BVwG I419 2219688-1

BVwGI419 2219688-112.11.2019

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art. 133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:I419.2219688.1.00

 

Spruch:

I419 2219688-1/5E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Tomas Joos als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Florian Burger und Stefan Frieß als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch RA Mag. German Bertsch, gegen den Bescheid des AMS Dornbirn vom 22.02.2019 wegen Verlusts der Notstandshilfe, Zl. XXXX, nach Beschwerdevorentscheidung vom 09.05.2019, XXXX, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Mit dem bekämpften Bescheid hat das AMS ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin den Anspruch auf Notstandshilfe von 22.01. bis 04.03.2019 verloren habe. Diese habe an einer Wiedereingliederungsmaßnahme nicht teilgenommen. Gründe für eine Nachsicht seien nicht zu berücksichtigen.

 

2. Dagegen wird beschwerdehalber vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe alles eingehalten, was gesetzlich vorgeschrieben sei, und auch die entsprechenden Termine wahrgenommen. Es sei unrichtig, dass sie nicht an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teilgenommen habe. Weil Angaben, um welche Wiedereingliederungsmaßnahme es gehe, im Bescheid fehlten, könne sie sich auch nicht rechtfertigen. Sie habe keine Wiedereingliederungsmaßnahme abgelehnt, sondern - wenn überhaupt - nur Betreuung und Begleitung. Ihr Verhalten könne nicht als eine Verweigerung oder Vereitelung angesehen werden.

 

3. Mit Beschwerdevorentscheidung wies das AMS die Beschwerde ab, ergänzte den Spruch um die Nichterteilung einer Nachsicht und die Begründung dahingehend, dass die Arbeitsmarktchancen der Beschwerdeführerin durch die Vorbereitungsmaßnahmen in dem sozialökonomischen Betrieb der A.-gGmbH verbessert hätten werden sollen, und zwar durch den Erwerb von Arbeitserfahrung, die Verbesserung näher genannter Fähigkeiten und Fertigkeiten, Möglichkeit der anschließenden Arbeitsaufnahme in einem Dienstverhältnis dort sowie Unterstützung bei der aktiven Arbeitssuche.

 

4. Ergänzend zum Vorlageantrag bringt die Beschwerdeführerin vor, das in der Beschwerdevorentscheidung genannte Datum des Bewerbungsgesprächs sei falsch, und ihr Gesprächspartner sei "offensichtlich" davon ausgegangen, dass die angedachte Vorbereitungsmaßnahme ungeeignet für die Beschwerdeführerin gewesen sei, die ihrerseits vorab durch das Anwesen gegangen sei und dort Personen angetroffen habe, deren "deutliche gesundheitliche Probleme" ihr deutlich erkennbar gewesen seien, "hinsichtlich körperlicher Motorik, Ausdrucksweise, Redensart und geistigem Verständnis".

 

Personen, die wie die Beschwerdeführerin "mitten im Leben" stünden und "keine diesbezüglichen ähnlichen psychischen Beeinträchtigungen" aufwiesen, gehörten nicht "zum Klientel", mit dem der Gesprächspartner gewöhnlich zu tun habe. Die K.-GmbH betreue außer Langzeitarbeitslosen vor allem auch Obdachlose und unmittelbar von Wohnungsverlust Bedrohte.

 

Keineswegs habe sie sich geweigert, an der Maßnahme teilzunehmen, sonst hätte sie keinen Vorstellungstermin vereinbart oder wäre nicht hingegangen. Sie wolle aber weder Begleitung noch Betreuung, weil diese nicht erforderlich seien, zumal sie eine selbständige Person sei. Beim zugewiesenen Projekt sei es dagegen anzunehmen, dass "Begleitungs- und Betreuungsmaßnahmen gegenüber der Beschwerdeführerin gesetzt worden wären", die sie hätte "über sich ergehen lassen müssen", obwohl diese nicht erforderlich und grundsätzlich für Personen gedacht seien, die mit ihr keineswegs vergleichbar seien.

 

Die Beschäftigung der Beschwerdeführerin im Bereich Mikroverfilmung und Digitalisierung hätte sie zudem aus Gesundheitsgründen nicht ausüben können, weil sie keine Handschuhe tragen dürfe. Da es sich um eine reine Anlerntätigkeit handle, sei auch nicht ersichtlich, wie diese der Beschwerdeführerin konkret hätte helfen können. Diese auf solche Stellen zu verweisen, sei dem AMS auch im Rahmen der "normalen" Beratung möglich gewesen.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der Verfahrensgang wird festgestellt, wie eben in I. wiedergegeben.

Ferner wird festgestellt:

 

1.1 Die Beschwerdeführerin war bis 1999 durchgehend berufstätig, ausgenommen in den ersten Lebensjahren ihres 1980 geborenen Sohnes. Seither war sie insgesamt rund 3 Jahre und 3 Monate als Angestellte und ein Monat als Arbeiterin bei zusammen 5 Arbeitgebern vollversichert sowie weitere insgesamt 5 1/2 Monate geringfügig beschäftigt.

 

Seit 2010 bezog sie mit kurzen Unterbrechungen Notstandshilfe, ausgenommen während ihrer letzten vollversicherten Beschäftigungen im Juni 2012 und von September 2016 bis Jänner 2017. Im Betreuungsplan vom 19.12.2018 ist festgehalten, dass die Vermittlung der Beschwerdeführerin durch deren zunehmendes Alter erschwert wird, sie gesundheitliche Einschränkungen habe, die bei der Stellensuche zu berücksichtigen seien, und sie von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht sei.

 

Das AMS werde sie beim Überwinden von Hindernissen bei der Vermittlung durch die Teilnahme an einem sozialökonomischen Beschäftigungsprojekt unterstützen. Ihre Teilnahme an der Vorbereitungsmaßnahme Arbeitstraining der Einrichtung A. werde befürwortet, da alle bisherigen Vermittlungsbemühungen erfolglos gewesen seien, und es das Ziel des Kurses sei, eine noch länger dauernde Arbeitslosigkeit zu verhindern. Die im Rahmen der Kooperation von A. mit dem Landeskrankenhaus stattfindenden Sekretariatsarbeiten seien der Beschwerdeführerin zumutbar.

 

1.2 Am 19.12.2018 hat ihr das AMS ihr die Beschäftigung in einem sozialökonomischen Betrieb angeboten und mitgeteilt, dass dafür ein vorbereitendes Arbeitstraining von sechs Wochen verpflichtend zu absolvieren sei. Dabei sei das Ziel, sie durch intensive Betreuung und Qualifizierung in dieser Zeit in ein Transferdienstverhältnis in diesem Betrieb oder in den Ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.

 

Wenn sie das Arbeitstraining erfolgreich abschließe, werde sie in ein Arbeitsverhältnis übernommen. Aufgrund ihrer längeren Arbeitslosigkeit sei ohne ihre Teilnahme an dieser Vorbereitungsmaßnahme eine Beschäftigung am regionalen Arbeitsmarkt nicht zu erlangen. Ihre beruflichen Erfahrungen, Kenntnisse und Fertigkeiten reichten nicht aus, um eine zumutbare Beschäftigung am Ersten Arbeitsmarkt zu bekommen und entsprächen auch nicht den seitens der Unternehmen nachgefragten Fachqualifikationen.

 

1.3 Die Teilnahme an der verpflichtenden Vorbereitungsmaßnahme werde die Arbeitsmarktchancen der Beschwerdeführerin aufgrund folgender Faktoren verbessern: Trainieren von Fähigkeiten und Fertigkeiten, Erwerb von Arbeitserfahrung, Verbesserung von Arbeitshaltung und Zeitstruktur, Steigerung der Belastbarkeit sowie Möglichkeit der anschließenden Arbeitsaufnahme in einem Dienstverhältnis dort und Unterstützung bei der aktiven Arbeitssuche.

 

Der sozialökonomische Betrieb der Einrichtung A., einer gemeinnützigen GmbH, beschäftige sich an Standorten in mehreren genannten Gemeinden unter anderem mit Online-Buchhandel, Sekretariatsarbeiten in Kooperation mit einer Krankenanstalt sowie Mikroverfilmung und Digitalisierung, welche Einscannen und Sicherung auf Mikrofilm sowie Korrekturlesen mittels Software und Archivarbeiten umfasse. Beim Vorstellungsgespräch werde geklärt, in welchem Bereich die Beschwerdeführerin arbeiten werde.

 

1.4 Die Beschwerdeführerin vereinbarte einen Vorstellungstermin an einem der Standorte und reiste zeitgerecht an. Im anschließenden Gespräch am 22.01.2019 äußerte sie dort Herrn B. gegenüber, dass sie Betreuung und Begleitung ablehne. Sie wolle für sich selbst entscheiden und nicht, dass für sie gehandelt werde. Sie vertrat am 11.02.2019 dem AMS gegenüber und vertritt weiter die Ansicht, dass sie keine Betreuung und Begleitung benötigt, und sie wollte und will diese auch nicht.

 

Eine Arbeitsmöglichkeit am Computer in der Abteilung Digitalisierung wurde darauf nur kurz angesprochen und schließlich vereinbart, dass die Beschwerdeführerin mit dem AMS Kontakt aufnehmen und Alternativen suchen werde.

 

1.5 Das Arbeitstraining der Beschwerdeführerin bei der A. gGmbH kam nicht zustande, wofür ihre Aussagen kausal waren. Es war ihr bewusst, dass es sich bei der zugewiesenen um eine zumutbare Vorbereitungsmaßnahme handelt, deren Erfolg sich nicht einstellen wird, wenn sie angibt, dass sie Betreuung und Begleitung ablehne. Dennoch hat sie es getan und die Folgen in Kauf genommen.

 

1.6 Die Beschwerdeführerin leidet an einem Kontaktekzem. Laut allgemeinärztlicher Stellungnahme "kann" sie keine Handschuhe tragen und "darf" nicht mit Nässe "in Kontakt kommen" und die Hände nicht "oft" reinigen, weshalb "praktisch" nur ein Büroarbeitsplatz für sie infrage kommt.

 

Das angeordnete Training entsprach den körperlichen Fähigkeiten der Beschwerdeführerin und gefährdete nicht deren Gesundheit und Sittlichkeit. Es war ihr auch sonst zumutbar.

 

1.7 Sie hat bis mindestens 29.10.2019 keine Beschäftigung aufgenommen und Notstandshilfe bezogen. Die Erfolglosigkeit ihrer Suche nach einer Büroarbeit führt sie auf ihr Alter zurück.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Der Verfahrensgang und die Feststellungen zum Leistungsbezug ergeben sich aus dem vorliegenden AMS-Akt und den eingeholten Registerauszügen sowie den Angaben der Beschwerdeführerin. Die Zumutbarkeit der Wiedereingliederungsmaßnahme ergibt sich aus der Niederschrift mit der Beschwerdeführerin vom 11.02.2019, deren Inhalt trotz verweigerter Unterschrift unbestritten blieb, und der Stellenausschreibung, einschließlich der Angaben, welche Tätigkeiten angeboten werden, wobei ab Bezug der Notstandshilfe kein Berufs- oder Entgeltschutz mehr bestand.

 

Wenn in der Beschwerdeergänzung erstmals vorgebracht wird, die Archivierungstätigkeiten seien gesundheitlich nicht zumutbar, weil die Beschwerdeführerin "andauernd Papiermaterial, auch vergriffenes und bakterielles Papier, so wie überhaupt altes Archivmaterial einzuscannen gehabt hätte", was zu Infektionen und einer Sepsis führen könne, ist (vom Neuerungsverbot abgesehen) auf die aktenkundige Bandbreite der Tätigkeiten und darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführerin mit dem Hinweis zum Vorstellungsgespräch aufgefordert wurde, dass ihr die Sekretariatsarbeiten für das Landeskrankenhaus zumutbar seien.

 

Der Beschwerdeführerin wurde am 19.12.2018 mitgeteilt, dass sie in ein Arbeitsverhältnis übernommen werde, wenn sie die Maßnahme erfolgreich abschließe, sodass es ihr bewusst war, dass sie diesen Erfolg vereiteln werde, wenn sie daran nicht teilnimmt oder die Betreuung und Begleitung ihrer Wiedereingliederung verhindert. Der festgestellte Gesprächsinhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den Aussagen der Beschwerdeführerin und den Meldungen der Einrichtung A. an das AMS. Seine Kausalität für das Nichtzustandekommen der Maßnahme folgt aus der Meldung vom 22.01.2019, die das AMS stichwortartig mit "Ablehnung durch Bewerber" festhielt.

 

Die Beschwerdeführerin hat ihre ablehnende Haltung auch mit den niederschriftlich festgehaltenen Worten bestätigt: "Es ist gut, das[s] es sowas gibt für Leute[,] die das brauchen. Aber ich will das nicht, ich mache meine Sachen selber."

 

Die deklarierte Selbsteinschätzung der Beschwerdeführerin betreffend ihren Betreuungsbedarf und den Grund ihrer Misserfolge bei der Arbeitssuche finden sich in der Niederschrift vom 11.02.2019 und im Bericht der Arbeits- und Berufspsychologin vom 05.04.2019, denen in diesen Punkten auch im Beschwerdeverfahren nicht widersprochen wurde.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde

 

3.1 Zum Anspruchsverlust:

 

3.1.1 § 10 Abs. 1 AlVG legt fest, dass eine Person, die ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt (Z. 3), für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die auf diese Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld verliert. Das gilt nach § 38 AlVG auch für die Notstandshilfe.

 

Mit ihrer Ablehnung von Betreuung und Begleitung hat die Beschwerdeführerin ihr Desinteresse an der Wiedereingliederungsmaßnahme ausgedrückt, auch wenn sie einen Trainingsbeginn nicht ausdrücklich abgelehnt hat. Ihr gezeigtes Desinteresse kann dennoch nur bedeuten, dass sie nicht daran teilnehmen wollte. Die Rechtsprechung qualifiziert ein derartiges Verhalten "insgesamt als Weigerung". (Vgl. VwGH 07.09.2011, 2009/08/0268)

 

3.1.2 Sie hat durch die ausdrückliche Ablehnung der beiden genannten Hilfestellungen auch den Erfolg der Maßnahme, nämlich die der Maßnahme folgende Beschäftigung bei der Einrichtung, vereitelt, weil sie daran nicht teilnahm.

 

3.1.3 Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich nach der Rechtsprechung darauf einstellen, nicht nur eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen, sondern - erforderlichenfalls - auch an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen. Um sich durch die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Teilnahme ausgerichteten aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, den Erfolg der Maßnahme zu vereiteln. (Vgl. VwGH 31.07.2014, 2013/08/0279)

 

Eine Wiedereingliederungsmaßnahme ist nur dann erforderlich und zumutbar im Sinne des § 9 AlVG, wenn sie allein oder gemeinsam mit anderen Maßnahmen im Hinblick auf eine tatsächliche Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt Erfolg versprechend erscheint. Ein Ausschluss vom Bezug der Geldleistung setzt jedenfalls voraus, dass entsprechende Gründe für die Zuweisung zu einer Maßnahme vorliegen. (VwGH a.a.O.)

 

3.1.4 Bei Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt hat das AMS nach § 9 Abs. 8 AlVG der arbeitslosen Person die Gründe anzugeben, die eine Teilnahme an einer derartigen Maßnahme als zur Verbesserung der Wiederbeschäftigungschancen notwendig oder nützlich erscheinen lassen, soweit diese nicht auf Grund der vorliegenden Umstände wie insbesondere einer längeren Arbeitslosigkeit in Verbindung mit bestimmten bereits z. B. im Betreuungsplan erörterten Problemlagen als bekannt angenommen werden können, die einer erfolgreichen Arbeitsaufnahme entgegen stehen.

 

Nach den Feststellungen liegt fallbezogen sowohl eine im Betreuungsplan erörterte Problemlage samt längerer Arbeitslosigkeit vor, als auch (oben 1.2 und 1.3) eine schlüssige Begründung der Teilnahmenotwendigkeit.

 

3.1.5 Im letzten Satz des § 9 Abs. 8 AlVG ist festgelegt, dass eine Maßnahme zur Wiedereingliederung auch auf die persönliche Unterstützung bei der Arbeitssuche abzielen kann. Da im vorliegenden Sachverhalt entgegen dem Beschwerdevorbringen und der Behauptung der Beschwerdeführerin nicht zu sehen ist, warum diese nicht dieser Unterstützung bedarf, ist auch davon auszugehen, dass die - eingestandene - Ablehnung von Betreuung und Begleitung für sich allein bereits als Weigerung im Sinn des § 10 Abs. 1 AlVG qualifiziert werden muss.

 

3.1.6 Die Beschwerdeführerin hat sich aber nicht nur in diesem und im Sinn von 3.1.1 geweigert, sondern auch den Erfolg der Maßnahme vereitelt, wie in 3.1.2 gezeigt. Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 3 AlVG ist damit in beiden Formen verwirklicht.

 

Nach all dem waren die Voraussetzungen der in § 10 Abs. 1 AlVG vorgesehenen Sanktion des Verlusts der Notstandshilfe erfüllt.

 

3.2 Zur Nichterteilung einer Nachsicht:

 

Nach § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruches nach Anhörung des Regionalbeirates in berücksichtigungswürdigen Fällen, z. B. bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung, ganz oder teilweise nachzusehen.

 

Berücksichtigt man den Zweck des § 10 AlVG, den zeitlich befristeten Ausschluss vom Leistungsbezug als Sanktion für jene Arbeitslosen vorzusehen, die es durch eine Verletzung ihrer Pflichten bei der Arbeitssuche in Kauf nehmen, dass die Versichertengemeinschaft über Gebühr belastet wird, kann ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG nur vorliegen, wenn der Arbeitslose danach entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potenziellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch baldige Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht dauerhaften und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an, ebenso wenig auf Umstände, die schon im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit der Beschäftigung im Sinne des § 9 Abs. 2 und 3 AlVG von Bedeutung sind.

 

Die Behörde hat daher zu entscheiden, ob ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG vorliegt, und - wenn ja - anschließend unter Abwägung aller für die Nachsichtsentscheidung maßgebenden Umstände des Einzelfalles eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen, in welchem Ausmaß eine Nachsicht von der Sperrfrist zu gewähren ist. Diese letztgenannte Entscheidung unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur insoweit, als die Behörde von ihrem Ermessen grob unrichtigen oder dieses Ermessen überschreitenden Gebrauch gemacht hat.

 

Obwohl die amtswegige Prüfung des Sachverhalts zumindest eine Auseinandersetzung mit möglichen Nachsichtsgründen im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG erfordert, muss die Behörde nur solche Gründe prüfen, die der Arbeitslose vorbringt oder für die es sonstige Hinweise in den Akten gibt.

 

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin jedenfalls neun Monate lang nach der Vereitelung und Weigerung keine die Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung aufgenommen. Ebenso wenig haben sich im Verfahren besondere Gründe ergeben, aus denen der Beschwerdeführerin ihr Verhalten nicht vorgeworfen werden konnte.

 

Insofern gab es keinen Grund, eine Nachsicht von der Rechtsfolge des § 10 AlVG zu erteilen.

 

Nach all dem erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie wie geschehen abzuweisen war.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Teilnahmepflicht und zu Vereitelungshandlungen bei Wiedereingliederungsmaßnahmen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich anzusehen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

 

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von amtswegen eine öffentliche Verhandlung durchzuführen.

 

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Antrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

 

Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin und das AMS haben keine Verhandlung beantragt.

 

Fallbezogen liegt dem Bundesverwaltungsgericht ein umfassender Verwaltungsakt mit einem ausreichenden Ermittlungsverfahren und entsprechenden Ermittlungsergebnissen vor.

 

Eine mündliche Erörterung und die Einvernahme der Parteien hätte daher keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lassen. Der Sachverhalt war entscheidungsreif im Sinne des eben angeführten § 24 Abs. 4 VwGVG. Daher konnte von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden.

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