BFG RV/6100475/2017

BFGRV/6100475/20179.1.2020

Zurückweisung des Vorlageantrages als unzulässig

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100475.2017

 

Entscheidungstext

BESCHLUSS

 

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr über die Beschwerde der Bf., Adr._Bf., vertreten durch Trust Treuhand- und Steuerberatung GmbH, Praterstraße 38, 1020 Wien, vom 14. Juli 2017 gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg – Land, Aigner Straße 10, 5020 Salzburg, vom 5. Juli 2017 betreffend die Umsatzsteuer 2015 beschlossen:

Der Vorlageantrag vom 11. August 2017 betreffend die Umsatzsteuer 2015 wird gemäß
§ 260 Abs. 1 BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

 

A. Sachverhalt

Das Finanzamt Salzburg-Land setzte mit Bescheid vom 29. September 2016 die Umsatzsteuer der beschwerdeführenden GmbH (kurz: Bf.) für Dezember 2015 fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2016 Beschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22. November 2016 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab, woraufhin die Bf. am 6. Dezember 2016 einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde einbrachte. Sodann legte das Finanzamt Salzburg-Land am 3. Jänner 2017 die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

In weiterer Folge erließ das Finanzamt am 5. Juli 2017 den Umsatzsteuerjahresbescheid 2015. Dagegen erhob die Bf. mit Schriftsatz vom 14. Juli 2017 abermals Beschwerde, die mit Beschwerdevorentscheidung vom 26. Juli 2017 als unbegründet abgewiesen wurde. Die Beschwerde wurde sodann aufgrund eines Antrags vom 11. August 2017 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Weder im Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom 26. Juli 2017 noch im Zeitpunkt der Vorlage der Beschwerde vom 14. Juli 2017 lag eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts betreffend die vorgelegte Beschwerde vom 27. Oktober 2016 gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für Dezember 2015 vor.

 

B. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen zum Verfahrensverlauf sind in den vom Finanzamt vorgelegten Akten abgebildet und ergeben sich aus der Einsicht in die vorgelegten Bescheide, die dagegen erhobenen Beschwerden sowie die eingebrachten Vorlageanträge. Der geschilderte Sachverhalt ist unstrittig.

 

C. Rechtliche Würdigung

C/1. Gemäß § 253 BAO gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet, wenn ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheids tritt. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst.

Nach § 300 Abs 1 BAO können Abgabenbehörden beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen ab Vorlage der Beschwerde bzw. ab Einbringung einer Vorlageerinnerung bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 2 bis 4 bei sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben.

Das Außer-Kraft-Setzen des Umsatzsteuerfestsetzungsbescheids durch die Erlassung des Jahresbescheids ist hingegen nicht als Aufhebung oder Abänderung im Sinne des § 300 Abs 1 BAO zu beurteilen (VwGH 22.10.2015, Ro 2015/15/0035).

Gemäß § 260 Abs 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a.         nicht zulässig ist oder
b.         nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Unzulässigkeit ist vor allem dann gegeben, wenn Schriftstücke ohne Bescheidcharakter angefochten werden (Ritz, BAO6, § 260, Rz 8).

Laut § 264 Abs 4 BAO ist § 260 Abs 1 für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.

C/2. Wie dem Sachverhalt entnommen werden kann, erfolgte die Erlassung des Umsatzsteuerjahresbescheides 2015 vom 5. Juli 2017 im zeitlichen Ablauf nach der Vorlage der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für Dezember 2015 vom 29. September 2016. Damit trat der Umsatzsteuerjahresbescheid an die Stelle des Umsatzsteuerfestsetzungsbescheides.

Da die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid gemäß § 253 BAO auch gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid 2015 wirkt und die Entscheidung über diese Beschwerde ab der Vorlage ebenjener am 3. Jänner 2017 dem Bundesfinanzgericht zukam, wurde die Beschwerdevorentscheidung vom 26. Juli 2017 betreffend den Umsatzsteuerjahresbescheid 2015 vom Finanzamt entgegen der Bestimmung des § 300 BAO erlassen. Folglich handelt es sich hierbei um einen absolut nichtigen Vorgang.

In Fällen, in denen ein Jahresbescheid gemäß § 253 BAO an die Stelle des Festsetzungsbescheides tritt und die diesbezügliche Beschwerde bereits dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, kann regelmäßig und systemkonform keine (weitere) Beschwerdevorentscheidung ergehen (VwGH 22.10.2015, Ro 2015/15/0035). Ein Schriftsatz, mit dem gegen den Jahresbescheid Beschwerde erhoben werden soll, ist nach der Rechtsprechung lediglich als ergänzender Schriftsatz zur ursprünglichen Beschwerde zu beurteilen (siehe etwa VwGH 28.6.2008, 2006/15/0085; BFG 27.9.2017, RV/7104167/2017).

Da sich der Vorlageantrag vom 11. August 2017 auf die Beschwerdevorentscheidung vom 26. Juli 2017 bezieht und es sich bei diesem Schriftstück entsprechend den obigen Ausführungen um einen Nichtbescheid handelt, war der Vorlageantrag gemäß § 264 Abs 4 iVm § 260 Abs 1 BAO als unzulässig zurückzuweisen.

Zur Klarstellung wird zudem ausgeführt, dass durch diesen Beschluss die vorgelegte Beschwerde vom 27. Oktober 2016 gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid unberührt bleibt. Da diese Beschwerde auch als gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid 2015 gerichtet gilt, wird darüber in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden sein.

Die in der Beschwerdeschrift vom 10. Juli 2017 beantragte mündliche Verhandlung vor dem gesamten Senat konnte aufgrund der Bestimmungen der §§ 272 Abs 4 sowie 274 Abs 3 Z 1 iVm Abs 5 BAO entfallen.

 

D. Zulässigkeit der Revision

Gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs. 4 B-VG).

Soweit gegenständlich Rechtsfragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vom 22.10.2015 zu Ro 2015/15/0035 ausreichend geklärt bzw. sind die anzuwendenden Normen eindeutig, und die Rechtsfolgen ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz.

Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

 

 

Salzburg-Aigen, am 9. Jänner 2020

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 263 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 253 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 300 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH 22.10.2015, Ro 2015/15/0035
VwGH 28.06.2008, 2006/15/0085
BFG 27.09.2017, RV/7104167/2017

Stichworte