1. Ausgedrucktes Ergebnis des Pendlerrechners wird nicht vorgelegt; 2. Doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103143.2018
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache A B., Adresse1 , über die Beschwerde vom 22.12.2017 gegen den Bescheid des Finanzamtes 2/20/21/22 vom 06.12.2017 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 entschieden:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1 . Der Beschwerdeführer (Bf.) erklärte Pendlerpauschale, Pendlereuro, Ausgaben für Familienheimfahrten und Ausgaben für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten aus nicht selbständiger Arbeit.
2 . Mit Schreiben vom 14.09.2017 ersuchte das Finanzamt den Bf., folgende Fragen zu beantworten und folgende Belege vorzulegen: „ Wo befindet sich Ihr Familienwohnsitz und wo befindet sich die Wohnung, von der Sie täglich an Ihren Arbeitsplatz fahren? Meldenachweis aller am Familienwohnsitz lebenden Personen. Begründung, warum Ihr Familienwohnsitz nicht an den Ort Ihres Arbeitsplatzes verlegt werden kann. Einkommensnachweis Ihrer Gattin (durch am Familienwohnsitz ansässige Steuerbehörde ausgefülltes E9). Aufstellung über die Ermittlung der doppelten Haushaltsführung. Vorlage des Mietvertrages der Wohnung am Arbeitsplatz sowie belegmäßiger Nachweis der beantragten Ausgaben. Aufstellung über die Familienheimfahrten (wann, wie oft) sowie belegmäßiger Nachweis der beantragten Aufwendungen; bei Fahrten mit dem eigenen Pkw: Zulassungsschein, Fahrtenbuch sowie Nachweis der Kosten (Tankbelege). Sie haben in Ihrer Steuererklärung ein Pendlerpauschale/einen Pendlereuro beantragt. Gemäß § 3 der Pendler Verordnung stellt der Ausdruck aus dem Pendlerrechner die Basis für die Berücksichtigung dieser Begünstigung dar. Bitte übermitteln Sie daher den Ausdruck aus dem Pendlerrechner... “. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.
3 . Im Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 vom 06.12.2017 wurden Pendlerpauschale, Pendlereuro, Ausgaben für Familienheimfahrten und Ausgaben für doppelte Haushaltsführung nicht als Werbungskosten aus nicht selbständiger Arbeit veranlagt. Begründend wurde ausgeführt, dass Unterlagen nicht vollständig vorgelegt wurden. Dieser Bescheid wurde am 06.12.2017 in die FinanzOnline – Databox des Bf. zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom 22.12.2017 angefochten.
4 . In der Beschwerde vom 22.12.2017 beantragte der Bf., die Ausgaben für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten anzuerkennen und brachte vor, dass er seine FinanzOnline – Databox nicht regelmäßig überprüfe.
5 . Mit Schreiben vom 23.01.2018 ersuchte das Finanzamt den Bf., folgende Fragen zu beantworten und folgende Belege in beglaubigter Übersetzung vorzulegen: „B egründung der doppelten Haushaltsführung / Familienheimfahrten. Vorlage der Heiratsurkunde und einer Familienstandbescheinigung. Einkommensnachweis der Ehegattin für das Kalenderjahr 2015 (bei Vorliegen einer Landwirtschaft Angabe des jährlichen Erlöses mittels Einkommensteuerbescheid. Genaue Aufstellung der einzelnen Heimfahrten mit Angaben zu jeder Reise hinsichtlich Datum der Hin- und Rückreise und verwendeten Verkehrsmitteln. Bei Fahrten mit dem eigenen Kfz – Vorlage eines Fahrtenbuches, in dem alle Fahrten mit dem Kfz vom 01.01.2015 – 31.12.2015 aufgezeichnet wurden, Tankbelege, Zulassungsschein, Kfz – Prüfbericht. Bei Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln – Vorlage der Tickets“. Abschließend wurde auf die erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten hingewiesen und darauf, dass nach Aktenlage entscheiden werden darf, wenn Belege nicht oder nicht vollständig vorgelegt werden.
6 . Am 06.03.2018 legte der Bf. folgende Unterlagen vor:
6 . 1. Personendaten aus dem polnischen Melderegister zur Adresse Adresse2 : Ständiger Aufenthalt: C. B. ; zeitweiliger Aufenthalt: Bf.; Daten der Mitbewohner mit ständigem Aufenthalt: D. E. und F. E. .
6 . 2. Bestätigung der Einkünfte der Ehegattin des Bf., die in Polen der Besteuerung unterliegen: Art der Einkünfte: nicht lesbar; Betrag: 22.854,32 PLN
6 . 3. Dienstvertrag des Bf. vom 05.11.2012. Der Arbeitsort des Bf. befindet sich an der im Vorlageantrag angegebenen Adresse.
6 . 4. Nutzungsvertrag vom 13.12.2016 für eine 34,14 m² große Wohnung mit der im Spruch angegebenen Anschrift. Das Nutzungsverhältnis beginnt am 01.11.2016 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
6 . 5. An der im Spruch angeführten Adresse ist der Bf. ab 10.11.2016 hauptwohnsitzgemeldet.
6 . 6. Am 28.07.2016 hat der Bf. einen Personenkraftwagen angemeldet und hat ihn am 13.02.2018 abgemeldet.
6 . 7. Der Bf. hat mehrere Seiten mit Kontoauszügen vorgelegt. Abgebucht wurden u.a. Zahlungen in Polen.
7 . Mit der Beschwerdevorentscheidung vom 15.05.2018 wurde die Beschwerde abgewiesen und begründend ausgeführt, dass Unterlagen nur teilweise vorgelegt worden sind.
Die Beschwerdevorentscheidung war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit Vorlageantrag vom 12.06.2018 angefochten.
8 . Im Vorlageantrag vom 12.06.2018 beantragte der Bf. Pendlerpauschale, Pendlereuro, Ausgaben für Familienheimfahrten und Ausgaben für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten anzuerkennen und teilte mit, dass er als Maschinenbediener an dem im Dienstvertrag angegebenen Einsatzort gearbeitet habe.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Da alle Rechtsmittel fristgerecht eingebracht wurden, ist über die Beschwerde „in der Sache“ zu entscheiden.
Beschwerdepunkte
In der Sache sind Pendlerpauschale, Pendlereuro, Ausgaben für doppelte Haushaltsführung und Ausgaben für Familienheimfahrten strittig.
Rechtslage, Sach- und Beweislage, rechtliche Würdigung und Entscheidung:
Gemäß § 16 Abs 1 Einkommensteuergesetz – EStG 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung sind Werbungskosten die Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.
A. Pendlerpauschale und Pendlereuro:
Gemäß § 16 Abs 1 Z 6 EStG 1988 idgF sind Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs 1 EStG 1988 idgF auch die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Gemäß § 33 Abs 5 Z 1 EStG 1988 idgF gilt für diese Ausgaben, dass sie mit dem Verkehrsabsetzbetrag im Sinne des § 16 Abs 1 Z 6 lit a EStG 1988 idgF abgegolten sind und dass sie mit dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro abgegolten sind, wenn ein Anspruch auf ein Pendlerpauschale im Sinne des § 16 Abs 1 Z 6 lit b – lit f EStG 1988 idgF besteht.
Für die Inanspruchnahme des Pendlerpauschales hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Vordruck eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen abzugeben (§ 16 Abs 1 Z 6 lit g EStG 1988 idgF).
Um die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu ermitteln und um zu beurteilen, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar oder nicht zumutbar ist, ist innerhalb Österreichs der vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) ins Internet gestellte Pendlerrechner zu verwenden. Das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners gilt als amtlicher Vordruck im Sinne des § 16 Abs 1 Z 6 lit g EStG 1988 idgF.
Das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners ist grundsätzlich verpflichtend als Entscheidungsgrundlage zu verwenden. Da das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners nur dann gesetzeskonform ist, wenn die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Daten eingegeben werden, sind die in den Pendlerrechner eingegebenen Daten nach dem Ergebnis eines Beweisverfahrens darauf hin zu beurteilen, ob als erwiesen oder nicht erwiesen anzunehmen ist, dass sie den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend und damit inhaltlich richtig eingegeben worden sind (§ 166 BAO idgF, § 167 Abs 2 BAO idgF).
Nach der vorzit. Rechtslage ist das vom Bf. ausgedruckte Ergebnis aus dem Pendlerrechner zwingend als Entscheidungsgrundlage zu verwenden. Das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners ist ein Beweismittel. Da der Bf. mit dem beantragten Werbungskosten-Abzug eine Steuerbegünstigung in Anspruch nehmen will, trägt er die Beweislast für die anspruchsbegründenden Daten und muss mit dem Ausdruck aus dem Pendlerrechner nachweisen, dass und in welcher Höhe er Pendlerpauschale und Pendlereuro beantragt.
Da der Bf. das ausgedruckte Ergebnis aus dem Pendlerrechner nicht vorgelegt hat, hat er die anspruchsbegründenden Daten für Pendlerpauschale und Pendlereuro nicht bekannt gegeben und hat dadurch sein Beschwerdebegehren nicht ausreichend konkretisiert.
Wird das ausgedruckte Ergebnis aus dem Pendlerrechner nicht vorgelegt, können Finanzamt und Bundesfinanzgericht nicht überprüfen, dass und in welcher Höhe Pendlerpauschale und Pendlereuro als Werbungskosten abziehbar sind.
Da das vom antragstellenden Bf. ausgedruckte Ergebnis aus dem Pendlerrechner zwingend zu verwenden ist, um den die Steuerbemessungsgrundlage mindernden Anspruch auf Pendlerpauschale und Pendlereuro geltend zu machen, dürfen Finanzamt und Bundesfinanzgericht den Pendlerrechner nicht verwenden, um diese Daten zu ermitteln.
Da der Bf. das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners den Abgabenbehörden vorlegen und die Abgabenbehörden überprüfen müssen, ob das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners inhaltlich richtig ist, sind ein Pendlerpauschale nicht als Werbungskosten und ein Pendlereuro nicht als Absetzbetrag abziehbar, wenn der Bf. das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners nicht vorlegt.
Das Beschwerdebegehren, ein Pendlerpauschale als Werbungskosten und den Pendlereuro als Absetzbetrag anzuerkennen, ist daher abzuweisen.
B. Ausgaben einer doppelte Haushaltsführung
Gemäß § 20 Abs 1 EStG 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung dürfen bei den einzelnen Einkünften u.a. Wohnungs- und Haushaltskosten nicht abgezogen werden.
Die Ausgaben einer doppelten Haushaltsführung sind Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs 1 EStG 1988, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden. Einer dieser Wohnsitze muss sich am Familienwohnort befinden und muss der Familienwohnsitz sein, der andere Wohnsitz muss sich am Beschäftigungsort befinden und muss der Berufswohnsitz sein (Jakom/Lenneis EStG 2016, § 16 Rz 56, Kapitel „doppelte Haushaltsführung“).
Der „Familienwohnsitz“ liegt dort, wo ein in Ehe(Partnerschaft) oder Lebensgemeinschaft Lebender oder ein Alleinstehender seine engsten persönlichen Beziehungen (bspw. zur Familie oder zum Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand hat. Der „Berufswohn-sitz“ ist dort, wo Jemand persönlich anwesend sein muss um zu arbeiten und einen eigenen Hausstand hat. Einen „eigenen Hausstand“ hat, wer eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedoch nicht vor, wenn jemand Räumlichkeiten innerhalb eines, aus einer Person oder mehrerer Personen bestehenden, Wohnungsverbandes mitbewohnt, die nicht (Ehe)Partner oder Lebensgefährten sind.
Der Entscheidung über diesen Beschwerdepunkt ist die aus dem polnischen Melderegister, dem österreichischen Melderegister und dem Nutzungsvertrag vom 13.12.2016 sich ergebende Sach- und Beweislage zugrunde zu legen. Nach dieser Sach- und Beweislage befindet sich der Familienwohnsitz des Bf. in Adresse2 , denn dort haben lt. polnischem Melderegister die Ehegattin des Bf., C. B. , den ständigen Aufenthaltsort und der Bf. den zeitweiligen Aufenthaltsort. Jedoch gibt es mit D. E. und F. E. zwei Mitbewohnerinnen, die in Adresse2 ihren ständigen Aufenthaltsort haben. In Adresse2 gibt es daher einen aus dem Bf., seiner Ehegattin und zwei Mitbewohnerinnen bestehenden Wohnungsverband. Von dieser Sachlage ausgehend ist nach der vorzit. Rechtslage festzustellen, dass der Bf. in Adresse2 wegen der beiden Mitbewohnerinnen keinen eigenen Hausstand hat.
In Österreich hat der Bf. ab November 2016 an der im Spruch angegebenen Adresse einen eigenen Hausstand. Ob er davor einen eigenen Hausstand oder nur eine (keinen eigenen Hausstand begründende) Schlafstätte in Österreich hatte, ist nicht nachprüfbar, da der Bf. für den Zeitraum 01.01.2016 – 31.10.2016 keinen Mietvertrag vorgelegt hat.
Damit Ausgaben einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten absetzbar sind, müssen zwei (eigene) Haushalte geführt werden. Da der Bf. in Adresse2 keinen eigenen Hausstand hat sondern nach der im Beschwerdeverfahren offen gelegten Sachlage in einem (einen eigenen Hausstand ausschließenden) Wohnungsverband lebt, hat er nicht zwei Haushalte.
Das Beschwerdebegehren – die Ausgaben einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten anzuerkennen – ist daher abzuweisen.
C. Ausgaben für Familienheimfahrten
Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz. Die Ausgaben für diese Fahrten sind jedoch nur dann steuerlich absetzbar, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen (Jakom/Lenneis EStG 2016, § 16 Rz 56, Seite 765).
Wie unter Pkt. B. bereits ausgeführt, liegen die Voraussetzungen dafür, dass Ausgaben einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten abziehbar sind, nicht vor.
Von dieser Sach- und Beweislage sowie der vorzit. Rechtsprechung ausgehend ist das Beschwerdebegehren – Ausgaben für Familienheimfahrten als Werbungskosten von den Einnahmen abzuziehen – abzuweisen.
Revision
Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt.
Grundsätzlich bedeutende Rechtsfragen musste das Bundesfinanzgericht nicht beantworten: Ob ein Anspruch auf Pendlerpauschale und Pendlereuro besteht oder nicht und ob ein oder zwei Haushalte geführt werden, sind primär Sachfragen, die als solche nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sind (VwGH 05.10.1993, 93/11/0200).
Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am 11. Februar 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Pendlerpauschale, Pendlereuro |