BVwG W136 2000215-2

BVwGW136 2000215-215.12.2017

BDG 1979 §109
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §32 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W136.2000215.2.00

 

Spruch:

W136 2000215-2/4E

 

BESCHLUSS

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Dr. Albert KOBLIZEK und Mag. Christoph PROKSCH als Beisitzer über den Antrag von XXXX , wh. in XXXX , auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungs-gerichtes vom 21.07.2015, W136 2000215-1/24, abgeschlossenen Verfahrens in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

 

A) Der Antrag wird gemäß § 32 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Mit Schreiben des Antragstellers vom 20.12.2016 begehrte dieser die Aufhebung des im Spruch genannten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.07.2015 "wegen Nichtigkeit" und führte begründend aus, dass sich das dem genannten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zugrundeliegenden Disziplinarverfahren auf die Disziplinaranzeige des ehemaligen Polizeidirektors von XXXX , stütze. Gemäß § 109 Abs. 1 BDG hätten der unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte bei begründetem Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstwege der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Jedoch hätten weder sein unmittelbarer Vorgesetzter, der damalige Strafamtsleiter, noch sein vorgesetzter Abteilungsleiter als mittelbarer Vorgesetzter des Antragstellers damals Disziplinaranzeige erstattet. Selbst wenn man den Bogen so weit spannen würde und den Polizeidirektor als mittelbaren Vorgesetzten bezeichnen würde, habe dieser keine Erhebungen zur Klarstellung des Sachverhaltes getroffen und sei daher auch nicht zur Erstattung der Disziplinaranzeige berechtigt gewesen. Es mangle daher an der Einhaltung der gesetzlichen Erfordernisse des § 109 Abs. 1 erster Satz BDG.

 

Die aus dem AVG abzuleitende Grenze zwischen gültiger und ungültiger Erledigung gelte auch für verwaltungsgerichtliche Entscheidungen. Als Leitlinie, welche Bestimmung eine Erledigung absolut nichtig mache gelte, dass es sich um einen Fehler handeln müsse, der nach der gesetzgeberischen Wertung schwerer wiege, als jene, welche die Anfechtung einer Erledigung ermögliche. Gegenständlich mangle es an einer gültig zustande gekommenen Disziplinaranzeige, was einen derartig schwer wiegenden Fehler darstelle, dass er eine Nichtigkeit des gesamten Verfahrens nach sich ziehe. Die Vernehmung des Polizeidirektors sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

 

2. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes W136 2000215-1/36E vom 12. Juni 2017 wurde der vorgenannte Antrag als unzulässig zurückgewiesen.

 

3. Mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag vom 29. Juni 2017 wurde nunmehr die Wiederaufnahme des abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG mit der gleichen Begründung wie zum unter Punkt I.1. genannten Antrag gestellt. Ergänzend wurde ausgeführt, dass somit das Erkenntnis durch ein falsches Zeugnis in Form der Disziplinaranzeige herbeigeführt worden sei, weil keiner der Dienstvorgesetzten gemäß § 109 Abs. 1 BDG Anzeige erstattet hätte oder mit Erhebungen zur Klarstellungen des Sachverhaltes betraut worden sei. Die Einvernahme von fünf näher genannten Zeugen wurde beantragt. Gleichzeitig wurde für den Fall, dass der Wiederaufnahmegrund verstrichen sein sollte, eine Anregung auf amtswegige Wiederaufnahme gestellt.

 

4. Mit Eingabe vom 22.09.2017 teilte der Antragsteller ergänzend mit, dass er soeben auf seinem Mobiltelefon eine Aufzeichnung gefunden habe, wonach ihm der damalige Polizeidirektor am 23.07.2012 um 08:47 im Zuge eines Telefonates mitgeteilt habe, dass er die Disziplinaranzeige vom Bundesministerium für Inneres erhalten habe und diese nur an die Disziplinarkommission weitergeleitet habe.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

 

Mit der Entscheidung W136 2000215-1/24 vom 21.07.2015 deren Aufhebung der Antragsteller begehrt, wurden die Beschwerden des Disziplinaranwaltes beim BMI und des Antragstellers gegen ein Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 16.10.2013 als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid hinsichtlich des Strafausspruches bestätigt. Der Schuldspruch der bekämpften Entscheidung wurde geringfügig modifiziert. Die vom Antragsteller dagegen erhobene Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Zl. Ra 2015/09/0095 vom 25.11.2015 zurückgewiesen.

 

Die diesem Disziplinarverfahren zugrundeliegende Disziplinaranzeige wurde vom Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion XXXX am 13.07.2012 erstattet.

 

Der verfahrensgegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme wurde am 29.07.2017 gestellt.

 

Diese Feststellungen wurden unmittelbar aufgrund der diesbezüglichen Aktenlage getroffen.

 

2. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 BvWGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 135a Abs. 3 BDG 1979 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch einen Senat zu erfolgen, wenn der Disziplinaranwalt gegen ein Erkenntnis Beschwerde erhoben hat. Im Verfahren dessen Wiederaufnahme begehrt wird, lag somit Senatszuständigkeit vor.

 

Zu A)

 

§ 32 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 138/2017 lautet:

 

"Wiederaufnahme des Verfahrens

 

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof gegen das Erkenntnis nicht mehr zulässig ist und

 

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

 

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

 

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

 

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

 

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

 

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

.."

 

Sämtliche Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens sind vom Wiederaufnahmswerber aus eigenem Antrieb in seinem Antrag konkretisiert und schlüssig darzulegen (VwGH vom 26.04.2013, Zl. 2011/11/0051 mwH).

 

Der Antrag des Wiederaufnahmewerbers kann nur dann zur Wiederaufnahme führen, wenn er Tatsachen vorbringt, auf die mit hoher Wahrscheinlichkeit zutrifft, dass sie im wiederaufzunehmenden Verfahren zu einem anderen Bescheid geführt hätten (VwGH vom 26.04.2013, Zl. 2011/11/0051).

 

Für den gegenständlichen Antrag folgt daraus:

 

Der Antragsteller macht sinngemäß als Wiederaufnahmegrund geltend, dass die Disziplinaranzeige im gegenständlichen mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahren nicht nach der Bestimmung des § 109 BDG 1979 zustande gekommen wäre.

 

Nachdem der Antragsteller dies bereits in seinem Antrag auf "Aufhebung wegen Nichtigkeit" vom 20.12.2016 ausgeführt hat und zuletzt mitgeteilt hat, dass ihm dieser Umstand bereits am 23.07.2012 telefonisch mitgeteilt wurde, hat er die Frist nach § 32 Abs. 2 VwGVG versäumt.

 

Nach dem Gesagten war der Antrag als verspätet zurückzuweisen, weshalb auch eine mündliche Verhandlung entfallen konnte, zumal eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.

 

Im Hinblick auf die Anregung auf amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens ist festzustellen, dass sich in den Ausführungen des Antragstellers kein Hinweis auf das Vorliegen eines gesetzlichen Wiederaufnahmegrundes findet. Insbesondere kann nicht erkannt werden, inwiefern die Entscheidung durch ein falsches Zeugnis oder eine gerichtlich strafbare Handlung – wie dies der Antragsteller ohne nähere Begründung ausführt – zustande gekommen sein soll.

 

Zu B)Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte