BVwG L503 2273166-1

BVwGL503 2273166-117.8.2023

AlVG §49
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:L503.2273166.1.00

 

Spruch:

 

L503 2273166-1/4E

BESCHLUSS

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. ENZLBERGER und Mag. SIGHARTNER über die Beschwerde von XXXX gegen Spruchteil A) des Bescheids des AMS Linz vom 09.03.2023 zur Versicherungsnummer XXXX , betreffend Anspruchsverlust nach § 49 AlVG, nach ergangener Beschwerdevorentscheidung vom 17.05.2023, GZ: XXXX , beschlossen:

 

A.) In Erledigung der Beschwerde wird Spruchteil A) des bekämpften Bescheids behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das AMS Linz zurückverwiesen.

 

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Begründung:

 

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom 9.3.2023 sprach das AMS aus, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: „BF“) gemäß § 49 AlVG im Zeitraum vom 18.1.2023 bis zum 5.3.2023 kein Arbeitslosengeld erhält (Spruchteil A.); die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde gemäß § 13 Abs 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchteil B.). Begründend führte das AMS nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu Spruchpunkt I. aus, der BF habe den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am 18.1.2023 nicht eingehalten und sich erst wieder am 6.3.2023 bei der regionalen Geschäftsstelle gemeldet. Im Hinblick auf Spruchpunkt II. verwies das AMS insbesondere auf entsprechende öffentliche Interessen.

2. Mit Schreiben vom 3.4.2023 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 9.3.2023, die sich inhaltlich nur gegen Spruchteil A. des Bescheids richtet. Darin führte der BF aus, er habe den Kontrollmeldetermin vom 18.1.2023 sehr wohl wahrgenommen; es sei hierbei sogar über einen Arbeitsantritt am 10.3.2023 gesprochen worden. Er habe bei diesem Termin auch niemanden eine „dumme Kuh“ genannt bzw. auch nicht gespuckt. Beantragt wurde, das BVwG möge den angefochtenen Bescheid aufheben und dahingehend abändern, dass ihm das Arbeitslosengeld für den Zeitraum von 18.1.2023 bis 5.3.2023 zuerkannt und ausbezahlt wird. Weiters wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Spruchteil B. des bekämpften Bescheids (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde) wurde dem Wortlaut der Beschwerde nach nicht angefochten.

3. Mit Parteiengehör vom 21.4.2023 verwies das AMS auf einen Aktenvermerk der Beraterin des BF vom 18.1.2023, demzufolge sich der BF beim Kontrollmeldetermin aggressiv verhalten und sie beschimpft habe; er habe mehrmals gesagt, sie sei „eine dumme Kuh“. Es sei dem BF auch mehrmals eine Verwaltungsstrafe angedroht worden, woraufhin der BF „leck mich am Arsch“ gesagt, auch die Kollegin G. beschimpft und auf den Boden gespuckt habe.

Bei diesem Gespräch seien als Zeugen die Mitarbeiter Herr B. und Frau G. anwesend gewesen.

In rechtlicher Hinsicht wies das AMS insbesondere auf die Rechtsprechung des VwGH hin, wonach eine wirksame Kontrollmeldung trotz Anwesenheit dann nicht vorliege, wenn die Führung des Gespräches verweigert bzw. trotz Ermahnung ein Verhalten gesetzt wird, das die Führung eines dem Zweck des Kontrolltermins entsprechenden Gesprächs unmöglich macht.

Der BF könne dazu bis 5.5.2023 schriftlich Stellung nehmen.

4. Mit Stellungnahme vom 4.5.2023 brachte der BF insbesondere vor, er habe nicht geschimpft, sondern „lediglich etwas lauter gesprochen“. Er habe niemanden beleidigt und habe „grundsätzlich en lauteres Sprachorgan“.

5. Mit Bescheid vom 17.5.2023 wies das AMS die Beschwerde des BF im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung ab.

Folgende Feststellungen wurden getroffen: Der BF habe am 18.1.2023 den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin eingehalten und persönlich beim AMS vorgesprochen. Aufgrund seines Verhaltens sei es nicht möglich gewesen, mit dem BF ein ordentliches Gespräch zu führen. Die Beraterin habe versucht, ihm zu erklären, dass eine Einstellzusage mit 10.3.2023 nicht akzeptiert werden könne und ihm weitere Stellen vermittelt würden. Beim Gespräch am 18.1.2023 habe die Beraterin zwei Kollegen hinzugeholt. Bereits am 7.12.2022 sei es anlässlich einer persönlichen Vorsprache nicht möglich gewesen, mit dem BF ein ordentliches Gespräch zu führen. Letztendlich habe er die Beraterin (gemeint: beim Gespräch am 18.1.2023) als „dumme Kuh“ bezeichnet, auf den Boden gespuckt und habe zu den anwesenden drei Mitarbeitern „leck mich am Arsch“ gesagt. Nach dem 18.1.2023 habe der BF wieder am 6.3.2023 persönlich vorgesprochen. Auch dieses Gespräch sei nicht friktionsfrei verlaufen. Bislang habe der BF keine Beschäftigung aufgenommen.

Beweiswürdigend führte das AMS ausschließlich wörtlich wie folgt aus: „Die Vorschreibung des Kontrollmeldetermins für den 18.01.2023 ergibt sich aus dem Schreiben vom 07.12.2022. Unstrittig ist, dass Sie am 18.01.2023 persönlich vorgesprochen haben. Die Feststellung, dass es nicht möglich war mit Ihnen ein ordentliches Gespräch zu führen, ergibt sich aus dem Aktenvermerk vom 18.01.2023. Nachdem Sie sich bereits beim Gespräch am 07.12.2022 nicht kooperativ zeigten und ein aggressives Verhalten an den Tag legten – Sie haben die Niederschrift zerrissen und nannten beim Verlassen des Büros die Beraterin blöde Kuh – bestehen keine Zweifel am dokumentierten Gesprächsverlauf am 18.01.2023. Aufgrund der gemachten Erfahrungen hat die Beraterin auch zwei Kollegen zum Termin am 18.01.2023 hinzugezogen.“

In rechtlicher Hinsicht verwies das AMS auf § 49 AlVG; eine wirksame Kontrollmeldung trotz Anwesenheit liege dann nicht vor, wenn die Führung des Gespräches verweigert bzw. trotz Ermahnung ein Verhalten gesetzt wird, das die Führung eines dem Zweck des Kontrolltermins entsprechenden Gesprächs unmöglich macht. Die Beraterin habe den BF im Beisein von zwei Kollegen mehrmals um Mäßigung gebeten und bezüglich einer Verwaltungsstrafe ermahnt. Nachdem der BF sein Verhalten nicht geändert habe, sei das Gespräch beendet und sein Leistungsbezug per 18.1.2023 eingestellt worden. Wegen der beleidigenden Äußerungen sei mit Bescheid vom 18.1.2023 eine Ordnungsstrafe von € 100,-- ausgesprochen worden. In seiner Beschwerde und seiner Stellungnahme beteuere der BF, dass er sich beim Termin ordnungsgemäß verhalten hätte. Dem stehe die Schilderung der Beraterin eindeutig entgegen und bei den Terminen am 7.12.2022 und am 18.1.2023 seien jeweils Kollegen zum Gespräch beigezogen worden. Seine nächste persönliche Vorsprache nach dem 18.1.2023 sei am 6.3.2023 erfolgt. Das AMS gelange in freier Würdigung der Beweis- und Sachlage zur Auffassung, dass der BF am 18.01.2023 wohl vorgesprochen habe, jedoch liege keine wirksame Kontrollmeldung vor. Die Wiedermeldung bzw. Geltendmachung des Fortbezuges sie am 6.3.2023 erfolgt, sodass der BF zu Recht vom 18.1.2023 bis 5.3.2023 kein Arbeitslosengeld erhalte.

6. Mit Schreiben vom 31.5.2023 stellte der BF fristgerecht einen Vorlageantrag.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der referierte Verfahrensgang wird als relevanter Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Aufhebung und Zurückverweisung

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Das Vorschlagsrecht für die Bestellung der erforderlichen Anzahl fachkundiger Laienrichter und Ersatzrichter steht gemäß § 56 Abs 4 AlVG für den Kreis der Arbeitgeber der Wirtschaftskammer Österreich und für den Kreis der Arbeitnehmer der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte zu; die vorgeschlagenen Personen müssen über besondere fachliche Kenntnisse betreffend den Arbeitsmarkt und die Arbeitslosenversicherung verfügen.

Gegenständlich liegt somit die Zuständigkeit eines Senats vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Das AMS hat gegenständlich eine Beschwerdevorentscheidungen gemäß § 14 VwGVG erlassen und der BF hat fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG gestellt; gemäß § 15 Abs 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird. Anders als in § 64a AVG tritt mit der Vorlage der Beschwerde die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft; Beschwerdegegenstand im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht soll die Beschwerdevorentscheidung sein (EB zur RV 2009 dB XXIV.GP, S. 5).

3.3. Einschlägige Bestimmungen im AlVG:

§ 49 AlVG lautet:

Kontrollmeldungen

§ 49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, daß das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.

(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterläßt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören.

3.4. § 28 VwGVG lautet auszugsweise:

[...]

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

[...]

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

3.5. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Im vorliegenden Verfahren wird dem BF vom AMS angelastet, er habe anlässlich des Kontrollmeldetermins vom 18.1.2023 seine Beraterin beschimpft, diese als „dumme Kuh“ bezeichnet, auf den Boden gespuckt und zu den anwesenden drei AMS-Mitarbeitern letztlich „leck mich am Arsch“ gesagt, sodass ein Gespräch mit dem BF unmöglich gewesen sei und folglich eine wirksame Kontrollmeldung nicht vorliege.

Vorweg sei angemerkt, dass dieses Verhalten des BF – so es sich tatsächlich wie beschrieben zugetragen hat – völlig inakzeptabel wäre und unzweifelhaft ein Kontrollmeldeversäumnis im Sinne von § 49 Abs 2 AlVG vorliegen würde.

Allerdings hat das AMS den vorliegenden Sachverhalt grob mangelhaft ermittelt: Die getroffenen Feststellungen beruhen einzig und allein auf dem Aktenvermerk der Beraterin des BF vom 18.1.2023 (sowie darauf, dass sich der BF bereits bei einem Gespräch am 7.12.2022 „nicht kooperativ“ gezeigt und ein „aggressives Verhalten an den Tag gelegt“ habe). Der BF hat im Verfahren die inkriminierten Aussagen bzw. Verhaltensweisen betreffend den Termin am 18.1.2023 aber (mehrfach) bestritten (arg. der BF bei seiner niederschriftlichen Befragung am 6.3.2023: „Ich habe nicht blöde Kuh gesagt und auch nicht zu Boden gespuckt“; arg. der BF in seiner Beschwerde: „Ich habe an diesem Termin auch niemanden eine ‚dumme Kuh‘ genannt bzw. auch nicht gespuckt“). Vor diesem Hintergrund ist unerklärlich, warum das AMS nicht (spätestens im Rahmen des Beschwerdevorentscheidungsverfahren, wie auch in vergleichbaren Fällen üblich) jene Mitarbeiterin, die der BF beschimpft habe, sowie die beiden anderen, zum Termin am 18.1.2023 beigezogenen AMS-Mitarbeiter, (zeugenschaftlich) zum Verhalten des BF befragt hat, sondern sich zur Ermittlung des Sachverhalts ungeachtet der zur Verfügung stehenden Beweismittel mit dem bloßen Verweis auf den Aktenvermerk begnügte. Bezeichnender Weise werden die weiteren beiden anwesenden AMS-Mitarbeiter in diesem Aktenvermerk auch als „Zeugen“ für das Verhalten des BF genannt. Es stellt sich somit als essenziell dar, die erwähnten drei AMS-Mitarbeiter (zeugenschaftlich) zum Verhalten des BF zu befragen; deren Aussagen wären dann dem BF im Rahmen eines – vom AMS in vergleichbaren Beschwerdevorentscheidungsverfahren auch üblicherweise gewährten - Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen. Dass der erwähnte Aktenvermerk (auch) ein Beweismittel ist, ist unbestritten, allerdings kann in Anbetracht des Vorbringens des BF und der Möglichkeit zur Erlangung weiterer Beweismittel (Zeugenaussagen), wie dargestellt, die Beweiswürdigung keinesfalls einzig darauf gestützt werden.

Dem BVwG liegt somit kein brauchbarer Sachverhalt im Sinne der Erkenntnisse des VwGH vom 10.9.2014, Zl. Ra 2014/08/0005 und vom 26.6.2014, Zl. Ro 2014/03/0063, vor. Das AMS wird im fortgesetzten Verfahren jene (drei) AMS-Mitarbeiter zu befragen haben, die beim Termin des BF am 18.1.2023 anwesend waren, und dem BF diesbezüglich sodann auch Parteiengehör zu gewähren haben. Im Übrigen steht der gegenständlichen Entscheidung auch § 28 Abs 2 Z 2 VwGVG nicht entgegen, zumal das AMS die erforderlichen Ermittlungsschritte und damit die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes rascher und nicht mit höheren Kosten als das BVwG bewerkstelligen wird können: So liegt es auf der Hand, dass die Befragung von drei Mitarbeitern des AMS durch das AMS selbst rascher und ökonomischer ist als deren – erstmalige - Befragung im Rahmen einer Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG.

Aus den dargestellten Gründen war spruchgemäß mit einer Behebung und Zurückverweisung vorzugehen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da es zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsgericht kassatorisch entscheiden darf, eine klare und aktuelle (siehe insbesondere die Erkenntnisse des VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005 und vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063) höchstgerichtliche Rechtsprechung gibt.

 

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist. Aufgrund der Aufhebung des angefochtenen Bescheides konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

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