BFG RV/7200114/2017

BFGRV/7200114/201715.4.2019

Verbindliche Zolltarifauskunft für einen Flugzeugschlepper

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.7200114.2017

 

Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/16/0134. Mit Erk. v. 25.3.2021 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom 6. Juni 2017 gegen den Bescheid des Zollamtes Wien, Außenstelle Vordere Zollamtsstraße 5, vom 8. Mai 2017, Zl. 100000/101733/2017 betreffend Verbindliche Zolltarifauskunft zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Antrag vom 23. Februar 2017 beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Erteilung einer Verbindlichen Zolltarifauskunft für einen "elektrisch betriebenen, stangenlosen Flugzeugabschleppwagen".

Der Warenbeschreibung der Bf. ist zu entnehmen, dass es sich dabei um ein elektrisch betriebenes Kraftfahrzeug, ausschließlich zum Abschleppen von Flugzeugen mittels hydraulisch angehobener Hebeplattform und Gurtwinde, handelt.

Die Bf. schlug vor die Ware in den Nomenklatur-Code 8705 9080 einzureihen.

Mit der Verbindlichen Zolltarifauskunft (VZTA) des Zollamtes Wien vom 8. Mai 2017, Zl. AT 2017/000284 wurde die Ware als andere Zugmaschine mit einer Motorleistung von mehr als 18 kW bis 37 kW in den Nomenklatur-Code 8701 9290 00 eingereiht.

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 6. Juni 2017, mit welcher die Einreihung der gegenständliche Ware wie im Antrag auf Erteilung der Verbindlichen Zolltarifauskunft begehrt wird. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die gegenständliche Ware ein Kraftfahrzeug zu besonderen Zwecken und nicht eine Zugmaschine der Position 8701 darstelle. In der Position 8705 seien Abschlepp-Kraftfahrzeuge gesondert ausgewiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Wien vom 26. Juli 2017, Zl. 100000/60096/2017 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Einreihung in den Nomenklatur-Code 8701 9290 im Wesentlichen mit den objektiven Merkmalen und Eigenschaften der Ware begründet. Dabei wurde auf die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) 1 und 6, die Anmerkung 2 zu Kapitel 87, die Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) zu Kapitel 87, Ziffer 1 und 3 und die Erläuterungen zum HS zu Position 8701, 3. Absatz, verwiesen.

Mit Eingabe vom 14. August 2017 hat die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt und die Anberaumung eines Erörterungstermines zur Darlegung der technischen Details angeregt.

Mit Schreiben vom 1. März 2019 hat die Bf. ergänzend vorgebracht, dass die vom Bundesfinanzgericht (BFG) zur Kenntnis gebrachte VZTA der deutschen Zollverwaltung, Zl. DEBTI18207/18-1, welche einen Flugzeugschlepper ohne Abschleppstange dem Nomenklatur-Code 8701 9590 zuweist, nicht mit der gegenständlichen Ware vergleichbar sei, da diese mit der aufgebauten Seilwinde, einen Ausrüstungsgegenstand aufweise, der auf die HS Position 8705 hindeuten würde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 269 Abs. 3 Bundesabgabenordnung (BAO) kann der Einzelrichter bzw. der Berichterstatter die Parteien zur Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie zur Beilegung des Rechtsstreites laden.

Mit dem ergänzenden Vorbringen vom 1. März 2019 hat die Bf. ihre Sach- und Rechtsposition, insbesondere den Unterschied zwischen einem "herkömmlichen Flugzeugschlepper" und der gegenständlichen Ware derart konkret dargelegt, dass nach Ansicht des BFG eine weitere Erörterung entfallen konnte. Darüber hinaus besteht kein Rechtsanspruch einer Partei auf Durchführung einer solchen Erörterung (Ritz, BAO,§ 269, Tz 12).

Maßgebliche Grundlage einer verbindlichen Zolltarifauskunft nach Art. 33 Unionszollkodex (UZK) ist die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif. Für die Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur sind die Allgemeinen Vorschriften AV) 1 bis 6 maßgeblich.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die in der Sache ergangenen Entscheidungen des Zollamtes Wien (Verbindliche Zolltarifauskunft und Beschwerdevorentscheidung) und die darin dargestellten Rechtsgrundlagen verwiesen.

Im Wesentlichen reduziert sich der gegenständliche Rechtsstreit auf die Frage, ob sich der Streitgegenstand von einem "herkömmlichen Flugzeugschlepper", welcher selbst nach Ansicht der Bf. im ergänzenden Vorbringen vom 1. März 2019 weitgehend der HS-Position 8701 entspricht, derart unterscheidet, dass eine Einreihung in die HS-Position 8705 zu erfolgen hat.

Mit der VZTA des Hauptzollamtes Hannover, DEPTI18207/18-1, wurde ein zweiachsiges Kraftfahrzeug mit einer Fahrerkabine, mit einem Dieselmotor mit bestimmter Motorleistung, mit einem bestimmten Leergewicht, mit einer maximalen Geschwindigkeit von 32 km/h bei Leerfahrt und 15 km/h in Betrieb mit einem Flugzeug, ausgestattet mit einer hydraulischen Vorrichtung zum Anheben eines Flugzeuges über das Bugrad, ausschließlich auf Flughäfen zum Ziehen oder Schieben von Verkehrsflugzeugen bis zu einem bestimmten Gewicht verwendet, in die HS-Position 8701 als Flugzeugschlepper ohne Abschleppstange eingereiht.

Das gegenständliche Fahrzeug ist zum Ziehen und Schieben von Flugzeugen mit einem Gewicht bis zu 54.432 kg auf Flughäfen bestimmt. Es besteht aus einer Metallplattform mit 4 Rädern, hat einen Elektromotor mit einer Motorleistung von 33,8 KW, Antriebs,- Brems- und Lenkvorrichtungen, zwei entgegengesetzt angeordnete Fahrersitze mit Bedienhebeln an beiden Seiten und ist mit einer Zugwinde mit Gurtzugvorrichtung und einer elektrohydraulischen Hebevorrichtung ausgestattet. Mit der Winde wird das Bugrad eines Flugzeuges auf die Hebevorrichtung gezogen und dann mittels der hydraulischen Hebevorrichtung angehoben. In dieser Position kann das Flugzeug geschleppt oder geschoben werden.

Flugzeugschlepper ohne Schleppstange, die am Bugfahrwerk ansetzen, umfassen das Bugrad eines Flugzeuges und heben dieses an, um so das Flugzeug zu bewegen. Der Unterschied zum gegenständlichen Fahrzeug liegt darin, dass bei diesem das Bugrad mit einer Winde auf die hydraulische Hebevorrichtung gezogen wird, und nicht unmittelbar das umfasste Bugrad angehoben wird. Der Hebevorgang erfolgt in beiden Fällen hydraulisch.

Der gegenständliche Flugzeugschlepper unterscheidet sich somit lediglich durch die Zugwinde mit Gurtzugvorrichtung. Diese Zugwinde bedingt nun nach Ansicht der Bf. die Einreihung in die HS Position 8705.

Maßgebend für die Einreihung von Waren in die KN sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln (AV 1), für die Einreihung in die Unterpositionen deren Wortlaut und die Anmerkungen zu den Unterpositionen (AV 6).

Position 8701 hebt Zugmaschinen (ausgenommen Zugkraftkarren der Position 8709) gegenüber anderen Kraftfahrzeugen besonders hervor.

Anmerkung 2 Abs. 1 zu Kapitel 87 definiert Zugmaschinen im Sinne des Kapitels 87. Dies sind demnach Kraftfahrzeuge, die im Wesentlichen zum Ziehen oder Schieben anderer Fahrzeuge, Geräte oder Lasten gebaut sind. Sie können auch Zusatzvorrichtungen haben, die es möglich machen, im Zusammenhang mit der Hauptverwendung der Zugmaschine Werkzeuge, Geräte, Saatgut, Düngemittel usw. zu befördern.

Nach den, zumindest eine erhebliche Auslegungshilfe darstellenden Erläuterungen zu Position 8701 des HS gehören zu dieser Position, mit Ausnahme der in der Position 8709 erfassten Zugkraftkarren von der auf Bahnhöfen verwendet Art, Zugmaschinen aller Art und für alle Verwendungszwecke (Ackerschlepper, Schlepper für die Forstwirtschaft, Straßenzugmaschinen, Zugmaschinen für Bauarbeiten, Zugmaschinen mit Seilwinden usw.), ohne Rücksicht auf die Art des Antriebs (Otto- oder Dieselmotor, Elektromotor usw.). Hierher gehören auch Zugmaschinen, die sowohl auf Schienen als auch auf Straßen fahren können, jedoch nicht solche, die infolge ihrer Bauart nur auf Schienen fahren können, und als Kleinlokomotiven einzureihen sind. Sie können auch mit einer Vorrichtung zum Heben oder Senken der Arbeitsgeräte ausgestattet sein. Auch mit Seilwinden ausgestattete Zugmaschinen gehören zu dieser Position.

Nach dem letzten Absatz der Erläuterungen zum HS zu Position 8701, gehören nicht zu dieser Position mit Kranen, Hebebäumen, Seilwinden usw. ausgerüstete Abschleppwagen (8705).

Position 8705 handelt von Kraftfahrzeugen zu besonderen Zwecken, ihrer Beschaffenheit nach nicht hauptsächlich zur Personen- oder Güterbeförderung bestimmt und nennt beispielsweise Abschleppwagen, Kranwagen, Feuerwehrwagen, Betonmischwagen, Straßenkehrwagen, Straßensprengwagen, Werkstattwagen, Wagen mit Röntgenanlage).

Nach den Erläuterungen zum HS gehören zu dieser Position besonders konstruierte oder umgebaute Kraftfahrzeuge, auf denen Vorrichtungen oder Geräte angebracht sind, um sie für bestimmte andere als bloße Beförderungszwecke verwendbar zu machen. Es sind demnach Kraftwagen, deren wesentlicher Zweck nicht das Befördern von Personen oder Gütern ist.

Nach Z. 1) der Erläuterungen zum HS zu Position 8705 gehören in diese Position, Abschleppwagen, bestehend aus einem Lastkraftwagen- oder Sattelschlepperfahrgestell, auch mit Ladepritsche, Hebezeug, wie mit nicht drehbarem Kran, Hebebaum, Flaschenzug oder Seilwinde zum Heben und Abschleppen von Pannenfahrzeugen.

Wenn der Bf. vermeint, der gegenständliche Flugzeugschlepper wäre als Abschleppwagen in die Position 8705 einzureihen, übersieht er, dass Abschleppwagen dieser Position dem Abschleppen von Pannenfahrzeugen dienen.

Die eindeutige und weit gefasste Zugmaschinendefinition der Anmerkung zu Kapitel 87 und der Erläuterungen zum HS zu Position 8701 lässt nach Ansicht des BFG keine Zweifel an der Einreihung des gegenständlichen Flugzeugschleppers in die Position 8701 aufkommen. Auch mit Seilwinden ausgestattete Zugmaschinen sind nach den Erläuterungen zu HS in diese Position einzureihen.

Der Streitgegenstand stellt keinen Abschleppwagen der Position 8705 dar, da ihm das Merkmal des Hebens und Abschleppens von Pannenfahrzeugen, wie in den Erläuterungen zum HS zu Position 8705 gefordert, fehlt. Der Flugzeugschlepper ist auch nicht annähernd mit einem der in der Position 8705 genannten besonders konstruierten oder umgebauten Kraftfahrzeuge vergleichbar.

Die Einreihung in den Nomenklatur-Code 8701 9290 00 erfolgte daher zu Recht.

Gemäß § 9 Zustellgesetz können, soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, die Parteien und die Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellvollmacht). Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß Abs. 3 leg.cit., soweit nicht gesetzlich anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Die Berechtigung der Hannl Customs Consulting GmbH zur Empfangnahme von Dokumenten ist durch Vollmacht (Zustellvollmacht) vom 7. Juni 2017 ausgewiesen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen worden sind, ist eine Revision nicht zulässig.

 

 

 

Klagenfurt am Wörthersee, am 15. April 2019

 

Zusatzinformationen

Materie:

Zoll

betroffene Normen:

Art. 33 UZK, VO 952/2013 , ABl. Nr. L 269 vom 10.10.2013 S. 1

Schlagworte:

Flugzeugschlepper

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