BFG RV/7100119/2016

BFGRV/7100119/201622.12.2016

Entschädigungszahlungen für die Verlegung einer Gasleitung bzw. eines Lichtwellenleiterkabels

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.7100119.2016

 

Entscheidungstext

Im Namen der Republik

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf., adresse, adresse, vertreten durch Vertretung, adresse, adresse, nunmehr: xxyyy, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes x vom 04.12.2014, betreffend die Einkommensteuer für das Jahr 2007 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 1.12.2016 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 wird als unbegründet abgewiesen.

Der Einkommensteuerbescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe

Im Zusammenhang mit der Verlegung einer Gasleitung bzw. eines Lichtwellenleiterkabels hat die X GmbH an die Beschwerdeführerin (Bf.) im Jahre 2007 Entschädigungszahlungen in Höhe von 26.633,12 € bezahlt. Die Bf. hat diese Entschädigungszahlungen nicht als steuerpflichtige Einnahmen erklärt.

Das Finanzamt erließ am 27.2.2009 erklärungsgemäß den Einkommensteuerbescheid 2007.

Im Zuge einer Nachschau am 28.11.2014 wurde festgestellt, dass die Bf. die oben genannte Entschädigungszahlung für die Einräumung der Grundinanspruchnahme und der Dienstbarkeit erhalten habe.

Das Prüfungsorgan hat im Sinne der Rz 5174 EStR die Aufteilung der Entschädigungszahlung in ein steuerliches Entgelt (Dienstbarkeit) und in eine steuerlich unbeachtliche Wertminderung des Grund und Bodens  vorgenommen. Danach  könne bis zu einem Einmalentgelt von 50.00,00 € der Anteil von steuerpflichtigen Nutzungsentgelten mit 70% des jeweiligen Gesamtentgeltes angenommen werden. Wird dieser Betrag überschritten, sei eine Feststellung im Einzelfall zu treffen. Falls der Steuerpflichtige eine Zuordnung der Anteile anhand eines Gutachtens vornimmt, so sei dieses auf fachlicher Ebene zu prüfen.

Demnach sei bei einer Entschädigungszahlung in Höhe von  26.633,12 € ein Anteil von 70% für die Einräumung einer Dienstbarkeit anzusetzen gewesen. Folglich waren bei der Bf. steuerpflichtige Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft in Höhe von 18.643,18 € zu erfassen und ein Anteil von  30%, somit im Ausmaß von 7.989,94 €, als Belastung von Grund und Boden steuerfreizu behandeln.

Vor diesem Hintergrund erließ das Finanzamt am 4.12.2014 nach Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 2007 den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2007 und behandelte die Entschädigungszahlungen im Ausmaß von 70% als einkommensteuerpflichtig.

Die Bf. erhob gegen den Einkommensteuerbescheid Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass die pauschale Aufteilung von 70/30 nicht dem wahren Sachverhalt entspreche.

Mit Kaufvertrag vom 1.8.2012 sei jenes durch die Gasleitung und Lichtwellenleiterkabel belastete Grundstück laut beigelegtem Kaufvertrag veräußert worden. Der Kaufpreis für die beiden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke a und b mit einer Nutzfläche in Höhe von 90.095 m² habe  180.000,00 € betragen, somit 2,00 €/m². Eine Aufteilung des Kaufpreises auf die mit den Leitungen belastete Liegenschaft (b) erfolgte nicht.

Der Erwerber der Grundstücke gab an, dass beim Kauf des Grundstücks die Belastungen durch Leitungen im Kaufpreis berücksichtigt worden seien.

Üblicherweise könnten für vergleichbare landwirtschaftlich genutzte Grundstücke im Großraum Bezirk Baden bis zu 2,50 € /m² erzielt werden. Die Bf. habe selbst beim Verkauf eines vergleichbaren Grundstückes im Jahr 2008 einen Preis von 2,45 €/m²erzielt.

Die Bf. führte weiters aus, dass das von der Finanzverwaltung akzeptierte Wertverhältnis von 70/30 in den meisten Fällen fernab der Realität sei und gutachterliche Feststellungen des wahren Wertverhältnisses selbst bei niedrigen Entschädigungsbeträgen beinahe unumgänglich seien. Sie verwies auf einen schriftlichen Beitrag von DDR. Krassnig in der SWK 2013, Heft 36, 1507, in dem dieser zahlreiche Gründe nannte, die im Zusammenhang mit einer Leitungsdienstbarkeit  hinsichtlich einer Verkehrswertminderung der belasteten Liegenschaft angeführt werden können. Demnach könne ohne Erstellung eines teuren Gutachtens glaubhaft dargestellt werden, dass diese im genannten Artikel angesprochenen Wertminderungsgründe aufzeigen, dass ein steuerfreier Wertminderungsanteil im Ausmaß von 30% zu wenig sei. Diverse Sachverhaltsprüfungen der Finanzverwaltung aus der Praxis würden zeigen, dass die individuellen Verhältnisse des Enteigneten regelmäßig nicht berücksichtigt würden.

Zudem weisen zahlreiche Praxisfälle darauf hin, dass von der Finanzverwaltung ignoriert werde, dass die Verkehrswertminderung infolge einer Leitungsdienstbarkeit nicht nur den vertragsmäßig schmalen Servitutsstreifen (oder einen darüber hinausgehenden Arbeitsstreifen), sondern stets das gesamte Grundstück bzw. den gesamten bewirtschaftungsmäßigen Flächenkomplex, der aus mehreren Einzelgrundstücken bestehen könne, betreffe.

Gemäß § 184 BAO habe die Abgabenbehörde im Rahmen einer Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung seien. Die steuerliche Vertretung wies überdies darauf hin, dass sie im Zuge der Nachschau ins Treffen geführt habe, dass die vom Prüfer vorgenommene Aufteilung der Entschädigungszahlungen nicht den Tatsachen entsprechen könne. Dies bestätige auch die Rechnungsgutschrift 2007 von der E, aus der eine Aufteilung der genannten Zahlung in eine Wertminderung des Grund und Bodens in Höhe von 24.890,40 € und in die Einräumung einer Dienstbarkeit von 1.742,72 € hervorgehe. Diese Aufteilung könne von der E begründet werden.

Gleichermaßen habe die E im Rahmen ihrer Präsentation der Durchführung des Leitungsbaues ausgeführt, dass der "ganze bzw. wesentliche Teil" der Entschädigungszahlung steuerfrei sei."

Der Niederschrift vom 28.11.2014 liege keine substantiierte Begründung des Schätzungsergebnisses zu Grunde und sei die von der E vorgenommene Aufteilung nicht entkräftet worden.

Die Einholung eines teuren Gutachtens könne aus der Sicht, dass auf Grund des realisierten Verkaufes des betroffenen Grundstückes eine fremdübliche Preisfindung vorliegt, unterbleiben.

Wäre ein Verkaufspreis von 2,45 €/m² erzielt worden, so hätte die Bf. bezüglich der Liegenschaft b für 60.160m² einen um rund 27.000,00 € höheren Erlös erzielt. Diese Differenz entspreche der Entschädigungszahlung der E, was bedeute, dass diese den tatsächlichen Wertverlust des Grundstückes entspreche.

Der steuerliche Vertreter der Bf. beantragte die Aufteilung der Entschädigungszahlung konform zur Rechnung der E vorzunehmen und 24.890,40 € steuerfrei zu belassen und die Dienstbarkeit in Höhe von 1.742,72 € steuerpflichtig zu behandeln.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung führte das Finanzamt im Begründungsteil aus, dass die von der X GmbH für die "Erdgas-Hochdruckleitung re bezahlten Entschädigungssätze wie nachfolgend bekanntgegeben worden seien:

Für die Grundinanspruchnahme der Gasleitung 44,00 € pro Lfm, insgesamt 19.169,92 €

für die Dienstbarkeit (Vertragswert) 4,00 € pro Lfm, insgesamt 1.742,72 und

für den Lichtwellenleiter 13,13 €  pro Lfm, insgesamt 5.720,48 €.

Das Finanzamt vertritt dazu die Auffassung, dass dieser Aufteilung keine spezielle Zuordnung einer Entschädigungssumme für die Bodenwertminderung zu entnehmen sei. Eine Entschädigung für eine Grundinanspruchnahme bzw. für einen Lichtwellenleiter müsse nicht gleichbedeutend sein mit einer Wertminderung der Vermögenssubstanz. Daher könne der in der Beschwerde vorgeschlagenen Aufteilung in eine steuerfreie Bodenwertminderung im Ausmaß von 93,46 % und eine steuerpflichtige Dienstbarkeit 6,54 % im Sinne der Rechnung der X GmbH nicht gefolgt werden.

Darüber hinaus sei das Argument der Bf., wonach der im Jahre 2012 erzielte Verkaufspreis genau um die Entschädigungsleistung der E geringer gewesen sei als ein vergleichbarer Verkauf im Jahre 2008, nach Ansicht der Abgabenbehörde kein taugliches Beweismittel für eine Bodenwertminderung von mehr als 93% der gesamten, bereits im Jahre 2007 geleisteten  Entschädigungszahlung.

Das Ergebnis der Außenprüfung sei im Sinne der Verwaltungspraxis zur Sicherung einer einheitlichen Vorgehensweise in gleichgelagerten Fällen ermittelt worden, dem aus der Sicht der Abgabenbehörde wegen fehlender anderer Beweismittel durch die Bf. zu folgen war.

Im Vorlageantrag brachte die steuerliche Vertretung der Bf. vor, dass das Finanzamt eine eigene, konkrete auf den Einzelfall bezogene Erhebung oder Berechnung der Wertminderung der belasteten Liegenschaft nicht durchgeführt habe. Unter Hinweis auf § 166 BAO und § 184 BAO  führte die steuerliche Vertretung aus, dass die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlage für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen könne, diese zu schätzen habe. Ziel der Schätzung sei es, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen. Dabei seien alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung wären. Schätzungsergebnisse unterliegen der Begründungspflicht. Die Begründung habe die Gründe für die Schätzungsbefugnis, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen.

Weshalb die vom Finanzamt angewandte Aufteilung nicht den Tatsachen entspreche sei, in der Beschwerde dargelegt worden. Es wären Zeugen benannt worden, Herr R , der vom Finanzamt nicht befragt worden sei und außerdem wären vorgelegte Unterlagen als nicht tauglich beurteilt worden. Daher habe die Abgabenbehörde nicht alle offenkundig tauglichen Beweismittel gewürdigt und sorgfältig berücksichtigt. Es seien nicht alle Umstände des Einzelfalles, die für eine Schätzung von Bedeutung gewesen wären, berücksichtigt worden.

Verjährung:

Den vorgelegten Akten ist zu entnehmen, dass das Finanzamt auf Grund einer an die Großbetriebsprüfung Wien ergangenen Kontrollmitteilung vom 14.7.2011 betreffend die in Rede stehenden Entschädigungszahlungen eine Nachschau am 2.8.2011 vornahm, deren Ergebnis dem steuerlichen Vertreter der Bf. am 1.9.2011 zur Kenntnis gebracht wurde.

In der Kontrollmittteilung wurde dem Finanzamt die Ansicht des bundesweiten Fachbereiches bezüglich der Aufteilung der Entschädigungszahlungen in einen steuerpflichtigen und einen nicht steuerbaren Teil bekannt gegeben.

Festgestellt wird überdies, dass sich auf dem Nachschauauftrag vom 2.8.2011 ein handschriftlicher Vermerk "AD 17.12.2013" befindet.

Über Vorhalt des Bundesfinanzgerichts, gab die Abgabenbehörde am 3.6.2016 per e-mail bekannt, dass es zu dem besagten Vermerk keine weiteren Unterlagen gab, es sei jedoch am 17.12.2013 in den Räumlichkeiten des steuerlichen Vertreters der Verfahrenstand in gegenständlicher Sache abgestimmt worden.  Der Grund dieses Treffens bestünde insbesondere darin, die beim steuerlichen Vertreter einlangenden Informationen der Berufsvertretung (Landwirtschaftskammer) bzw. aktuelle Informationen des Fachbereichs auszutauschen.

Die steuerliche Vertretung der Bf. bestätigte diese Aussagen am 22.7.2016 schriftlich gegenüber dem Bundesfinanzgericht, dass ihr bei der Besprechung am 17.12.2013 mitgeteilt worden wäre, dass das konkrete Verfahren bescheidmäßig abgeschlossen werden würde, und das Finanzamt bezüglich der Aufteilung der Entschädigungszahlungen an die aktuellen EStR  gebunden sei.

In der mündlichen Verhandlung am 1.12.2016 verwies die steuerliche Vertretung der Bf. auf ihre bisherigen Schriftsätze und führte ergänzend aus, dass ein Kosten/Nutzenvergleich ergeben habe, dass die Erstellung eines Gutachtens zu teuer gewesen wäre. Es treffe zu, dass am land- und forstwirtschaftlichen Grundstück keine nachhaltigen Flurschäden entstanden seien, allerdings bliebe eine Belastung durch die Einräumung einer Dienstbarkeit außer Zweifel bestehen. Eine Wertminderung des Grundstückes sei jedenfalls aus dem vorgelegten Kaufvertrag ersichtlich, nach dem für das verfahrensgegenständliche Grundstück ein im Vergleich zu einem im Jahr 2008 verkauften, vergleichbaren Grundstück ein um 0,45 €/m² niedrigerer Kaufpreis erzielt worden sei. Darüber hinausgehende Nachweise konnte die Bf. nicht vorlegen. 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Bezüglich der Einkommensteuer 2007 ist festzuhalten, dass keine Verjährung eingetreten ist.

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei der Einkommensteuer fünf Jahre. Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabenpflicht knüpft.

Die Frist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist ( § 208 BAO ). Nach § 209 BAO verlängert sich die Verjährungs frist aber um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Abgabenbehörde unternommen wurden. Da die Verjährung auf Grund einer Verlängerungshandlung im Jahre 2009 und einer vom Bf. bestätigten weiteren nach außen hin erkennbaren Amtshandlung am 17.12.2013 Ende des Jahres 2014 eintrat, ist der am 4.12.2014 ergangene Einkommensteuerbescheid 2007 noch innerhalb der Verjährungsfrist ergangen.

Das Bundesfinanzgericht geht von nachfolgendem erwiesenen Sachverhalt aus:

Auf Basis der vorgelegten Akten ist erwiesen, dass die Bf. im Jahre 2007 eine einmalige Entschädigungsleistung in Höhe von brutto 26.633,12 € für die Einräumung einer Dienstbarkeit (Verlegung einer Gasleitung bzw. eines Lichtwellenleiterkabels) auf ihrem zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehörenden Grundstück mit der b zugunsten der X GmbH erhalten hat.  Die Verlegung von Gasleitungen und Lichtwellenleiter erfolgte in einer Breite von 8 m auf dem besagten Grundstück.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Im Entgelt für die Einräumung einer Dienstbarkeit sind grundsätzlich mehrere Komponenten enthalten, wie z. B. Entgelt für die Benutzung von Grund und Boden, Entgelt für den Ertragsausfall, Entschädigung für die Wertminderung der Vermögenssubstanz (vgl. Doralt, EStG9, § 21 Tz. 145 und § 28 Tz. 31-33).

Entschädigungen für die Wertminderung von Grund und Boden gemäß § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung sind nicht steuerpflichtig. Eine solche Entschädigung für eine Bodenwertminderung betrifft grundsätzlich die Minderung der Bodenqualität und/oder des Verkehrswertes der Liegenschaft. Die Entschädigung ist daher in einen steuerfreien Betrag für die Wertminderung von Grund und Boden und einen zu versteuernden Betrag für die Abgeltung der weiteren Beeinträchtigungen aufzugliedern. Das Fehlen einer Aufteilung der Entschädigungssumme im Vertrag schadet indessen nicht, weil eine solche Vereinbarung für die Abgabenbehörde ohnedies keine Bindung schaffen würde (vgl. VwGH 1.6.2006, 2003/15/0093).

Streitgegenständlich ist demzufolge, inwieweit die Entschädigungen für Leitungsdienstbarkeiten eine Verkehrswertminderung abgelten und steuerfrei sind und inwieweit sie die Einräumung des Leitungsrechts erfassen und steuerpflichtig sind.

Das Finanzamt hielt sich in diesem Zusammenhang an eine in die EStR 2000 aufgenommene Pauschalregelung, die nach BMF 7.10.2014, BMF -010203/0340-VI/2014, für das Streitjahr anzuwenden ist, wonach es die Entschädigung für Bodenwertminderung in Höhe von 30% der gesamten Zahlungen und für die Einräumung der Dienstbarkeit im Ausmaß von 70% annahm. Die Rz 5174 EStR 2000 sehen diesbezüglich vor, dass bei Entgelten bis zu einer jährlichen Gesamthöhe von 30.000,00 € sowie bei Einmalentgelten  bis zu 50.000,00 € eine solche Aufteilung vorgenommen werden kann. Dies unter der Voraussetzung, dass die gesamte Entschädigungszahlung nur landwirtschaftlich genutzte Flächen oder landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzte Flächen  betrifft und der Waldanteil 10% nicht übersteigt.

Nach den Richtlinien ist ein Abgehen von der oben genannten Aufteilung nur in jenen Fällen möglich, in denen durch ein Gutachten eine andere Aufteilung glaubhaft gemacht wird.

Die steuerliche Vertretung vertritt die Ansicht, dass die Erstellung eines Gutachtens im Rahmen eines Kosten/Nutzenvergleiches außer Verhältnis stünde. Eine höhere Wertminderung des Grund und Bodens als jene vom Finanzamt angenommen könne durch den am 1.8.2012 erfolgten Verkauf des in Rede stehenden Grundstückes nachgewiesen werden. Danach habe die Belastung dieses Grundstückes mit der Grunddienstbarkeit zu einem um 0,45 € niedrigeren Kaufpreis  geführt. Dies habe ein Vergleich mit einem Veräußerungspreis ergeben, der für ein in ähnlicher Lage gelegenes Grundstück erzielt wurde.

Mangels Vorliegens eines Gutachtens muss nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts geprüft werden, ob das alleinige Vorbringen der Bf., wonach sie einen geringeren Kaufpreis für das gegenständliche Grundstück erzielte, für eine Aufteilung der Entschädigungssumme in einen 70%igen steuerfreien und einen 30%igen steuerpflichtigen Anteil ausreichte.

Leitungsrechte werden den Energieversorgungsunternehmen für die Unterführung von Grundstücken mit Kabel- oder Rohrleitungen eingeräumt. Der Eigentümer muss die Nutzung seines Grundstücks zum Zwecke der Anlage, der Unterhaltung und der Erweiterung der Leitung gestatten und darüber hinaus einen Schutzstreifen, der je nach Leitung verschieden breit ist, von bestimmten Anlagen freihalten (Bau- und Bepflanzungsbeschränkungen). Die Wertminderung wird dadurch berücksichtigt, dass man die Schutzstreifenfläche nur mit dem Preis für landwirtschaftlich genutzt Flächen bewertet.  Eine weitere Möglichkeit ist die Beurteilung nach der Nutzungseinschränkung des Grundstücks, wobei zwischen einem Wohngrundstück und einem Gewerbegrundstück unterschieden wird (vgl. Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, 125).

Fraglich ist, ob im konkreten Fall Feststellungen über die Fläche des Schutzstreifens die von der Bf. angenommene Wertminderung des gesamten Grundstückes im Ausmaß von 70% der Entschädigungszahlungen begründen.

Die Bf. verweist zur Unterstützung ihres Beschwerdevorbringens auf den durch die Veräußerung des Grundstückes erzielten verminderten Kaufpreis. Dass der Kaufpreis des in Rede stehenden land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes wegen der Einräumung der Dienstbarkeit niedriger war als jener bei Vergleichsgrundstücken mag zutreffen.

Allerdings kann der von der Bf. ins Treffen geführte Differenzbetrag in Höhe von 27.000,00 € dann keine Verkehrswertminderung des gesamten Grundstückes begründen, wenn ein sachgerechte objektiv-konkrete Wertermittlung fehlt, die ausgehend vom Servitutsstreifen die konkrete Belastung des Grundstückes darstellt.

Da die steuerliche Vertretung in der mündlichen Verhandlung einräumte, dass Flurschäden infolge der Servitutseinräumung nicht entstanden sind und darüberhinaus nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts feststeht, dass ein niedriger Kaufpreis verschiedene Ursachen haben kann, war es nicht erwiesen, dass eine Wertminderung der konkreten landwirtschaftlich genutzten Fläche im Ausmaß von 27.000,00 € allein auf das Bestehen eines Schutzstreifens zurückzuführen war.

Den Ausführungen in der Beschwerde, wonach die streitgegenständliche Entschädigungszahlung den um 27.000,00 € erzielten niedrigeren Kaufpreis abdecken sollte, war demnach nicht zu folgen. Dies auch deshalb, da auch nicht erkannt werden konnte, auf welchem auf den konkreten Fall übertragenen objektiv nachvollziehbarem Weg das in der Rechnungsgutschrift  festgelegte Ausmaß der Entschädigung für die Einräumung der Dienstbarkeit und die Wertminderung des Grund und Bodens ermittelt worden ist.  Desgleichen fehlen objektive Anhaltspunkte für die Ausführungen der E im Rahmen ihrer Präsentation der Durchführung des Leitungsbaues, wonach der "ganze bzw. ein wesentlicher" Teil der Entschädigungszahlung steuerfrei sei.

Aus diesem Grund war d er von der belangten Behörde im Rahmen der Pauschalregelung angenommene Anteil der Wertminderung von Grund und Boden in Höhe von 30% als ausreichend und angemessen zu beurteilen. Gegenteilige sachgerechte Berechnungen, die Ausgangspunkt für die Ermittlung der jeweils durch den Servitutsstreifen belasteten Grundstücksfläche gewesen wären, wurden nicht eingewandt, und demnach nicht nachgewiesen, dass außerhalb der in den EStR 2000 vorgesehenen Pauschalregelung eine Annahme eines steuerfreien Anteils in Höhe von 70% sachgerecht gewesen wäre.

Unter Verweis auf den oben zitierten Artikel von DDR. Krassnig, führte die Bf. die dort genannten zahlreichen Wertminderungsgründe einer belasteten Liegenschaft ins Treffen, und vertrat dazu die Ansicht, dass es selbst ohne Erstellung eines teuren Gutachtens höchst glaubhaft sei, dass die im genannten Artikel angesprochenen Wertminderungsgründe aufzeigen würden, dass der von der belangten Behörde steuerfrei angenommene Anteil von 30% der Entschädigungssumme zu niedrig bemessen worden wäre. Zudem weisen zahlreiche Praxisfälle darauf hin, dass Leitungsdienstbarkeiten nicht nur den vertragsmäßig schmalen Servitutsstreifen, oder einen darüber hinausgehenden Arbeitsstreifen, sondern stets das gesamte Grundstück bzw. den gesamten bewirtschaftungsmäßigen Flächenkomplex, der aus mehreren Einzelgrundstücken bestehen könne, betreffe.

Mit diesen Ausführungen übersieht die Bf., dass sie die Behauptungs- und Beweislast für das Ausmaß einer Entschädigung für eine Bodenwertminderung trifft (vgl. VwGH 1.6.2006, 2003/15/0093) und  dass dafür das  bloße Aufzählen möglicher Wertminderungsgründe nicht geeignet war, die in den EStR 2000 aus Gründen der Verwaltungsökonomie festgelegte Annahme eines 30%igen steuerfreien Anteils  als zu gering zu beurteilen.

Ausgehend davon, dass nach Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, 125, eine Wertminderung dadurch berücksichtigt wird, dass man die Schutzstreifenfläche nur mit dem Preis für landwirtschaftlich genutzte Flächen bewertet und Nutzungseinschränkungen des konkreten land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks als sehr gering zu beurteilen sind, war das von der belangten Behörde angenommene Ausmaß einer Wertminderung des Grundstückes in Höhe von 30% als angemessen zu beurteilen. Dies auch deshalb, da - wie oben erwähnt -  keine nachhaltigen Flurschäden feststanden und darüber hinaus andere Beeinträchtigungen als Ursache für eine objektive Verkehrswertminderung des besagten Grundstückes nicht nachgewiesen wurden.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist im Sinne des Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG) keine Revision zulässig, da die Aufteilung einer Entschädigungszahlung in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Anteil eine Tatfrage und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist.

 

 

 

Wien, am 22. Dezember 2016

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH 01.06.2006, 2003/15/0093

Stichworte