BFG RV/6100620/2017

BFGRV/6100620/201712.12.2017

Vorübergehende außerbetriebliche Nutzungsüberlassung eines bis dahin landwirtschaftlich genutzten Grundstücks

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2017:RV.6100620.2017

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende RR und die weiteren Senatsmitglieder BR, AK und WK in der Beschwerdesache BS, über die Beschwerde vom 06.06.2008 gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt St. Johann Tamsweg Zell am See vom 21.5.2008 betreffend Einkommensteuer 2005 und 2006 in der Sitzung am 12.12.2017 zu Recht erkannt:

Soweit sich die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 richtet, wird dieser teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Soweit sich die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 richtet, wird diese als unbegründet abgewiesen.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

bisheriger Verfahrensverlauf

Einleitend wird auf den im aufgehobenen Erkenntnis vom 10.12.2015, RV/6100722/2010 dargestellten bisherigen Verfahrensverlauf verwiesen (Punkte 1.1. bis 1.12.).

Gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts (BFG) vom 10.12.2015 hat die beschwerdeführende Partei (bP.) außerordentliche Revision an den VwGH erhoben. Die undatierte Revision wurde dem BFG am 14.6.2016 übermittelt.

Mit Erkenntnis vom 17.10.2017, Ra 2016/15/0027 hat der VwGH dem Revisionsbegehren entsprochen und das angefochtene BFG-Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Mit Schreiben der bP. vom 27.11.2017 begehrt diese die rechtliche Beurteilung der vereinnahmten Entgelte auf Grundlage des von GU erstellten Gutachtens. Insbesondere begehrt die bP. den 10%igen Akzeptanzzuschlag auf die gesamten Entschädigungszahlungen aufzuteilen.

Dieses Schreiben wurde dem Finanzamt St. Johann Tamsweg Zell am See (FA) übermittelt. In der Folge hat das FA die Wertansätze lt. Gutachten von GU außer Streit gestellt.

Am 12.12.2017 fand die Sitzung des gesamten Senates statt, in welcher das VwGH-Erkenntnis, die Auswirkung auf den streitgegenständlichen Fall und die steuerliche Beurteilung der verschiedenen Wertansätze lt. Gutachten erörtert wurde.

 

festgestellter Sachverhalt

Es wird auf den im aufgehobenen Erkenntnis vom 10.12.2015, RV/6100722/2010 festgestellten Sachverhalt verwiesen und dieser wie folgt zusammengefasst:

Beginnend mit Sommer 2005 hat die bP. ein unbebautes und bis zu diesem Zeitpunkt landwirtschaftlich genutztes Grundstück der A-GmbH (A-GmbH) zur Nutzung als Deponie für Aushubmaterial verpachtet. In der schriftlichen Vereinbarung wurde eine grundsätzliche Laufzeit von 5 Jahren festgelegt. Darüber hinaus hat die bP. in dieser Vereinbarung der A-GmbH die Möglichkeit eingeräumt, gegen Bezahlung eines festgelegten Jahresbetrages die Laufzeit einseitig und wiederkehrend jeweils um ein Jahr zu verlängern.
Bereits bei Abschluss der Vereinbarung war der A-GmbH bekannt, dass im Anschluss an die 5-jährige Grundlaufzeit die Verlängerungsmöglichkeit von ihr genutzt werden wird und die Nutzung des Grundstücks als Deponie deutlich länger als 5 Jahre andauern wird.
In der Folge hat die A-GmbH tatsächlich die eingeräumte Verlängerungsmöglichkeit in Anspruch genommen. Das Grundstück wird bis zum heutigen Tag als Deponie genutzt.
Im Verfahren vor dem BFG versicherte die bP. glaubhaft, dass sie grundsätzlich von einer Dauer der Nutzungsüberlassung von 5 Jahren ausgegangen sei und sie das Grundstück nach Beendigung der Nutzungsüberlassung wieder land- und forstwirtschaftlich nutzen werde.

 

Erwägungen und rechtliche Würdigung

Die gegenständlich Entscheidung ergeht im fortgesetzten Verfahren, nachdem der VwGH mit Erkenntnis vom 17.10.2017, Ra 2016/15/0027 die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom 10.12.2015, RV/6100722/2010 betreffend Einkommensteuer 2005 und 2006 wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben hat.

 

 

Im aufhebenden Erkenntnis stellt der VwGH u.a. fest:
"..., dass der Revisionswerber grundsätzlich mit einer Gesamtlaufzeit der Nutzungsüberlassung von 5 Jahren gerechnet habe. Ein solcher Zeitraum kann noch als „vorübergehend“ iSd angeführten Rechtsprechung angesehen werden, ..."

Demzufolge sind die 2005 und 2006 für die Nutzungsüberlassung eines bis dahin landwirtschaftlich genutzten Grundstücks vereinnahmten Entgelte grundsätzlich den Einkünften aus Land- und Forstwirtschafts zuzurechnen.

Das BFG legt der Ermittlung der Einkommensteuerbemessungsgrundlagen das Gutachten von GU zugrunde. Die im Gutachten ermittelten Wertansätze entsprechen den tatsächlich vereinnahmten Beträgen. Die Angemessenheit und die im Gutachten vorgenommene Zuordnung zu den angeführten Entgeltbestandteilen sind unstrittig.

Im Gutachten wird für den streitgegenständlichen Zeitraum folgende Zuordnung der tatsächlich vereinnahmten Entgelte vorgenommen:
- für 2005
- Grundeinlöse für Beanspruchung = € 10.879,23.
- Entschädigungsentgelt für Abwertung der beanspruchten Fläche = € 80.448,00
- Entschädigungsentgelt für Nachentsteinung = € 5.631,36
- Entschädigungsentgelt für die Ablöse von Zäunen = € 2.350,00
- Akzeptanzzuschlag 10 % = € 9.930,86
- Gesamtentgelt 2005 = € 109.239,45

- für 2006
- Grundeinlöse für Beanspruchung = € 10.879,23
- Akzeptanzzuschlag 10 % = € 1.087,92
- Gesamtentgelt 2006 = € 11.967,15

Im aufhebenden VwGH-Erkenntnis vom 17.10.2017, Ra 2016/15/0027 führt der VwGH zu den einzelnen Entgeltbestandteilen aus:

"Die aus der Überlassung von landwirtschaftlichem Betriebsvermögen erzielten Einkünfte sind - wie bereits ausgeführt - solche aus Land- und forstwirtschaft. Für die Frage der Steuerpflicht im Revisionsfall ist allerdings entscheidend, wofür das Entgelt geleistet wurde. So waren insbesondere Wertänderungen von Grund und Boden im Anlagevermögen im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 EStG 1988 und entsprechenden Pauschalierungen bis zum 1. StabG 2012 ... unbeachtlich ..., weshalb Zahlungen für eine Bodenwertminderung einkommensteuerlich nicht zu erfassen sind."

"Hinsichtlich der Frage der Erfassung der "Ablöse für Zäune und Nachentsteinung" im Rahmen der land- und forstwirtschalichen Pauschalierung ... ist darauf zu verweisen, dass nach der Rechtsprechung des VwGH grundsätzlich Entschädigungen für Wirtschaftserschwernisse im Rahmen der Vollpauschalierung abgegolten sind ..., während Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens von der Pauschalierung nicht erfasst sind ... ."

Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen waren die verschiedenen Entgeltsbestandteile steuerlich wie folgt zu beurteilen:

- Grundeinlöse für Beanspruchung
Dabei handelt es sich um Entgelt für die Überlassung der Grundstücksfläche. Dieser Entgeltbestandsteil sind gesondert zu erfassende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (vgl. Jakom/Baldauf, 2013, § 21 Rz 80 "Lagerung").

- Entgelt für Abwertung der beanspruchten Fläche
Entschädigungen, die ein Landwirt für die Bodenwertminderung erhält, sind steuerlich nicht zu erfassen (vgl. aufhebendes VwGH-Erkenntnis).

- Entgelt für Wirtschaftserschwernisse
Diese Entschädigungen sind grundsätzlich Betriebseinnahmen, denen jedoch die Belastung der erschwerten Bewirtschaftung gegenüberstehen. Sie stellen wirtschaftlich einen Ersatz für Mehraufwendungen dar, die dem Steuerpflichtigen infolge der erschwerten Bewirtschaftung in den folgenden Jahren erwachsen.
Im vorliegenden Fall sind die 2005 geleistete Entschädigungsentgelte für Nachentsteinung sowie für die Ablöse von Zäunen als Wirtschaftserschwernisse im Sinne der Rechtsprechung des VwGH zu beurteilen.
Mit der Vollpauschalierung sind die auf Wirtschaftserschwernisse entfallenden Entschädigungsteilbeträge abgegolten (vgl. aufhebendes VwGH-Erkenntnis).

- Akzeptanzzuschlag 10 %
Akzeptanzzuschläge werden für die Einräumung von Rechten - somit für den Vertragsabschluss selbst - geleistet. Es wird damit honoriert, dass der Verpächter die Ansätze des Gutachtens akzeptiert und zB ein mögliches Enteignungsverfahren vermieden wird.
Im Zweifel wird - unabhängig von der Bezeichnung - ein anderweitig nicht begründbarer "Restbetrag" (zB Akzeptanzzuschlag) in der Gesamtentschädigungssumme als (weiteres) Entgelt für die Einräumung des Rechtes selbst zu qualifizieren sein. Eine gleichmäßige Erhöhung aller Teilbeträge - wie von der bP. im Schriftsatz vom 27.11.2017 begehrt - ist ebenfalls vertretbar, eine sich dadurch allenfalls ergebende Überentschädigung für Bodenwertminderung, Ertragsausfälle etc wäre aber wieder gesondert anzusetzen (vgl. Jilch, Die Besteuerung pauschalierter Land- und Forstwirte, 5. Aufl. Nov. 2015).
Da der Akzeptanzzuschlag zwar auf Basis der oben genannten Entgeltbestandteile berechnet aber dieser nicht für die eingetretene Bodenentwertung oder Wirtschaftserschwernisse geleistet wurde, sondern dieser 10%ige Aufschlag vielmehr eine Überentschädigung der gutachterlich festgestellten Wertansätze darstellt, diese Überentschädigung mit der Vollpauschalierung nicht abgegolten ist, sind diese Entgeltbestandteil gesondert als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen.

Demzufolge sind die für die Grundeinlöse für Beanspruchung und der gesamte Akzeptanzzuschlag gesondert als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen. Alle anderen Entgeltbestandteile sind aufgrund § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012 und entsprechender Pauschalierungen steuerlich unbeachtlich bzw. nicht gesondert zu erfassen.

 

Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2006

Für 2006 ergibt sich aus dem aufhebenden VwGH-Erkenntnis, dass die vereinnahmten Entgelte nicht den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen sind. Da 2006 ausschließlich Entgelte für die Grundstücksüberlassung selbst (samt Akzeptanzzuschlag) vereinnahmt wurden, waren diese zur Gänze gesondert als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen. Somit ändert sich zwar die Einkunftsart, welcher diese Entgelte zuzuordnen sind, die Einkommensteuerbemessungsgrundlagen bleiben jedoch unverändert. Sohin war die Beschwerde, insoweit sich diese auf die Einkommensteuer 2006 bezieht, als unbegründet abzuweisen.

 

Zulässigkeit einer Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG in Verbindung mit Art. 133 Abs. 9 B-VG und § 25a Abs. 1 VwGG).

Die Rechtsfrage, ob in der gegenständlichen Beschwerdesache Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder solche aus Vermietung und Verpachtung vorliegen, wurde vom VwGH in seinem Erkenntnis vom 17.10.2017, Ra 2016/15/0027 geklärt. Sofern andere Rechtsfragen für die Entscheidung von Relevanz waren, wurde nicht von der Rechtsprechung des VwGH abgewichen oder waren diese unmittelbar auf Grundlage der einschlägigen Normen zu lösen. Daher sind die Voraussetzungen für die Zulassung einer ordentlichen Revision gem. Art. 133 B-VG nicht gegeben und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

 

 

Salzburg-Aigen, am 12. Dezember 2017

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 21 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 17.10.2017, Ra 2016/15/0027

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