BFG RV/7102948/2021

BFGRV/7102948/202112.11.2021

Fortgesetztes Verfahren zu VwGH 20.10.2021, Ra 2019/13/0084: Ausschluss der Optionsmöglichkeit gemäß § 6 Abs. 2 iVm § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994, wenn ein nach dem 31. August 2012 neu begründetes Mietverhältnis vorliegt

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102948.2021

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TMF Accounting & Payroll Steuerberatungsgesellschaft mbH, Teinfaltstraße 8, 1010 Wien, über die Beschwerden vom 30. Juni 2015 und 30. Mai 2016 gegen die Bescheide des ***FA*** vom 9. Mai 2016, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2014, und vom 9. Juni 2015, betreffend Umsatzsteuer für die Monate Jänner 2015 und Februar 2015 (gemäß § 253 BAO gilt die auch gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 9. Juni 2015 betreffend Umsatzsteuer für die Monate Mai 2014 bis Dezember 2014 erhobene Beschwerde vom 30. Juni 2015 auch als gegen den später erlassenen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2014 gerichtet), Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe

Zur Vorgeschichte des Falles wird auf das Erkenntnis BFG 6.5.2019, RV/7101631/2016, verwiesen, welches vom ***FA*** hinsichtlich des zweiten Beschwerdepunktes "III. 2 Vorsteuerabzug betreffend die Weitervermietung an zum Zeitpunkt der Anschaffung der Liegenschaft bereits bestehende Mieter, die überwiegend unecht umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen" mittels außerordentlicher Revision vom 19. Juni 2019 beim Verwaltungsgerichtshof angefochten worden war.

Im dazu ergangenen Erkenntnis VwGH 20.10.2021, Ra 2019/13/0084 (beim Bundesfinanzgericht eingelangt am 8. November 2021), hat das Höchstgericht ausgesprochen, dass die Revision zulässig und auch begründet ist. Es hat die Bezug habende Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach im gegenständlichen Fall nach dem 31. August 2012 kein neues Mietverhältnis begründet worden sei, weshalb der Bf. weiterhin die Option in die Steuerpflicht und der strittige Vorsteuerabzug für Vorleistungen aus den beiden Mietverhältnissen (letztere im Ausmaß von rund 3,58% der Gesamtfläche des Bürogebäudes) mit Unternehmen, die überwiegend unecht umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen, zustehe (nach § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 sei noch § 6 Abs. 2 UStG 1994 idF vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, anzuwenden), verworfen und dazu ua. ausgeführt (siehe Rz 26 des Erkenntnisses VwGH 20.10.2021, Ra 2019/13/0084):

"Vor diesem Hintergrund ist daher festzuhalten, dass im vorliegenden Revisionsfall durch die Änderung in der Person des Vermieters - durch den Verkauf des vermieteten Grundstücks - das Mietverhältnis zwischen dem Altmieter und dem neuen Vermieter (Mitbeteiligten) im Sinne des § 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994 nach dem 31. August 2012 begonnen hat, womit § 6 Abs. 2 UStG 1994 idF vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 auf Vermietungsumsätze des Mitbeteiligten nicht mehr zur Anwendung kommt."

In Entsprechung der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes ist somit der Bf. die Option in die Steuerpflicht und der strittige Vorsteuerabzug für Vorleistungen hinsichtlich der beiden oa. Mietverhältnisse zu versagen und die Beschwerden sind in diesem zweiten Punkt (Punkt "III.2 Vorsteuerabzug betreffend die Weitervermietung an zum Zeitpunkt der Anschaffung der Liegenschaft bereits bestehende Mieter, die überwiegend unecht umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen" des Erkenntnisses BFG 6.5.2019, RV/7101631/2016) abzuweisen.

Da das Erkenntnis BFG 6.5.2019, RV/7101631/2016, hinsichtlich des ersten Beschwerdepunktes "III.1 Vorsteuerabzug betreffend die Leerstehungen zum Zeitpunkt des Kaufes" nicht angefochten wurde (die außerordentliche Revision vom 19. Juni 2019 (siehe do. Seite 3, Punkt "2. Anfechtungserklärung") bezog sich ausdrücklich nur auf den zweiten Beschwerdepunkt, siehe dazu bereits oben), bleibt der Abspruch über den ersten Beschwerdepunkt (diesbezüglich wurde den Beschwerden stattgegeben und der Bezug habende, strittige Vorsteuerabzug gewährt) unverändert.

Daraus folgt im Endergebnis die teilweise Stattgabe der Beschwerden.


 

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben stellen sich wie folgt dar:

- Umsatzsteuer für das Jahr 2014:

Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen (BGL) für Lieferungen und sonstige Leistungen (einschließlich Anzahlungen): 1,915.536,17 €

Davon steuerfrei mit Vorsteuerabzug § 6 Abs. 1 Z 2 bis 7 u. § 23 Abs. 5: -1,743.112,22 €

Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (einschließlich steuerpflichtiger Anzahlungen): 172.423,95 €

Davon sind zu versteuern mit:

20% Normalsteuersatz: 159.591,55 € (BGL) 31.918,31 € (USt)

10% ermäßigter Steuersatz: 12.832,40 € (BGL) 1.283,24 € (USt)

Steuerschuld gem. § 19 Abs. 1 2. Satz sowie gem. Art. 19 Abs. 1 Z 3 u. Art. 25 Abs. 5: 1.620,80 €

Summe Umsatzsteuer: 34.822,35 €

Gesamtbetrag der Vorsteuern (ohne nachstehende Vorsteuern): -14,801.737,54 €

Vorsteuern betreffend die Steuerschuld gem. § 19 Abs. 1 2. Satz sowie gem. Art. 19 Abs. 1 Z 3 u. Art. 25 Abs. 5: -1.620,80 €

Kürzung gemäß § 12 Abs. 3 iVm Abs. 4 und 5: +529.858,16 €

Gutschrift (festgesetzte Umsatzsteuer): -14,238.677,83 €

 

- Umsatzsteuer für den Monat Jänner 2015:

Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen (BGL) für Lieferungen und sonstige Leistungen (einschließlich Anzahlungen): 22.492,31 €

Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (einschließlich steuerpflichtiger Anzahlungen): 22.492,31 €

Davon sind zu versteuern mit:

20% Normalsteuersatz: 20.807,40 € (BGL) 4.161,48 € (USt)

10% ermäßigter Steuersatz: 1.684,91 € (BGL) 168,49 € (USt)

Summe Umsatzsteuer: 4.329,97 €

Gesamtbetrag der Vorsteuern: -9.617,63 €

Kürzung gemäß § 12 Abs. 3 iVm Abs. 4 und 5: +344,31 €

Gutschrift (festgesetzte Umsatzsteuer): -4.943,35 €

 

- Umsatzsteuer für den Monat Februar 2015:

Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen (BGL) für Lieferungen und sonstige Leistungen (einschließlich Anzahlungen): 22.492,31 €

Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch (einschließlich steuerpflichtiger Anzahlungen): 22.492,31 €

Davon sind zu versteuern mit:

20% Normalsteuersatz: 20.807,40 € (BGL) 4.161,48 € (USt)

10% ermäßigter Steuersatz: 1.684,91 € (BGL) 168,49 € (USt)

Summe Umsatzsteuer: 4.329,97 €

Gesamtbetrag der Vorsteuern: -5.582,91 €

Kürzung gemäß § 12 Abs. 3 iVm Abs. 4 und 5: +199,87 €

Gutschrift (festgesetzte Umsatzsteuer): -1.053,07 €

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da das vorliegende Erkenntnis in Entsprechung der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes erging (fortgesetztes Verfahren zu VwGH 20.10.2021, Ra 2019/13/0084). Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

 

 

Wien, am 12. November 2021

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 12 Abs. 3 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 3 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 28 Abs. 38 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 6 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Verweise:

VwGH 20.10.2021, Ra 2019/13/0084
BFG 06.05.2019, RV/7101631/2016

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