BFG RV/7102658/2023

BFGRV/7102658/202315.1.2024

Pfändungsgebühr bei Versehen der Überweisung der Abgaben (falscher IBAN)

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102658.2023

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R über die Beschwerde der NN, Adresse, vom 04.03.2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 09.02.2022, Steuernummer SN, betreffend die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens nach der am 12.01.2024 in Anwesenheit des Vertreters der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt RA, des Vertreters des Finanzamtes Österreich, V, sowie des Schriftführers S durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 09.02.2022 wurde der Beschwerdeführerin (Bf.) im Zuge der Pfändung einer Geldforderung eine Pfändungsgebühr in der Höhe von 10,00 € sowie Barauslagen in der Höhe von 6,62 € zur Entrichtung vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid brachte die Bf. im undatierten, am 04.03.2023 beim Finanzamt eingebrachten Schriftsatz das Rechtsmittel der Beschwerde ein und führte aus:

"1) Laut ESt-Bescheid 2019 beträgt die ESt für mich, NN, im Jahr 2019 € 1.409,--. € 1.409,-- wurden am 7.10.2021 an FA überwiesen.

2) Laut Benachrichtigung vom 15.10.2021 waren bis zum 15.11.2021 € 1.247,-- fällig. € 1.247,--wurden am 21.10.2021 an das FA überwiesen.

3) Laut Benachrichtigung vom 17.1.2022 war die Vorauszahlung 01-03/2022 € 383,-- mit Fälligkeit 15.2.2022. € 383,-- wurde am 15.2.2022 überwiesen.

4) Laut BUCHUNGSMITTEILUNG Nr. 1/2022 vom 4.2.2022 lautete alter Kontostand Rückstand € 1.317,-- und neuer Kontostand Rückstand € 933,--. Aus dem Buchungstext geht hervor, dass am 25.10.2021 Zahlung mit Verrechnungsweisung vom 22.10.2021 über € 1.247,00 erfolgt ist (siehe oben 2)) und die Festsetzung Einkommensteuer 2020 € 384,-- beträgt. [Anmerkung: richtig hätte es zu heißen: € 383,-- / € 383,-- wurden (siehe oben 3)) überwiesen].

5) Laut BUCHUNGSMITTEILUNG Nr. 2/2022 vom 9.2.2022 lautete der alter Kontostand Rückstand € 933,-- und neuer Kontostand Rückstand € 949,62. Aus dem Buchungstext geht hervor, dass darin eine Pfändungsgebühr 2022 idH von € 10,-- und Barauslagenersatz 2022 idH von € 6,62 enthalten ist.

Ich habe daraufhin meine Steuerberater, S, kontaktiert, der mir riet, die € 949,62 an das FA zu überweisen, weshalb ich am 10.2.2022 diese Überweisung tätigte.

6) Am 17.2.2022 habe ich mit einer FA-Mitarbeiterin (Kassa) telefoniert, weil mich meine Bank davor kontaktiert hatte, dass eine Pfändung wegen € 949,62 auf meinem Konto laufe. Hierbei stellte sich mit Hilfe der FA-MA heraus, dass seit mehr als einem Jahr offenbar der IBAN des FA mit AT1 aufgelassen ist. Allerdings wurde ich darüber weder seitens des FA noch seitens meiner Bank informiert.

Aufgrund dieser Information der FA-MA sah ich nochmals auf mein Konto ein und musste nun feststellen, dass mir deshalb € 1.409,-- am 11.10.2021 wieder rücküberwiesen wurden, wobei das auf den bloßen ersten Einblick in die Kontoliste nicht ersichtlich war, sondern es dafür - was ich am 17.2.2022 erstmals (aufgrund der Info der FA-MA) tat - erforderlich war, dass ich mir die konkrete Buchungsmitteilung dieses Zahlungsvorganges aufklappte und darin einsah.

7) IdF sah ich mir auf meinem Konto auch die Zahlung vom 21.10.2021 (siehe oben 2)) über € 1.247,-- an. Da diese auf das Konto mit dem IBAN: AT2 ging, erfolgte keine Rückbuchung. Das gilt auch für die Zahlung vom 15.2.2022 (siehe oben 3)) und für die Zahlung vom 10.2.2022 (siehe oben 5)).

8) Am 17.2.2022 überwies ich - nach Rücksprache mit der besagten FA-MA - € 566,62 (= 949,62 minus 383,--) auf diesen IBAN, sodass jedenfalls (laut FA-MA) sämtliche offenen Forderungen einschließlich Pfändungsgebühr 2022 idH von € 10,-- und Barauslagenersatz 2022 idH von € 6,62 beglichen sind.

9) Aufgrund des oben wiedergegebenen Sachverhalts, das heißt angesichts der Tatsache, dass ich jeweils fristgerecht die Zahlungen tätigte und weder vom FA oder dem BMF noch von meiner Bank darüber informiert wurde, dass der IBAN des FA mit der Nummer AT1 aufgelassen wurde, mich also keine Schuld daran trifft, dass die von mir getätigten Zahlungen an das FA nicht beim FA einlangten, und ich auch mangels dieser - meines Erachtens als Minium eines Services (!) seitens des FA und der Bank zu erbringenden - Information über die Auflassung des IBAN auch nicht in der Lage war, zu erkennen, dass dieser IBAN nicht mehr existiert, ersuche ich um Behebung des Bescheides vom 9.2.2022 und um die darin verrechnete und von mir mit Zahlung vom 17.2.2022 (siehe oben) geleistete Pfändungsgebühr 2022 idH von € 10,-- und Barauslagenersatz 2022 idH von € 6,62 auf mein Konto bei der Bank mit dem IBAN AT3 rückzuweisen bzw gutzuschreiben.

10) Aus den oben genannten Gründen stelle ich den Antrag:

in der Sache selbst zu erkennen und den Bescheid vom 9.2.2022 ersatzlos zu beheben."

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom 21.03.2022 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Das Vorbringen der Bf., die Überweisung sei wegen einer alten Kontoverbindung des Finanzamtes rückgebucht worden, sei nicht glaubhaft, weil es diese Kontoverbindung seit 10 Jahren nicht mehr gebe.

Dem am 28.03.2022 eingebrachten Vorlageantrag legte die Bf. - unter Wiederholung ihres Vorbringens in der Beschwerde - die Überweisungen und Rückbuchungen vor.
Beantragt wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in eventu die Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt Österreich.

Im Vorlageantrag vom 01.08.2023 führte das Finanzamt aus, die aktuelle Zahlungsverbindung finde sich auf nahezu jedem Schreiben des Finanzamtes, etwa auf der Benachrichtigung vom 15.10.2021. Die von der Bf. verwendete Kontoverbindung sei seit 10 Jahren nicht mehr existent. Außer der Zahlung vom 07.10.2021 seien alle anderen Zahlungen am Abgabenkonto eingelangt. Im Zeitpunkt der Forderungspfändung habe auf dem Abgabenkonto der Bf. ein vollstreckbarer Rückstand in der Höhe von 933 € unberichtigt ausgehaftet, weshalb die Vorschreibung der Pfändungsgebühr und des Barauslagenersatzes zu Recht erfolgt sei.

In der mündlichen Verhandlung am 12.01.2024 brachte der Vertreter der Bf., RA, vor, er tätige die Überweisungen für seine Gattin. Die Vorauszahlungen seien stets pünktlich entrichtet worden. Die Nichtentrichtung der Einkommensteuer 2019 beruhe auf einem Versehen, weil bei E-Banking-Transaktionen sofort (bereits verwendete) Kontonummern aufklappen, die von der EDV vorgeschlagen werden. Offensichtlich sei unter diesen eine Uralt-Version der Kontonummer gewesen, die er irrtümlich angeklickt habe.
Die Bank habe ihm auf Anfrage mitgeteilt, er sei nicht der Einzige, dem dieses Missgeschick passiert sei, weshalb eine Zeitlang die Zahlungen auf das aktuelle Finanzamts-Konto weitergeleitet wurden.
Der Vertreter der Bf. beantragte die Stattgabe der Beschwerde und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Vertreter des Finanzamtes verwies auf die Ausführungen im Vorlagebericht vom 01.08.2023 und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Nach der Aktenlage wird Folgendes festgestellt:

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 13.09.2021 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2019 gegenüber der Bf. mit 1.409 € fest.
Die Einkommensteuer war am 20.10.2021 fällig. Die Abgabe wurde bis zum Fälligkeitstag nicht entrichtet (Buchungsabfrage Abgabenkonto StNr. SN).

Im Zeitpunkt der Verbuchung der Einkommensteuer bestand am Abgabenkonto der Bf. ein Guthaben in der Höhe von 92 €. Am 04.02.2022 wurde der Einkommensteuerbescheid 2020 mit einer Gutschrift in der Höhe von 384 € verbucht, sodass die Einkommensteuer 2019 im Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises im Betrag von insgesamt 933 € aushaftete (Rückstandsaufgliederung Abgabenkonto StNr. SN).

Gemäß § 229 BAO ist als Grundlage für die Einbringung über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.

Gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO hat der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens anlässlich einer Pfändung die Pfändungsgebühr im Ausmaß von 1 % vom einzubringenden Abgabenbetrag zu entrichten. Das Mindestmaß dieser Gebühr beträgt 10 €.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist die Pfändungsgebühr auch dann zu entrichten, wenn die Amtshandlung erfolglos verlief oder nur deshalb unterblieb, weil der Abgabenschuldner die Schuld erst unmittelbar vor Beginn der Amtshandlung an den Vollstrecker bezahlt hat.

Gemäß Abs. 3 erster Satz leg. cit. hat der Abgabenschuldner außer den gemäß Abs. 1 zu entrichtenden Gebühren auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen.

Zufolge Abs. 5 leg. cit. werden Gebühren und Auslagenersätze mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden.

Die Pfändungsgebühr ist eine reine Amtshandlungsgebühr. Sie wird insbesondere wegen der der Behörde bei Durchführung der Pfändung auflaufenden Kosten erhoben und sie ist sohin auch dann zu entrichten, wenn die durchgeführte Amtshandlung zu keiner Pfändung führte, sei es, dass keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden oder der Schuldner nicht angetroffen wurde (VwGH 24.2.2000, 96/15/0044).

Der Rückstandsausweis mit Vollstreckbarkeitsklausel bildet gemäß § 4 AbgEO den Exekutionstitel für die Vollstreckungsmaßnahmen. Nach der Aktenlage (Rückstandsaufgliederung StNr. SN) wurde im vorliegenden Fall ein Rückstandsausweis ausgestellt.

Aufgrund des ausgestellten Rückstandsausweises leitete das Finanzamt mittels Pfändungsbescheid vom 09.02.2023 das Exekutionsverfahren ein. Gepfändet wurden die der Bf. gegenüber der Bank AG zustehenden Forderungen (aus dem näher bezeichneten Kontokorrent- bzw. Girokonto).

Die Bf. hat inhaltlich keine Einwendungen gegen die Festsetzung der Gebühren und Auslagenersätze des Vollstreckungsverfahrens erhoben.

Die Bf. brachte vor, sie habe jeweils fristgerecht die Zahlungen getätigt und sei weder von ihrer Bank noch vom Finanzamt darüber informiert worden, dass der von ihr verwendete IBAN vom Finanzamt aufgelassen wurde.
Die Verwendung der falschen Kontonummer sei ein Versehen gewesen, sämtliche fälligen Abgaben seien zuvor korrekt und rechtzeitig entrichtet worden. Es treffe sie daher keine Schuld, dass die Einkommensteuer 2019 nicht entrichtet worden sei.

Nach der Aktenlage hat die Bf. zuvor ihre Abgabenverbindlichkeiten rechtzeitig und in voller Höhe entrichtet. Anders als bei der Festsetzung eines Säumniszuchlages, der nach § 217 Abs. 7 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen nicht festzusetzen ist, wenn ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, liegt die Festsetzung von Pfändungsgebühren gemäß § 26 Abs. 1 AbgEO und Auslagenersätzen gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO nicht im Ermessen der Abgabenbehörde ("Der Abgabenschuldner hat (…) zu entrichten/zu ersetzen").

Geldschulden sind Bringschulden. Geldzahlungen hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz (Niederlassung) zu übermachen (siehe § 905 ABGB). Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Schuldner die Kosten und die Gefahr der Übersendung des Geldbetrages zu tragen (VwGH 26.09.2000, 99/13/0196).
Es ist daher nicht relevant, aus welchem Grund die Zahlung der Einkommensteuer 2019 nicht bis zum Fälligkeitstag 20.10.2021 am Abgabenkonto einlangte.

Den Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung und im Vorlageantrag, auf den Buchungsmitteilungen und der Benachrichtigung vom 15.10.2021 befinde sich die aktuelle Bankverbindung des Finanzamtes, trat die Bf. nicht entgegen. Diese wurde von der Bf. auch zuvor im Zuge etlicher Zahlungen, die vor dem jeweiligen Fälligkeitstag am Abgabenkonto einlangten, verwendet (z.B. Einkommensteuer 2018, entrichtet am 03.09.2020, Einkommensteuer-Vorauszahlungen 01-03/21, entrichtet am 09.02.2021, Einkommensteuer-Vorauszahlungen 04-06/21, entrichtet am 30.04.2021, Einkommensteuer-Vorauszahlungen 07-09/21, entrichtet am 29.07.2021). Dass das Finanzamt daher davon ausgehen musste, die Bf. würde plötzlich einen seit 10 Jahren nicht mehr aktuellen IBAN verwenden, ist nicht nachvollziehbar. Das Finanzamt war aber auch nicht verpflichtet, der Bf. bekannt zu geben, dass der von ihr verwendete IBAN nicht mehr in Gebrauch war, weil es Sache der Bf. war, die Einkommensteuer bis zum Fälligkeitstag mit dem auf den Buchungsmitteilungen angeführten IBAN zu entrichten. Die Gefahr der Benutzung eines falschen (nicht mehr in Verwendung stehenden) IBAN lag, wie bereits ausgeführt, bei der Bf.
Im Übrigen ist auch im Internet die Bankverbindung der jeweiligen Dienststelle des Finanzamtes Österreich einfach und übersichtlich angeführt.

Da die Pfändungsgebühr bereits auf Grund der Tatsache anfällt, dass eine Amtshandlung im Vollstreckungsverfahren (Pfändung) durchgeführt wird und nach der Aktenlage kein Anlass besteht, an der Zulässigkeit der durchgeführten Vollstreckungsmaßnahme zu zweifeln, war das Finanzamt nicht nur berechtigt, sondern nach dem Wortlaut des Gesetzes verpflichtet, den angefochtenen Bescheid zu erlassen.
Die Festsetzung der Gebühren und Auslagenersätze des Vollstreckungsverfahrens im angefochtenen Bescheid vom 09.02.2022 in der Höhe von insgesamt 16,62 € erfolgte daher zu Recht, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz bzw. folgt die Entscheidung der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Beilage für die Parteien: Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2024

Graz, am 15. Jänner 2024

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 26 Abs. 1 lit. a AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949

Stichworte