BVwG W114 2291901-1

BVwGW114 2291901-130.7.2024

B-VG Art133 Abs4
LiegTeilG §13 Abs1
LiegTeilG §13 Abs2
LiegTeilG §13 Abs3
LiegTeilG §13 Abs4
LiegTeilG §13 Abs5
VermG §3 Abs3
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W114.2291901.1.00

 

Spruch:

 

 

 

W114 2291901-1/6E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde der Gemeinde Gries im Sellrain, vertreten durch den Bürgermeister XXXX , vom 23.04.2024 gegen den Bescheid des Vermessungsamtes Innsbruck, Bürgerstraße 34, 6020 Innsbruck vom 22.03.2024, Geschäftsfallnummer 260/2024/81, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Vermessungsamtes Innsbruck vom 26.01.2023, Geschäftsfallnummer 78/2023/81, wurde der Teilungsplan der Planverfasserin XXXX , vom 23.01.2023, GZ 8395-3, bescheinigt.

2. Mit diesem Plan sollten vom der Gemeinde Gries im Sellrain gehörenden Grundstück mit der Grundstücksnummer (GstNr.) 261/1 KG 81109 Gries im Sellrain mit einem ursprünglichen Flächenausmaß von 356 m2 ein Trennstück 1 mit einem Flächenausmaß von 167 m2 dem angrenzenden Grundstück mit der GstNr. .229 KG 81109 Gries im Sellrain und ein Trennstück 2 mit einem Flächenausmaß von 26 m2 dem ebenfalls angrenzenden Grundstück mit der GstNr. 284 KG 81109 Gries im Sellrain zugewiesen werden.

Dieser Bescheid blieb unangefochten.

3. Mit Schreiben vom 15.12.2023 stellten die Gemeinde Gries im Sellrain, vertreten durch deren Bürgermeister XXXX als Eigentümerin des Grundstückes mit der GstNr. 261/1 KG 81109 Gries im Sellrain, XXXX als Eigentümer des Grundstückes mit der GstNr. .229 KG 81109 Gries im Sellrain und XXXX als Eigentümer des Grundstückes mit der GstNr. 284 KG 81109 Gries im Sellrain einen Antrag auf Abschreibung der beiden oben bezeichneten Trennstücke als geringe Trennstücke gemäß § 13 LiegTeilG.

4. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens zur Entscheidung über den Antrag vom 15.12.2023 wurden die Antragsteller mit Schreiben vom 06.02.2024 darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine Abfrage in der Internetapplikation www.bodenpreise.at ergeben habe, dass der ortsübliche Durchschnittpreis für einen Quadratmeter Grünland in der Gemeinde Gries im Sellrain bei EUR 15,72 liege und dass daher bereits das Trennstück 1 allein einen Wert von mehr als EUR 2.000.-- habe. Unter Berücksichtigung von § 13 Abs. 3 LiegTeilG könne dem Antrag vom 15.12.2023 daher nicht stattgegeben werden.

5. Lediglich Bürgermeister XXXX nahm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme wahr und teilte in einer E-Mail am 26.02.2024 mit, dass in www.bodenpreise.at für die Gemeinden Sellrain, Völs und Innsbruck für Grünland geringere Durchschnittspreise von EUR 3,33 bis 7,65 ausgewiesen werden würden. Er würde sich mit der Erstellerin der Datenbank ( XXXX ) in Verbindung setzen, da er der Meinung sei, dass der für die Gemeinde Gries im Sellrain ausgewiesene Grünland-Durchschnittspreis nicht stimmen könnte. Einen konkreten Wert für einen Quadratmeter Grünland in der Gemeinde Gries im Sellrain und eine plausible und nachvollziehbare einfache Berechnungsmethode zur Erhebung des entsprechenden Wertes für Grünland in der Gemeinde Gries im Sellrain wurde auch in dieser Stellungnahme nicht dargelegt.

6. Mit Bescheid des Vermessungsamtes Innsbruck vom 22.03.2024, Geschäftsfallnummer 260/2024/81, wurde der Antrag vom 15.12.2023 abgewiesen. Den beiden Trennstücken wurde der aus www.bodenpreise.at für Gries im Sellrain sich ergebende Quadratmeterpreis für Grünland in Höhe von EUR 15,72 zu Grunde gelegt. Begründend wurde daher auf eine Überschreitung der sich aus § 13 Abs. 3 LiegGTeilG ergebenden Wertgrenze in Höhe von EUR 2.000.-- hingewiesen.

7. Gegen diesen Bescheid hat die Gemeinde Gries im Sellrain, vertreten durch deren Bürgermeister mit E-Mail am 23.04.2024 Beschwerde erhoben. Dabei verwies der Bürgermeister auf ein von ihm bei der Landwirtschaftskammer Tirol in Auftrag gegebenes „Gutachten“ vom 17.04.2024, worin der beauftragte Gutachter ausgehend von „Vergleichswerten“ davon ausgeht, dass ohne den Inhalt der herangezogenen Bezugsquellen offen zu legen und deren Validität nachvollziehbar darzulegen - ein Quadratmeterpreis in Höhe von EUR 5,60 anzusetzen sei.

8. Mit Begleitschreiben des Vermessungsamtes Innsbruck vom 15.05.2024, GZ. 2024-0.329.085, wurden am 15.05.2024 die Beschwerde, der angefochtene Bescheid sowie Unterlagen des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zur Entscheidung vorgelegt.

In einer zusätzlich mitübermittelten Stellungnahme vom 15.05.2024, GZ: 2024-0.329.085 entgegnete das Vermessungsamt Innsbruck, dass die Wertfeststellung von „bodenpreise.at“ schlüssig sei. Dabei wurde auf eine beigefügte Tabelle mit entsprechenden Werten verwiesen. Dabei wären die in der Zeit von 01.01.2022 bis 26.04.2024 bescheinigten Teilungen von Grundstücken in der Gemeinde Gries im Sellrain erfasst worden. Von den Teilungen, die auch grundbücherlich beschlossenen worden wären, wären die Trennstücksflächen, die Verkaufspreise, soweit sie im Grundbuch ersichtlich wären und die dazugehörige Widmung, aus dem digitalen Flächenwidmungsplan der Gemeinde, erhoben worden. Damit könne gezeigt werden, dass „bodenpreise.at“ nachvollziehbare und schlüssige Werte liefere. Die in den Verträgen genannten Verkaufspreise in der Gemeinde Gries im Sellrain zeigten einen Verkaufspreis im Freiland zwischen EUR 14 und 28 je m² und im „Baugebiet“ zwischen EUR 185 und 264 je m².

9. Da für das erkennende Gericht der „im Gutachten“ enthaltene Quadratmeterpreis für Grünland in der Gemeinde Gries im Sellrain nicht nachvollziehbar war, wurde am 17.07.2024 im BVwG eine mündliche Verhandlung durchgeführt und insbesondere dem Verfasser des Gutachtens die Möglichkeit gegeben, sein Gutachten zu erklären bzw. darzulegen, wie bei einer einfachen Betrachtungsweise man zu einem Quadratmeterpreis in Höhe von EUR 5,60 gelangen müsse, bzw. warum der vom Vermessungsamt Innsbruck aus www.bodenpreise.at herangezogene Wert in Höhe von EUR 15,72 offensichtlich falsch sein müsse.

Den Parteien des Verwaltungsverfahrens wurde in dieser Verhandlung hinreichend Gelegenheit eingeräumt ihren jeweiligen Standpunkt darzulegen und zu begründen. Von einer mündlichen Verkündung des Erkenntnisses wurde unter Hinweis auf § 29 Abs. 3 VwGVG Abstand genommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Gemeinde Gries im Sellrain ist grundbücherliche Eigentümerin des Grundstücks mit der GstNr. 261/1 KG 81109 Gries im Sellrain mit einer ursprünglichen Grundstücksgröße im Ausmaß von 356 m2. Sowohl das Trennstück 1 mit einer Grundstücksgröße von 167 m2, als auch das Trennstück 2 mit einer Grundstücksgröße von 26 m2 sind Teil des Grundstückes mit der GstNr. 261/1 KG 81109 Gries im Sellrain. Das Grundstück mit der GstNr. 261/1 KG 81109 Gries im Sellrain grenzt im Süden an der L 13 Sellraintalstraße, die im Sellraintal die Hauptverkehrsader bildet und die Orte des Sellraintales mit dem Inntal und der Landeshauptstadt Innsbruck verbindet. Das Grundstück mit der GstNr. 261/1 KG 81109 Gries im Sellrain und damit auch die beiden Trennstücke 1 und 2 haben daher aufgrund ihrer guten Erreichbarkeit eine außergewöhnlich gute Lage.

1.2. XXXX ist grundbücherlicher Eigentümer des Grundstückes mit der GstNr. .229 KG 81109 Gries im Sellrain und XXXX ist grundbücherlicher Eigentümer des Grundstückes mit der GstNr. 284 KG 81109 Gries im Sellrain. Während das Grundstück mit der GstNr. .229 KG 81109 Gries im Sellrain vom Grundstück mit der GstNr. 261/1 KG 81109 Gries im Sellrain vollkommen umgeben ist, grenzt das Grundstück mit der GstNr. 284 KG 81109 Gries im Sellrain im Süden an das Grundstück mit der GstNr. 261/1 KG 81109 Gries im Sellrain. Auf dem Grundstück mit der GstNr. .229 KG 81109 Gries im Sellrain befindet sich ein Stadel, der vom Eigentümer nur über fremden Grund erreicht und betreten werden kann.

1.3. Mit Schreiben vom 15.12.2023 stellten die Gemeinde Gries im Sellrain, vertreten durch deren Bürgermeister XXXX als Eigentümerin des Grundstückes mit der GstNr. 261/1 KG 81109 Gries im Sellrain, XXXX als Eigentümer des Grundstückes mit der GstNr..229 KG 81109 Gries im Sellrain und XXXX als Eigentümer des Grundstückes mit der GstNr. 284 KG 81109 Gries im Sellrain einen Antrag auf Abschreibung der Trennstücke 1 und 2 als geringe Trennstücke gemäß § 13 LiegTeilG.

Das Trennstück 1 soll vom Grundstück mit der GstNr. 261/1 KG 81109 Gries im Sellrain abgeschrieben und zum Grundstück mit der GstNr. .229 KG 81109 Gries im Sellrain und das Trennstück 2 ebenfalls vom Grundstück mit der GstNr. 261/1 KG 81109 Gries im Sellrain und zum Grundstück mit der GstNr. 284 KG 81109 Gries im Sellrain zugeschrieben werden.

1.4. In den Unterlagen des Vermessungsamtes Innsbruck findet sich ein Auszug aus der Internetseite www.bodenpreise.at , wobei als Durchschnittspreis für die Gemeinde Gries im Sellrain für Bauland ein Quadratmeterpreis in Höhe von EUR 175,68 und für Grünland ein solcher in Höhe von EUR 15,72 ausgewiesen wird.

Eine aktuell vom erkennenden Gericht auf www.bodenpreise.at aktuell durchgeführte Recherche ergibt, dass diese Preise auch aktuell in www.bodenpreise.at angezeigt werden.

Zusätzlich ist in den Unterlagen des Vermessungsamtes auch eine Tabelle enthalten, in der im Zeitraum von 01.01.2022 bis 26.04.2024 bescheinigte Teilungen in der Gemeinde Gries im Sellrain erhoben wurden. Darin sind zwei relevante entsprechende Teilungen im Freiland/Grünland mit Größen der Trennstücke von 116 bzw. 76 m2 vermerkt, für die einmal ein Quadratmeterpreis in Höhe von EUR 14,00 und einmal ein solcher in Höhe von EUR 28,00 entrichtet wurde. Das arithmetisch berechnete Mittel dieser beiden Werte ergibt einen Wert von EUR 21,00.

1.5. Im „Gutachten“ der Landwirtschaftskammer vom 17.04.2024 werden keine tatsächlich für Grünlandflächen in der Gemeinde Gries im Sellrain gezahlten Quadratmeterpreise offen gelegt. Über konkrete Nachfrage in der mündlichen Verhandlung im BVwG am 17.07.2024 führte dazu der Gutachtensersteller aus, dass aus der in der Tiroler Landwirtschaftskammer aufliegenden Datenbank für die Gemeinde Gries im Sellrain entnommen werden könnte, dass im Juni 2013 ein Grundstücksverkauf von Grünland (Wald), dem ein Quadratmeterpreis in der Höhe von EUR 1,90 zugrunde liege, verzeichnet sei. Im April 2013 sei Grünland zu einem Quadratmeterpreis in Höhe von EUR 35,00 veräußert worden; im August 2015 Grünland zu einem Quadratmeterpreis in Höhe von EUR 7,00 und im Juni 2024 steiles Gelände zu einem Quadratmeterpreis in der Höhe von EUR 5,00. Das arithmetisch berechnete Mittel dieser vier Werte ergibt einen Durchschnittswert in Höhe von EUR 12,225.

Der Aufforderung des Richters in der mündlichen Verhandlung unter Verwendung des vorgelegten Gutachtes mündlich zu erklären, warum er in seinem „Gutachten“ in der Gemeinde Gries im Sellrain zu einem exakten Durchschnitts-Grünland-Quadratmeterpreis in Höhe von EUR 5,60 komme, vermochte der Gutachtensersteller nicht nachzukommen und verwies auf erst anzustellende schriftliche Berechnungen.

1.6. In www.bodenpreise.at werden für folgende Gemeinden folgende Durchschnitts-Grünland-Quadratmeterpreise ausgewiesen:

Gemeinde

Preis in EUR

Gries im Sellrain

15,72

Sellrain

4,15

St. Sigmund im Sellrain

21,86

Flaurling

10,97

Inzing

3,43

Oberperfuß

21,15

Grinzens

10,13

Axams

12,65

Natters

17,33

Mutters

19,40

Kematen in Tirol

37,72

Längenfeld

11,00

Pfaffenhofen

11,71

Rietz

9,17

Umhausen

10,00

Silz

7,65

Mötz

10,69

Telfs

18,19

Zirl

15,00

Innsbruck

7,65

Völs

3,33

Lans

20,00

Aldrans

4,20

Neustift im Stubaital

15,50

Fulpmes

20,00

  

Der arithmetisch berechnete Durchschnittspreis dieser 25 Tiroler Gemeinden beträgt kaufmännisch gerundet EUR 12,81.

1.7. Dem verfahrensgegenständlichen Grundbuchskörper, dem im Grundbuch die Einlagezahl 43 zugewiesen wird, besteht aus einer Gesamtfläche mit einem Ausmaß von 8186 m2. Die Größe der beiden verfahrensgegenständlichen Trennstücke beträgt 193 m2 und ergibt somit gerundet 2,36 % (§ 13 Abs. 4 Z 2 LiegTeilG).

1.8. Die Geringwertigkeitsgrenze von Euro 2000 (§ 13 Abs. 3 LiegTeilG) wird sowohl hinsichtlich des Trennstückes 1, als auch bezüglich der Wertminderung aller abzuschreibenden Trennstücke unter Gegenrechnung der zuzuschreibenden Trennstücke 1 und 2 (§ 13 Abs. 4 Z 1 LiegTeilG) überschritten, wenn man der Bewertung für den Quadratmeterpreis von Grünland in der Gemeinde Gries im Sellrain einen Wert von EUR 15,72 - wie es das Vermessungsamt Innsbruck gemacht hat - zugrunde legt.

2. Beweiswürdigung:

Der wiedergegebene Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich schlüssig aus den, vom Vermessungsamt St. Pölten dem BVwG vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens, dem öffentlichen Grundbuch bzw. den Äußerungen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG.

Die in dieser Entscheidung wiedergegebenen Durchschnitts-Grünland-Quadratmeterpreise für verschiedene Tiroler Gemeinden wurden der Internetapplikation www.bodenpreise.at entnommen.

Widersprüchlichkeiten liegen dazu nicht vor. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der vorliegenden Unterlagen des Verfahrens vor der Vermessungsbehörde, soweit sie in den Feststellungen enthalten sind, keine Bedenken ergeben.

Bei einer Durchschnittspreisbetrachtung der Quadratmeter-Grünlandpreise von 25 Tiroler Gemeinden in der näheren Umgebung der Gemeinde Gries im Sellrain ergibt sich – gestützt auf in www.bodenpreise.at enthaltene Preise ein Durchschnittspreis in Höhe von EUR 12,81, während es auch bei Betrachtung der Datengrundlage für die Gemeinde Gries im Sellrain, auf die sich der Ersteller des „Gutachtens“ stützt ebenfalls ein arithmetisch berechneter Durchschnitts-Quadratmeterpreis in Höhe von EUR 12,225 ergibt. Der im „Gutachten“ enthaltene Durchschnitts-Quadratmeterpreis in Höhe von EUR 5,60 ist in der gegenständlichen Angelegenheit ein Preis, der sich nicht einmal annähernd aus einer nachvollziehbaren Berechnung ergeben könnte, wenn man nicht von speziellen Abschlägen, die gerade in der gegenständlichen Angelegenheit zum Zuge kommen müssten, ausgeht. Dass solche Abschläge zu tätigen bzw. anzuwenden sind, wurde in der gegenständlichen Angelegenheit weder vom Bürgermeister der Gemeinde Gries, noch vom Ersteller des „Gutachtens“, dem mangels Nachvollziehbarkeit vom erkennenden Gericht keinerlei Relevanz beigemessen wird, vorgebracht bzw. behauptet.

Unter Berücksichtigung der besonderen Lage der beiden Trennstücke im Nahebereich der Hauptverkehrsader des Sellraintales, der dargelegten Datengrundlage hinsichtlich in der Gemeinde Gries im Sellrain in den vergangenen Jahren durchgeführten Grundstücksverkäufe von Grünlandflächen und der Inflation, die gerade in den letzten beiden Jahren auch die Österreichische Wirtschaft beeinträchtigt hat, ist der vom zuständigen Vermessungsamt Innsbruck – sich auch auf einer neutralen Wertangabe von www.bodenpreise.at beruhende und herangezogene Quadratmeterpreis in Höhe von EUR 15,72 im Rahmen der anzustellenden freien Beweiswürdigung als plausibel und nachvollziehbar zu bezeichnen, bzw. jedenfalls nicht als zu hoch anzusehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Verfahrensrecht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Das Vermessungsgesetz (VermG) sieht die Entscheidung durch Senate nicht vor.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 138/2017, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Aus § 3 Abs. 3 VermG ergibt sich die Zuständigkeit des BVwG zur verfahrensgegenständlichen Entscheidung.

3.2. Rechtsgrundlagen:

Das Bundesgesetz vom 19.12.1929 über grundbücherliche Teilungen, Ab- und Zuschreibungen (Liegenschaftsteilungsgesetz [LiegTeilG]), BGBl. Nr. 3/1930, in der Fassung des BGBl. I Nr. 190/2013, lautet auszugsweise:

„B. Abschreibung geringwertiger Trennstücke.

§ 13. (1) Wenn ein Trennstück oder mehrere Trennstücke lastenfrei oder unter Mitübertragung von Grunddienstbarkeiten abgeschrieben werden sollen und die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Abschreibung nach den Abs. 3 oder 4 offenbar gegeben sind, kann die Vermessungsbehörde den Antrag auf bücherliche Durchführung, die Zustimmung der Buchberechtigten zur lastenfreien Abschreibung und den Titel des Eigentumserwerbs beurkunden. Der Rang der Eintragung richtet sich nach dem Zeitpunkt, in dem der Beschluss über die Ab- und Zuschreibung der Einlaufstelle übergeben wird.

(2) Auf Grund dieser Beurkundung und des dem Anmeldungsbogen zugrundeliegenden Planes ist, sofern die in den Abs. 3 oder 4 genannten Voraussetzungen vorliegen, die Ab- und Zuschreibung zu bewilligen. Hiezu bedarf es unbeschadet sonstiger Voraussetzungen weder der Vorlage einer Urkunde noch der Zustimmung oder Aufforderung (§ 4) der Buchberechtigten. Doch sind diese von der Abschreibung zu verständigen.

(3) Die Abschreibung von einem Grundbuchskörper ist zulässig, wenn sich der Wert der bei dem Grundbuchskörper verbleibenden Grundstücke infolge der Abschreibung jedes einzelnen Trennstücks offenbar um nicht mehr als je 2 000 Euro verringert.

(4) Die Abschreibung von einem belasteten Grundbuchskörper ist überdies nur zulässig,

1. wenn sich der Wert der bei dem Grundbuchskörper verbleibenden Grundstücke zuzüglich des Werts der gleichzeitig zugeschriebenen Trennstücke infolge der Abschreibung insgesamt offenbar um nicht mehr als 2 000 Euro verringert,

2. wenn die Summe der Flächeninhalte der Trennstücke 5 vom Hundert des Flächeninhalts des Grundbuchskörpers nicht übersteigt,

3. wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor der Bewilligung der Abschreibung keine lastenfreie Abschreibung auf Grund dieses Absatzes vorgenommen worden ist und

4. wenn durch die begehrte Abschreibung die Ausübung einer Dienstbarkeit nicht unmöglich gemacht oder behindert wird.

(5) Die folgenden bücherlichen Rechte gelten nicht als Belastung im Sinn des Abs. 4:

1. Dienstbarkeiten, die auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt sind (§ 12 Abs. 2 GBG) und die sich nicht auf die abzuschreibenden Trennstücke beziehen (§ 3 Abs. 2),

2. Dienstbarkeiten, die auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt sind (Paragraph 12, Absatz 2, GBG) und die sich nicht auf die abzuschreibenden Trennstücke beziehen (Paragraph 3, Absatz 2,),

3. Lasten, bei denen die Buchberechtigten der lastenfreien Abschreibung zugestimmt haben.“

3.3. Rechtlich ergibt sich daraus Folgendes:

Die Wertminderung der Grundbuchskörper, von welchen ab- bzw. zugeschrieben werden soll (im gegenständlichen Fall ist das das Grundstück mit der GstNr. 261/1 KG 81109 Gries im Sellrain), ist vom zuständigen Vermessungsamt ohne Vornahme umständlicher und förmlicher Schätzungen zu ermitteln, wobei von ortsüblichen Durchschnittspreisen auszugehen ist. Dabei handelt es sich um eine Aufgabe, die den mit den Grundbesitzverhältnissen vertrauten Vermessungsbeamten ohne weiteres übertragen werden kann (vgl. dazu Twaroch, Kataster- und Vermessungsrecht4, § 13 LiegTeilG, Anm. 1, Seite 308 sowie Seite 312 unter Bezug auf OGH 5Ob 94/88 und auf BVwG 25.08.2014, W138 2009903-1/4E). Wenn nur durch ein langwieriges und insbesondere ein kostenintensives Sachverständigenverfahren festgestellt werden kann, ob die Wertminderung die festgesetzte Höchstgrenze nicht überschreitet, ist das vereinfachte Verfahren nicht anzuwenden (BVwG 07.10.2021, W138 2245499-1/5E). Ein umfangreiches Ermittlungsverfahren würde dem Sinngehalt der Gesetzesbestimmung zuwiderlaufen, da das Verfahren gemäß § 13 LiegTeilG vor der Vermessungsbehörde und dem Grundbuchsgericht im Interesse der Verwaltungsvereinfachung möglichst rasch und unkompliziert zu gestalten ist.

Der Vermessungsbeamte hat im Zuge der Wertermittlung der Trennstücke nur die Voraussetzung für die Einleitung des vereinfachten Verfahrens nach § 13 LiegTeilG prüfen. Diese Wertermittlung braucht einer ordentlichen, sachverständigen Schätzung nicht Stand zu halten (vgl. Burtscher/Holler/Müller-Fembeck/Stix, Das österreichische Vermessungsrecht5 (2019) § 13 LiegTeilG, Anm. 9, Seite 291). Dies ergibt sich eindeutig aus der Verwendung des Wortes „offenbar“. Wenn sich im Zuge des Ermittlungsverfahrens Zweifel am Vorliegen einer der Voraussetzungen ergeben – diese also nicht „offenbar“ vorliegen – hat die Vermessungsbehörde von der Durchführung des vereinfachten Verfahrens Abstand zu nehmen (vgl. OGH vom 05.09.1989, GZ 5Ob 94/88).

Wenn der Gesetzgeber offensichtlich dem zuständigen Vermessungsamt bei der Wertermittlung Ermessen einräumt, erlaubt sich das erkennende Gericht diesbezüglich auf die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hinzuweisen. Demnach wird ein Ermessen von einer Behörde dann rechtskonform ausgeübt, wenn im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung festgestellt wird, dass die Behörde die ihr gesetzten Grenzen nicht überschritten hat (vgl EuGH 24.07.2008, C-72/95, Kraaijeveld ua, Rz 59; EuGH 25.07. 2008, C-237/07, Janecek, Rz 46; EuGH 26.06.2019, C-723/17, Craeynest ua, Rz 45). Diesbezüglich gelangt das erkennende Gericht zur Auffassung, dass das Vermessungsamt Innsbruck in der gegenständlichen Angelegenheit das ihm übertragene Ermessen im Sinne des LiegTeilG ausgeübt hat. Bei der Feststellung des verfahrensgegenständlichen Wertes kann keinesfalls von einer willkürlich getroffenen Entscheidung gesprochen werden, zumal die Behörde ihren ermittelten Wert in Höhe von EUR 15,72 durch einen Hinweis auf ihr bekannte Grünland-Flächenverkäufe im Gemeindegebiet Gries im Sellrain auch nachvollziehbar zu untermauern vermag, während der Beschwerdeführer selbst nur behauptet, dass der angesetzte Wert bei etwa einem Drittel dieses Wertes liegt, ohne auch nur ansatzweise diese Behauptung nachvollziehbar zu untermauern. Selbst der in der Beschwerdeverhandlung anwesende Ersteller des „Gutachtens“ vermochte nicht sein eigenes Gutachten mündlich so zu erklären, dass dieses auch tatsächlich als Entscheidungsgrundlage für das erkennende Gericht herangezogen werden könnte. Warum er in der Gemeinde Gries im Sellrain von einem Grünland-Quadratmeterpreis in Höhe von EUR 5,60 ausgeht ist dem erkennenden Gericht nicht erschließbar.

In der gegenständlichen Angelegenheit hat das Vermessungsamt Innsbruck im Ergebnis – nach Auffassung des erkennenden Gerichtes – den beiden Trennstücken einen nachvollziehbaren Wert von EUR 15,72 je m2 zugrunde gelegt. Da das Trennstück eine Fläche mit einem Ausmaß von 167 m2 hat, beträgt der Wert bereits dieses einen Trennstückes EUR 2.625,25 und damit mehr als EUR 2.000.--. Unter Berücksichtigung von § 13 Abs. 3 LiegTeilG liegen damit nicht alle Voraussetzungen für die Abschreibung geringwertiger Trennstücke vor, sodass im Ergebnis die Entscheidung des Vermessungsamtes Innsbruck nicht zu beanstanden und das Beschwerdebegehren abzuweisen ist.

4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor.

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