Vorlageantrag nach Verzicht auf die Stellung des Vorlageantrages unzulässig
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100177.2019
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI in der Beschwerdesache Bf., vormals wohnhaft Adresse, gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien X vom 20.01.2016, betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 5-12/20014 und 1-12/2015 sowie betreffend Normverbrauchsabgabe für das Monat 6/2014 beschlossen:
Der Vorlageantrag wird gem. § 264 Abs. 4 lit. c BAO iVm. § 255 Abs. 1 BAO iVm. § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 7 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrenslauf:
Mit Bescheid vom 20.01.2016 hat die belangte Behörde Kfz-Steuer für die Monate 1-12/2014 iHv. EUR 3.183,87 und für die Monate 1-12/2015 iHv. EUR 3.318,12 festgesetzt.
Mit Schreiben vom 25.02.2016 brachte der Beschwerdeführer, anwaltlich vertreten, rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde ein.
Am 14.10.2016 fand ein Besprechungstermin mit der belangten Behörde statt in der die Rechts- und Sachlage ausführlich besprochen wurde. Mit Niederschrift vom 14.10.2016 wurde der Sachverhalt insofern festgehalten, dass betreffend der Monate 3-12/2013 und 1-4/2014 keine Kfz-Steuerpflicht angefallen sei, und dass daher nur die Monate von 5/2014 bis 12/2015 festzusetzen seien, da das gegenständliche Kfz Ende 2015 verkauft wurde.
Im Zuge dieser Besprechung, hat der Beschwerdeführer, anwaltlich vertreten und niederschriftlich mit Niederschrift vom 14.10.2016 festgehalten, auf die Stellung eines Vorlageantrages verzichtet.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 08.11.2016 setzte die belangte Behörde Kfz-Steuer für die Monate 5-12/2014 iHv. EUR 2.123,- und 1-12/2015 iHv. EUR 3.318,- und Normverbrauchsabgabe iHv. EUR 2.000,- fest.
Mit Schreiben vom 30.11.2016 widerrief der Beschwerdeführer die an seinen rechtlichen Vertreter erteilte Vollmacht.
Mit Schreiben vom 19.12.2016 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag "auf Bescheidaufhebung" gem. § 299 BAO sowie gem. § 303 Abs. 1 BAO auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Weiters stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Nachsicht gem. § 236 BAO.
Mit Schreiben vom 05.01.2017 brachte der Beschwerdeführer innerhalb der Monatsfrist ab Zustellung der Beschwerdevorentscheidung einen Vorlageantrag ein, mit dem Wortlaut: "damit ein ordentliches Rechtsmittel gegen die Beschwerdeerledigung vom 08.11.2016 ermöglicht wird". Der Beschwerdeführer führte weiters aus, er wünsche die "Bescheidaufhebung von Amtswegen, da die Behörde an den Rechtsmittelverzicht, sowieso nicht gebunden ist. Außerdem ist die Steuerforderung auf einen nicht existenten Tatbestand begründet und in Folge sowieso rechtswidrig."
Mit Schreiben vom 23.01.2017 stellte der Beschwerdeführer - sowie mit Schreiben vom 02.05.2017 - erneut einen "Vorlageantrag" und rügte darin, dass seine Eingaben vom 05.01.2017 und vom 19.12.2016 nicht bearbeitet wurden. Im Schreiben vom 02.05.2017 führte der Beschwerdeführer zu seinem Antrag weiters aus: "Sämtliche noch offene Verfahren fußen alleine auf den Umstand, daß eine Anzeige der LPD — die verpflichtend dem FA mitzuteilen war eine Aktivität der Finanzbehörde auslösen sollte: Ermittlungsverfahren, in Folge Bescheide — oder eine verfahrenleitende Verfügung. Die Einstellung des LPD—Verfahrens musste der Finanzbehörde seitens der LPD nicht mitteilt werden. Hätte die Finanzbehörde aber vor Erlassung der Forderungsbescheide ein Ermittlungsverfahren von sich aus durchgeführt, wäre folgender Tatbestand, dem auch die LPD feststellte, vorgelegen: Daten. Dem PKW wurden weder Kennzeichen noch Fahrzeugpapiere abgenommen. Am 12.6.2015 wurde die Einleitung bzw. die Fortführung des Verwaltungsstrafverfahren seitens der LPD eingestellt. Diese Sachverhalte wurden der Finanzbehörde mehrmals nachgewiesen (mündliche Einvernahme des bev. Vertreter — der, wieso auch immer, einen RM—verzicht unterschrieb!!?). Dass eine erstmalige Nichtzulassung in Österreich die NOVA auslöst, KFZ-steuer begründet, Säumniszuschläge und Verspätungszuschläge auslöst,versucht das Finanzamt zu begründen. Es wird ersucht, vor Entscheidung über die vom FA vorgelegten Aktenteile den gesamten Akt einer komplexen Rechtsbeurteilung zu unterziehen."
Mit Schreiben vom 12.06.2017, adressiert an das "Bundesfinanzgericht, Außenstelle Wien, Marxergasse 4, 1030 Wien", stellte der Beschwerdeführer einen "Devolutionsantrag", "dass sämtliche noch offenen Eingaben und unerledigten Anbringen dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt werden".
Mit Schreiben vom 16.08.2017, wiederum adressiert an das "Bundesfinanzgericht, Außenstelle Wien, Marxergasse 4, 1030 Wien", stellte der Beschwerdeführer eine "Säumnisbeschwerde gem. § 284 BAO" mit dem Ersuchen die Anträge der Schreiben vom 19.12.2016 und 23.01.2017 zu erledigen.
Mit Schreiben vom 18.08.2017, wiederum adressiert an das "Bundesfinanzgericht, Außenstelle Wien, Marxergasse 4, 1030 Wien", stellte der Beschwerdeführer eine "Säumnisbeschwerde gem. § 284 BAO" mit dem Ersuchen die Anträge der Schreiben vom 19.12.2016 und 05.01.2017 zu erledigen.
Mit Schreiben vom 12.04.2018 langte das Schreiben des Beschwerdeführers am Bundesfinanzgericht ein mit dem Wortlaut: "Antrag. Die eingebrachten Säumnisbeschwerden mögen ohne unnötigen Aufschub dem Bundesfinanzgericht zugeleitet werden. Wenn man den gesamten Aktenverlauf aufrollt, vom Zustandekommen einer Steuernachforderung, die ohne gesetzliche Grundlage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungs- und Feststellungsverfahren, unter gröblichster Verletzung des Parteiengehörs, unrichtiger bzw. Nichtbeachtung polizeilicher Feststellungen, Unterlassungen der Beweiswürdigung, unrichtige Tatsachenfeststellung, ein Musterbeispiel an Verfahrensfehlern, Einleitung unrechtmäßiger Einbringungsmaßnahmen und Rechtsverletzungen ist der Höhepunkt in der Beschwerdevorentscheidung vom 8.11.2016 zu finden. Beschwerdevorentscheidung vom 8.11.2016: a) teilweise Stattgabe 2013 und 1-4/2014 1/2 Nachforderung b) Abweisung 5-12/2014 und 2015. Grund der Stattgabe: Besprechung und Rechtsmittelverzicht. Eine Handlung, die keine gesetzliche Deckung findet! Ein junger, ambitionierter aber unerfahrener Anwalt wird Sprichwörtlich: "über den Tisch gezogen". Köder: Rechtsmittelverzicht gegen Verzicht (ohne gesetzlicher Grundlage) auf die Hälfte der Steuerforderung! Eine Entscheidung ohne Rechtsgrundlage unter dem Motto: "Wir brauchen kein Recht, wir sind das Recht und wir sprechen Recht“ aber wo kein Recht ist herrscht Unrecht. Antrag: Der Finanzgerichtshof möge über die bisher unerledigten Anbringen entscheiden."
II. Rechtliche Beurteilung:
Für die rechtliche Beurteilung wird der oben angeführte Sachverhalt herangezogen.
III. Rechtslage:
"§ 255. (1) Auf die Einbringung einer Bescheidbeschwerde kann verzichtet werden. Der Verzicht ist schriftlich oder mündlich zu erklären.
(2) Vor Erlassung eines Bescheides kann ein Verzicht rechtswirksam nur abgegeben werden, wenn aus der Verzichtserklärung (Niederschrift) hervorgeht, dass dem Verzichtenden im Zeitpunkt ihrer Abgabe der Inhalt des zu erwartenden Bescheides, bei Abgabenbescheiden die Grundlagen der Abgabenfestsetzung, die Höhe der Abgabe und die Abweichungen von den bisherigen Festsetzungen, bekannt waren. Eine Abschrift der Niederschrift ist dem Abgabepflichtigen auszufolgen.
(3) Eine trotz Verzicht eingebrachte Bescheidbeschwerde ist unzulässig (§ 260). Die Möglichkeit, den Bescheid hinsichtlich der Fälligkeit einer festgesetzten Abgabe anzufechten, bleibt unberührt."
"§ 264. (1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt
a) der Beschwerdeführer, ferner
b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.
(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.
(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:
a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),
b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),
c) § 255 (Verzicht),
d) § 256 (Zurücknahme),
e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).
(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.
(6) Erfolgt die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 3 und 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, so kann die Partei (§ 78) beim Verwaltungsgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Beschwerde. Sie hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrages zu enthalten.
(7) Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus."
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO bestimmt: " Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist".
IV. Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichts:
Das Zukommen der Vorlageerinnerung vom 02.05.2017 gem. § 264 Abs. 6 BAO im Zuge der am Bundesfinanzgericht am 12.04.2018 eingebrachten Säumnisbeschwerde begründet die Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichts, da die Vorlageerinnerung wie eine Vorlage der Beschwerde wirkt.
Überdies ist das Bundesfinanzgericht gem. § 264 Abs. 5 BAO für die Zurückweisung eines nicht zulässigen Vorlageantrags zuständig.
V. Unzulässigkeit wegen gültigen Vorlageantragsverzicht:
§ 255 BAO ist ex lege auch auf Vorlageanträge gem. § 264 Abs. 4 lit. c BAO anwendbar.
Da am 14.10.2016 in der Besprechung mit der belangten Behörde die Rechts- und Sachlage ausführlich besprochen wurde und niederschriftlich festgehalten durch den bevollmächtigten rechtlichen Vertreter des Beschwerdeführers auf die Stellung eines Vorlageantrages verzichtet wurde, ist die Stellung eines Vorlageantrages trotz Rechtsmittelverzicht (Verzicht auf Stellung eines Vorlageantrages) gem. § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen.
VI. Antrag auf Ungültigkeitserklärung des Rechtsmittelverzichts:
Mit Schreiben vom 19.12.2016 stellte der Beschwerdeführer einen "Antrag auf Ungültigkeitserklärung des Rechtsmittelverzichts" und führte dazu aus:
"Der Rechtsmittelverzicht bindet nicht die Abgabenbehörde. Sie kann von dem Verzicht zugrunde gelegten Auffassungen abweichen; dadurch verliert der Verzicht allerdings seine Wirksamkeit. Ein Rechtsmittelverzicht ist auch dann ungültig, wenn er auf Willensmängeln beruht, etwa auf einem von der Abgabenbehörde verursachten Irrtum, physischen oder psychischem Zwang, einer Drohung. Die Verzichtserklärung ist nicht zurücknehmbar, aber: Der Rechtsmittelverzicht bindet nicht die Abgabenbehörde."
Mit Schreiben vom 05.01.2017 stellte der Beschwerdeführer wiederum einen "Antrag auf Ungültigkeitserklärung des Rechtsmittelverzichts" und führte dazu aus:
"Der erfolgte Rechtsmittelverzicht war mit RA Name nicht abgesprochen."
Mit Schreiben vom 12.04.2018 führte der Beschwerdeführer weiters aus, dass sein rechtlicher Vertreter seitens der belangten Behörde "über den Tisch gezogen" worden sei.
Der Beschwerdeführer hat, anwaltlich vertreten, am 14.10.2016 einen wirksamen Rechtsmittelverzicht (Verzicht auf Stellung eines Vorlageantrages) gegenüber der belangten Behörde abgegeben. Dass der darauffolgende Bescheid von den in der Niederschrift vom 14.10.2016 angegebenen Bemessungsgrundlagen und Steuerbeträgen abweicht, hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Somit wurde der Verzicht auf Stellung des Vorlageantrages rechtswirksam vor Erlassung der Beschwerdevorentscheidung abgegeben.
Der Beschwerdeführer hat lediglich vorgebracht, dass die belangte Behörde an den abgegebenen Rechtsmittelverzicht nicht gebunden wäre, aber hat jedoch nicht dargetan, inwieweit zB. Willensmängel vorgelegen wären.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass der Rechtsmittelverzicht, wirksam unterzeichnet durch den rechtlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 14.10.2016, nicht abgesprochen gewesen worden wäre und das weitere Vorbringen, dass der rechtliche Vertreter seitens der belangten Behörde "über den Tisch gezogen" worden sei, entbehrt jeglichen Beweises und entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung. Aus diesem Grund können diese Vorbringen nur als Zweckbehauptungen beurteilt werden. Ein Antrag auf "Ungültigkeitserklärung eines Rechtsmittelverzichts" ist gesetzlich nicht vorgesehen und ist hiermit als unzulässig zurückzuweisen.
Aus den oben genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision nicht zulässig, da es nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Erkenntnis folgt der einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Wien, am 14. Jänner 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 284 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
