BVwG W165 2146657-1

BVwGW165 2146657-15.9.2017

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs3 Satz1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W165.2146657.1.01

 

Spruch:

W165 2146655-1/14E

 

W165 2146657-1/9E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX, 2.) XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , beide StA. Nigeria, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.01.2017, Zl. 1075801607-161087112 (1.) und Zl. 1127980100/161191181 (2.), zu Recht erkannt:

 

A) Den Beschwerden wird gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG

stattgegeben und die bekämpften Bescheide werden behoben.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Die Erstbeschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, brachte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 07.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Eine EURODAC-Abfrage ergab einen Treffer der Kategorie "2" zu Italien vom 30.07.2016.

 

Im Verlauf ihrer Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.08.2016 gab die Erstbeschwerdeführerin an, in Österreich keine Familienangehörigen zu haben. Sie habe keine Beschwerden oder Krankheiten, die sie an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden. Sie sei schwanger und der Geburtstermin sei am 28.08.2016. Sie habe kein bestimmtes Zielland gehabt. Zu ihrer Reiseroute befragt gab die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen an, über den Niger nach Libyen und Italien nach Österreich eingereist zu sein. Sie habe in keinem anderen Land um Asyl angesucht und habe in keinem anderen Land Asyl erhalten. Die Erstbeschwerdeführerin wolle in Österreich bleiben und in kein Land der Durchreise zurückkehren.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 13.08.2016 ein auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien.

 

Am 23.08.2016 wurde die Tochter der Zweitbeschwerdeführerin, (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführerin) in Österreich geboren und die Erstbeschwerdeführerin stellte für diese als gesetzliche Vertreterin am 30.08.2016 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Am 08.09.2016 übermittelte das BFA der italienischen Dublin-Behörde eine Mitteilung gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO, wonach auf das neugeborene Kind dieselbe Behandlung wie auf dessen Mutter anzuwenden sei, ohne dass eigens ein Wiederaufnahmeverfahren einzuleiten sei.

 

Mit Schreiben vom 30.10.2016 teilte die österreichische Dublin-Behörde Italien mit, dass auf Grund nicht fristgerecht erfolgter Antwort gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO Verfristung eingetreten und Italien nunmehr zuständig für die Durchführung der gegenständlichen Asylverfahren sei.

 

Am 14.12.2016 erfolgte eine Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin vor dem BFA, worin diese im Wesentlichen ausführte, dass sie sich nicht in medizinischer Behandlung befinde und keine Medikamente einnehmen würde. Ihrer Tochter gehe es gut. In Österreich lebe ihre Stiefmutter, welche die österreichische Staatsbürgerschaft besitze. Sie wohne mit ihrer Tochter bei ihrer Stiefmutter und habe diese nach ihrer Einreise in Österreich kontaktiert. Ihre Stiefmutter kaufe Kleidung für ihr Kind und bezahle die Miete, obwohl diese nicht berufstätig sei. Über Vorhalt der Zuständigkeit Italiens auf Grund Verfristung erklärte die Beschwerdeführerin, dass sich in Österreich ihre Stiefmutter um ihr Kind kümmere und sie daher nicht nach Italien zurückkehren wolle. In Österreich habe sie einen familiären Anknüpfungspunkt in Form ihrer Stiefmutter, die sich um ihr Kind kümmern könne.

 

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 22 Abs. 6 iVm Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO für die Prüfung der Anträge zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerinnen gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

 

In den Beschwerdeführerinnen betreffenden Bescheiden wurde festgehalten, dass diese an keinen schweren psychischen Störungen oder schweren körperlichen Krankheiten leiden würden. Ein von der Erstbeschwerdeführerin im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung nach Italien ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Eine grundsätzliche Verpflichtung zur Einholung einer Einzelfallzusicherung zur Sicherstellung der Unterbringung vulnerabler Personengruppen nach erfolgter Dublin-Überstellung nach Italien ergebe sich weder aus der Verordnung Nr. 604/2013 , selbst noch aus der Rechtsprechung des EGMR bzw. aus der verbindlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechtes durch den EUGH. Es handle sich im vorliegenden Fall um ein Familienverfahren und habe sich für sämtliche Familienangehörigen dieselbe Ausweisungsentscheidung ergeben. Die Erstbeschwerdeführerin habe zwar eine Stiefmutter in Österreich, der nunmehr mit der Stiefmutter vorliegende gemeinsame Haushalt vermöge jedoch kein intensives Familienleben darzutun, welches einer Ausweisung der Beschwerdeführerinnen nach Italien entgegenstehen könnte. Der gemeinsame Haushalt der Erstbeschwerdeführerin mit ihrer Stiefmutter bestehe erst seit 10.08.2016, womit ein langes Zusammenleben auszuschließen sei. Insofern die Erstbeschwerdeführerin angebe, von ihrer Stiefmutter abhängig zu sein, sei festzuhalten, dass die Stiefmutter ihrer Stieftochter finanzielle Unterstützung auch nach Italien zukommen lassen könne. Die Beschwerdeführerinnen hätten während der Dauer ihres Asylverfahrens jedoch auch in Italien Anspruch auf Versorgung und seien somit keinesfalls von der Unterstützung der Stiefmutter und der Erstbeschwerdeführerin abhängig.

 

Gegen diese Bescheide wurden am 31.01.2017 fristgerecht gleichlautende Beschwerden eingebracht. Dabei wird besondere Vulnerabilität der Beschwerdeführerinnen geltend gemacht. Deren Überstellung ohne dezidierte Einzelfallzusicherung der italienischen Behörden würde drohende Obdachlosigkeit und in weiterer Folge eine Verletzung des Art. 3 EMRK bzw. des Art. 4 GRC bedeuten. Den Bescheiden sei nicht zu entnehmen, dass eine Einzelfallzusicherung Italiens abgegeben worden sei. Die Stiefmutter der Erstbeschwerdeführerin sei österreichische Staatsangehörige und es sei davon auszugehen, dass der Stiefmutter im Zuge ihrer Heirat mit dem Vater der Erstbeschwerdeführerin die Obsorge über die Kinder ihres Mannes und somit auch über die damals minderjährige Erstbeschwerdeführerin übertragen worden sei. Die Beschwerdeführerinnen hätten bereits kurz nach der Asylantragstellung bei der Stiefmutter der Erstbeschwerdeführerin gelebt. Die Beziehung zwischen der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Stiefmutter sei wie eine Mutter-Tochter-Beziehung. Die Beschwerdeführerinnen seien auf die Unterstützung der Stiefmutter der Erstbeschwerdeführerin und deren Familie in Österreich angewiesen und hätten somit in Österreich ein soziales Netz wiedergefunden, das für eine junge, alleinerziehende und psychisch belastete Mutter dringend notwendig sei. Die Behörde habe sich mit dem von der Erstbeschwerdeführerin geschilderten Vorbringen nicht ausreichend auseinandergesetzt und sei auf die Intensität der Beziehung zwischen der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Stiefmutter und deren in Österreich aufhältige Familie nicht ausreichend eingegangen. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

Die Beschwerdeführerinnen brachten mit Schreiben vom 17.02.2017 eine Stellungnahme ein, wonach die Erstbeschwerdeführerin an einer ausgeprägten posttraumatischen Belastungsstörung leide. Die Erstbeschwerdeführerin sei auf ihrer Flucht in Libyen von mehreren Männern vergewaltigt worden, obwohl diese damals sichtbar schwanger gewesen sei. Die Erinnerungen seien für die Beschwerdeführerin enorm belastend gewesen. Um die traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten, sei soziale und rechtliche Sicherheit erforderlich. Die Erstbeschwerdeführerin sei auf die Unterstützung ihrer Schwiegermutter angewiesen. Eine Überstellung nach Italien sei als lebensgefährlich einzuschätzen und würde das Kindeswohl der Zweitbeschwerdeführerin im Fall einer Überstellung nach Italien daher akut gefährdet sein. Im gegenständlichen Fall sei entgegen der TARAKHEL-Judikatur keine Einzelfallzusicherung zur Unterbringung und Versorgung der Beschwerdeführerinnen eingeholt worden.

 

Der Stellungnahme vom 17.02.2017 wurde ein psychotherapeutischer Befundbericht vom 15.02.2017 angeschlossen, demzufolge die Erstbeschwerdeführerin an einer ausgeprägten posttraumatischen Belastungsstörung leide. Diese sei gekennzeichnet durch massive belastende Erinnerungen, schwere Schlafstörungen, Suizidgedanken, grübeln, soziale Ängste, Gefühl der Verunreinigung und Thematisierung, den Wunsch, nicht mehr an das Geschehene erinnert zu werden, dem Gefühl, das Leben nicht zu schaffen und massiver Selbstwertverletzung.

 

Die posttraumatische Belastungsstörung sei darüber hinaus mit der komplizierten Trauer um den verstorbenen Lebensgefährten der Erstbeschwerdeführerin und durch die Trennung von ihrer älteren, in Nigeria verbliebenen Tochter gekoppelt. Die Erstbeschwerdeführerin bedürfe psychiatrischer und psychotherapeutischer Versorgung und werde daher auf die Warteliste für Psychotherapie aufgenommen. Die Zuwendung, die die Erstbeschwerdeführerin in Österreich von ihrer Stiefmutter erhalte, sei für diese eine essentielle Stütze. Die Ausreise nach Italien sei aus psychotherapeutischer Sicht als schwierig bis gefährlich einzuschätzen, da die Erstbeschwerdeführerin derzeit nicht über ausreichend psychische Stabilität für sich selbst und ihr Baby verfüge.

 

Mit Beschluss vom 10.03.2017 erkannte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zu.

 

Am 14.03.2017 hob der EGMR die einstweilige Verfügung gemäß Art. 39 der Verfahrensordnung des EGMR auf.

 

Die Erstbeschwerdeführerin legte eine fachärztliche Stellungnahme eines sozialpsychiatrischen Ambulatoriums vom 07.03.2017 vor, wonach sich diese erstmals am 16.01.2017 an das Ambulatorium gewendet habe. Es bestehe diagnostisch eine posttraumatische Belastungsstörung. Die Patientin klage über massive Flashbacks, sowie innere Unruhe, Konzentrationsstörung und Verzweiflung, was eine Versorgung des mittlerweile sechs Monate alten Säuglings beinahe unmöglich mache. Die Erstbeschwerdeführerin wohne bei ihrer Stiefmutter, die sie sehr bei der Betreuung ihres Kindes unterstütze. Diese Unterstützung sei für diese eine wichtige stabilisierende Ressource. Medikamentös sei rücksichtnehmend auf das noch aufrechte Stillen eine entsprechende Therapie eingeleitet worden. Insgesamt sei die Patientin jedoch sehr belastet und instabil, eine Überführung nach Italien würde aus fachärztlich-psychiatrischer Sicht eine massive Verschlechterung des psychischen Zustandes bedeuten. Auch die derzeit gute Betreuung ihres Säuglings könne nicht gewährleistet werden. Die Erstbeschwerdeführerin benötige zur weiteren Stabilisierung dringend durchgehende Betreuung sowohl von fachärztlicher Seite, als auch im privaten Umfeld, was durch eine Überstellung nicht mehr gewährleistet wäre. Durch eine Überstellung nach Italien wäre eine massive Verschlechterung zu erwarten und wären die Folgen einer solchen Verschlechterung nicht abzusehen.

 

Therapie: Certralin 50mg 1-0-0 (geplante Aufstockung der Medikation nach Abstillen).

 

Mit Schreiben vom 03.08.2017 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht das die Erstbeschwerdeführerin behandelnde sozialpsychiatrische Ambulatorium um Übermittlung eines aktuellen fachärztlichen Befundes betreffend die Erstbeschwerdeführerin.

 

Mit Schreiben vom 07.08.2017 langte mit Einwilligung der Patientin eine fachärztliche Stellungnahme des sozialpsychiatrischen Ambulatoriums vom 07.08.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Ausführungen entsprechen im Wesentlichen jenen in der Stellungnahme vom 07.03.2017. Es bestehe diagnostisch eine posttraumatische Belastungsstörung, die eine Versorgung des ca. ein Jahr alten Kindes der Erstbeschwerdeführerin beinahe unmöglich mache. Auch seien in emotionalen Krisen immer wieder Suizidgedanken akut. Die Erstbeschwerdeführerin wohne bei ihrer Stiefmutter, die sie sehr bei der Betreuung ihres Kindes unterstütze. Nach Abstillen habe eine entsprechende medikamentöse Therapie eingeleitet werden können, wodurch es zu einer dezenten Verbesserung des psychischen Zustandsbildes gekommen sei. Insgesamt sei die Patientin jedoch sehr belastet und instabil, die Überstellung nach Italien würde aus fachärztlich-psychiatrischer Sicht wieder eine massive Verschlechterung des psychischen Zustandes bedeuten. Auch die derzeit gute Betreuung des Kleinkindes der Erstbeschwerdeführerin könne diesfalls nicht gewährleistet werden. Therapie: Certralin, 100mg 1-0-0, Zyprexa vt 5mg, 0-0-1.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Die Erstbeschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, reiste im Juli 016 aus ihrem Heimatstaat kommend, über den Niger, Libyen und Italien illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 07.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Am 30.07.2016 wurde die Erstbeschwerdeführerin in Italien erkennungsdienstlich behandelt.

 

Am 13.08.2016 richtete das BFA ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO an Italien.

 

Die Erstbeschwerdeführerin war im Zeitpunkt ihrer Asylantragstellung in Österreich mit der Zweitbeschwerdeführerin schwanger. Am 23.08.2016 wurde die Zweitbeschwerdeführerin in einem österreichischen Krankenhaus geboren. Im Akt liegt die Geburtsurkunde ein.

 

Das BFA erstattete bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin mit Schreiben vom 30.10.2016 Meldung an die italienische Dublin-Behörde gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO.

 

Mit Schreiben vom 30.10.2016 teilte das BFA der italienischen Dublin-Behörde mit, dass auf Grund nicht fristgerecht erfolgter Antwort gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO Verfristung eingetreten und Italien nunmehr zuständig für die Durchführung der gegenständlichen Asylverfahren sei.

 

Die Erstbeschwerdeführerin leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Die Zweitbeschwerdeführerin ist laut Angaben der Erstbeschwerdeführerin gesund.

 

Die Erstbeschwerdeführerin lebt seit dem 10.08.2016, die Zweitbeschwerdeführerin seit ihrer Geburt (23.08.2016) im gemeinsamen Haushalt mit der Stiefmutter der Erstbeschwerdeführerin, einer österreichischen Staatsbürgerin. Die Stiefmutter der Erstbeschwerdeführerin unterstützt die Erstbeschwerdeführerin bei der Versorgung ihrer Tochter.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der illegalen Einreise der Erstbeschwerdeführerin in das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten und der erkennungsdienstlichen Behandlung in Italien ergeben sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin im Rahmen ihrer Einvernahmen im Zusammenhalt mit der vorliegenden Eurodac-Treffermeldung der Kategorie "2" zu Italien.

 

Die Feststellungen zum durchgeführten Konsultationsverfahren, einschließlich der Meldung der Geburt der Zweitbeschwerdeführerin an Italien im Sinne des Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO beruhen auf dem im Verwaltungsakt einliegenden Schriftwechsel.

 

Die Feststellung, dass die Erstbeschwerdeführerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, ergibt sich aus einem psychotherapeutischen Befund vom 15.02.2017 sowie aus fachärztlichen Stellungnahmen eines sozialpsychiatrischen Ambulatoriums vom 07.03.2017 und vom 07.08.2017.

 

Die Feststellung des gemeinsamen Haushaltes der Beschwerdeführerinnen mit der Stiefmutter der Erstbeschwerdeführerin ergibt sich aus Auszügen aus dem zentralen Melderegister.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Zu A) Stattgebung der Beschwerden:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

 

§ 5 AsylG 2005:

 

(1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

 

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

 

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

"

 

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

 

...

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber

 

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

 

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

 

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

 

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

 

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

 

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

 

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

 

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

 

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind".

 

§ 21 Abs. 3 BFA-VG:

 

Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) lauten:

 

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

 

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

 

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

 

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

 

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

 

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

 

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

 

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

 

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

 

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

 

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

 

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

 

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

 

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

 

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

 

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

 

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

 

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

 

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

 

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

 

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

 

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.

 

In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

 

Art. 20 Einleitung des Verfahrens

 

(3)

 

Für die Zwecke dieser Verordnung ist die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kinderverfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss.

 

(5) Der Mitgliedstaat, bei dem der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ist gehalten, einen Antragsteller, der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält oder dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nachdem er seinen ersten Antrag noch während des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zurückgezogen hat, nach den Bestimmungen der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zum Abschluss zu bringen.

 

Art. 22 Antwort auf ein Aufnahmegesuch

 

(7) Wird innerhalb der Frist von zwei Monaten gemäß Absatz 1 bzw der Frist von einem Monat gemäß Absatz 6 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

 

Im gegenständlichen Verfahren ging die Behörde unter Zugrundelegung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gegenständlich zutreffend davon aus, dass in materieller Hinsicht die Zuständigkeit Italiens zur Prüfung der in Rede stehenden Anträge auf internationalen Schutz besteht. Die Zuständigkeit Italiens ist in materieller Hinsicht in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da die 1. Beschwerdeführerin aus einem Drittstaat (Libyen) kommend, die Landgrenze Italiens illegal überschritten hat. Die Verpflichtung Italiens, die 1. Beschwerdeführerin wieder aufzunehmen, beruht auf Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO, da Italien der Aufnahme durch Verfristung im Rahmen des Konsultationsverfahrens zustimmte.

 

Hinsichtlich der in Österreich nachgeborenen Zweitbeschwerdeführerin richtet sich die Zuständigkeit gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO nach der Zuständigkeit der Mutter (Erstbeschwerdeführerin) im Sinne des Art. 2 lit. g Dublin III-VO.

 

Eine Anwendung des Art. 16 Dublin III-VO (abhängige Personen) kommt von vornherein nicht in Betracht, da die in Österreich lebende Stiefmutter der Erstbeschwerdeführerin nicht unter den in der zitierten Bestimmung taxativ aufgezählten Personenkreis fällt (bei einer Stiefmutter handelt es sich um keinen Elternteil im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO. Auch die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) liegen im gegenständlichen Fall nicht vor.

 

Ungeachtet der grundsätzlich bestehenden Zuständigkeit Italiens zur Führung der Asylverfahren der Beschwerdeführerinnen gilt es jedoch die vorliegende spezielle Sachverhaltskonstellation zu bedenken. Wenn auch die Zweitbeschwerdeführerin, das minderjährige Kind der Erstbeschwerdeführerin, laut eigener Angabe der Erstbeschwerdeführerin offenbar gesund sein dürfte, so liegt bei der Erstbeschwerdeführerin eine posttraumatische Belastungsstörung vor, die eine ordnungsgemäße Versorgung ihres Kindes in Frage stellt. Aus den fachärztlichen Stellungnahmen eines sozialpsychiatrischen Ambulatoriums vom 07.03.2017, wie auch vom 07.08.2017 wird bescheinigt, dass die psychische Verfassung der Erstbeschwerdeführerin eine Versorgung ihres nunmehr ein Jahre alten Kindes danach unmöglich macht und auch immer wieder Suizidgedanken auftauchen. Laut fachärztlichem Befund vom 07.08.2017 ist es durch eine nach Abstillen des Kindes (verstärkte) medikamentöse Therapie lediglich zu einer dezenten Verbesserung des psychischen Zustandsbildes der insgesamt nach wie vor sehr belasteten und instabilen Erstbeschwerdeführerin gekommen. Neben der durchgehenden fachärztlichen Betreuung wird in den Stellungnahmen insbesondere auch auf Bedeutung eines stabilen privaten Umfeldes, wie dieses für die Erstbeschwerdeführerin und ihre Tochter durch ihre in Österreich lebende Stiefmutter gewährleistet wird, hingewiesen. Die Erstbeschwerdeführerin und die Zweitbeschwerdeführerin leben mit der Stiefmutter der Erstbeschwerdeführerin im gemeinsamen Haushalt und übernimmt die nicht berufstätige Stiefmutter der Erstbeschwerdeführerin eine wesentliche Rolle in der Betreuung des einjährigen Kindes der Erstbeschwerdeführerin. Wenn die Stiefmutter der Erstbeschwerdeführerin gewährleistet, die Versorgung des Kindes der alleinstehenden Erstbeschwerdeführerin, die hiezu im Hinblick auf ihren psychischen Zustand in Italien völlig auf sich allein gestellt wäre und hiezu nicht in der Lage wäre. Da im Fall einer Überstellung der Erstbeschwerdeführerin mit ihrer Tochter nach Italien eine adäquate Betreuung ihres Kindes nicht sichergestellt wäre, wäre damit das Kindeswohl gefährdet. Strikt fallbezogen und ohne ein Präjudiz für andere Fälle zu wollen – erscheint es im gegenständlichen Fall somit angezeigt, dass Österreich im Rahmen der Ermessensklausel des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO seine Zuständigkeit zur Prüfung der Anträge der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz annimmt und den Selbsteintritt in das Verfahren erklärt.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet ist. Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

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