Ein "Lehrgang für EDV und Office Basics" ist keine Berufsausbildung
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105041.2019
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache Bf., W über die Beschwerde vom 27.11.2018 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom 15.11.2018 betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum März 2016 bis Mai 2018 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert, als der Rückforderungszeitraum auf den Zeitraum März 2016 bis August 2016 eingeschränkt wird.
Der Rückforderungsbetrag beträgt daher: Familienbeihilfe € 874,20,
Kinderabsetzbetrag € 350,40, gesamt € € 1.224,60.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig .
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom 15.11.2018 wurden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Kind B, geb. tt.mm.1998 für den Zeitraum März 2016 bis Mai 2018 zurückgefordert.
Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass der Sohn im Februar 2016 das 18. Lebensjahr vollendet habe und sich im Rückforderungszeitraum nicht in Berufsausbildung befunden habe.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin (Bf.) mit Schreiben vom 27.11.2018 Beschwerde und brachte vor, ihr Sohn habe sich sehr wohl in Berufsausbildung befunden. Zum Nachweis legte sie eine Bestätigung des JBBZ vor, wonach B vom 6.9.2016 bis 4.5.2018 eine Facharbeiterintensivausbildung zum IT-Techniker absolviert habe. Diese sei vom AMS genehmigt, die Teilnhmer erhielten eine Ausbildungs-und Weiterbildungsbeihilfe und treten zu einer Lehrabschlussprüfung an.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.6.2019 mit der Begründung abgewiesen, dass abverlangte Unterlagen nicht vorgelegt worden seien.
Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom 12.7.2019 mit dem die Bf. auch einen Leistungsbericht für den Besuch des "Lehrgangs für EDV und Office Basics" im Zeitraum 8.2.2016 bis 1.7.2016 sowie eine Bestätigung über die erfolgreich bestandenen Prüfungen dieses Lehrgangs vorlegte.
Lt. dem Leistungsbericht wurden folgende Gegenstände unterrichtet:
Wirtschaftsdeutsch, Wirtschaftskunde, Windows 7 Grundlagen, Microsoft Word, Microsoft Excel, Grundlagen Internet und Outlook, Textverarbeitung, Englisch und kaufmännisches Rechnen.
Auf der Homepage www.jbbz.at wird unter dem Stichwort "Lehrgang für EDV und Office Basics" folgendes ausgeführt:
"Ziel dieses Lehrganges ist es, Ihnen Grundkenntnisse für das Arbeiten in einem modernen Büro zu vermitteln. Damit dient dieser Kurs gleichzeitig als Vorbereitung für den Einstieg in die FAI-Ausbildung (FacharbeiterInnen-Intensivausbildung) zur Bürokauffrau oder zum Bürokaufmann."
Wie eine ebenfalls vorgelegten Leistungsbericht der Ausbildung zum IT-Techniker zu entnehmen ist wurden dort u.a. auch folgende Gegenstände unterrichtet:
Geräte-und Datentechnik, Elektrotechnik, Netzwerktechnik, EDV-Anwendungen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt, wie er sich aus den von er Bf. vorgelegten Unterlagen ergibt, ist als erwiesen anzunehmen und wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Der Sohn der Bf. ist am tt.mm.1998 geboren und vollendete das 18. Lebensjahr am tt.mm.2016.
Von 8.2.2016 bis 1.7.2016 besuchte er am JBBZ den Lehrgang EDV und Office Basics und legte die dabei vorgehenden Prüfungen mit Erfolg ab.
Von 6.9.2016 bis 4.5.2018 absolvierte er ebenfalls am JBBZ die Facharbeiterintensivausbildung zum IT-Techniker, die mit der Lehrabschlussprüfung endet.
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob sich der Sohn der Bf. im Rückforderungszeitraum März 2016 bis Mai 2018 in Berufsausbildung befand und ihr daher, obwohl der Sohn das 18. Lebensjahr bereits vollendet hatte, Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zustehen.
Rechtliche Erwägungen:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG (Familienlastenausgleichsgesetz) 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19.3.1998, 96/15/0213, unter Verweis auf VwGH 13.3.1991, 90/13/0241, ausgeführt, es sei Ziel einer Berufsausbildung, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehöre regelmäßig auch der Nachweis einer ernstlichen Bemühung um diese Qualifikation. Das Ablegen vorgesehener Prüfungen sei essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Den Abschluss findet eine Berufsausbildung jedenfalls mit dem Beginn der Ausübung eines bestimmten Berufes.
Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reiche für sich allein noch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Entscheidend sei das nach außen erkennbare ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang bzw. -abschluss. Dieses Bemühen manifestiere sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen.
Da die Familienbeihilfe gem. § 10 Abs. 2 FLAG vom Beginn des Montes gewährt wird, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden, ist für jeden Monat gesondert zu prüfen, ob ein Anspruch besteht.
Unzweifelhaft handelt es sich bei der Facharbeiterintensivausbildung zum IT-Techniker, die von 6.9.2016 bis 4.5.2018 absolviert wurde, um Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, was sich insbesondere daran zeigt, dass diese Ausbildung mit der Lehrabschlussprüfung endet. Für den Zeitraum September 2016 bis Mai 2018 erfolgte daher die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen zu Unrecht.
Für den Monat August 2016 ergeben sich nach dem vorliegenden Sachverhalt keine Anhaltspunkte, dass ich der Sohn der Bf. in Berufsausbildung befunden hätte.
Die Rückforderung für August 2016 erfolgte daher zu recht.
Im Lehrgang "EDV und Office Basics", der von 8.2.2016 bis 1.7.2016 besucht wurde, wurden zwar auch Prüfungen absolviert zu prüfen ist jedoch, ob in diesem Lehrgang Kenntnisse und Fähigkeit vermittelt wurden, die auf die Ausübung eines bestimmten Berufes abzielen.
Diese Frage muss im Hinblick auf die dort vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie sich aus dem Ziel der Ausbildung lt. Homepage des JBBZ (siehe die Darstellung in den Entscheidungsgründen) und aus dem Leistungsbericht ergeben, verneint werden. Die im Lehrgang unterrichteten Grundkenntnisse im EDV-Bereich sowie im kaufmännischen Bereich sind nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes in vielen Berufen anwendbar und zielen nicht auf einen bestimmten Beruf ab (… Grundkennntisse für das Arbeiten in einem modernen Büro....). Mit dem Ablegen der in diesem Lehrgang vorgesehen Prüfungen hat sich der Sohn der Bf. noch nicht für einen bestimmten Beruf qualifiziert.
Die Rückforderung erfolgte daher für die Monate März 2016 bis Juli 2016 zu recht.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, war bereits mehrfach Gegenstand von Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, die einer (weiteren) Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf.
Wien, am 25. Februar 2020
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG |
betroffene Normen: | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise: | |
