Spruch:
Der Antrag der beklagten Partei, die Rechtssache an das Arbeits- und Sozialgericht Wien zu delegieren, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Mit ihrer am 6. 8. 2012 beim Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage begehrt die Klägerin, eine Finanzvermittlungsgesellschaft mit Sitz in Salzburg, vom in Wien wohnhaften Beklagten die Rückzahlung von Provisionen aus seinem Agentenvertrag.
Nach Abweisung der Einrede der örtlichen Unzuständigkeit des Prozessgerichts und mehrfachem Schriftsatzwechsel beantragte der Beklagte die Einvernahme von zwölf Zeugen mit Adressen in Wien (ohne konkretes Beweisthema) sowie die Delegierung der Rechtssache an das Arbeits- und Sozialgericht Wien. Dadurch würde den Zeugen und dem Beklagten selbst das Erscheinen vor dem erkennenden Gericht wesentlich erleichtert und die Zeugengebühren gering gehalten.
Die Klägerin sprach sich mangels klarer und überwiegender Zweckmäßigkeit einer Delegierung gegen den Antrag aus. Von den zwölf Zeugen der Klagsseite (ON 8, 20) sind (nach mittlerweile erfolgter Übersiedlung eines Zeugen aus St. Pölten) neun - so wie auch die beiden zur Parteienvernehmung namhaft gemachten Personen - im Sprengel des Landesgerichts Salzburg und drei in Wien wohnhaft.
Das Erstgericht gab bekannt, dass in der zuständigen Gerichtsabteilung zahlreiche ähnliche streitige Verfahren der Klägerin, die in allen von derselben Anwaltskanzlei vertreten werde, anhängig seien. Die Rechtsvertreter des Beklagten würden in sieben dieser Verfahren als Beklagtenvertreter auftreten. Die Beklagten (und damit auch deren Vertragspartner/Versicherungsnehmer) stammten aus der Steiermark, Kärnten, Burgenland und Wien. Es sei davon auszugehen, dass im weiteren Verfahren zur Beweisaufnahme auch eine Reihe von Zeugen einzuvernehmen seien, die ihren Wohnsitz nicht im Sprengel des Landesgerichts Salzburg hätten. Es werde auch die unmittelbare Beweisaufnahme zweckdienlich sein, insbesondere als den Zeugen Urkunden vorzuhalten sein werden. Die vom Beklagtenvertreter namhaft gemachten Zeugen seien derzeit zum Beweis für sämtliche Einwendungen beantragt, zu denen er noch eine Differenzierung und Konkretisierung vorzunehmen haben werde.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (stRsp; RIS-Justiz RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung beziehungsweise Verbilligung des Verfahrens zu bewirken verspricht. Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, dass die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei nur dann auszusprechen ist, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589; RS0046324 ua).
Im vorliegenden Fall haben zwar der Beklagte und die von ihm genannten Zeugen ihren Wohnsitz in Wien, dem stehen aber neun im Landesgerichtssprengel Salzburg wohnhafte Zeugen gegenüber. Technische oder andere Gründe, die einer Vernehmung der Zeugen des Klägers per Videokonferenz entgegenstehen würden, sind nicht ersichtlich. Eine Delegierung wäre auch nicht zwingend mit einer Verfahrensbeschleunigung verbunden, weil das Landesgericht Salzburg mit den sich in der vorliegenden Rechtssache stellenden Sachfragen aufgrund der Mehrzahl von ähnlichen Verfahren schon vertraut ist. Die Frage der Zweckmäßigkeit einer Delegierung ist daher nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens zu beantworten.
Dem Antrag ist damit ein Erfolg zu versagen.
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