BVergG 2006 §103 Abs4
BVergG 2006 §12 Abs1
BVergG 2006 §12 Abs3
BVergG 2006 §126
BVergG 2006 §129
BVergG 2006 §129 Abs1 Z2
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §20 Abs1
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §3 Abs1 Z2
BVergG 2006 §312 Abs2 Z2
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §322 Abs1
BVergG 2006 §322 Abs2
BVergG 2006 §69 Z3
BVergG 2006 §70 Abs4
BVergG 2006 §74
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W138.2182130.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Klaus HOCHSTEINER als Vorsitzenden und die fachkundige Laienrichterin Mag. Karin RATHKOLB als Beisitzerin der Auftragnehmerseite und Dr. Theodor THANNER als Beisitzer der Auftraggeberseite über den Antrag der XXXX , vertreten durch MMag. Dr. Philipp GÖTZL, Rechtsanwalt, Imbergstraße 19, 5020 Salzburg auf Nichtigerklärung der "Entscheidung der Auftraggeberin, Austro Control GmbH vom 29.12.2017 (Nichtzulassung zur Teilnahme) im Vergabeverfahren IKT-Services für die Austro Control GmbH" der Auftraggeberin Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung, Wagramer Straße 19, 1220 Wien, vertreten durch MMag. Dr. Claus CASATI, Rechtsanwalt, Mariahilferstraße 1b/17, 1060 Wien vom 08.01.2018, zu Recht erkannt:
A)
Der Antrag der XXXX das Bundesverwaltungsgericht möge die Entscheidung der Auftraggeberin, Austro Control GmbH vom 29.12.2017 (Nichtzulassung zur Teilnahme) für nichtig erklären, wird gemäß § 103 Abs. 4 in Verbindung mit § 312 BVergG 2006 abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Vorbringen der Parteien:
Am 08.01.2018 beantragte die XXXX (im weiteren Antragstellerin), vertreten durch MMg. Dr. Philipp GÖTZL, Rechtsanwalt, "das Bundesverwaltungsgericht möge
1. die Entscheidung der Auftraggeberin, Austro Control GmbH vom 29.12.2017 (Nichtzulassung zur Teilnahme) im Vergabeverfahren "IKT-Services für die Austro Control GmbH", den Teilnahmeantrag der Antragstellerin nicht weiter zu berücksichtigen und die Antragstellerin wegen fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und wegen unzureichender Auskunftserteilung auszuschließen beziehungsweise dessen Teilnahmeantrag nicht weiter zu berücksichtigen bzw. die Antragstellerin nicht zum fortgesetzten Vergabeverfahren zuzulassen für nichtig erklären und
2. der Auftraggeberin auftragen, der Antragstellerin die Kosten (Pauschalgebühr) für die Nachprüfungsanträge hinsichtlich und für die einstweilige Verfügung zu ersetzen und
3. eine öffentliche Verhandlung über den Nachprüfungsantrag durchzuführen."
Nach Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung, der Auftraggeberin und der Darstellung des Sachverhaltes bringt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, dass aus der Tatsache, dass sich die Antragstellerin am gegenständlichen Vergabeverfahren beteiligt habe und zeitgerecht einen ausschreibungskonformen Teilnahmeantrag gelegt habe, das Interesse am Vertragsabschluss evident sei. Der Nachprüfungsantrag richte sich gegen die Nichtzulassungsentscheidung vom 29.12.2017. Zumal die Antragstellerin bereits einen Nachprüfungsantrag betreffend das vorliegend gewählte Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung eingebracht habe, betrage die Pauschalgebühr gemäß § 318 Abs. 1 Z 5 BVergG insgesamt € 2.462, 40,-. Die Pauschalgebühr sei von der Antragstellerin bezahlt worden. Sollte die Antragstellerin im gegenständlichen Verfahren rechtswirksam ausgeschieden werden und ihr damit nicht der Zuschlag erteilt werden, drohe ihr ein näher bezeichneter Schaden. In weiterer Folge führte die Antragstellerin aus, worin die Rechtsverletzungen liegen würden.
Die Antragstellerin habe fristgerecht einen Teilnahmeantrag samt geforderter Eigenerklärung auch zur verfahrensgegenständlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abgegeben. Die den Teilnahmeantrag zu Grunde liegenden Ausschreibungsunterlagen/Bewerbungsunterlagen seien aufgrund nicht vorgenommener Anfechtung der Ausschreibungsunterlagen bestandfest geworden. Die Eignung der Antragstellerin für das vorliegende Verfahren ergebe sich bereits aus der den Ausschreibungsunterlagen entsprechend mit dem Teilnahmeantrag ordnungsgemäß abgegeben Eigenerklärung.
Die Ausschreibungsunterlagen würden festlegen, dass die Nachweise bezüglich der Eigenerklärung auch bei Angebotslegung beigefügt werden könnten.
Für den Nachweis der Eignung sei nach dem Wortlaut der Teilnahmeunterlagen für den Teilnahmeantrag bereits die Eigenerklärung ausreichend. Nachweise seien nach den bestandfesten Ausschreibungsunterlagen erst mit dem Angebot zu legen. Der Nachweis der Haftpflichtversicherung in Höhe von zumindest € 10.000.000 pro Schaden und € 20.000.000 pro Jahr auf die Projektlaufzeit für Sach-, Personen- und Vermögensschäden sei seitens der Antragstellerin mit Eigenerklärung und zusätzlich einer Versicherungsbestätigung erbracht worden. Im Sinne der vorgenannten Interpretation sei auch eine Fragenbeantwortung seitens der Auftraggeberin erfolgt, die überdies klargestellt habe, dass keine Versicherungsdeckung über die gesamte Vertragslaufzeit nachzuweisen sei.
Mit Schreiben vom 03.11.2017 habe die Auftraggeberin um ergänzende Aufklärung gemäß § 126 BVergG hinsichtlich des Teilnahmeantrages ersucht. Die Antragstellerin habe dazu fristgerecht mit Aufklärungsschreiben vom 09.11.2017 Stellung genommen. Unter anderem sei der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherungsdeckung übermittelt worden, woraus sich ergebe, dass die Antragstellerin über eine Versicherung in der entsprechend geforderten Höhe verfüge. Obwohl die Antragstellerin den bestandfesten Angaben in den Ausschreibungsunterlagen bereits ausreichend nachgekommen sei, sei sie seitens der Auftraggeberin mit Schreiben vom 30.11.2017 ein weiteres zur Aufklärung aufgefordert worden.
Auch diese Aufforderung sei von der Antragstellerin umgehend und fristgerecht am 30.11.2017 beantwortet worden. Darin sei nochmals im Sinne der bestandfesten Teilnahmeunterlagen bestätigt worden, dass der Versicherungsschutz für alle in der Versicherungsbestätigung angeführten mitversicherten Unternehmen, sohin auch für die Antragstellerin aufrecht gelte.
Daraufhin habe die Antragstellerin die Ausscheidensentscheidung vom 11.12.2017 übermittelt. Die Ausscheidensentscheidung sei nach Einbringung eines weiteren Nachprüfungsantrages durch die Antragstellerin seitens der Auftraggeberin mit Schreiben vom 28.12.2017 zurückgezogen worden. Umgehend nach Zurückziehung der ersten Ausscheidungsentscheidung habe die Auftraggeberin die nunmehr gegenständlich zweite Entscheidung als Nichtzulassungsentscheidung vom 29.12.2017 erlassen.
Bereits formal habe sich die Auftraggeberin in der Entscheidung vergriffen, da für das nun herangezogene nicht Zulassen zur weiteren Teilnahme als gesondert anfechtbare Entscheidung keine Grundlage in den Ausschreibungsunterlagen gegeben sei. Tatsächlich ziehe die Auftraggeberin Ausscheidungsgründe heran, wobei ein Ausscheiden jedoch ein abgegebenes Angebot voraussetze. Für die Nichtzulassung zur zweiten Stufe des Verfahrens, wie sie nun aufgrund des Teilnahmeantrages ausgesprochen worden sei, fehle auf Grundlage der bestandfesten Teilnahmeunterlagen jegliche Grundlage. Für den Teilnahmeantrag sei gemäß den bestandfesten Teilnahmeunterlagen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch die geforderte Eigenerklärung und der abgegeben Versicherungsbestätigung ausreichend nachgewiesen.
Die gegenständlich angefochtene Nichtzulassungsentscheidung sei "iV" unterfertigt. Gemäß Firmenbuchauszug sei einer der Unterfertigenden als Prokurist ausgewiesen und nur gemeinsam mit einem Geschäftsführer vertretungsbefugt. Die weitere Unterfertigende sei weder als Geschäftsführerin noch als Prokuristin ausgewiesen. Die Unterschriften seien jeweils in Vertretung oder in Vollmachtnamen erfolgt. Eine entsprechende Vollmacht sei nicht beigelegt worden. Es liege sohin keine ordnungsgemäße Fertigung vertretungsbefugter Personen der Auftraggeberin vor. Im Vorfeld der zweiten Ausscheidensentscheidung sei eine vertiefte Prüfung des Teilnahmeantrages der Antragstellerin durch die Auftraggeberin weder erwähnt noch durchgeführt worden. Eine weitere Prüfung des Teilnahmeantrages wäre aber aufgrund der eigenen Ausführungen in der ersten Ausscheidensentscheidung notwendig gewesen. Obwohl die Auftraggeberin im Gegensatz zur ersten Ausscheidensentscheidung in der Begründung ihrer gegenständlichen zweiten Nichtzulassungsentscheidung vom 29.12.2017 auf keine Bestimmung des BVergG ausdrücklich Bezug nehme, ergebe sich aus den Formulierungen der Nichtzulassungsentscheidung, dass sie formal unrichtig die Ausscheidensgründe des § 129 BVergG heranzuziehe. Diesbezüglich sei darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin der geforderten Aufklärung innerhalb der gesetzten Frist umfangreich, vollständig und ordnungsgemäß nachgekommen sei und sämtliche nachgeforderten Unterlagen beigebracht habe. Auch sei die Antragstellerin im Sinne der § 126 BVergG zur Mängelbehebung und zur Aufklärung eingeladen worden, obwohl sich diese Bestimmung ausschließlich auf das Angebotsverfahren und nicht auf das Teilnahmeverfahren beziehe. Die Auftraggeberin habe offensichtlich versucht über ihre eigenen bestandfesten Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen hinausgehende Nachweise für das Vorliegen einer Betriebshaftpflichtversicherung zu verlangen, ohne dass dies Deckung in den Ausschreibungsunterlagen finden würde, was den vergaberechtlichen Grundsätzen der Transparenz und Bietergleichbehandlung entgegenstehe. Die Antragstellerin habe den aufgrund der Grundlage der bestandfesten Ausschreibungsunterlagen geforderten Nachweis der Betriebshaftpflichtversicherungsdeckung mit Beantwortung des ersten Aufklärungsersuchens beigebracht. Ausdrücklich gefordert sei in der Ausschreibungsunterlage ein solcher Nachweis einer Betriebshaftpflichtversicherungsdeckung oder eine diesbezügliche Vorpromesse eines anerkannten Versicherungsinstitutes mit Sitz im EWR oder der Schweiz. Eine diesbezügliche Vorpromesse sei damit entsprechend der Ausschreibung bei beigebrachter Bestätigung über die Betriebshaftpflichtversicherung entgegen der Rechtsauffassung der Auftraggeberin nicht mehr erforderlich.
Detaillierte Angaben dazu, wie der Nachweis der Betriebshaftpflichtversicherungsdeckung zu erfolgen habe, beziehungsweise von wem eine entsprechende Bestätigung auszustellen sei, würden sich in den Teilnahmeunterlagen nicht finden. Für den Nachweis der Betriebshaftpflichtversicherungsdeckung sei darüber hinaus nicht gefordert, dass sich die entsprechende Deckung lediglich aus einer für den jeweiligen Bewerber exklusiv abgeschlossenen Haftpflichtversicherung ergebe und somit eine Versicherungsdeckung im Rahmen einer Mitversicherung durch die Betriebshaftpflichtversicherung der Konzernmutter für den Nachweis der Leistungsfähigkeit nicht ausreichend wäre. Durch die Mitversicherung werde ein persönlicher Anspruch des Mitversicherten erzeugt. Jedenfalls besitze die Antragstellerin die bezüglich aktive Deckung bereits jetzt. Sie müsse dabei auch nicht auf Ressourcen eines verbundenen Unternehmens zurückgreifen, wie die Auftraggeberin offenbar rechtsirrtümlich annimmt, sondern sei in eigener Person versichert, sodass sie die diesbezügliche Betriebshaftpflichtversicherungsdeckung bereits jetzt vollständig ausschreibungskonform vorliege. Zusammengefasst habe die Antragstellerin die geforderten Nachweise zur finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit für den Teilnahmeantrag beigebracht.
Mit Schriftsatz vom 08.01.2018 eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 10.01.2018 erteilte die Auftraggeberin vertreten durch MMag. Dr. Claus CASATI, Rechtsanwalt, allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgericht zu GZ: W138 2182130-1/2E vom 15.01.2018 erließ das Bundesverwaltungsgericht eine einstweilige Verfügung mit welcher der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens im gegenständlichen Vergabeverfahren die Aufforderung zur Angebotsabgabe an die ausgewählten Bewerber zu versenden und allfällige bisher eingelangte Angebote zu öffnen, untersagt wurde. Weiters setzte das Bundesverwaltungsgericht die Angebotsfrist für den Fall aus, dass bereits Bewerber zur Angebotslegung eingeladen wurden.
Mit Schriftsatz vom 16.01.2018 brachte die Auftraggeberin im Wesentlichen vor, dass sich zum Verfahrensablauf in den Teilnahmeunterlagen insbesondere unter Punkt 10 entsprechende Vorgaben finden würden. Daraus ergebe sich unmissverständlich die bestandfeste Regelung, dass innerhalb der Frist die Teilnaheanträge zu stellen seien und diese nach Ablauf der Antragsfrist von der Auftraggeberin nach den Vorschriften des BVergG (§ 68 ff und 129 BVergG) geprüft würden. Erst danach würde eine Auswahlentscheidung erfolgen. Mit den Aufforderungen zur Aufklärung vom 03.11.2017 und 30.11.2017 habe die Auftraggeberin Fragen zum XXXX -Konzern gestellt, insbesondere ein Konzern-Organigramm eingefordert und hinterfragt, inwieweit Unternehmen des XXXX -Konzerns als Subunternehmer zur Verfügung stehen würden bzw. eine Haftung übernehmen könnten.
Wie dem vorgelegten Vergabeakt zu entnehmen sei, sei die inhaltliche Prüfung der Teilnahmeunterlagen zum Zeitpunkt der ersten (zurückgezogenen) Ausscheidungsentscheidung abgeschlossen gewesen und sei diese in Folge der Zurückziehung der Ausscheidungsentscheidung und der Erlassung der nicht Zulassung zur Teilnahme formal ergänzt worden. Die Entscheidung zur nicht Zulassung unterfertigenden Personen seien bereits geraume Zeit vor der Unterfertigung bevollmächtigt gewesen solche Erklärungen im Namen der Auftraggeberin abzugeben.
Im BVergG finde die nicht Zulassungsentscheidung eines wirtschaftlich nicht leistungsfähigen Unternehmens eine Regelung in § 103 Abs. 4 BVergG. In den gegenständlichen Teilnahmeunterlagen werde dies durch die Anforderung an die Mindesteignung (Eignungskriterium) und die ausdrückliche Festlegung, dass die Eignung im Zeitpunkt der Abgabefrist für den Teilnahmeantrag vorliegen müsse, konkretisiert. Die Auskunftserteilung der Antragstellerin war in Bezug auf den Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unvollständig. Trotz zweifacher Nachfrage habe die Antragstellerin nicht den Nachweis der Versicherungsdeckung erbracht. Trotz der zwei ausdrücklichen Aufforderungen nach Vorlage der Versicherungspolizze mit Schreiben vom 30.11.2017 sei diese Versicherungspolizze nicht vorgelegt worden, sondern nochmals dasselbe Schreiben der XXXX GmbH & Co KG vom 22.06.2017, also offenbar ein Schreiben, dass nicht vom Versicherungsinstitut selbst stamme, nicht aktuell sei und vor allem keine Versicherungspolizze sei und aus sich Art und Umfang der Versicherungsdeckung nicht ableiten lasse. Bereits deshalb, weil die Antragstellerin trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht die Versicherungspolizze vorgelegt habe sondern nochmals dieselbe nicht aktuelle Bestätigung eines deutschen Unternehmens, noch dazu ohne Bezug auf die gegenständliche Ausschreibung vorgelegt habe, sei die Antragstellerin nicht zum gegenständlichen Vergabeverfahren zuzulassen gewesen. Sie habe sich bei der Erteilung von Auskünften zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer unvollständigen Erklärung in einem entscheidungswesentlichen Teil schuldig gemacht und habe diesbezüglich Auskünfte nicht erteilt. Die Antragsteller verfüge über eine Mitversicherung über ihre Konzernmuttergesellschaft XXXX SE. Diese Mitversicherung entspreche schon insoweit nicht den Anforderungen als der Haftungshöchstbetrag von Euro 10 Millionen (zweifach maximiert) für alle Konzernunternehmen der XXXX SE gelte. Der maximale Haftungsrahmen von Euro 20 Millionen stehe also nicht der Antragstellerin alleine zur Verfügung. Sie müsse sich den Haftungsrahmen mit den gesamten XXXX SE Konzern teilen. Daraus folge, dass im Haftungsfall der Antragstellerin nicht gesichert sei, dass sie die geforderte Deckung erhalte. Sie erhalte Deckung nur insoweit als die Haftungsgrenze des XXXX SE Konzerns von allen XXXX Unternehmen nicht ausgeschöpft sei. Schon deshalb sei die Aussage in der Eigenerklärung dass "wir" über eine Versicherungsdeckung von Euro 10 Millionen/Schaden- und Euro 20 Millionen/Jahr verfügen würden, unrichtig. Die im Teilnahmeantrag gemachte Erklärung zur bestehenden Haftpflichtversicherung sei in einem die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit betreffenden entscheidungswesentlichen Punkt unrichtig. In den Teilnahmeunterlagen sei bestandfest festgelegt, dass ein jeder Bewerber zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrages über eine Mindesteignung verfügen müsse. Die Antragstellerin verfüge über den verfahrensgegenständlich geforderten Versicherungsanspruch nur bedingt und zwar bedingt mit der Erfüllung der Verpflichtungen seitens der XXXX SE und bedingt damit, dass die XXXX SE bzw. die übrigen verbundenen Unternehmen nicht selbst diese Versicherungsdeckung über Euro 10 Millionen/Schaden bzw. zweifach aggregiertes Volumen im Jahr ausschöpfen würden. Die Antragstellerin könne somit nicht sicherstellen, dass sie selbst exklusiv über ein Haftpflichtversicherungsvolumen von Euro 20 Millionen/Jahr verfügen würde. Alleine schon der Umstand, dass die Versicherungsbestätigung nicht auf die Antragstellerin, sondern zugunsten der XXXX SE ausgestellt sei und auch nicht das gegenständliche Vergabeverfahren zum Inhalt habe, belege, dass die dadurch bescheinigte Versicherungsdeckung von 20 Millionen/Jahr nicht allein der Antragstellerin zustehen würde und auch nicht unbedingt der Antragstellerin zustehe. Daraus folge, dass die bloße Mitversicherung bei einer Konzernhaftpflichtversicherung, die selbst in Summe mit Euro 20 Millionen/Jahr begrenzt sei, dem Mindestkriterium zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht entspreche. Die Antragstellerin sei gemäß § 103 Abs. 4 BVergG in Verbindung mit den festgelegten Mindestkriterien nicht zum weiteren Vergabeverfahren zuzulassen gewesen. Sie verfüge selbst nicht über die geforderte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
In einer weiteren Stellungnahme vom 02.02.2018 führte die Antragstellerin zusammenfasst aus, dass die Auftraggeberin ihr Vorbringen im Wesentlichen darauf stütze, dass die Antragstellerin einen Eignungsnachweis zur finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht erbracht habe, da keine Berufshaftpflichtversicherung oder Vorpromesse in der Höhe von mindestens Euro 10 Millionen/Schaden und Euro 20 Millionen/Jahr auf die Projektlaufzeit nachgewiesen worden sei. Dabei verkenne sie im Ergebnis ihre eigenen Ausschreibungsunterlagen und das Institut der Konzernversicherung. Überdies sei die vorliegende angefochtene Entscheidung bereits mangels ausreichender Vollmacht zum Zeitpunkt der Erklärung der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, da vorliegend der strenge Maßstab des § 867 ABGB anzuwenden sei. Die Ausschreibungsunterlagen würden ausdrücklich nur den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherungsdeckung oder diesbezüglichen Vorpromesse eines anerkannten Versicherungsinstitutes verlangen. Dabei sei nicht festgelegt, wie dieser Nachweis zu erfolgen habe. Die Vorlage einer Versicherungspolizze sei gerade nicht festgelegt worden, weshalb naturgemäß auch der Nachweis durch eine Versicherungs- oder Maklerbestätigung ausreiche. Der Nachweis der bereits bestehenden Berufshaftpflichtversicherungsdeckung sei daher, wie bereits mehrfach vorgebracht, ausreichend erbracht worden, obwohl bestandfest festgelegt worden sei, dass diese Deckung erst im Auftragsfall gewährt werden müsse. Die Auftraggeberin verstehe offensichtlich das Rechtsinstitut Mitversicherung im Konzern nicht. Die Mitversicherung sei eine Vollversicherung jedes einzelnen mitversicherten Konzernmitgliedes. Die vorliegende echte Mitversicherung erfülle alle festgelegten Anforderungen hinsichtlich der Betriebshaftpflichtversicherung als Eignungskriterium der Antragstellerin, da durch die Mitversicherung ein persönlicher Anspruch des Mitversicherten erzeugt werde. Mit dem Argument, dass Mitversicherung nicht zulässig wäre, da allen Konzernunternehmen damit die Versicherungssumme zustünde, sei zu entgegnen, dass damit andererseits große Unternehmen immer auszuschließen wären, da bei einer gewissen Größe des Unternehmens nach der Argumentation der Auftraggeberin immer mit einer Einschränkung der Haftung zu rechnen wäre, was natürlich so nicht der Fall sei.
In einer weiteren Replik vom 06.02.2018 führte die Auftraggeberin zusammengefasst aus, dass der von der Antragstellerin vorgelegten Versicherungsbestätigung der XXXX GmbH & Co KG vom 22.06.2017 sich die Art und der Umfang des Anspruches auf Versicherungsdeckung der Antragstellerin nicht entnehmen lasse. So lasse sich insbesondere nicht entnehmen, ob es sich um eine echte Mitversicherung handle, bei der die Antragstellerin einen eigenständigen persönlichen Anspruch gegenüber dem Versicherer habe und die exakte Höhe der Versicherungsdeckung pro Schaden und pro Jahr zugunsten der Antragstellerin. So lasse sich insbesondere nicht nehmen, ob zugunsten der Antragstellerin eine eigenständige Mitversicherung für die Haftung von Euro 20 Millionen/Jahr bestünde. Gerade weil die mit dem Teilnahmeantrag vorgelegte Versicherungsbestätigung diese Frage nicht geklärt habe, sei die Antragstellerin zur Vorlage der Versicherungspolizze aufgefordert worden. Nur durch Einsichtnahme in die Versicherungspolizze hätte geklärt werden können, ob eine echte Mitversicherung bestehe, mit einem eigenständigen Anspruch und inwieweit eine Deckung von 20 Millionen/Jahr gewährleistet wäre.
Welche Unterlagen in Folge einer Prüfung der Teilnahmeunterlagen allenfalls noch zusätzlich vorzulegen seien, müssten in der Aufforderung zur Abgabe der Teilnahmeunterlagen nicht genannt seien. Gerade zum Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit könnten auch weitere Beweise/Unterlagen eingefordert werden, die nicht in § 74 BVergG aufgezählt seien. Im gegenständlichen Fall sei die Nachforderung nach der Vorlage der Versicherungspolizze notwendig gewesen, weil die vorgelegte Bestätigung aus den oben dargelegten Umständen ein unzureichender Nachweis der Berufshaftpflichtversicherungsdeckung gewesen sei. Die von der Antragstellerin in den Raum gestellte Mitversicherung als echter Vertrag zugunsten der Antragstellerin könne gerade nicht verifiziert werden, weshalb davon auszugehen gewesen sei, dass zugunsten der Antragstellerin keine echte Mitversicherung im Sinne eines echten Vertrages zugunsten Dritter bestünde. Eine Einschränkung dahingehend, dass die Gesamtversicherungsdeckung von Euro 20 Millionen/Jahr durch Dritte ausgeschöpft werden könnten, sei den Unterlagen zur Erkundung des öffentlichen Bewerberkreises mit keinem Wort zu entnehmen. Die Versicherungsdeckung von Euro 10 Millionen/Schaden und 20 Millionen/Jahr gelte unbedingt und uneingeschränkt für den Bewerber. Diese Anforderung nach einer unbedingten und uneingeschränkten Versicherung für den Bewerber erfülle die Haftpflichtversicherung auch nach den Erklärungen der Antragstellerin selbst nicht. Selbst wenn sie zwar einen eigenständigen Anspruch auf Versicherungsdeckung habe, sei dieser Anspruch jedoch davon abhängig ob und inwieweit die Konzernhaftpflichtversicherung gegenüber den anderen Konzerngesellschaften bereits liquidiert worden wäre. Eine Mitversicherung im Konzern dürfe nicht die Folge haben, dass das vom Bewerber geforderte Mindestversicherungsvolumen von Euro 10 Millionen/Schaden bzw. Euro 20 Millionen/Jahr nur gemeinsam mit den anderen Konzerngesellschaften der Antragstellerin zur Verfügung stünde. Im gegenständlichen Fall habe die Mitversicherung der Antragstellerin zur Folge, dass für die Antragstellerin Euro 20 Millionen/Jahr nicht uneingeschränkt bzw. unbedingt zur Verfügung stünden. Richtig sei, dass die öffentliche Erkundung des Bewerberkreises und das Teilnahmeantragsformular teilweise copy-paste-Fehler aufweisen würden. Diese copy-paste-Fehler würden sich aus dem Gesamtzusammenhang der öffentlichen Erkundung des Bewerberkreises, insbesondere des Punktes 7. erschließen. Es sei klar, dass die Eignungsnachweise entweder mit dem Teilnahmeantrag vorgelegt werden können oder auf Aufforderung binnen drei Tagen nachgereicht werden könnten. Vor allem sei unter Punkt 7. Eignungsnachweise ausdrücklich festgehalten, dass die Eignung im Zeitpunkt der Abgabefrist des Teilnahmeantrags vorliegen müsse. Damit sei klar, dass die Vorlage eines Eignungsnachweises erst mit Angebotsabgabe zu spät sei. Schließlich habe die Antragstellerin selbst den aus ihrer Sicht ausreichenden Nachweis der Berufshaftpflichtversicherung bereits mit dem Teilnahmeantrag vorgelegt. Auch wenn aufgrund der, der Auftraggeberin zuzuschreibende Unachtsamkeit ein copy-paste-Fehler unter Punkt 7 aufgetreten sei, sei dieser Fehler unbeachtlich, weil er einen objektiven Erklärungsempfänger auffalle und auch der Antragstellerin aufgefallen sei. Für einen objektiven Erklärungsempfänger sei klar, dass die Eignung bei Ende der Abgabefrist für den Teilnahmeantrag vorliegen müsse und die Eignungsnachweise entweder mit dem Teilnahmeantrag vorzulegen seien oder binnen drei Werktagen ab Aufforderung.
Am 08.02.2018 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher soweit entscheidungswesentlich wie folgt ausgesagt wurde. (Hinweis: Rechtschreibung und Grammatik durch BVwG ausgebessert)
"VR: Wie wurden die Ausschreibungsunterlagen erstellt? Handelt es sich bei den gegenständlich verwendeten Unterlagen um "Standardvorlagen", welche auf die jeweilige Verfahrensart adaptiert werden?
AG Vertreter: Beim gegenständlichen Fall handelt es sich um eine Standardvorlage. Die AG führt eine Mehrzahl von Vergabeverfahren durch und wird diese Vorlage für den jeweiligen Fall angepasst, wie auch hier z.B. bei der geforderten Eignung bezüglich einer Haftpflichtdeckung erfolgt. Üblicherweise werden offene Verfahren durchgeführt. Im gegenständlichen Fall wird ein Verhandlungsverfahren geführt und mussten diesbezüglich die Unterlagen für die erste Stufe des Verhandlungsverfahens angepasst werden.
VR: Wie ist die Bestimmung auf Seite 7 der TU zu verstehen, dass "Die Bewerber haben mit dem Teilnahmeantrag auch die Eigenerklärung (siehe TAF Punkt 3) für folgende Nachweise zu leisten bzw. können diese Nachweise auch bereits bei Angebotslegung beifügen"?
AG: Im gegenständlichen Fall liegt gerade ein Umstand vor, woraus sich ergibt, dass die Formulierung sich auf ein offenes Verfahren bezieht. Erreichen wollte der AG, dass die Nachweise bereits bei Abgabe des Teilnahmeantrages beigefügt werden können. Das lässt sich aus der Formulierung "auch bereits" erkennen.
VR: Wie ist die Bestimmung auf Seite 7 der TU zu verstehen, dass "[...] die ergänzenden Nachweise sind binnen drei Werktagen ab Aufforderung (bei sonstigem Ausscheiden) aktuell vorzulegen[...]?
AG: Nach Ansicht des AG würde der Klammerausdruck lauten müssen: Bei nicht Zulassung zur Teilnahme. Die gewählte Formulierung ist auch ein Überbleibsel aus der Vorlage für ein offenes Verfahren.
VR: Was wollten Sie mit der Formulierung bezüglich dem Nachweis der Berufshaftpflichtversicherungsdeckung auf Seite 9 der TU und der Forderung von € 20 Mio/Jahr erreichen, bzw. was sollte konkret nachgewiesen werden? Sollte die € 20 Mio/Jahr dem Bewerber unbedingt zur Verfügung stehen? Woraus ergibt sich das?
AG: Es sollte nachgewiesen werden, dass der einzelne Bewerber über eine Haftpflichtversicherungsdeckung von Euro 10 Mio pro Schadensfall bzw. 20 Mio Euro pro Jahr verfügt. Diesbezüglich gab es auch eine Frage (40) welche von der AG dahingehend beantwortet wurde, dass mit der Formulierung bzw. eine so zu verstehen war, sodass ein Bewerber eine Versicherungssumme von Euro 10 Mio pro Schaden und 20 Mio Euro pro Jahr nachzuweisen hat. Aus den Teilnahmeantragsformular ergibt sich insbesondere in Punkt 2.2 und aus Punkt 3 der Eigenerklärung Unterpunkt 4 (Formulierung wir verfügen, erklären wir), dass die beiden Summen dem Bewerber selbst und nicht geschmälert durch allfällige Ansprüche dritter unbeschränkt zur Verfügung stehen müssen.
VR: Teilt die AST diese Interpretation der AG bezüglich der Schadenssummen und deren uneingeschränkter Verfügungsmöglichkeit der Bewerberin?
AST: Es wurde eine Eigenerklärung abgegeben, worin wir bestätigten, diese Deckungen zu haben. Über Nachforderung wurde auch die Versicherungsbestätigung der XXXX GmbH & Co KG vom 22.06.2017 2 malig vorgelegt. Die AG hat heute bereits darauf hingewiesen, dass es ihr gerade auf das Vorliegen dieses Haftungsfonds von 10 Mio pro Schadensfall und 20 Mio pro Jahr ankommt. Als mitversichertes Unternehmen hat die AST selbst eine Deckung von 10 Mio pro Schadensfall und 20 Mio pro Jahr welche nicht durch mitversicherte Unternehmen geschmälert werden kann. Davon ist die AST ausgegangen und hat den Nachweis durch die Vorlage der Versicherungsbestätigung, welche den vorgenannten Umstand bestätigt, erbracht. Die AST verfügte zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrages bereits über eine Haftpflichtversicherungsdeckung in geforderter Höhe, welche nicht durch Schadensfälle weiterer mitversicherter Unternehmen geschmälert werden kann. Diesbezüglich ist die Beantwortung der letzten Frage im Schreiben der AST vom 06.12.2017 unrichtig formuliert.
VR: Hat dieser geforderte Eignungsnachweis bezüglich der Versicherungsdeckung eine besondere Bedeutung für den AG? Woraus ergibt sich das?
AG: Wir haben intern im Rahmen der Markterkundung dargelegt, dass es sich gegenständlich um einen Auftrag mit einem großen Volumen handelt und bereits aus diesem Grunde für uns die Haftpflichtdeckung wie sie sich in den Teilnahmeunterlagen findet, von besonderer Bedeutung ist. Aus der Fragebeantwortung (24) ergibt sich, dass wir einem Ersuchen um Verringerung der Haftungsdeckung nicht entsprochen haben und auch sämtlichen Bewerbern so kommuniziert haben.
VR: Wurden auch andere Bewerber zur Vorlage von Nachweisen aufgefordert?
AG: Mehrere Bewerber haben die Bestätigung der Versicherungsdeckung bereits mit dem Teilnahmeantrag abgegeben. Jedenfalls ein weiterer Bewerber wurde zeitgleich mit der AST aufgefordert, die Nachweise vorzulegen.
VR: Was ist mit der Bestimmung [...] , im Auftragsfall ist eine derartige Deckung zu gewähren[...] auf Seite 9 der TU gemeint?
AG: Die vorgenannte Formulierung bezieht sich ausschließlich auf die an vorheriger Stelle genannter Vorpromesse.
VR: Gem. Seite 7 TU muss die Eignung im Zeitpunkt der Abgabefrist vorliegen [...]; [...] die ergänzenden Nachweise sind binnen drei Werktagen ab Aufforderung (bei sonstigem Ausscheiden) aktuell vorzulegen[...]. Wie haben Sie diese Bestimmung verstanden? Ist es Ihrer Ansicht nach das Recht des AG die Nachweise für die Eignung auch vor Angebotsabgabe zu verlangen? Warum nicht?
AST: Wir sind davon ausgegangen, dass die Eignung zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrages vorliegen muss. Die Nachweise selbst haben wir fristgerecht vorgelegt. Entsprechend der Unterlagen war es das Recht der AG, die im Teilnahmeantrag genannten Nachweise zu verlangen, aber keine darüber hinausgehenden.
[...]
VR: Lässt sich aus dem Schreiben der XXXX GmbH & Co KG vom 22.06.2017 zweifelfrei entnehmen, dass die Ast selbst über eine unbedingte Deckung von € 20 Mio/Jahr verfügt? Ist diese Deckungszusage dadurch bedingt, dass bei keinem der genannten mitversicherten Unternehmen oder der XXXX SE ein Schadensfall eintritt? Verringert eine Schadenersatzleistung an ein mitversichertes Unternehmen den Haftungsfond der Ast von € 20 Mio/Jahr? Frage an AG: Wie haben Sie das Schreiben interpretiert?
AST: Ja, weil wir als mitversichertes Unternehmen im Ausland angeführt sind. Im Schreiben selbst ist an keiner Stelle angeführt, dass die Deckungssumme allfällig durch andere mitversicherte Unternehmen geschmälert wäre. Der Haftungsfonds der AST von Euro 20 Mio pro Jahr wird durch eine Schadenersatzleistung an ein weiteres mitversichertes Unternehmen nicht geschmälert. Das ergibt sich auch aus der Formulierung der Versicherungsbestätigung. Bezüglich der Anforderungen auf S. 7 des Teilnahmeantrages und der gewählten Formulierung mit dem Teilnahmeantrag entsprechende Erklärungen abzugeben. Sind wir davon ausgegangen, dass nicht bewertungsrelevante Unterlagen nicht vorzulegen gewesen wären, sondern die Eigenerklärung ausgereicht hätte. Die Formulierung, dass nicht bewertungsrelevante Nachweise auch bereits bei Angebotslegung beigefügt werden können. Daraus haben wir geschlossen, dass nicht bewertungsrelevante Nachweise wie die Versicherungsdeckung erst bei Angebotsabgabe nachgewiesen werden müssen.
AG: Die Versicherungsbestätigung sieht ausdrücklich die 10 Mio (2 fach maximiert) nur für die XXXX SE vor. In weiterer Folge werden eine Mehrzahl von mitversicherten Unternehmen angeführt, ohne dass dazu die Angabe einer Deckungssumme zu entnehmen ist. Auch ist der Begriff Mitversicherung in keiner Weise näher erläutert. Bei der Versicherungsbestätigung handelt es sich um ein Schreiben eines deutschen Maklers, sodass für den AG nicht zweifelsfrei ersichtlich war, ob die 20 Mio pro Jahr jedem mitversicherten Unternehmen selbst oder in deren Gesamtheit zur Verfügung stehen würden. Das war der Grund für das Aufklärungsschreiben/Mängelbehebungsschreiben vom 30.11.2017, worin wir um Vorlage einer Versicherungspolizze ersuchten bzw. die dort angeführten Fragen gestellt haben. Aus den von den Mitbewerbern vorgelegten Versicherungsbestätigungen ergibt sich eindeutig die für den Versicherungswerber/Mitversicherten bestehenden Haftungssummen. Gerade aus diesem Grunde war für die AG aus dem von der AST vorgelegten Versicherungsschreiben die dieser selbst zur Verfügung stehende Versicherungssumme nicht ersichtlich und damit auch Grund für das Schreiben vom 30.11.2017.
VR: Warum wurde die mit Schreiben vom 30.11.2017 geforderte Versicherungspolizze nicht übermittelt? Warum wurde kein anderer Nachweis übermittelt (Stellungnahme des Maklers, oder der Versicherung selbst)?
AST: Von der AG wurde auf S. 17 der TU ausgeführt nach welchen Auswahlkriterien die Anträge bewertet würden. Wenn die Versicherungsdeckung für die AG so wichtig gewesen wäre, wäre es sinnvoll erschienen, die Versicherungsdeckung auch als Auswahlkriterium zu nennen. Wir haben die auf S. 7 der TU geforderte Erklärung bezüglich der Versicherungsdeckung genauso abgegeben wie von AG gefordert. Wir sind der Ansicht, dass der AG nicht berechtigt ist, weitere nicht angeführte Nachweise vor Aufforderung zur Angebotsabgabe zu verlangen. Eine Versicherungspolizze wie vom AG mit Schreiben vom 30.11.2017 gefordert, wird im Konzern zu dem die Bewerberin gehört, aus Geschäfts- und Betriebsgeheimnis nicht ausgefolgt. Wir sind davon ausgegangen, dass Nachweise erst mit Angebotslegung vorzulegen gewesen wären und haben aus diesem Grunde auch keine alternativen Nachweise über die bereits vorgelegte Versicherungsbestätigung hinaus, beigebracht.
VR: Sind Sie in irgendeiner Weise mit dem AG in Kontakt getreten, nachdem Sie das Schreiben vom 30.11.2017 bekommen haben, worin der AG nach Ihrer Interpretation der Ausschreibungsunterlagen etwas fordert, was er zumindest zu diesem Zeitpunkt noch nicht gedurft hätte?
AST: Wir sind davon ausgegangen, dass eine direkte Kontaktaufnahme mit dem AG nicht statthaft gewesen wäre.
AG: Nein. Es wird diesbezüglich auf den dem Gericht vorliegenden Vergabevermerk verwiesen, aus welchem die Gesamtchronologie ersichtlich ist.
VR: Was sollte mit der neuerlichen Eigenerklärung (Selbst ausgestellte Vorpromesse) erreicht werden?
AST: Wir haben die inhaltlichen Fragen im Schreiben vom 30.11.2017 nicht wirklich verstanden, da sie nicht zu den Ausschreibungsunterlagen gepasst haben. Soweit mir erinnerlich, hat die AG in einer Fragenbeantwortung ausgeführt, dass die Haftpflicht erst im Auftragsfall zur Verfügung stehen müsste. Dies ergibt sich auch aus S. 9 der TU. Wir haben diese Vorpromesse abgegeben, weil wir damit erklären wollten, dass die Versicherungsdeckung jedenfalls zum Zeitpunkt der Angebotslegung zur Verfügung stehen wird.
AG: Die Frage auf welche sich die Ausführung des AST bezieht, war Frage 24. Mit dieser Fragebeantwortung wurde offen gelegt, dass sich die Forderung lediglich auf die Vorpromesse bezieht.
AST: In der Anfragebeantwortung auf Frage 24 wurde bei der Vorpromesse nicht mehr gefordert, dass diese von einem Versicherungsinstitut ausgestellt sein müsste. Da es sich um eine außenwirksame Erklärung des AG handelt, sind wir davon ausgegangen, dass wir die Promesse selbst ausstellen können.
AG: In Frage 40 wurde als Berichtigung klargestellt, dass die Vorpromesse von einem Versicherungsinstitut stammen muss.
LR2: Sie sind davon ausgegangen, dass Nachweise erst mit Angebotsabgabe vorzulegen sind. Wie haben Sie das im Zusammenhang mit der Forderung auf S. 7 der TU verstanden, dass Nachweise binnen 3 Werktagen vorzulegen sind?
AST: Das haben wir ausschließlich auf Nachweise für Auswahlkriterien bezogen.
VR: Nochmals nachgefragt, wie es zu dieser Interpretation kommen kann.
AST: Wir haben die Ausschreibungsunterlagen insgesamt so verstanden, dass für eignungsrelevante Nachweise die Eigenerklärung reicht und sich die Forderung Nachweise binnen 3 Werktagen vorzulegen ausschließlich auf Nachweise für Auswahlkriterien beziehen kann.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung führt unter der Bezeichnung "Informations- und Telekommunikations-Service-IKT für die Austro Control GmbH" ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip durch. Es handelt sich um einen prioritären Dienstleistungsauftrag. Der geschätzte Auftragswert übersteigt den in § 12 Abs. 1 BVergG genannten Schwellenwert um mehr als das Zwanzigfache. Dazu veröffentlichte die Auftraggeberin im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union eine Vorinformation sowie eine Bekanntmachung und eine ebensolche Bekanntmachung im Auftragnehmerkataster Österreich. Die Teilnahmefrist endete am 23.10.2017. Die Antragstellerin hat fristgerecht einen Teilnahmeantrag abgegeben.
Mit Schreiben vom 03.11.2017 sowie 30.11.2017 wurde die Antragstellerin zur Vorlage von Nachweisen und zur Aufklärung einzelner Punkte in ihrem Teilnahmeantrag aufgefordert. Die Antragstellerin hat fristgerecht geantwortet.
Mit Schreiben vom 11.12.2017 wurde die Antragstellerin davon verständigt, dass vorbehaltlich einer weiteren Prüfung des Teilnahmeantrages die Auftraggeberin sich gezwungen sehe, diesen gemäß § 129 Abs. 1 Z. 2 BVergG auszuscheiden.
Gegen diese Ausscheidensentscheidung hat die Antragstellerin am 20.12.2017 einen Nachprüfungsantrag beim BVwG eingebracht.
Mit Schreiben vom 28.12.2017 hat die Auftraggeberin die im Schreiben vom 11.12.2017 abgegebene Erklärung über das Ausscheiden der Antragstellerin zurückgezogen.
Mit Schreiben vom 29.12.2017 wurde die Antragstellerin von der Nicht-Zulassung ihres Teilnahmeantrages in Kenntnis gesetzt (Vergabeakt; Auskunft der Auftraggeberin).
Die Teilnahmeunterlagen lauten auszugsweise wie folgt:
Öffentliche Erkundung des Bewerberkreises für "IKT-Services für die Austro Control GmbH" - 1. Stufe
[...]
7. Eignungsnachweise - Mindesteignung (Eignungskriterien) (Hinweis: Hervorhebung durch BVwG)
Geeignet sind natürliche und juristische Personen sowie Bewerbergemeinschaften,
- die zur Erbringung der verfahrensgegenständlichen Lieferleistungen berechtigt sind,
- die die Mindestanforderungen an die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfüllen und
- den Anforderungen an die berufliche Zuverlässigkeit genügen.
Die jeweils geforderte Mindesteignung (Eignungskriterien) ergibt sich aus bzw. in Zusammenhang mit den Vorgaben zu den Eignungsnachweisen.
Die Eignung muss im Zeitpunkt der Abgabefrist für den Teilnahmeantrag vorliegen und während des gesamten Vergabeverfahrens aufrecht sein (unbeschadet der darüber hinaus gehenden Anforderungen an den AN aufgrund der vertraglichen Bestimmungen).
Mit dem Teilnahmeantrag haben die Bewerber entsprechende Erklärungen zur beruflichen Zuverlässigkeit, zur technischen Leistungsfähigkeit sowie zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit abzugeben. Binnen 3 Werktagen ab Aufforderung sind dazu gegebenenfalls ergänzende Nachweise (bei sonstigem Ausscheiden) aktuell vorzulegen, wobei unter "aktuell" nicht älter als sechs Monate verstanden wird.
Auf die Vollständigkeit der Teilnahmeanträge wird größter Wert gelegt. Die Bewertung erfolgt ausschließlich anhand der eingereichten Informationen. Nicht genannte Referenzen bzw. nicht genannte Aspekte einer Referenz werden nicht recherchiert und auch nicht zugunsten des Bewerbers berücksichtigt. Die Bewerber haben im eigenen Interesse die Referenzen vollständig zu beschreiben.
Die Bewerber haben mit ihren Teilnahmeantrag auch die Eigenerklärung (siehe TAF. Pkt. 3) für folgende Nachweise zu leisten bzw. können diese Nachweise auch bereits bei Angebotslegung beifügen.
[...]
Zum Nachweis ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit:
[...]
Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherungsdeckung oder diesbezügliche Vorpromesse eines anerkannten Versicherungsinstituts, mit Sitz im EWR oder der Schweiz mit einer Versicherungssumme von EUR 10 Mio./Schaden bzw. EUR 20 Mio/Jahr auf die Projektlaufzeit für Sach-, Personen- und Vermögensschäden, im Auftragsfall ist eine derartige Deckung zu gewähren.
[...]
10.6. Prüfung und Auswertung der Anträge zur Teilnahme am Vergabeverfahren
Nach Ablauf der Antragsfrist und Protokollierung der Teilnahmeanträge folgt deren Überprüfung und Auswertung durch ACG nach den Vorschriften des BVergG. Dabei werden insbesondere die zwingenden Ausscheidungsgründe der §§ 68 ff und § 129 BVergG beachtet.
[...]
Teilnahmeantragsformular
[...]
2.2. Zuverlässigkeit
Zum Zeichen unserer Zuverlässigkeit und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erklären wir, zum Zeitpunkt der Abgabe des Angebots über folgende Nachweise zu verfügen:
[...]
Berufshaftpflichtversicherungsdeckung oder Vorpromesse in Höhe von mind. 10 Mio/Schaden und 20 Mio. EUR/ Jahr auf die Projektlaufzeit--
[...]
3. Eigenerklärung (gem. § 70 (4) BvergG 2006)
Wir erklären hiermit, dass wir die vom Auftraggeber Fa. Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH in seiner Ausschreibung "IKT-Services für die Austro Control GmbH" verlangten Eignungskriterien erfüllen und die darin festgelegten Nachweise parat haben und auf Aufforderung binnen 5 Werktagen beibringen können.
[...]
4. Wir verfügen über eine Haftpflichtversicherung in Höhe von zumindest EUR 10 Mio./Schaden und 20 Mio EUR / Jahr auf die Projektlaufzeit für Sach-, Personen- und Vermögensschäden bzw. über eine diesbezügliche Vorpromesse eines anerkannten Versicherungsinstituts mit Sitz im EWR-Raum oder der der Schweiz.
Bieteranfragenbeantwortung vom 04.09.2017
[...]
Frage 24:
Seite 7 TNU:
Zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird der Nachweis einer "Berufshaftpflichtversicherungsdeckung oder diesbezügliche Vorpromesse eines anerkannten Versicherungsinstituts, mit Sitz im EWR oder der Schweiz mit einer Versicherungssumme von EUR 10 Mio./Schaden bzw. EUR 20 Mio/Jahr auf die Projektlaufzeit für Sach-, Personen- und Vermögensschäden, im Auftragsfall ist eine derartige Deckung zu gewähren".
Unseres Erachtens ist der Nachweis einer derartigen Versicherungsdeckung unverhältnismäßig hoch im Vergleich zu den ausgeschriebenen Leistungen. Weiters werden Versicherungsbestätigungen in der Regel für 1 Jahr ausgestellt - und verlängern sich meistens automatisch. Da die Projektlaufzeit beim gegenständlichen Verfahren unbefristet ist, wird es u.E. schwierig (bzw. unmöglich) sein eine unbefristete Versicherungsbestätigung vorzulegen.
Wir ersuchen daher um Änderung und ggf. Anpassung der Beilagen auf "Nachweis einer aktuellen Versicherungsdeckung in Höhe
von 5 Mio/Jahr EUR für Sach-, Personen- und Vermögensschäden."
Antwort 24:
An der Vorgabe der Versicherungssumme 10 Mio/Schaden bzw. 20 Mio/Jahr wird festgehalten. Klargestellt wird, dass keine "unbefristete Versicherungsbestätigung" vorzulegen ist, sondern lediglich eine Vorpromesse, dass im Auftragsfall eine derartige Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden wird. Diese Haftpflichtversicherung kann gerne jeweils auf ein Jahr befristet sein und sich entsprechend verlängern. Sollte jedoch die Haftpflichtversicherung nicht verlängert werden, wäre darin ein außerordentliches Kündigungsrecht für die ACG zu sehen.
[...]
Bieteranfragebeantwortung/Berichtigung vom 12.09.2017
[...]
Frage 40:
Teilnahmeunterlage (in Folge "TNU") Seite 9 erster Aufzählungsstrich fordert:
"Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherungsdeckung oder diesbezügliche Vorpromesse eines anerkannten Versicherungsinstituts, mit Sitz im EWR oder der Schweiz mit einer Versicherungssumme von EUR 10 Mio./Schaden bzw. EUR 20 Mio/Jahr auf die Projektlaufzeit für Sach-, Personen- und Vermögensschäden, im Auftragsfall ist eine derartige Deckung zu gewähren"
Dem Interessenten ist die Bedeutung der Beifügung bzw. unklar. Möchte die AG eine Deckung über EUR 10 Mio pro Schadensfall und bis zu EUR 20 Mio pro Jahr gesamt (so dass der 10 Mio Schadensfall gedeckt wäre und ein zweiter 10 Mio Euro Schadensfall) oder eine Deckung über EUR 10 Mio pro Schadensfalloder 20 Mio Euro pro Jahr?
Antwort 40/Korrektur:
Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherungsdeckung oder diesbezügliche Vorpromesse eines anerkannten Versicherungsinstituts, mit Sitz im EWR oder der Schweiz mit einer Versicherungssumme von EUR 10 Mio./Schaden UND EUR 20 Mio/Jahr auf die Projektlaufzeit für Sach-, Personen- und Vermögensschäden, im Auftragsfall ist eine derartige Deckung zu gewähren.
Mängelbehebung/Aufklärung vom 03.11.2017
[...] "Wir danken für die Übermittlung Ihres Teilnahmeantrages zur Ausschreibung "IKT-Services für die Austro Control GmbH"-1.Stufe.
Bei der formalen und inhaltlichen Prüfung konnten wir vorerst folgenden Angaben aus ihrem Teilnahmeantrag nicht entnehmen, sodass wir Sie nunmehr zur Mängelbehebung bzw. Aufklärung gemäß § 126 BVergG einladen:
[...]
2. Zum Nachweis Ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemäß Bewerbungsunterlage VR Pkt 7 haben wir unter anderem wie folgend verlangt:
[...]
Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherungsdeckung oder diesbezügliche Vorpromesse eines anerkannten Versicherungsinstituts, mit Sitz im EWR oder der Schweiz mit einer Summe von € 10 Mio. pro Schaden bzw. € 20 Mio. pro Jahr auf die Projektlaufzeit für Sach-, Personen- und Vermögensschäden.
Ihrem Teilnahmeantrag konnten wir keine derartigen Nachweise entnehmen; leider sind auch im ANKÖ keine aktuellen Nachweise verfügbar. Wir ersuchen um Nachreichung.
Mit Schreiben der Antragstellerin vom 09.11.2017 wurden Fragen beantwortet und der Auftraggeberin insbesondere eine Versicherungsbestätigung der XXXX GmbH & Co KG Assekuranz-Makler vom 22.06.2017 mit nachfolgendem Inhalt übermittelt:
[...]
Hiermit bestätigen wir, dass für die Firma XXXX SE, XXXX über unser Maklerhaus Versicherungsschutz für die XXXX -Net-Risk bei der XXXX Versicherung unter der Versicherungsscheinnummer XXXX der Baustein Haftpflicht als durchlaufende Jahresversicherung mit den Deckungssummen von:
€ 10 Millionen für Personen-, Sach- und Vermögensschäden (zweifach maximiert) auf Grundlage der Bedingungen zur Haftpflichtversicherung und Risikobeschreibungen besteht. Als Sachschäden gelten unter anderem Bearbeitungsschäden und der Verlust von fremden Schlüsseln.
[...]
Als mitversicherte Unternehmen im Ausland geltend:
XXXX , A-Perchtoldsdorf
[...]
Ablauf des Versicherungsvertrages ist der 01.01.2019, mit der im Versicherungsschein enthaltenen Kündigungs- und Verlängerungsklausel.
[...]
Letztmalige Aufklärung vom 30.11.2017
[...]
Besten Dank für die Nachreichung von Unterlagen die wir einer eingehenden Prüfung unterzogen haben. Leider können wir auch diesmal nicht alle Ihre Angaben nachvollziehen, so dass wir Sie nunmehr letztmalig zur Aufklärung gem. § 126 BVergG auffordern.
[...]
Zudem ersuchen wir Nachreichung bzw. Stellungnahmen wie folgend:
1. Klarstellung, ob und inwieweit XXXX SE und XXXX GmbH ein mit XXXX ein verbundenes Unternehmen sind. Bejahendenfalls bitte um Vorlage eines Konzernorganigramms (siehe unzureichend beantwortete Frage 3.1.lit a erste Aufforderung).
2. Klarstellung, ob und inwieweit XXXX SE und/oder XXXX GmbH eine solidarische Haftung für die XXXX GmbH im Allgemeinen und für die Durchführung des gegenständlichen Auftrags im Besonderen übernommen hat oder sich zu übernehmen verpflichtet hat.
3. Klarstellung, welche Leistungen konkret XXXX GmbH erbringen soll und ob und inwieweit XXXX GmbH die hier ausgeschriebenen Leistungen auch ohne XXXX GmbH erbringen kann.
4. Klarstellungen, welche Leistungen IBM Österreich konkret erbringen sollen (vgl unzureichend beantwortete Frage 3.2.lit a erste Aufforderung)
5. Vorlage der Versicherungspolizze über die Mitversicherung der XXXX GmbH bei der XXXX SE. Aufklärung, ob XXXX GmbH losgelöst von
XXXX SE eigenständig versichert ist, insbesondere die Versicherung auch gilt, wenn der der Versicherungsvertrag mit XXXX SE aufgelöst wird und Aufklärung, wer die Versicherungsprämie an den Versicherer bisher gezahlt hat. Wie ist der Haftungshöchstbetrag von EUR 10 Mio für Personen-, Sach- und Vermögensschäden (2-fach maximiert) zu verstehen? Werden alle Schäden aus dem XXXX SE Konzern auf diesen Haftungshöchstbetrag von EUR 10 Mio (2-fach maximiert) angerechnet, sodass ein bei irgendeiner anderen XXXX Gesellschaft eingetretener Schaden das Haftungsvolumen der XXXX GmbH reduziert?
Wir ersuchen um vollständige Beantwortung der gestellten Fragen und Vorlage aller geforderten Unterlagen bis spätestens Mittwoch, den 6.12.2017, 10.00 Uhr schriftlich über das ANKÖ Portal zu übermitteln, widrigenfalls wir die vorliegenden Informationen nicht bzw nur in der Form werten können, wie sie im worst case zum Nachteil Ihres Unternehmens ausgelegt werden. Wir verweisen auf das Gebot der vollständigen, der Wahrheit entsprechenden Antwort, widrigenfalls Ihr Teilnahmeantrag nicht berücksichtigt werden kann.
Sollten Sie die Nachreichung der geforderten Stellungnahme nicht oder nicht zufriedenstellend bis zum festgesetzten Termin erbringen, können wir Ihren Teilnahmeantrag in gegenständlichem Verfahren leider nicht weiter berücksichtigen und sähen uns gezwungen diesen auszuscheiden (§ 129 Abs. 1 und 2 BVergG 2006).
[...]
Fristgerecht übermittelte die Antragstellerin nachfolgendes Schreiben:
[...]
Wir nehmen im Folgenden zu Ihrem Schreiben vom 30.11.2017 Stellung.
[...]
Zu Punkt 5. Ihres Schreibens
Zu "Vorlage der Versicherungspolizze über die Mitversicherung der XXXX GmbH bei der XXXX SE":
Die beigelegte Versicherungsbestätigung enthält einerseits die Polizzennummer XXXX bei der XXXX Versicherung und andererseits ist die XXXX GmbH explizit als mitversichertes Unternehmen angeführt.
Zu "Aufklärung, ob XXXX GmbH losgelöst von XXXX SE eigenständig versichert ist, insbesondere die Versicherung auch gilt, wenn der Versicherungsvertrag mit XXXX SE aufgelöst wird..."
Nein, XXXX GmbH hat keine eigenständige Versicherung. Der Versicherungsschutz gilt für alle angeführten mitversicherten Unternehmen.
Zu "... und Aufklärung, wer die Versicherungsprämie an den Versicherer bezahlt hat."
Die Versicherungsprämie wird durch XXXX SE für alle mitversicherten Unternehmen bezahlt.
Zu "wie ist der Haftungshöchstbetrag von 10 Millionen für Personen-, Sach- und Vermögensschäden (zweifach maximiert) zu verstehen?"
Die Deckungssumme ist € 10 Millionen für Personen-, Sach- und Vermögensschäden "zweifach maximiert" bedeutet eine maximale Deckungssumme von € 20 Millionen pro Jahr.
Zu "werden alle Schäden aus dem XXXX SE Konzern auf diese Haftungshöchstbetrag von € 10 Millionen (zweifach maximiert) angerechnet, sodass ein bei irgendeiner anderen XXXX Gesellschaft eingetretenen Schaden das Haftungsvolumen der XXXX GmbH reduziert?"
Ja, der Versicherungsschutz gilt für alle mitversicherten Unternehmen.
Wir verweisen dazu auf die Festlegungen in der Bewerbungsunterlage Seite 8 und gehen davon aus, dass damit der Fragestellung der Betriebshaftpflichdeckung Genüge getan wird.
Sollte dies wider Erwarten aus Sicht des Auftraggebers nicht zu sein, verweisen wir auf Antwort 24 in der Fragenbeantwortung und bringen folgende Vorpromesse bei:
Perchtoldsdorf, 06.12.2017
Vorpromesse zu Haftpflichtversicherung
Bezugnehmend auf Fragebeantwortung 24 des Auftraggebers
... sondern lediglich eine Vorpromesse, dass im Auftragsfall eine derartige Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden wird. Diese Haftpflichtversicherung kann gerne jeweils auf ein Jahr befristet sein und sich entsprechend verlängern. Sollte jedoch die Haftpflichtversicherung nicht verlängert werden, wäre darin ein außerordentliches Kündigungsreicht für die ACG zu sehen...
geben wir eine Vorpromesse an, dass wir im Auftragsfall eine derartige Haftpflichtversicherung die den Vorgaben des Auftraggebers entspricht, abschließen werden.
[...]
Mit selbigen Schreiben wurde nochmals die bereits der Auftraggeberin übermittelte Versicherungsbestätigung der XXXX GmbH & Co KG Assekuranz-Makler vom 22.06.2017 übermittelt. (Unterlagen des Vergabeverfahrens)
Die Auftraggeberin hat das Vergabeverfahren weder widerrufen noch den Zuschlag erteilt. (Stellungnahme der Auftraggeberin )
Die Antragstellerin bezahlte nach Verbesserungsauftrag Pauschalgebühren von € 14.774,- (Verfahrensakt).
2. Beweiswürdigung:
Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Soweit Schriftstücke von der Antragstellerin vorgelegt wurden, spricht der Anschein für ihre Echtheit. Aussagen in der mündlichen Verhandlung wurden nur soweit herangezogen, als sie unbestritten blieben. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 292 Abs. 1 BVergG entscheidet das Bundeverwaltungsgericht in den Angelegen-heiten des § 291 BVergG, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz gemäß § 319 Abs. 3 BVergG oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungsantrages handelt, in Senaten. Dabei handelt es sich um Entscheidungen über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens des öffentlichen Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor. Der Senat besteht gemäß § 292 Abs. 2 BVergG aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei fachkundigen Laienrichtern als Beisitzern. Von den fachkundigen Laienrichtern muss jeweils einer dem Kreis der Auftraggeber und der andere dem Kreis der Auftragnehmer angehören.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß § 1 VwGVG durch dieses geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kund-gemacht wurden, in Kraft. Zu diesen Bestimmungen zählt der 4. Teil des BVergG, der die Bestimmungen über den Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht enthält.
Nach § 311 BVergG sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teils im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sinngemäß anzuwenden, soweit nicht das BVergG und das VwGVG anderes bestimmen.
Unbeschadet der Regelung des § 20 Abs. 1 BVergG muss die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit gemäß § 69 Z 3 BVergG beim Verhandlungsverfahren grundsätzlich spätestens zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Angebotsabgabe vorliegen.
Unternehmern, die auf Grund der Bekanntmachung rechtzeitig Teilnahmeanträge gestellt haben und die gemäß den §§ 68 bis 77 BVergG als befugt, leistungsfähig und zuverlässig anzusehen sind, ist gemäß § 103 Abs. 4 BVergG unter Bedachtnahme auf § 103 Abs. 6 und 7 BVergG Gelegenheit zur Beteiligung am nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung und am Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zu geben.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Allgemeines
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
Auftraggeber im Sinne des § 2 Z 8 BVergG ist die Austro Control Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung. Sie ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG. Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen prioritären Dienstleistungsauftrag. Der geschätzte Auftragswert übersteigt den in § 12 Abs. 1 BVergG genannten Schwellenwert um mehr als das Zwanzigfache, sodass gemäß § 12 Abs. 3 BVergG ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 312 Abs. 2 BVergG iVm Art 14b Abs. 2 Z 1 lit c B-VG ist sohin gegeben.
Da darüber hinaus laut Stellungnahme des Auftraggebers das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 312 Abs. 2 Z 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers zuständig.
Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages
Der Antragstellerin kommt jedenfalls Legitimation zur Überprüfung der Nichtzulassung zur Teilnahme an der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens zu (VwGH 25. 1. 2011, 2009/04/0302). Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG nicht fehlen.
Der Nachprüfungsantrag erfüllt die formalen Voraussetzungen des § 322 Abs. 1 BVergG. Die Pauschalgebühr wurde bezahlt. Es kam kein Grund für seine Unzulässigkeit iSd § 322 Abs. 2 BVergG hervor.
Zu A) - Rechtmäßigkeit der Nicht Zulassung der Antragstellerin
Vorbemerkungen
Die Antragstellerin begehrt die Nichtigerklärung der Nicht-Zulassung zur Teilnahme an der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens.
Vorweg ist festzuhalten, dass die Teilnahmeunterlagen nicht rechtzeitig angefochten wurden und daher bestandsfest sind. Alle am Vergabeverfahren Beteiligten sind daran gebunden (st Rspr zB VwGH 14. 4. 2011, 2008/04/0065).
Die Teilnahmeunterlagen und die Ausschreibung sind nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Gleiches gilt für die Willenserklärungen der Bieter (st Rspr zB VwGH 22. 11. 2011, 2006/04/0024). Ihre Festlegungen sind für alle am Vergabeverfahren Beteiligten bindend (zB EuGH 22. 6. 1993, C-243/89, Kommission/Dänemark - Brücke über den "Storebælt" Rn 39; VwGH 7. 9. 2009, 2007/04/0090). Allfällige Rechtswidrigkeiten können auch von der Vergabekontrollbehörde nicht mehr aufgegriffen werden (zB VwGH 7. 11. 2005, 2003/04/0135; 27. 6. 2007, 2005/04/0234). Die Festlegungen der Teilnahmeunterlagen und die Ausschreibung sind der gegenständlichen Auftragsvergabe zugrunde zu legen (zB VwGH 7. 9. 2009, 2007/04/0090 mwN; 14. 4. 2011, 2008/04/0065). Es ist von einer strengen Bindung an die Teilnahmeunterlagen und die Ausschreibung auszugehen (BVA 30. 4. 2009, N/0021-BVA/10/2009-28; 2. 5. 2011, N/0021-BVA/10/2011-33), andernfalls ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegen würde (zB EuGH 22. 6. 1993, C-243/89, Kommission/Dänemark - Brücke über den "Storebælt" Rn 37; BVA 28. 11. 2008, N/0131-BVA/12/2008-29).
Die Beurteilung der Teilnahmeanträge erfolgt in erster Linie anhand der bestandsfesten Teilnahmeunterlagen (BVwG 11. 2. 2014, W187 2000002-1/23E). Sie legen die Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit, die nötigen Nachweise und das Verfahren fest. Dabei ist zwischen dem Vorliegen, der Erfüllung, der Eignungskriterien für Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit als Mindestanforderungen an Bewerber oder Bieter und den Mitteln zum Nachweis ihrer Erfüllung zu unterscheiden (BVA 16. 11. 2009, N/0106-BVA/05/2009-22).
Das Verfahren zur Prüfung der Teilnahmeanträge entsprechend der Ausgestaltung durch die Auftraggeberin stellt ein im Wesentlichen schriftliches Verfahren dar, das die Prüfung der Teilnahmeanträge ausschließlich auf Grundlage der vorgelegten Teilnahmeanträge und sonstigen Unterlagen vorsieht. Maßgeblich ist dabei der objektive Erklärungswert des Teilnahmeantrags als Interpretationsmaßstab heranzuziehen. Dabei ist der Teilnahmeantrag in seiner Gesamtheit zu beurteilen (VwGH 16. 2. 2005, 2004/04/0030). Damit kommt dem, was der Bewerber hätte sagen wollen, keine Bedeutung zu, wenn es sich nicht aus dem Teilnahmeantrag erkennen lässt.
Die Auftraggeberin ist nicht verpflichtet, selbständig Nachforschungen über das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Eignungskriterien anzustellen. Dies ist Aufgabe des Bewerbers, allenfalls auf besondere Aufforderung der Auftraggeberin.
Relevanter Zeitpunkt für das Vorliegen der Eignung, der Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit ist - entgegen § 69 Z 3 BVergG - gemäß Punkt 7 der bestandsfesten Teilnahmeunterlagen der Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist.
Wie die Auftraggeberin selbst zugestanden hat, handelt es sich bei den gegenständlich verwendeten Ausschreibungsunterlagen um "Standardvorlagen", welche auf die jeweilige Verfahrensart, gegenständlich ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung, adaptiert werden.
Daher ist auch nachvollziehbar, dass in den gegenständlichen Ausschreibungsunterlagen für die öffentliche Erkundung des Bewerberkreises Begrifflichkeiten, welche korrekterweise bei offenen Verfahren Anwendung finden, auch für die verfahrensgegenständliche erste Stufe des Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung verwendet wurden.
Der Antragstellerin war jedenfalls bewusst und wurde Gegensätzliches von ihr auch gar nicht behauptet, dass sie sich nicht an einem offenen Verfahren, sondern an einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung beteiligte und hat die Antragstellerin dies auch durch die fristgerechte Abgabe ihres Teilnahmeantrages bekundet.
Bestandfest legten die gegenständlichen Ausschreibungsunterlagen fest, dass die Eignung zum Zeitpunkt der Abgabefrist für den Teilnahmeantrag vorliegen muss.
Bestandfest wurde auch festgelegt, dass die Bewerber mit ihrem Teilnahmeantrag eine Eigenerklärung für in der Ausschreibung genannte Nachweise abgeben können bzw. die in der Ausschreibung genannten Nachweise auch bereits bei ANGEBOTSLEGUNG beifügen können. Der Antragstellerin ist zuzustimmen, dass es im gegenständlichen Verfahrensstadium noch nicht zu einer Angebotslegung gekommen ist.
Einem fachkundigen Bieter musste aufgrund der Ausgestaltung der Ausschreibungsunterlagen und der Verwendung der Wortfolge "[...]und auch bereits[...]" im gegenständlichen Verfahrensstadium erkennbar sein, dass die Wortfolge "[...]und auch bereits[...]" nur so verstanden werden kann, dass die Nachweise nicht bei Angebotslegung, sondern bereits bei Abgabe des Teilnahmeantrages beigefügt werden können.
Auch die Bestimmung, dass binnen drei Werktagen ab Aufforderung gegebenenfalls ergänzende Nachweise (bei sonstigem Ausscheiden) aktuell vorzulegen sind, kann ein fachkundiger Bieter nur dahingehend interpretieren, dass die Wortfolge (bei sonstigem Ausscheiden) so zu verstehen ist, dass damit die Nicht-Teilnahme am Vergabeverfahren gemeint ist, widrigenfalls die vorgenannten Bestimmung in den Teilnahmeunterlagen keinen Sinn ergeben würde. Für einen objektiven Erklärungsempfänger ist somit klar, dass die Eignung bei Ende der Abgabefrist für den Teilnahmeantrag vorliegen muss und die Eignungsnachweise entweder mit dem Teilnahmeantrag vorzulegen sind oder binnen drei Werktagen ab Aufforderung. Da der objektive Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bewerber nach Ansicht des Senates erkennbar ist, verbleibt für die gegenüber § 914 ABGB subsidiär anwendbare Zweifelsregel des § 915 ABGB kein Raum.
Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass der erkennende Senat die von der Antragstellerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Interpretation der vorgenannten Bestimmung dahingehend, dass sie diese so verstanden habe, dass sie sich nur auf Nachweise für Auswahlkriterien bezogen hätte, nicht nachvollziehen kann.
Auch die Interpretation der Ausschreibungsunterlagen dahingehend, dass die Antragstellerin die Ausschreibungsunterlagen so verstanden habe, dass für eignungsrelevante Nachweise die Eigenerklärung reiche und sich die Forderung Nachweise binnen drei Tagen vorzulegen, ausschließlich auf Nachweise für Auswahlkriterien beziehen würde, kann der erkennende Senat nicht folgen.
In Punkt 7. der Teilnahmeunterlage sind jene Nachweise angeführt, welche sich in der Eigenerklärung gem. § 70 Abs. 4 BVergG verfahrensgegenständlich wiederfinden, beziehungsweise welche bereits bei Abgabe des Teilnahmeantrages beigefügt werden können.
Darunter findet sich insbesondere der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherungsdeckung oder diesbezügliche Vorpromesse eines anerkannten Versicherungsinstitutes mit Sitz im EWR oder der Schweiz mit einer Versicherungssumme von Euro 10 Millionen pro Schaden bzw. Euro 20 Millionen pro Jahr auf die Projektlaufzeit für Sach-, Personen- und Vermögensschäden, im Auftragsfall ist eine derartige Deckung zu gewähren.
Für den erkennenden Senat ist nachvollziehbar, dass aus dem verfahrensgegenständlich geforderten Nachweis ersichtlich sein muss, dass jeder einzelne Bewerber unbedingt und unbeschränkt über eine Versicherungssumme von Euro 10 Millionen/Schaden bzw. Euro 20 Millionen/Jahr auf die Projektlaufzeit für Sach-, Personen- und Vermögensschäden verfügen muss. Dies wird auch durch die diesbezüglichen Formulierungen in Punkt 2.2 und Punkt 3. des Teilnahmeantragformulars gestützt.
In Punkt 2.2. wird die Formulierung verwendet "zum Zeichen unserer Zuverlässigkeit und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erklären wir, zum Zeitpunkt der Abgabe des Angebotes über folgende Nachweise zu verfügen:" und in Punkt 3. findet sich die Formulierung "4. Wir verfügen über eine Haftpflichtversicherung in Höhe von zumindest Euro 10 Millionen pro Schaden und Euro 20 Millionen pro Jahr auf die Projektlaufzeit für Sach-, Personen und Vermögensschäden [...]".
Aus den gewählten Formulierungen (wir) ist nach Ansicht des erkennenden Senates ersichtlich, dass jeder Bewerber über die geforderte Deckung unbeschränkt und unbedingt verfügen muss.
Erstmals in der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin kundgetan, dass auch sie diese Vorgabe, wie die Auftraggeberin verstanden hat und sich darauf gestützt, dass dies zweifelsfrei aus der vorgelegten Versicherungsbestätigung abgeleitet werden könnte.
Diese Aussage steht nach Ansicht des Senates jedoch in Widerspruch zum bis dahin erstatteten Vorbringen im Verfahren und insbesondere der Beantwortung der Fragen der Auftraggeberin vom 30.11.2017 durch die Antragstellerin im Vergabeverfahren.
Der Antragstellerin ist zuzugestehen, dass verfahrensgegenständlich nicht determiniert war, ob sich die geforderte Versicherungsdeckung aus einer Einzelversicherung des Bewerbers ergeben muss oder sich auch aus einer Mitversicherung ergeben kann.
Auch bei einer Mitversicherung, bei welcher jedes mitversicherte Unternehmen einen eigenständigen Anspruch auf Versicherung hat, muss aus dem Nachweis der Mitversicherung ersichtlich sein, ob die verfahrensgegenständlich geforderten Versicherungssummen dem mitversicherten Unternehmen unbeschränkt und unbedingt zur Verfügung stehen.
Im gegenständlichen Fall hat die Antragstellerin in Folge des Aufklärungsschreibens vom 03.11.2017 als Nachweis für die verfahrensgegenständlich geforderte Berufshaftpflichtversicherungsdeckung die Versicherungsbestätigung der XXXX GmbH & Co KG Assekuranz-Makler vom 22.06.2017 vorgelegt.
Die gegenständliche Versicherungsbestätigung nennt neben dem Versicherungsnehmer 12 mitversicherte Unternehmen in Deutschland und 7 mitversicherte Unternehmen im Ausland, darunter die Antragstellerin.
Ein Bezug auf das gegenständliche Vergabeverfahren findet sich in der Versicherungsbestätigung nicht.
Der erkennende Senat kann nachvollziehen, dass für die Auftraggeberin aus der von der Antragstellerin vorgelegten Versicherungsbestätigung vom 22.06.2017 nicht mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich ist, ob die Versicherungssumme von Euro 20 Millionen/Jahr jedem mitversicherten Unternehmen selbst oder der Gesamtheit der in der Versicherungsbestätigung genannten Unternehmen zur Verfügung steht.
Der genaue Versicherungsumfang lässt sich daher aus dem von der Antragstellerin im Zuge der Nachlieferung vom 09.11.2017 vorgelegten Schreiben nicht objektiv erkennen.
Ein Auftraggeber kann nur jene Informationen fordern, die er in den Teilnahmeunterlagen festgelegt hat. Dass er diese Informationen verlangt, ergibt sich aus den Teilnahmeunterlagen. Dass er sich mit einem geringeren Umfang an Informationen begnügt, kann die Antragstellerin nicht annehmen.
Die Teilnahmeunterlagen müssen klar festlegen, was der Auftraggeber von dem Bewerber verlangt (BVA 11. 12. 2007, N/0104-BVA/09/2007-042). Diese Anforderung erfüllen die Teilnahmeunterlagen im gegenständlichen Vergabeverfahren in Verbindung mit den umfangreichen Fragebeantwortungen (insbesondere die Beantwortung der Frage 24 und 40).
Dementsprechend ist ein Aufklärungsersuchen so eindeutig zu formulieren, dass der Bewerber genau weiß, was er aufzuklären oder nachzureichen hat. Das Aufklärungsersuchen ist an alle Bieter zu richten, die sich in der gleichen Situation befinden und muss sich auf alle Punkte des Angebots erstrecken, die einer Erläuterung bedürfen (EuGH 19. 19. 2013, C-336/12, Manova, Rn 34 f). Dabei muss der Auftraggeber alle Bieter gleich behandeln (EuG 10. 2. 2009, T-195/08, Anwerpse Bouwerken/Kommission, Rn 79).
Diese Grundsätze für die Prüfung von Angeboten sind auf Bewerbungsunterlagen der ersten Stufe im nicht offenen Verfahren übertragbar (EuGH 19. 19. 2013, C-336/12, Manova, Rn 38), wegen ihrer Gleichartigkeit wohl auch im Verhandlungsverfahren. Diesen Anforderungen hat die Auftraggeberin genügt, indem sie insbesondere die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.11.2017 aufgefordert hat, ihren Teilnahmeantrag zu ergänzen oder zu erläutern. Ein weiteres Aufklärungsersuchen würde nach ständiger Rechtsprechung dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter widersprechen und wäre daher unzulässig (zB EuGH 29. 3. 2012, SAG ELV Slovensko, Rn 42 ff; BVA 15. 3. 2013, N/0009-BVA/03/2013-22).
Auf dieses Schreiben vom 30.11.2017 hat die Antragstellerin fristgerecht reagiert, neuerlich dieselbe Versicherungsbestätigung vom 22.06.2017 übermittelt und die im Schreiben vom 30.11.2017 gestellten Fragen beantwortet.
Diesbezüglich ist insbesondere auf die Beantwortung der fünften Frage durch die Antragstellerin hinzuweisen.
Die Auftraggeberin wollte wissen: "Werden alle Schäden aus dem XXXX SE Konzern auf diese Haftungshöchstbeträge von Euro 10 Millionen (zweifach maximiert) angerechnet, sodass ein bei irgendeiner anderen XXXX Gesellschaft eingetretener Schaden das Haftungsvolumen der XXXX GmbH reduziert?".
Daraufhin antwortete die Antragstellerin: "Ja, der Versicherungsschutz gilt für alle mitversicherten Unternehmen."
Nicht nur Ausschreibungsunterlagen, sondern auch Erklärungen von Bewerbern sind nach deren objektiven Erklärungswert zu interpretieren.
Für den erkennenden Senat gibt die Antragstellerin mit der vorgenannten Erklärung unmissverständlich zu erkennen, dass die Antragstellerin nicht unbeschränkt und unbedingt über die verfahrensgegenständlich geforderte Versicherungssumme von Euro 20 Millionen/Jahr verfügt, sondern die Summe von Euro 20 Millionen dem XXXX SE Konzern insgesamt einmalig zur Verfügung steht. Daraus ergibt sich aber, dass die Antragstellerin nicht über die in der Ausschreibung geforderte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt.
Der Antragstellerin ist zuzugestehen, dass ein Auftraggeber nur jene Nachweise der Eignung fordern kann, welche in den Ausschreibungsunterlagen gefordert und genannt sind. Eine Forderung zur Vorlage einer Versicherungspolizze ergibt sich aus der Ausschreibung nicht.
Der Antragstellerin wäre daher die Möglichkeit der Vorlage alternativer Nachweise bezüglich des Bestehens der verfahrensgegenständlich geforderten Berufshaftpflichtversicherung offen gestanden.
Wie bereits vorausgeführt, erfüllt die Versicherungsbestätigung nicht die Vorgaben des verfahrensgegenständlich geforderten Nachweises einer bestehenden Berufshaftpflichtversicherung. Die Aufklärung der Antragstellerin hatte sohin im Vergleich zum Teilnahmeantrag keinen zusätzlichen Erklärungswert.
In diesem Zusammenhang ist auch noch auf die Bestimmung des § 70 Abs. 4 BVergG zu verweisen, gemäß welcher der Auftraggeber einen Unternehmer jedenfalls auffordern kann, erforderliche Nachweise binnen einer angemessenen Frist vorzulegen bzw. vorgelegte Bescheinigung binnen einer angemessenen Frist zu vervollständigen oder zu erläutern. Bereits auf Basis dieser gesetzlichen Grundlage hat die Antragstellerin den verfahrensgegenständlich geforderten Nachweis der Berufshaftpflichtversicherungsdeckung nicht erbracht bzw. nicht objektiv nachvollziehbar erläutert.
Zusammenfassung
Gemäß § 103 Abs. 4 BVergG ist Unternehmen, die aufgrund der Bekanntmachung rechtzeitig Teilnahmeanträge gestellt haben und die gemäß §§ 68 bis 77 BVergG als befugt, leistungsfähig und zuverlässig anzusehen sind, Gelegenheit zur Beteiligung am Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zu geben. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass Unternehmen, die nicht als befugt, leistungsfähig und zuverlässig anzusehen sind, keine Gelegenheit zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zu geben ist. Diesem Mangel an Eignung ist der ungenügende Nachweis im Zuge der Prüfung der Teilnahmeanträge gleich zu halten. Der Auftraggeber bringt dieses Ergebnis der Prüfung der Teilnahmeanträge durch die Entscheidung zur Nicht-Zulassung zur Teilnahme zum Ausdruck.
Wie bereits ausgeführt, hat die Antragstellerin ihre Eignung in Form der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht entsprechend den Vorgaben der Teilnahmeunterlagen nachgewiesen. Daher hat sie die Auftraggeberin gemäß § 103 Abs. 4 BVergG zu Recht nicht zur Teilnahme an der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens eingeladen.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass für den erkennenden Senat kein Zweifel daran besteht, dass jene Personen, welche das Schreiben vom 29.12.2017 über die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am Vergabeverfahren unterfertigten, von der Auftraggeberin bevollmächtigt waren. Dies ergibt sich auch aus den von der Auftraggeberin mit Schriftsatz vom 16.01.2018 vorgelegten unbedenklichen Vollmachtbestätigungen.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe die Judikate unter Zu A) des Erkenntnisses), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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