckschmerz, Darmgeräusche in allen 4 Quadranten hörbar, Leber am Rippenbogen, Milz nicht palpabel, Nierenlager frei Haut: trocken warm

UE: keine Varizen, keine Ödeme, Fußpulse bds. tastbar

grob neurologisch unauffällig, FNV unauffällig, Faustschluss möglich, Handkraft seitengleich, grobe Kraft obere und untere Extremität altersentsprechend unauffällig, Nacken und Schürzengriff möglich, allseits keine Sensibilitätsstörung Untersuchung im Sitzen und Liegen, selbstständiges An und Ausziehen

Gesamtmobilität - Gangbild:

benötigt kein Hilfsmittel, unauffälliges Gangbild, altersentsprechende unauffällige Gesamtmobilität

Status Psychicus: allseits orientiert, Ductus kohärent

1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd.

Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes

Pos.Nr

Gdb %

1

Morbus Chron mit Z.n. Ileozökalresektion 2015, Ileus 3/21 (konservatives Management)

oberer Rahmensatz bei rezidivierenden Beschwerden, Durchfälle mit nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen,

bei gutem Allgemein- und Ernährungszustand

07.04.05

40

2

Depressive Störung, Anpassungsstörung

unterer Rahmensatz, keine Dauermedikation notwendig

03.06.01

10

    

 

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führend Leiden Nr. 1 wird durch Leiden Nr. 2 nicht weiter erhöht, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.

2. Beweiswürdigung:

Vorweg ist festzuhalten, dass das Interesse des Beschwerdeführers weniger auf die Ausstellung eines Behindertenpasses gerichtet ist, sondern sich – wie aus seiner sich wie ein roter Faden durchziehenden Argumentation hervorgeht – auf die – hier nicht verfahrensgegenständliche - Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO richtet.

Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung des Beschwerdeführers gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte internistische Sachverständigengutachten vom 22.09.2021, basierend auf einer Untersuchung am 17.08.2021, sowie die Stellungnahme der Gutachterin vom 14.11.2021, welche übereinstimmend einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 % ergeben.

Dieses von der belangten Behörde eingeholte Gutachten samt Stellungnahme ist schlüssig und nachvollziehbar.

Wenn der Beschwerdeführer vermeint, dass sich das Gutachten der befassten Internistin nicht auf einer entsprechenden fachlichen Höhe wie die vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten bewege, so ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt ein Gutachten vorgelegt hat: Bei dem von ihm in der Beschwerde explizit als Gutachten bezeichneten Dokument von Univ. Prof. XXXX vom 27.09.2019 handelt es sich um einen ärztlichen Befundbericht, bei den sonstigen von ihm in der Beschwerde als Privatgutachten bezeichneten medizinischen Unterlagen handelt es sich um ärztliche Befundberichte, Arztbriefe sowie einen spitalsärztlichen Entlassungsbrief der ihn behandelnden Ärzte.

 

Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, entgegen der Ansicht der Gutachterin keinen guten Allgemein- sowie normalen Ernährungszustand aufzuweisen und dass eine derartige Feststellung im Rahmen einer halbstündigen Untersuchung durch allgemeine Untersuchungen und unter Betrachtung des äußeren Erscheinungsbildes auch nicht abschließend beurteilbar sei.

Es sei auch nicht möglich aufgrund der einfachen Berechnung des Body-Mass-Index auf den Ernährungszustand und folglich den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu schließen. Der BMI diene nur als Anhaltspunkt dafür, ob das Körpergewicht eher gering, normal oder hoch sei. Eine genaue Beurteilung des Ernährungszustandes eines Menschen verlange, die Heranziehung weiterer Parameter wie bspw. das Essverhalten, wozu keine Befragung durchgeführt wurde.

 

Primär ist dazu auszuführen, dass unter „derzeitige Beschwerden“ von der Gutachterin „Ich muss sehr stark auf die Ernährung achten, diesbezüglich bin ich stark eingeschränkt.“ vermerkt wurde, weshalb das Essverhalten des Beschwerdeführers sehr wohl in Befund und Gutachten eingeflossen ist.

Im Pschyrembel; Klinisches Wörterbuch, wird der Allgemeinzustand eines Menschen wie folgt beschrieben:

„Körperliche Verfassung eines Menschen unabhängig von eventuellen Krankheitssymptomen. Erfasst werden Selbstpflegeaspekte wie Ernährungszustand, Temperatur, Durst (tägliche Trinkmenge, Dehydratation), Schlafverhalten (Schlafrhythmus, -mangel, -losigkeit) und soziale Integration (Selbstpflege).“ (https://www.pschyrembel.de/Allgemeinzustand/T00HP/doc/ )

D.h. der Begriff „Allgemeinzustand“ dient zur orientierenden Beschreibung der allgemeinen körperlichen und geistigen Verfassung einer Person, quasi handelt es sich dabei um eine Einschätzung und Bewertung des Zustandes.

 

Zum Body-Mass-Index (BMI) wird im Pschyrembel; Klinisches Wörterbuch wie folgt ausgeführt: „Aus Körpergröße und Körpergewicht abgeleiteter Indexwert zur Erfassung des Ernährungszustandes.“ (https://www.pschyrembel.de/Body-Mass-Index/P02BX )

 

Beim BMI handelt es sich also um ein grundlegendes Beurteilungskriterium des Ernährungszustandes.

Vom pflegerischen Aspekt her bedeute der Ernährungszustand eines Menschen das Ergebnis des Ernährungsverhaltens im Verhältnis zum Nährstoffverbrauch. Er wird beurteilt nach Körpergewicht, Körpergröße, Alter und Körperbau.

 

Für den erkennenden Senat sind die Einschätzungen der befassten Internistin zum Allgemein- und Ernährungszustand aus folgenden Gründen völlig korrekt, und einwandfrei nachvollziehbar:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen 43jährigen Mann, der 180cm groß und 80kg schwer ist, einen normalen BMI aufweist, und der laut eigenen Angaben planbaren Sport betreibt („Ein spontaner Sportausflug ist wegen der hohen Stuhlfrequenz nicht möglich, das muss ich immer genau planen.“). Der Beschwerdeführer ist sozial integriert: Er hat Familie (Gattin und zwei Kinder), er ist XXXX . Darüber hinaus ist er laut eigenem Internetauftritt Geschäftsführer eines Einzelunternehmens ( XXXX fotografie; www. XXXX .at/ XXXX /) und Geschäftsführer der XXXX GmbH ( XXXX | XXXX ; www. XXXX .at/ XXXX /).

Die von der belangten Behörde befasste Gutachterin beschreibt den Status des Beschwerdeführers genau und detailreich und unterzog auch alle sechs vom Beschwerdeführer mit dem Antrag vorgelegten Unterlagen (vgl. S 2 und 3 des Gutachtens) sowie den mitgebrachten Entlassungsbericht der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses der Barmherzige Brüder (Aufenthalt vom 28.02.2021 bis 11.03.2021) einer Beurteilung.

Das führende Leiden 1 stufte sie nachvollziehbar unter Pos.Nr. 07.04.05 – Morbus Crohn mit Z.n. Ileozökalresektion 2015, Ileus 3/21 (konservatives Management) – mit einem GdB von 40 vH ein und begründet die Anwendung des oberen Rahmensatzes mit rezidivierenden Beschwerden, Durchfällen mit nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen, bei gutem Allgemein- und Ernährungszustand.

Begründend gab sie betreffend das vorliegende (Vergleichs-) Gutachten des Zweitverfahrens des Jahres 2019, in dem eine Einstufung von 30% erfolgte, an, dass der vom Beschwerdeführer vorgelegte Entlassungsbrief des Krankenhauses Barmherzige Brüder vom März 2021 und der ärztliche Befundbericht vom 22.03.2021 nunmehr zu dieser höheren Einstufung führen würden. Diese beiden Unterlagen beinhalten eine Beschreibung des Darmverschlusses 2021, der mittels Antibiotikatherapie und peripherer Ernährung und anschließendem Kostaufbau behandelt wurde.

Die Anlage zur EVO sieht zu den chronischen Darmstörungen folgende Einstufungsmöglichkeiten vor:

07.04.04

Chronische Darmstörungen leichten Grades ohne chronische Schleimhautveränderungen

10 – 20 %

Mit geringen Auswirkungen, geringe Beschwerden (Reizdarmsymptomatik) Keine oder geringe Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, seltene Durchfälle leichten Grades, ohne chronische Schleimhautveränderungen. Bei nachgewiesener Unverträglichkeit und erforderlicher Diäteinhaltung ohne Hinweis auf dauernde manifeste Schleimhautveränderungen; alle Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Fruktose-, Lactoseintoleranz

07.04.05

Chronische Darmstörungen mittleren Grades mit chronischen Schleimhautveränderungen

30 – 40%

30 %: Häufige rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, häufige Durchfälle, mit nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen, nachweislicher Glutenunverträglichkeit und geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes

40 %: Häufige Durchfälle, mit nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen, mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes

07.04.06

Chronische Darmstörungen schweren Grades mit schweren chronische Schleimhautveränderungen

50 – 60 %

50 %: Diagnostisch gesicherte Zöliakie bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendetem 18. Lebensjahr

Tägliche, auch nächtliche Durchfälle, anhaltende oder häufig rezidivierende erhebliche Beschwerden, erhebliche Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes

Ausgeprägte Schleimhautveränderungen und schwere Beeinträchtigung des Ernährungszustandes

   

 

In ihrer Stellungnahme vom 14.11.2021 erläuterte die Gutachterin schlüssig die Einstufung von nunmehr 40% im Vergleich zum Vorgutachten (30%) mit den aktuell belegten häufigen Durchfällen und den nachweislichen chronischen Schleimhautveränderungen.

Aufgrund des beim Beschwerdeführer vorliegenden normalen BMI von 24,5 sei eine weitere Erhöhung der Einstufung nicht gerechtfertigt. Auch diese Beurteilung der Gutachterin ist unter Zugrundelegung der Anlage der EVO, die eine Einstufung unter Pos.Nr. 07.04.06 erst bei erheblichen Beeinträchtigungen des Allgemein- und Ernährungszustandes vorsieht, plausibel nachvollziehbar.

 

Wie aus dem ersten rechtskräftigen Vorverfahren ersichtlich ist, wurde Gesundheitszustand des Beschwerdeführers nach seiner Ileusoperation im Jahr 2015 mit 50% eingestuft (schwere Schleimhautschädigung mit Fistelbildung), wobei die damalige Gutachterin explizit darauf hinwies, dass aufgrund der erfolgten Operation eine Besserung des Zustandes des Beschwerdeführers möglich sei, zumal der Beschwerdeführer bereits seit der Entlassung aus dem Krankenhaus 7kg zugenommen hatte (77kg).

Im zweiten rechtskräftigen Vorverfahren wog der Beschwerdeführer bereits 85kg und der befasste Allgemeinmediziner erklärte die Einstufung mit damals 30% mit der Gewichtszunahme, einer längerfristigen Stabilisierung und mangels befundbelegter neuer Exzerbationen. Beide Entscheidungen sind in Rechtskraft erwachsen.

Trotz der Rechtskraft der ersten und zweiten Vorverfahren, in denen die im verfahrensgegenständlichen bestellte Gutachterin nicht involviert war, beharrte der Beschwerdeführer darauf, von ihr im aktuellen Verfahren eine gutachterliche theoretische (dem Ergebnis des Zweitverfahrens widersprechende) Aussage über die (Un-) Möglichkeit einer Besserung des Leidens Morbus Crohn zu bekommen, da dieser seiner Ansicht nach nicht heilbar sei.

Der Unmut des Beschwerdeführers mit dem Ergebnis des rechtskräftigen Zweitverfahrens (Herabsetzung vom 50% auf 30%) ist allerdings nicht Gegenstand des anhängigen Beschwerdeverfahrens, weshalb die Gutachterin auch in ihren Ausführungen zu recht nicht darauf eingegangen ist.

 

Der Vollständigkeit halber wird dazu auf eine ärztliche Stellungnahme vom 03.09.2018 im Vorverfahren verwiesen: „Morbus Crohn ist eine entzündliche Darmerkrankung, die häufig in Schüben verläuft, wobei länger anhaltende Remissionen möglich sind.“ Der Begriff Remission bezeichnet die vorübergehende oder dauernde Abschwächung der Symptome bei chronischen Erkrankungen, ohne dass eine Heilung ("restitutio ad integrum") erreicht wird.

Zu keinem Zeitpunkt war in irgendeinem Vorverfahren von einer Heilung die Rede.

 

Das Leiden 2 (Depressive Störung, Anpassungsstörung) stufte die Gutachterin unter Zugrundelegung der ihr vorliegenden Befunde und der eigenen Untersuchung mit 03.06.01, 10% ein und begründete die Heranziehung des unteren Rahmensatzes mit der mangelnden Notwendigkeit einer Dauermedikation.

 

Auch hier sieht die Anlage zur EVO die Einstufung mit 20% erst dann vor, wenn die depressive Störung unter Medikation stabil ist: Im Rahmen der Untersuchung am 17.08.2021 gab der Beschwerdeführer an, nur ein Medikament zur Behandlung von Morbus Crohn (Azathioprin = Imurek) einzunehmen, in der aktuellen psychotherapeutischen Bestätigung vom 30.4.2021 wird ausschließlich eine psychotherapeutische Behandlung bestätigt, im zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung zwei Jahre und drei Monate alten psychiatrischen Befund vom 17.05.2019 wird von einer Medikation mit Trittico berichtet. Die vorgenommene Einstufung durch die befasste Gutachterin ist somit für den erkennenden Senat plausibel und korrekt vorgenommen worden.

Wenn nunmehr in der Beschwerde ausgeführt wird, dass im Schreiben der betreuenden Psychotherapeutin vom 30.04.2021 bestätigt werde, dass aufgrund der bestehenden Grunderkrankung Morbus Crohn Symptome einer Anpassungsstörung vorläge, so widerspricht dies nicht der gewählten Einstufung.

 

Weiters rügt der Beschwerdeführer in der Beschwerde die Einschätzung der Gutachterin, dass das führende Leiden 1 (Morbus Crohn) durch das Leiden 2 (depressive Störung) nicht weiter erhöht werde, da die Wechselbeziehung zwischen Morbus Crohn und depressiven Störungen bekannt sei (siehe bspw. ein Artikel aus 2017 auf der Österreichischen Ärztezeitung „Die sekundären Folgen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung wurden bislang unterschätzt: Die Betroffenen weisen dreimal so oft eine depressive Störung auf als die Normalbevölkerung.)" .

 

In diesem Zusammenhang ist auf die Einschätzungsverordnung hinzuweisen:

§ 3 EVO:(1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

 

Der erkennende Senat zweifelt nicht an den Angaben des Beschwerdeführers, die auch in den vorgelegten psychiatrischen und psychologischen Unterlagen bestätigt werden, dass er durch Morbus Crohn psychisch belastet ist, und somit ein Konnex dahingehend besteht.

Wie in § 3 Abs. 2 EVO geregelt wird, ist jedoch zu prüfen, ob die Funktionsbeeinträchtigung, für die der höchste Wert festgestellt wurde, durch weitere Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird und nicht – wie vom Beschwerdeführer im konkreten Fall gewünscht – umgekehrt.

Dass sich die Depression bzw. Anpassungsstörung des Beschwerdeführers besonders nachteilig auf den Morbus Crohn auswirkt, geht weder aus den Befunden hervor noch wurde es vom Beschwerdeführer behauptet.

Nach Ansicht des erkennenden Senates ist somit auch diese Einschätzung im vorliegenden Gutachten schlüssig und nachvollziehbar.

 

Hinsichtlich des Vorbringens, dass von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten der Fachrichtung der Gastroenterologie und Psychiatrie einzuholen gewesen wäre, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den vergleichbaren Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) zu verweisen, wonach die Behörde iZm der Einschätzung des Grades der Behinderung verpflichtet ist, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Das Gesetz enthält aber keine Regelung, aus der erschlossen werden kann, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten einer bestimmten Richtung bestünde. Es besteht demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebiete. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an (vgl. VwGH 24.06.1997, Zl. 96/08/0114). Dies gilt wohl umso mehr für die Forderung nach einer besonderen fachärztlichen Spezialisierung

 

Seitens des erkennenden Senates bestehen jedenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des internistischen Gutachtens vom 22.09.2021, ergänzt durch die Stellungnahme vom 14.11.2021. Schließlich hatte die Gutachterin auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen und das Vorbringen in der Stellungnahme vom 12.10.2021 mitberücksichtigt. Das Sachverständigengutachten inklusive Stellungnahme vom 14.11.2021 wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Die Behauptungen Des Beschwerdeführers wurden nicht durch entsprechende Befunde untermauert.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG).

Der Behindertenpass hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung gründet sich auf das von der erstinstanzlichen Behörde eingeholte Gutachten, worin ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 % festgestellt wurde.

Der Beschwerdeführer ist dem Gutachten samt Stellungnahme – wie beweiswürdigend aufgeführt - nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.

Nachdem die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass das Ziel des Beschwerdeführers nicht die Ausstellung eines Behindertenpasses, sondern die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO ist.

Zum Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides, dass der Teil des Spruches zu entfallen hat, wonach der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt, wird auf das das Erkenntnis des VwGH Ra 2018/11/0204-7, Rz 24 vom 13. Dezember 2018 betreffend die Einziehung eines Behindertenpasses verwiesen:

§ 43 Abs. 1 BBG ermächtigt die Behörde daher zwar zu einem amtswegigen Vorgehen, allerdings nach den bisherigen Ausführungen nur zu einem Ausspruch der Einziehung des Behindertenpasses. Ein Bescheid, in dem ausgesprochen wird, dass die Betreffende mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle, oder in dem festgestellt wird, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 % besteht, findet in § 43 Abs. 1 BBG keine Deckung.

Analog dazu wird darauf hingewiesen, dass weder die §§ 40 und 41 noch § 45 BBG die Voraussetzungen für die von der belangen Behörde gewählte Formulierung „Mit einem Grad der Behinderung von 40% erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.“ bieten.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Ein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht gestellt.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde vom SMS ein fachärztliches Gutachten sowie eine ergänzende Stellungnahme eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Es wurden der Beschwerde keine Beweismittel beigelegt. Sämtliche vorgelegte Unterlagen wurden von der Gutachterin einer Beurteilung unterzogen und diese auch im Gutachten verwertet. Das Beschwerdevorbringen war – wie beweiswürdigend ausgeführt – nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Der Beschwerdeführer wurde persönlich fachärztlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind, jedoch resultiert daraus keine geänderte Beurteilung. Der Beschwerdeführer ist dem von der belangten Behörde eingeholten fachärztlichen Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr stehen diese nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Sohin ist der Sachverhalt geklärt. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)

Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre.

Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist die Stellungnahme bzw. das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass ein höherer Gesamtgrad der Behinderung vorläge und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

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