BFG RV/6100452/2018

BFGRV/6100452/201829.5.2020

Die Begünstigung des § 17 GrEStG setzt eine Wiederherstellung des früheren Zustandes voraus.

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100452.2018

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache [...], [...], über die Beschwerde vom 9. April 2018 gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom 1. März 2018 betreffend Grunderwerbsteuer, Steuernummer , zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

 

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1 Die Firma Bau-GmbH (siehe FN-X) mit dem Sitz in Wien war im Geschäftszweig Bauträger tätig (in der Folge: Verkäuferin). Alleingesellschafter und Geschäftsführer bzw. seit 20.12.2016 Liquidator war Herr KR L, der Vater der Beschwerdeführerin (kurz: Bf). Die Gesellschaft wurde am 13.04.2018 im Firmenbuch gelöscht.

2 Am 30.08.2017 schlossen die Verkäuferin, vertreten durch den Gesellschafter und Liquidator, und der Vater sowie die Bf, beide als Käufer je zur Hälfte, einen Kaufvertrag über 114/1404-Anteile, verbunden mit Wohnungseigentum an Top 7, der Liegenschaft EZ-1 Grundbuch XYZ, (in der Folge: Vertragsgegenstand) ab.

Als Kaufpreis wurden € 150.000 vereinbart. Die Übergabe und Übernahme des Vertragsgegenstandes in den tatsächlichen Besitz und Genuss der Käuferseite mit Übergang von Gefahr und Zufall, Last und Vorteil, erfolgte am 01.09.2017 (vgl. Vertragspunkt [kurz: VP.] VIERTENS).

Die Bezahlung des Kaufpreises sollte in Form der Schuldübernahme eines Kredites bei der A-Bank bis zu einer Maximalsumme von € 150.000 erfolgen (vgl. VP. ACHTENS). Diese Kreditforderung war im Grundbuch zu CLNR 6 mit einem Pfandrecht für den Höchstbetrag von € 500.000 für die A-Bank reg. Gen.m.b.H. sichergestellt (vgl. VP. ERSTENS).

Die Grunderwerbsteuer für diese Erwerbsvorgänge wurde vom Vertragserrichter zur Erf.Nr.-1 selbstberechnet und entrichtet.

3 Am 25.10.2017 wurde ein Dissolutionsvertrag mit der vom Notar bei der Beglaubigung vergebenen BRZ-Zahl "2597/17" unterzeichnet. Teilweise sei bei der Käuferseite die Tatsache nicht bekannt gewesen, dass der Vertragsgegenstand mit einem weiteren Pfandrecht, nämlich C-LNR. 21a belastet wird, welche Eintragung erst nach Abschluss des Kaufvertrages vom 30.08.2017 grundbücherlich verbüchert worden sei. Die Parteien seien einverständlich übereingekommen, den Kaufvertrag aufzuheben (vgl. VP. Zweitens). Der seinerzeitige Kaufvertrag sei grundbücherlich noch nicht durchgeführt worden.

VP. Drittens Absatz 2 lautet: "Die Übergabe und Übernahme des Vertragsgegenstandes in den faktischen Besitz und Genuss der seinerzeitigen Geschenkgeberseite mit Übergang von Gefahr zu Zufall, Last und Vorteil, ist mit Unterfertigung dieses Vertrages als vollzogen anzusehen, und hat die seinerzeitige Geschenkgeberseite die Betriebskosten samt öffentlichen Abgaben vom heutigen Tage an wieder zu tragen."

4 Ebenfalls am 25.10.2017, mit der vom Notar bei der Beglaubigung vergebenen BRZ-Zahl "2596/17", wurde ein neuer Kaufvertrag zwischen der Gesellschaft, als Verkäuferin, und dem Vater der Bf, dieses Mal als alleiniger Käufer, im Wesentlichen mit demselben Wortlaut wie der erste Kaufvertrag, abgeschlossen.

5 Unter Hinweis auf den Dissolutionsvertrag wurde vom Vertragserrichter im Schriftsatz vom 10.11.2017 für beide Käufer gemäß § 17 GrEStG der Antrag auf Rückerstattung der zur Erf.Nr.-1 selbstberechneten Grunderwerbsteuer gestellt.

6 Der Antrag wurde vom Finanzamt mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen, da eine Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges nicht vorliegen würde.

7 In der Folge wurde beantragt, die Rechtsmittelfrist gegen den Abweisungsbescheid betreffend Antrag gemäß § 17 GrEStG zu verlängern.

8 Innerhalb offener Frist wurde Beschwerde erhoben und vorgebracht:

" Mit Dissolutionsvertrag vom 25.10.2017 wurde der vorgenannte Kaufvertrag mit folgender Begründung vollinhaltlich aufgelöst:

Nach Unterfertigung des Kaufvertrages am 30.8.2017 wurde die vertragsgegenständliche Liegenschaft mit einem weiteren Pfandrecht der A-Bank eGen mit einem Höchstbetrag von EUR 1,170.000,00 belastet, da bei der Bank eine Simultanhaftung für alle Objekte von Herrn KR Dr. h.c. L eingetragen werden musste. (Ausstehende Kreditsumme EUR 383.035,08).

Dies war der Käuferseite, insbesondere Frau …… (die Bf), zum Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung nicht bekannt, bzw. war dies im Grundbuch zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Kaufvertrages nicht ersichtlich.

Frau …… (die Bf) wollte eine Liegenschaft mit dieser zusätzlichen Belastung nicht übernehmen, und forderte daher von der …. (die Verkäuferin) die Auflösung des ursprünglichen Kaufvertrages.

Dieser Dissolutionsvertrag wurde am 10.11.2017 zu Erf.Nr.-2 beim Finanzamt für Gebühren angezeigt.

Ausdrücklich festgestellt wird, dass der ursprüngliche Kaufvertrag vom 30.8.2017 im Grundbuch nicht durchgeführt wurde, und auch eine Übergabe des Vertragsgegenstandes an die ursprüngliche Käuferseite nicht erfolgt ist.

Deshalb war eine Herstellung der ursprünglichen Besitzverhältnisse im Grundbuch nicht erforderlich; das Verfügungsrecht verblieb bei der ursprünglichen Verkäuferseite.

Frau ……. (die Bf) ist bei Unterfertigung des ersten Kaufvertrages vom 30.08.2017 einem Geschäftsirrtum unterlegen, da sie über eine für das Geschäft bedeutsame Eigenschaft geirrt hat, nämlich die Höhe der Belastungen, die auf der Liegenschaft sichergestellt worden waren. Dieser Irrtum ist auch wesentlich, da Frau …… (die Bf) dieses Rechtsgeschäft, wenn sie die wahre Belastung gekannt hätte, nicht abgeschlossen hätte.

Sie hätte daher das Rechtsgeschäft auch zivilrechtlich anfechten können, da der Umstand, dass zu wenig Pfandrechte eingetragen waren, der Verkäuferseite hätte offenbar auffallen müssen. Es wäre daher im konkreten Fall auch eine Anfechtung des Kaufvertrages möglich gewesen, sodass auch eine Rückerstattung der Grunderwerbsteuer gem. § 17 Abs. 1 Z 2 GrestG möglich gewesen wäre.

Auf jeden Fall hat die Verkäuferseite die Verfügungsmacht über das Grundstück erlangt. "

9 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab und begründete dies wie folgt:

" Gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 und 2 ist die Voraussetzung für die Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges. Ein Erwerb gilt als rückgängig gemacht, wenn der Veräußerer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss hatte, wiedererlangt.

Auf Grund des zeitlichen Zusammenhanges (gleiches Datum Aufhebung und neuer Kaufvertrag), sowie des Verwandtschaftsverhältnisses (Vater/ Tochter) und der Käufer ist Liquidator der verkaufenden Gesellschaft, ist davon auszugehen, dass die weitere Eintragung von Darlehen bekannt war und der Verkäufer die wirtschaftliche Verfügungsmacht nicht wieder erlangt hat. "

10 Innerhalb offener Frist wurde dagegen der Antrag gestellt, die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen und die Argumentation von Herrn KR L übernommen, welche (auszugsweise) lautet:

" Frau Bf in Salzburg hat einen Grundbuchsauszug bekommen, der nicht aktuell war. Dies haben ich in Wien und der Notar in N zu dem Zeitpunkt nicht wissen können. Die Ursache lag in einer UNBEFUGTEN Löschung von Pfandrechten durch Herrn Mag. D in Salzburg, der nun wegen dieser Angelegenheit vor dem Bezirksgericht Salzburg auf Schadenersatz der Löschung/Wiedereintragung von mir geklagt wird. Klage C-2018 liegt als Beweis bei. Diese unbefugten Löschungen bezogen sich auf mehrere Objekte und Firmen u.a. auch auf das Gegenständliche.

Die zeitliche Gleichstellung erklärt sich aus der Beendigung der Firmen und den Verkäufen der Wohnungen. Durch den Fehler des Magister D war der beigelegte Grundbuchsauszug falsch, meine Tochter nicht über den tatsächlichen Stand informiert, und sie wurde zu spät informiert, dass eine neuerliche Eintragung der zusätzlichen Pfandrechte erfolgen muss.

Diese deutlich mehr belastete Einheit wollte sie dann, für mich verständlicher Weise, nicht übernehmen.

Die gleichzeitigen Unterschriften erklären sich aus der räumlichen Entfernung von Bf in Salzburg zu dem Notar in N, so wurden die Unterlagen zu einem Notar in Salzburg gesendet und bei einem Termin unterzeichnet. Damit konnten weitere Unkosten vermieden werden. "

Ergänzend wurde auf die beiliegende Stellungnahme des durchführenden Notars, wonach die verkaufende Firma NIEMALS das Objekt tatsächlich und grundbücherlich übergeben und somit auch die wirtschaftliche Verfügungsmacht aus der Hand gegeben habe, und auf VwGH 18.09.2007, 2007/16/0066, und BFG 21.02.2014, RV/3100510/2013, da die Verkäuferin die Verfügungsmacht nie aus der Hand gegeben habe, verwiesen.

11 Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde und die im Bericht angeführten Aktenteile an das Bundesfinanzgericht vor.

12 Vom Verwaltungsgericht wurde in das Grundbuch (siehe Vertragsgegenstand) und in das Firmenbuch (siehe FN-X) Einsicht genommen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt, Beweiswürdigung

Am 30.08.2017 schlossen die Verkäuferin, vertreten durch den Vater als Allein-Gesellschafter-Liquidator, und der Vater sowie die Bf einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung ab. Die Käufer sollten je zur Hälfte erwerben, der vereinbarte Kaufpreis betrug € 150.000.

Für diese beiden Erwerbsvorgänge wurde die Grunderwerbsteuer vom Vertragserrichter selbst berechnet, Bemessungsgrundlage jeweils € 75.000.

Am 25.10.2017 wurde ein Dissolutionsvertrag zu diesem Kaufvertrag unterzeichnet.

Ebenfalls am 25.10.2017 wurde ein neuer Kaufvertrag über denselben Vertragsgegenstand zwischen der Gesellschaft und dem Vater, nunmehr als einziger Käufer, abgeschlossen. Der vereinbarte Kaufpreis in Höhe von € 150.000 blieb unverändert.

Der Kaufvertrag vom 30.08.2017 wurde im Grundbuch nicht durchgeführt.

Eine Vertragsanfechtung erfolgte nicht.

Das in den ​§§ 166 bis ​183 BAO normierte Beweisverfahren stellt einen Grundpfeiler im abgabenrechtlichen Ermittlungsverfahren der Abgabenbehörden und Verwaltungsgerichte dar.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde (und das Verwaltungsgericht) unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung setzt die steuerliche Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen - mögen sie auch den Gültigkeitserfordernissen des Zivilrechts entsprechen - voraus, dass sie

Diese Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO³ § 167 E 329, und die dort zitierte Rechtsprechung).

An den Verträgen beteiligt sind neben der Bf, der Vater als natürliche Person und als Vertreter und Alleingesellschafter der Verkäuferin.

Damit gelten die von der Rechtsprechung für Verträge zwischen nahen Angehörigen entwickelten Kriterien im Rahmen der Beweiswürdigung (siehe oben).

Die Bf bringt vor, dass die Übergabe des Vertragsgegenstandes nicht erfolgt sei, die Verfügungsmacht sei nie übergegangen.

Dieses Vorbringen steht jedoch im Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut des Kaufvertrages: Laut VP. VIERTENS erfolgte die Übergabe und Übernahme des Vertragsgegenstandes in den tatsächlichen Besitz und Genuss der Käuferseite mit Übergang von Gefahr und Zufall, Last und Vorteil, am 01.09.2017.

Dies deckt sich mit den Ausführungen im Aufhebungsvertrag vom 25.10.2017: Nach VP. Drittens Absatz 2 hat die Gesellschaft ab Vertragsdatum wieder Gefahr und Betriebskosten samt Abgaben des Vertragsgegenstandes zu tragen.

Das sind die Umstände, die vertraglich bzw. dokumentarisch nach außen hin in Erscheinung treten. Es gibt auch keinen Grund, diesen Vertragsinhalt, der zwischen Fremden unter gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre, in Zweifel zu ziehen. Es wird daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung als erwiesen angenommen, dass die Wohnung, wie vertraglich festgehalten, übergeben und die Verfügungsmacht übergegangen ist. Die Grundbuchseintragung ist dabei nicht von Bedeutung. Entscheidend sind die tatsächlichen Umstände.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 1 Abs. 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, ua. die folgenden Rechtsvorgänge:

1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.

Die Grunderwerbsteuer erfasst den Erwerb von inländischen Grundstücken oder von grundstücksgleichen Rechten.

Die Grunderwerb Steuer ist ihrem Wesen nach als eine Verkehrsteuer zu verstehen, die grundsätzlich an jeden Übergang eines inländischen Grundstücks anknüpft (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuer, Band II, § 1 GrEStG 1987 Rz 8, und die dort zitierte Rechtsprechung).

§ 17 (Nichtfestsetzung und Abänderung der Steuer) GrEStG 1987 lautet auszugsweise wie folgt:

" (1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,

1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird,

2. wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden,

3. wenn das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründen sollte, ungültig ist und das wirtschaftliche Ergebnis des ungültigen Rechtsgeschäftes beseitigt wird,

4. wenn das geschenkte Grundstück aufgrund eines Rechtsanspruches herausgegeben werden musste oder ein von Todes wegen erworbenes Grundstück herausgegeben werden musste und dieses beim Empfänger einen Erwerb von Todes wegen darstellt.

(2) ……………….

……………. "

Das Gesetz lässt die Festsetzung oder Abänderung der Steuer nur in den in den Absätzen 1 bis 3 des ​§ 17 GrEStG 1987 ausdrücklich umschriebenen Fällen zu (vgl. VwGH vom 10.03.1966, Slg 3427/F, vom 29.10.1998, ​98/16/0115, 0116, und vom 26.05.2011, ​2011/16/0001). ​§ 17 GrEStG ist daher als Begünstigungsbestimmung einer ausdehnenden Interpretation nicht zugänglich.

​Es handelt sich bei ​§ 17 GrEStG zwar um eine Begünstigungsbestimmung (vgl. VwGH vom 01.06.1964, Slg 3092/F, vom 10.12.1968, Slg 3825/F, vom 11.04.1991, ​90/16/0087, und vom 23.10.2008, ​2007/16/0230), jedoch nicht um eine Begünstigung iSd ​§ 294 Abs. 1 BAO (vgl. VwGH vom 23.02.1989, ​88/16/0187).

​Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (VwGH vom 23.02.1989, ​88/16/0187, vom 11.04.1991, ​90/16/0087, vom 31.10.1991, ​90/16/0150, je vom 22.10.1992, ​91/16/0103, und ​91/16/0111, vom 28.05.1997, ​96/13/0110, vom 26.06.1997, ​97/16/0024, vom 27.01.2000, ​99/16/0050, vom 19.03.2003, ​2002/16/0258, vom 26.01.2006, ​2005/16/0261, und vom 08.09.2010, ​2008/16/0183; vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuer, Band II, § 17 GrEStG 1987 Rz 6).

Erfolgte die Rückgängigmachung des Kaufvertrages nur, um den Verkauf des Grundstückes an den im Voraus bestimmten neuen Käufer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Kaufvertrages gleichsam uno actu erfolgten, hat der Verkäufer in Wahrheit nicht die Möglichkeit wiedererlangt, über das Grundstück anderweitig frei zu verfügen (vgl. VwGH vom 16.03.1995, ​94/16/0097, 0098, 0099, vom 12.11.1997, ​97/16/0390, 0391, vom 17.10.2001, ​2001/16/0184, 0190, vom 29.11.2001, ​2001/16/0489, vom 19.03.2003, ​2002/16/0258, vom 18.09.2007, ​2007/16/0066, und vom 08.09.2010, ​2008/16/0141).

Von der Wiedererlangung einer freien Verfügungsmacht durch die Vereinbarung über die Aufhebung des ersten Kaufvertrages konnte angesichts des Umstandes, dass die Aufhebung des Vertrages mit der Beschwerdeführerin lediglich zu dem Zweck erfolgte, um das Grundstück postwendend zu denselben Konditionen an die Mutter der Beschwerdeführerin zu verkaufen, nicht ernsthaft gesprochen werden (VwGH vom 26.01.1995, ​94/16/0139).

Wenn die Rückgängigmachung eines Kaufvertrages nur erfolgt, um den Verkauf des Grundstückes an eine im Voraus bestimmte Käuferin zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Kaufvertrages gleichsam uno actu erfolgen, so erlangt in Wahrheit der Verkäufer die Möglichkeit nicht zurück, das Grundstück auch an einen Dritten zu verkaufen (VwGH vom 27.09.1995, ​95/16/0067).

Die in der Beschwerde ins Treffen geführte Aufeinanderfolge der im Zuge der Beglaubigung vom Notar vergebenen BRZ-Zahlen widersprach den von der belangten Behörde gezogenen Schlussfolgerungen keinesfalls, sondern bestätigte vielmehr den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Vertragsaufhebung einerseits und dem Abschluss des neuen Kaufvertrages andererseits (VwGH vom 18.09.2007, ​2007/16/0066; vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuer, Band II, § 17 GrEStG 1987 Rz 15).

Ist nur einer von zwei Käufern einer Eigentumswohnung vom Vertrag zurückgetreten, so ist es bei einer derartigen Vertragskonstellation betreffend ein Wohnungseigentumsobjekt von vornherein klar, dass der Verkäufer realistischer Weise den durch den Rücktritt eines der beiden Käufer frei gewordenen Anteil nur an den zweiten im Vertrag verbliebenen Käufer veräußern kann. Von einer wieder erlangten freien Dispositionsmöglichkeit, wie sie für eine Anwendung des ​§ 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG erforderlich ist, kann von vornherein keine Rede sein; insbesondere nicht unter Berücksichtigung der beim partnerschaftlichen Wohnungseigentum durch ​§ 13 Abs. 3 WEG angeordneten Bindung (VwGH vom 11.03.2010, ​2008/16/0013; vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuer, Band II, § 17 GrEStG 1987 Rz 15b).

Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage ergibt sich für den konkreten Fall Folgendes:

Die Bf begehrt die Rückerstattung der selbstberechneten Grunderwerbsteuer für den Kaufvertrag vom 30.08.2017.

Wie bereits oben festgestellt, wurde der Vertragsgegenstand am 01.09.2017 übergeben.

Eine Vertragsanfechtung wurde nach eigenem Vorbringen nicht durchgeführt.

Gegenstand des Kaufvertrages waren Liegenschaftsanteile, verbunden mit Wohnungseigentum an Top 7. Käufer waren je zur Hälfte die Bf und ihr Vater.

Am 25.10.2017 wurde ein Aufhebungsvertrag und ein weiterer Kaufvertrag mit dem Vater als alleinigen Käufer unterzeichnet.

Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Vertragsaufhebung einerseits und dem Abschluss des neuen Kaufvertrages andererseits ist durch das Vertragsdatum und die im Zuge der Beglaubigung vom Notar vergebenen BRZ-Zahlen, wobei die Unterschrift der Verkäuferin für den neuen Kaufvertrag noch vor dem Aufhebungsvertrag protokolliert wurde, dokumentiert.

Die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Kaufvertrages erfolgte gleichsam uno actu. Anstelle der Bf kaufte der Vater die zweite Hälfte der Wohnung.

In Anbetracht dieser Umstände, kann der von der belangten Behörde gezogenen Schlussfolgerung, der ursprüngliche Kaufvertrag sei zwar formell, aber nur zu dem Zweck aufgehoben worden, um die Grundstücksanteile und damit die Hälfte der Wohnung gleichzeitig an den zweiten Wohnungskäufer (der Vater der Bf) zu übertragen, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Die Begünstigung des § 17 GrEStG setzt eine Wiederherstellung des früheren Zustandes voraus (siehe die oben zitierte Rechtsprechung). Eine Wiedererlangung der freien Verfügungsmacht durch den Aufhebungsvertrag liegt jedoch im gegenständliche Fall nicht vor.

Der angefochtene Bescheid entspricht daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da sich das Bundesfinanzgericht bei der Lösung der anstehenden Rechtsfragen auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf den eindeutigen Wortlaut der anzuwendenden einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen stützen konnte.

Der Schwerpunkt des Verfahrens lag zudem auf der Sachverhaltsebene, die einer Revision nicht zugänglich ist (vgl. zB VwGH vom 04.12.2019, Ra 2019/16/0194, unter Hinweis auf den Beschluss vom 25.02.2016, Ra 2016/16/0006).

 

 

Salzburg, am 29. Mai 2020

[...][...]

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 17 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987

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