Kürzung für Mietzinsbeschränkung bei Feststellung des Einheitswertes
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2015:RV.7102078.2006
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache BF vertreten durch V , gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 7. Juni 2006, EW-AZ X betreffend Feststellung des Einheitswertes zum 1. Jänner 2006 (Artfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 BewG 1955), betreffend Einheitswert des Grundvermögens (Mietwohngrundstück) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben.
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 (1) BAO abgeändert wie folgt:
Für den Grundbesitz (Mietwohngrundstück), wird der Einheitswert zum 1. Jänner 2005 mit € 38.900,00 und der gemäß AbgabenänderungsG 1982 um 35 % erhöhte Einheitswert mit € 52.500,00 festgestellt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Feststellungsbescheid vom 7. Juni 2006 wurde im Zuge einer Artfortschreibung gemäß § 21. Abs. 1 Z. 2 BewG 1955 der Einheitswert für das Mietwohngrundstück Grundstücksnummer X. mit € 64.900,- und erhöht mit € 87.600,- festgestellt.
Auf Grund von baulichen Änderungen wurde dem Finanzamt eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes bebauter Grundstücke samt einer Nutzflächenaufstellung übermittelt.
In der Folge erließ das Finanzamt den beschwerdegegenständlichen Bescheid und nahm bei der Feststellung des Einheitswertes eine Kürzung gemäß § 53 Abs. 7 lit d BewG in Höhe von 25 % vor.
In der gegen den Bescheid eingebrachten Berufung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Einheitswert gegenüber dem Bescheid vom 1. Jänner 2002 um das Doppelte erhöht wurde. Am Haus sei kein Zubau gemacht worden, aus dem ehemaligen Geschäftslokal entstanden eine Garage sowie eine Hausbesorger-Dienstwohnung. Aufgrund dieser neuen verminderten Nutzung müsste sich sogar der Einheitswert ermäßigen. Die Tops 7,8,9 wurden zusammengelegt, es habe sich hier jedoch nichts an der Nutzfläche geändert. Eine Nutzflächenaufstellung wurde beigelegt und um dementsprechende Richtigstellung ersucht.
Das Finanzamt hielt dem Bf dazu im Vorhalt vom 5. Juli 2006 Folgendes vor:
„Die gesamte nutzbare Fläche des gegenständlichen Gebäudes betrug laut Erklärung vom 18.4.1973 (Hauptfeststellungszeitpunkt) 1.314 m2. Laut Erklärung vom 31.5.2006 und beigelegter Nutzflächenaufstellung beträgt die derzeitige nutzbare Fläche 1.477,09 m2. Dies ergibt eine Differenz von 163,09 m2.
Durch diverse Verbesserungsarbeiten, die seit der letzten Hauptfeststellung durchgeführt wurden (wie z.B. Wohnungszusammenlegung, Einbau eines Personenaufzuges, Badezimmereinbauten), wurde die Bauklasseneinstufung von einer einfachen bis mittleren Ausführung (Bkl. 15.22/23) zu einer mittleren bis guten Ausführung (Bkl. 15.23/24) angepasst.
Weiters wird darauf hingewiesen, dass bei der Hauptfeststellung 1973 für eine Wohnnutzfläche von 973 m2 und für eine gewerblich genutzte Nutzfläche von 341 m2 ein durch gesetzliche Vorschriften beschränkter Mietzins entrichtet wurde. Dadurch kam es zu einer Kürzung gern.§ 53 Abs.71it.a BewG1955 in Höhe von 55%.
Laut Erklärung vom 31.5.2006 wird nunmehr kein durch gesetzliche Vorschriften beschränkter Mietzins entrichtet."
Dazu wurde folgende Stellungnahme abgegeben:
„Ich nehme Bezug auf lhr Ersuchen um Ergänzung und erlaube mir wie folgt zu antworten:
1. Bezüglich der Nutzfläche erlaube ich mir mitzuteilen, dass diese 1.379,11 m2 beträgt (Nutzflächenaufstellung in der Anlage). In der Nutzfläche von 1.477,09 ist bei der Anlage im Computer leider ein Fehler aufgetreten. Bei der Zusammenlegung der Tops 7, 8 und 9 wurden zwar die Nutzflächen in der Top 7 zusammengefasst, bei der Top 9 blieb jedoch trotzdem die Nutzfläche bestehen. Bei der Top IV handelt es sich um eine Fensternische und ist hier ebenfalls keine Nutzfläche anzusetzen. Es ergibt sich daher die Differenz zwischen 1.477,09 zu den nun richtig gestellten 1.379, 11 m2.
2. Auch die Verbesserung der Liegenschaft an sich kann ich bestätigen.
3. Hinsichtlich der Mietzinsbeschränkung ist unsererseits bei der Erklärung ein Irrtum unterlaufen. Die Gesamtliegenschaft ist vor 1914 errichtet worden und unterliegt daher zur Gänze der Mietzinsbeschränkung, hinsichtlich der gewerblichen Fläche einem angemessenen richterlichen Mäßigungsrecht, hinsichtlich der Wohnungen dem Richtwertsystem.
Ich ersuche daher gemäß Ihrem Einheitswertbescheid um Berücksichtigung des Abschlages in Höhe von 55%."
Mit Berufungsvorentscheidung vom 25. Juli 2006 gab das Finanzamt der Berufung mit folgender Begründung teilweise statt:
„Hinsichtlich der Gesamtnutzfläche wird der Berufung stattgegeben und auf den Betrag in Höhe von 1379,11 m2 berichtigt.
Bezüglich der Mietzinsbeschränkung darf folgendes festgestellt werden:
Bei nach dem 28.2.1994 abgeschlossenen Mietverträgen für Wohnungen der Kategorie A und B gilt an Stelle des Kategoriemietzinses als Mietzinsobergrenze der Richtwertmietzins. Da für solche neuen Mietverträge kein kategoriemäßig beschränkter Mietzins mehr als Obergrenze gilt, sondern ein "angemessener Mietzins", der eine kalkulatorische Gewinnkomponente beinhaltet, gilt dieser Mietzins nicht als ein durch gesetzliche Vorschriften beschränkter.
Bei "neuen" Mietverträgen, die nach dem Februar 1994 abgeschlossen wurden, kommt daher bei Wohnungen der Kategorie A oder B kein Abschlag in Betracht. Für eigengenutzte und leerstehende Wohnungen, für die aus diesem Grund kein Mietzins entrichtet wird, ist ebenfalls kein Abschlag zu gewähren.
Laut der vorgelegten Nutzflächenaufstellung können daher nur die Wohnungen top 4 (Kat.C- 116,02 m2 ), top 13 (Kat.D- 41,58 m2 ), top 14 (Kat.D - 111,92 m2 ) und top 16 (Kat.C- 89,81m2 ) mit einer Nutzfläche von zusammen 359,33 m 2 als von einer Mietzinsbeschränkung betroffenen Fläche beurteilt werden. Dies ergibt zur gesamten nutzbaren Fläche einen Anteil von 26 %. Gemäߧ 53 Abs.7 lit.a BewG 1955 beträgt bei einem Anteil von weniger als 30 v.H. bis 20 v.H. an der gesamten nutzbaren Fläche die Kürzung 35%."
Fristgerecht stellte die Bf. einen Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde II. Instanz.
Ergänzend wurde festgehalten:
„Die Begründung in der Berufungsvorentscheidung vom 25.07.2006 ist hinsichtlich der Beurteilung der Mietverträge ab28.02.1994 unrichtig. Es wurde zwar das Richtwertesystem anstelle der Kategoriemieten gesetzlich neu geregelt, doch sieht auch das Richtwertegesetz Mietzinsobergrenzen vor, die einmal jährlich verlautbart werden.
Es handelt sich daher nicht um "angemessene Mieten" und schon gar nicht um "freie Mieten". Das gegenständliche Haus hat das Baujahr 1872 und liegt daher im Vollanwendungsbereich des Mietrechtes, somit auch hinsichtlich der Mietrechtsbestimmungen. Dies gilt für Wohnungen der Kategorie A und B ebenso, wie für Geschäftslokale und Büros.
Da somit sowohl die geschäftlich genutzten Flächen T2 und T3 als auch die Wohnungen T5,6,7-9,10 und 15 dem richterlichen Mäßigungsrecht bzw. der Überprüfung durch Schlichtungsstelle und Gericht unterliegen und nicht als "freie Mietzinse" gelten können und die Schule der Stadt Wien "T11,12" überhaupt auf einem alten Mietvertrag aus ca. 1930 beruht, ist der alte bestehende Einheitswert aus 2002 zu belassen.
Der Abschlag von 55% hat jedenfalls Anwendung zu finden, da die Altmietverträge mit der Schule 150,84m1 zu Gesamtfläche 1379,11m2 zu 510,17 m2 = 37% beträgt."
Das Finanzamt legte die Berufung sodann dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2010 setzt der unabhängige Finanzsenat die Entscheidung über die Berufung gemäß § 281 BAO bis zur Beendigung von vergleichbaren - beim Verwaltungsgerichtshof zu den Zlen 2010/13/0131, 2010/13/0135 und 2010/13/0136 - anhängigen Verfahren aus.
In seinem Erkenntnis vom 24. September 2014 Zlen 2010/13/0131-6, 2010/13/0135-5 und 2010/13/0136-5 brachte der Verwaltungsgerichtshof - unter Verweis auf Vorjudikatur – zum Ausdruck, dass die nur an den Marktgegebenheiten orientierte Angemessenheitsprüfung des Mietzinses noch keine gesetzliche Beschränkung des Mietzinses im Sinne des § 53 Abs. 7 lit. a BewG darstelle und damit der angemessene Hauptmietzins nach § 16 Abs. 1 MRG – nicht als Mietzinsbeschränkung nach § 53 Abs. 7 lit. a BewG anzusehen sei.
Der Gerichtshof stellte jedoch weiters klar, dass der unabhängige Finanzsenat richtigerweise die Regelungen des "Richtwertmietzinses" als eine den Mietzins beschränkende Vorschrift gemäß § 53 Abs. 7 lit. a BewG gesehen hatte.
Nun war die gegenständliche Berufung am 31. Dezember 2013 beim unabhängigen Finanzsenat anhängig und es ist daher die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 323 Abs. 38 BAO auf das Bundesfinanzgericht übergegangen.
Es ist die Rechtssache somit als Beschwerde im Sinne des Art 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Über die Beschwerden wurde erwogen:
Gemäß § 53 Abs. 1 BewG ist bei der Bewertung von bebauten Grundstücken (Grundstücke, deren Bebauung abgeschlossen ist, und Grundstücke, die sich zum Feststellungszeitpunkt im Zustand der Bebauung befinden) vom Bodenwert (Abs. 2) und vom Gebäudewert (Abs. 3 bis 6) auszugehen.
Gemäß § 53 Abs. 7 BewG ist zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Ertragsfähigkeit bebauter Grundstücke die gemäß Abs. 1 bis 6 der genannten Gesetzesstelle ermittelte Summe aus dem Bodenwert und aus dem Gebäudewert um die in lit. a bis d festgesetzten Hundertsätze zu kürzen. Die Kürzung darf sich jedoch hinsichtlich des Bodenwertes nur auf eine Fläche bis zum Zehnfachen der bebauten Fläche erstrecken; dies gilt nicht für Geschäftsgrundstücke, auf denen sich ein Fabriksbetrieb befindet.
Das Ausmaß der Kürzung beträgt
a) bei bebauten Grundstücken, soweit ein durch gesetzliche Vorschriften beschränkter Mietzins entrichtet wird, entsprechend dem Anteil der von der Mietzinsbeschränkung betroffenen nutzbaren Flächen an der gesamten nutzbaren Fläche (Abs. 5), bei einem Anteil von 100 v. H. bis 80 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 60 v. H.,
weniger als 80 v. H. bis 60 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 55 v. H.,
weniger als 60 v. H. bis 50 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 50 v. H.,
weniger als 50 v. H. bis 40 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 45 v. H.,
weniger als 40 v. H. bis 30 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 40 v. H.,
weniger als 30 v. H. bis 20 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 35 v. H.,
weniger als 20 v. H. bis 10 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 30 v. H.
und weniger als 10 v. H. an der gesamten nutzbaren Fläche 25 v. H.,
bei der Ermittlung des Anteiles der von der Mietzinsbeschränkung betroffenen nutzbaren Fläche sind die Wohnräume mit ihrer tatsächlichen nutzbaren Fläche, die gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienenden Räume jedoch nur mit ihrer halben nutzbaren Fläche anzusetzen.
b) bei Einfamilienhäusern und sonstigen bebauten Grundstücken gemäß § 33 Abs. 2 30 v.H.,
c) bei Schlössern, Burgen und Klöstern 50 v. H.,
d) bei allen übrigen bebauten Grundstücken 25. v. H."
Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 53 Abs. 7 lit a BewG ergibt, soll dies dazu dienen, der unterschiedlichen Ertragsfähigkeit bebauter Grundstücke gerecht zu werden. Für das Ausmaß des Abschlages ist daher maßgeblich, ob zum Bewertungsstichtag tatsächlich ein durch gesetzliche Vorschriften beschränkter Mietzins entrichtet wird. Für Objekte, die ungenutzt sind und für die aus diesem Grunde kein Mietzins, also auch kein durch gesetzliche Bestimmungen beschränkter Mietzins entrichtet wird, ist deshalb kein Sonderabschlag zu gewähren (she auch Twaroch-Wittmann-Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, § 53, 273). Das gleiche gilt für eigengenutzte Wohnungen.
In gegenständlichem Fall ist entscheidend, für welche Flächen zum 1. Jänner 2006 tatsächlich ein "durch gesetzliche Vorschriften beschränkter Mietzins" entrichtet wurde.
Bei der Ermittlung des Anteiles der von der Mietzinsbeschränkung betroffenen nutzbaren Fläche sind die Wohnräume mit ihrer tatsächlichen nutzbaren Fläche, die gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienenden Räume jedoch nur mit ihrer halben nutzbaren Fläche anzusetzen.
Aus der von der Bf zum maßgeblichen Stichtag vorgelegten Liste geht hervor, dass in der bewertungsgegenständlichen Liegenschaft zum weitaus überwiegenden Teil Wohnungen für Wohnzwecke vermietet wurden. Für den Großteil der Flächen wurde ein Richtwertmietzins verrechnet und für zwei Wohnungen ein angemessener Hautmietzins.
Es ergibt sich somit auf Grund der von der Bf zum 1.1.2006 vorgelegten Liste folgende Berechnung:
Gesamte Fläche | 1.379,11m2 |
Davon Wohnnutzfläche | 1.116,16m2 |
Top 3 Geschäftslokal | 112,00m2 |
Top11, 12 dient öffentlichen Zwecke | 150,84m2 |
| 262,84m2 |
Zur Hälfte | +131,42m2 |
Top 1 und 2 angemessene Miete | - 153,52m2 |
Nach § 53 Abs. 7 lit. a BewG zu berücksichtigende Fläche | 1.094,06m2 |
d.s. 79,33% ergibt Kürzung um 55 % |
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Gebäudewert wie bisher | 46.516,1900 |
Bodenwert wie bisher | 53.370,9100 |
Kürzung gem. § 53 (2) BewG 25 % | -13.342,7283 |
| 86.544,3717 |
Kürzung gem. § 53 (7) lit. a BewG 55 % | - 47.599,4044 |
| 38.944,9673 |
Einheitswert | 38.900,-- |
Erhöht um 35 % gem. AbgÄG 1982 | 52.500,-- |
Die Kürzung gemäß § 53 Abs. 7 lit. a BewG war - unter Außerachtlassung der Wohnungen, für die ein angemessener Hauptmietzins bezahlt wurde – so wie vom Bf beantragt mit 55 % durchzuführen.
Zulässigkeit einer Revision
Die Lösung der Frage, für welche Mietzinse eine für die Kürzung nach § 53 Abs. 7 lit. a BewG relevante gesetzliche Beschränkung bestehe, ergibt sich aus dem jüngst ergangenen Erkenntnis des VwGH vom 24.9.2014, Zl. 2010/13/0131ff.
Nachdem sohin keine Rechtsfrage von "grundsätzlicher Bedeutung" zugrunde liegt, ist eine Revision nicht zulässig.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden
Wien, am 12. Jänner 2015
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 53 Abs. 7 lit. a BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
Verweise: |