BFG RV/5200023/2016

BFGRV/5200023/20164.7.2019

Einreihung eines Desinfektionsmittels für Schwimmbäder in den Zolltarif; Aufmachung für den Einzelverkauf

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.5200023.2016

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch V., über die Beschwerde vom 13. Oktober 2015 gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt ZA vom 23. September 2015, Zahl: 00000, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Erstattung gemäß Art. 236 Zollkodex (ZK) zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte am 30. Jänner 2015 beim Zollamt ZA durch eine Spedition als direkten Vertreter im Informatikverfahren die Überführung von Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr (Code 4000 zum Feld 37 des Einheitspapiers) und gab als Warenbezeichnung (Feld 31 des Einheitspapiers) „Desinfektionsmittel" an. Im Feld 33 des Einheitspapiers wurde als Warennummer „3808 9420 90 V999" angeführt.

Nach erfolgter Warenkontrolle und Entnahme einer Warenprobe wurden die Waren in den freien Verkehr überlassen und der Bf. die buchmäßige Erfassung der Eingangsabgaben mitgeteilt.

Mit Bescheid vom 19. März 2015 teilte das Zollamt der Bf. die nachträgliche buchmäßige Erfassung von Einfuhrabgaben (182,69 Euro an Zoll) mit und setzte eine Abgabenerhöhung in Höhe von 0,63 Euro fest. Die Untersuchung der aus China importierten Desinfektionsmittel habe ergeben, dass die Waren in die Warennummer 2933 6980 90 U999 mit einem Zollsatz von 6,5 % (anstelle von bisher 6 %) einzureihen seien. Die Einzelheiten dazu seien dem beigefügten Untersuchungsbefund ETOS Nr. ***/**** zu entnehmen.

Der ETOS-Untersuchungsbefund ***/**** der Technischen Untersuchungsanstalt der Steuer- und Zollkoordination (TUA) lautete: „Weißes, intensiv nach Chlor riechendes Pulver: Dichlorisocyanursäure-Na-Salz, eine andere Verbindung der Pos. 2933, die einen nicht kondensierten Triazinring in der Struktur enthält. Derartige Erzeugnisse gehören nur dann in Pos. 3808, wenn sie in Umschließungen (wie Metallgefäßen, Pappschachteln) für den Einzelverkauf als Insektizid, als Desinfektionsmittel usw. aufgemacht sind oder in solchen Formen (Kugeln, Tabletten, Täfelchen usw.) vorliegen, dass über ihre Bestimmung zum Einzelverkauf zu den genannten Zwecken kein Zweifel aufkommen kann. Einreihungsvorschlag: 2933 6980 90 2501 U999"

Mit dem mit 23. Juni 2015 datierten Vordruck „Za 255" beantragte die Bf. daraufhin die Erstattung der vorgeschriebenen Abgaben (Zoll und Abgabenerhöhung) gemäß Art. 236 ZK.
Dies mit der Begründung, die ETOS Analyse ***/**** führe völlig zu Recht aus, dass das Erzeugnis grundsätzlich in die Position 2933698090 2501 U999 einzureihen sei, allerdings nur dann, wenn es sich dabei um keine Verkaufsaufmachung für den Einzelverkauf handle. Die gegenständliche Einfuhr sei in 1 KG Pails für den Einzelverkauf aufgemacht gewesen. Gemäß Anmerkung 2 zum Abschnitt VI sei die Ware deshalb in die Position 3808 einzureihen.

Das Zollamt veranlasste daraufhin neuerlich eine Warenuntersuchung durch die TUA.
Der ETOS-Untersuchungsbefund ****/**** der TUA lautete:
„Weißes, intensiv nach Chlor riechendes Pulver: Dichlorisocyanursäure-Na-Salz, eine andere Verbindung der Pos. 2933, die einen nicht kondensierten Triazinring in der Struktur enthält. Dieses Warenmuster wurde schon unter ETOS ***/**** chemisch untersucht.
Derartige Erzeugnisse gehören nur dann in Pos. 3808, wenn sie in Umschließungen (wie Metallgefäßen, Pappschachteln) für den Einzelverkauf als Insektizid, als Desinfektionsmittel usw. aufgemacht sind oder in solchen Formen (Kugeln, Tabletten, Täfelchen usw.) vorliegen, dass über ihre Bestimmung zum Einzelverkauf zu den genannten Zwecken kein Zweifel aufkommen kann. Dies ist bei dem gegenständlichen Warenmuster nicht der Fall, weil auf der Packung keinerlei Hinweise (Packungsgröße, Verwendungszweck, Anwendung, Handhabung) angebracht sind. Einreihungsvorschlag: 2933 6980 90 2501 U999"

Das Zollamt wies in der Folge den Erstattungsantrag vom 23. Juni 2015 mit Bescheid vom 23. September 2015, Zahl: 00000, ab.
In Anlehnung an die ständige Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. im
Erkenntnis Zl. 93/16/0169) sei im Interesse der Rechtssicherheit und der leichteren
Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren
grundsätzlich in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im
Wortlaut der Positionen der Kombinierten Nomenklatur festgelegt seien. Es komme also
grundsätzlich auf an der Ware selbst feststellbare Merkmale an. Diese Ware weise alle
objektiven Merkmale einer heterocyclischen Verbindung der Position 2933 auf.
Die getroffene Entscheidung gründe sich zufolge der Ergebnisse der durchgeführten
Zollbeschau und der im Verfahren von der Erstattungswerberin unbestritten gebliebenen
Beschaffenheit der Ware auch auf die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der
Kombinierten Nomenklatur Nrn. 1 und 6, sowie auf den Wortlaut und die Gliederung der
Position 2933.

Dagegen wurde fristgerecht eine Bescheidbeschwerde eingebracht.
Dies sinngemäß mit der Begründung, dass die ablehnende Entscheidung des Zollamtes nicht wirklich aussage, wann eine Aufmachung als eine Aufmachung für den Einzelverkauf gewertet werden könne. Das in Rede stehende Erzeugnis hätte auch in Großgebinden befördert werden können.
Die rechtsunverbindliche Zolltarifauskunft biete als einziges Argument an, dass die weiße Kunststoffdose mit Schraubverschluss, in der das Erzeugnis abgepackt sei, keine Hinweise auf Packungsgröße, Verwendungszweck, Anwendung und Handhabung aufweise. Dabei scheine das Zollamt zu vergessen, dass der Bf. anlässlich einer Betriebsprüfung zu diesem Erzeugnis in etikettierten 5 kg Gebinden den Differenzzoll von 0,5 % (Position 2933 zu Position 3808) rückerstattet habe.
Es bleibe also die Frage strittig, wann eine Aufmachung als Aufmachung für den Einzelverkauf zu beurteilen sei. Literarische Hinweise dazu habe die Bf. nicht gefunden. Dies werde wohl der Fall sein, wenn Erzeugnisse, die in der Regel in Großgebinden befördert werden würden, aus marktstrategischen Gründen bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt in Aufmachungen für den Einzelverkauf (also verkaufsfähigen Gebinden) vorliegen würden.
Der Versand von Aufmachungen für den Einzelverkauf bedeute grundsätzlich höhere
Kosten: höhere Verpackungskosten, höhere Frachtkosten und höhere Lade- und
Manipulationskosten.
Jeder Importeur werde deshalb darauf achten, zu welchem Verwendungszweck die
Ware in das Zollgebiet der EU eingeführt werde. Bei Entfernungen von mehreren
tausend Kilometern zähle trotz günstiger Frachtraten eine optimale Auslastung des
Ladeequipments.
Die Absicht der Bf. sei es eindeutig gewesen, das als Desinfektionsmittel dienende Erzeugnis in Aufmachungen für den Einzelverkauf in das Zollgebiet der Europäischen Union zu überführen.
Gemäß HS Anmerkung 2 zum Abschnitt VI komme für Waren, die wegen ihrer
Dosierung oder wegen Ihrer Aufmachung für den Einzelverkauf zu einer der
Positionen 3004, 3005, 3006, 3212, 3303, 3304, 3305, 3306, 3307 oder 3808
gehören könnten, diese Position in Betracht, auch wenn andere Positionen der
Nomenklatur in Betracht kommen könnten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18. Jänner 2016, wies das Zollamt die Beschwerde als unbegründet ab.
Nach den Ausführungen im Untersuchungsbefund der Technischen Untersuchungsanstalt handle es sich um ein weißes, intensiv nach Chlor riechendes Pulver: Dichlorisocyanursäure-Na-Salz, eine andere Verbindung der Position 2933, die einen nicht kondensierten Triazinring in der Struktur enthalte. Derartige Erzeugnisse seien nur dann der Position 3808 zuzuweisen, wenn sie in Umschließungen für den Einzelverkauf als Desinfektionsmittel aufgemacht seien oder in solchen Formen (Kugeln, Tabletten, Täfelchen usw.) vorliegen, dass über ihre Bestimmung zum Einzelverkauf zu den genannten Zwecken kein Zweifel aufkommen könne. Dies sei jedoch bei dem verfahrensgegenständlichen Warenmuster nicht der Fall, weil auf der Packung (einer weißen, zylindrischen Kunststoffdose mit Sicherheitsschraubverschluss) keinerlei Hinweise (Packungsgröße, Verwendungszweck, Anwendung, Handhabung) angebracht (weder aufgedruckt noch aufgeklebt) seien. Diese Hinweise müssten auf der inneren oder äußeren Umschließung, in beigefügten Drucksachen oder in irgendeiner anderen Weise angebracht sein.
Bei der Analyse ETOS **/**** sei das Produkt in einem etikettierten Gebinde zu 5 kg (in einem Kunststoffbeutel) vorgelegen. Daraus folge, dass es sich hier um eine Aufmachung für den Einzelverkauf gehandelt habe (das Produkt sei auf einem Etikett als Desinfektionsmittel ausgewiesen worden). In diesem Fall seien die Bedingungen der Anmerkung 2 zum Abschnitt VI erfüllt gewesen (Aufmachung für den Einzelverkauf sei vorgelegen) und das Produkt sei in die Position 3808 eingereiht worden.
Aufmachungen für den Einzelverkauf würden nicht nur haushaltsübliche Dosierungsmengen voraussetzen, sondern auch Produktbezettelungen (Etiketten) und gegebenenfalls sogar Gebrauchsanweisungen.

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2016 beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).
Über das Beschwerdevorbringen hinausgehend wurde darin ergänzend vorgebracht, dass das in weißen, zylindrischen Kunststoffdosen mit Sicherheitsverschluss abgefüllte
Dichlorisocyanursäure-Na-Salz in Überkartons mit der Aufschrift „Disinfectant for
retail sale“ verpackt gewesen sei. Die Kunststoffdosen, also die unmittelbaren Umschließungen, seien wie die belangte Behörde richtig anmerke, weder bedruckt noch etikettiert gewesen. Der Grund dafür liege in den 24 unterschiedlichen Landessprachen des EU Binnenmarktes. Die Bf. vertreibe dieses Chlorungsmittel in Form eines Chlorgranulats innerhalb des gesamten Binnenmarktes. Eine Etikettierung im Drittland sei deshalb gänzlich ausgeschlossen, obwohl die Packungseinheiten ausschließlich für den Einzelverkauf, i.d.R. für private Schwimmbeckenbetreiber bestimmt seien.
Der Gesamtvertrieb sei sehr flexibel und individuell aufgebaut, die Etikettierung erfolge unmittelbar nach Eingang von Bestellungen in der jeweiligen Landessprache.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist unstrittig, dass sich bei der in Rede stehenden Ware um Dichlorisocyanursäure-Na-Salz handelt. Ein weißes, intensiv nach Chlor riechendes Pulver, das sich in Kunststoffbehältnissen zu je einem Kilogramm befindet. Die weißen Kunststoffdosen mit Sicherheitsschraubverschlüssen sind nicht bedruckt oder etikettiert und enthalten auch anderweitig keine Angaben über Wareninhalt, Packungsgröße, Verwendungszweck, Anwendung oder Handhabung.
Die Bf. vertreibt das Produkt in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Desinfektionsmittel für Schwimmbäder. Die Etikettierung erfolgt nach dem Eingang von Bestellungen in der jeweiligen Landessprache.  

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei.
Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

Gemäß Art. 20 Abs. 3 Buchstabe a der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABL L 302 vom 19.10.1992, (Zollkodex - ZK) umfasst der gemeinsame Zolltarif, auf welchen sich gemäß Art. 20 Abs. 1 ZK die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben stützen, u.a. die Kombinierte Nomenklatur nach der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87.

Gemäß Art. 67 ZK ist, wenn nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt der Annahme der Anmeldung durch die Zollbehörden in Bezug auf alle Vorschriften über das Zollverfahren, zu dem die Waren angemeldet werden, zugrunde zu legen.

Die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif, ABl. L 256 vom 7. September 1987, in der im Revisionsfall maßgeblichen Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1101/2014 der Kommission vom 16. Oktober 2014, ABl. L 312 vom 31.10.2014, (im Folgenden: KN-Verordnung) enthält in ihrem Anhang I (Kombinierte Nomenklatur), Teil II (Zolltarif) den Abschnitt VI (Erzeugnisse der chemischen Industrie und verwandter Industrien), zu welchem die Anmerkung 2 lautet:
„Vorbehaltlich der Anmerkung 1 sind Waren, die wegen ihrer Dosierung oder wegen Ihrer Aufmachung für den Einzelverkauf zu einer der Positionen 3004, 3005, 3006, 3212, 3303, 3304, 3305, 3306, 3307, 3506, 3707 oder 3808 gehören können, dieser Position zuzuweisen, auch wenn andere Positionen der Nomenklatur in Betracht kommen."

In Abschnitt VI enthält das Kapitel 38 („Verschiedene Erzeugnisse der chemischen Industrie") die Position 3808 („Insektizide, Rodentizide, Fungizide, Herbizide, Keimhemmungsmittel und Pflanzenwuchsregulatoren, Desinfektionsmittel und ähnliche Erzeugnisse, in Formen oder Aufmachungen für den Einzelverkauf oder als Zubereitungen oder Waren (z. B. Schwefelbänder, Schwefelfäden, Schwefelkerzen und Fliegenfänger)").

Die genannte Position 3808 der KN enthält u.a. die Unterposition 3808 94 („Desinfektionsmittel"), wobei für den KN-Code 3808 9420 90 ein Drittlandszollsatz von 6 % vorgesehen ist.

Abschnitt VI enthält auch das Kapitel 29 („Organische chemische Erzeugnisse"). Die Position 2933 enthält für „Verbindungen, die einen nicht kondensierten Triazinring (auch hydriert) in der Struktur enthalten" u.a. die Unterposition 2933 69 („andere"), wobei für den KN-Code 2933 6980 90 („andere") ein Drittlandszollsatz von 6,5 % vorgesehen ist.

Die belangte Behörde hat die in Rede stehenden Waren nicht die Position 3808, sondern in den näher bezeichneten KN-Code aus der Position 2933 eingereiht, weil diese Waren nicht als Desinfektionsmittel für den Einzelverkauf aufgemacht seien. Das Zollamt hat sich dabei auf den Wortlaut der Positionen 2933 und 3808 sowie auf die Erläuterungen zum HS zur Position 3808 gestützt. Es hat die Anmerkung 2 zu Abschnitt VI der KN angewandt und anhand der Ergebnisse der Warenuntersuchung die Waren unter die Position 2933 eingereiht.

Die Bf. steht hingegen auf dem Standpunkt, dass die gegenständliche Ware in die Position 3808 einzureihen sei, weil das Erzeugnis in (verkaufsfähigen) Kunststoffbehältnissen mit Sicherheitsschraubverschlüssen abgefüllt sei und deshalb als für den Einzelverkauf aufgemacht anzusehen sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist das entscheidende Kriterium für die zolltarifliche Einreihung von Waren zur Gewährleistung der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der KN-Position und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. etwa EuGH 13.9.2018, C-372/17, Vision Research Europe, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Maßgebend ist dabei jener Zustand, in dem die Waren zur Zollabfertigung gestellt werden (vgl. etwa EuGH 17.7.2014, C-472/12, Panasonic Italia u. a., Rn. 36).

Die Erläuterungen zum HS (das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens (nunmehr: Weltzollorganisation - WZO) ausgearbeitete und durch das internationale Übereinkommen vom 14. Juni 1983 eingeführte Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren) sind zwar nicht verbindlich, stellen jedoch wichtige Hilfsmittel dar, um eine einheitliche Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs zu gewährleisten, und sind als solche wertvolle Quellen für die Auslegung des Tarifs. Gleiches gilt für die Erläuterungen der Europäische Kommission zur Kombinierten Nomenklatur (vgl. etwa EuGH 12.4.2018, C-227/17, Medtronic GmbH, Rn 37).

Nach den Erläuterungen zum HS zu Position 3808 gehören Insektizide, Fungizide, Herbizide, Desinfektionsmittel usw. nur dann  zur Position 3808, wenn sie in Umschließungen (wie Metallgefäßen, Pappschachteln) für den Einzelverkauf als Insektizid, als Desinfektionsmittel usw. aufgemacht sind oder in solchen Formen (Kugeln, Tabletten, Täfelchen usw.) vorliegen, dass über ihre Bestimmung zum Einzelverkauf zu den genannten Zwecken kein Zweifel aufkommen kann.

Im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung (Art. 67 ZK) war die in Rede stehende Ware mangels Etikettierung oder Beschriftung der Umschließung für einen Verbraucher nicht als Desinfektionsmittel erkennbar und somit nicht für die Abgabe an einen Verbraucher geeignet. Daran ändert auch die Ausstattung der Behältnisse mit einem Sicherheitsschraubverschluss nichts. Lag jedoch eine Aufmachung als Desinfektionsmittel nicht vor, dann kann im gegenständlichen Fall auch nicht von einer Aufmachung für den Einzelverkauf die Rede sein.

Die als Pulver bzw. Granulat vorliegende Ware lag zudem auch nicht im Sinne der erwähnten Erläuterungen zum HS in einer solchen Form (Kugeln, Tabletten, Täfelchen usw.) vor, dass über ihre Bestimmung zum Einzelverkauf als Desinfektionsmittel kein Zweifel aufkommen konnte.

Da die Beschwerde somit nicht aufgezeigt hat, dass das Zollamt die Ware zu Unrecht in den KN-Code 2933 6980 90 eingereiht hätte, war diese daher als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Die mit dem vorliegenden Erkenntnis zu lösenden Rechtsfragen sind durch die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung geklärt bzw. ergeben sich aus dem Wortlaut der anzuwendenden einschlägigen Bestimmungen.

 

 

Linz, am 4. Juli 2019

 

Zusatzinformationen

Materie:

Zoll

betroffene Normen:

Art. 20 ZK, VO 2913/92 , ABl. Nr. L 302 vom 19.10.1992 S. 1
Art. 67 ZK, VO 2913/92 , ABl. Nr. L 302 vom 19.10.1992 S. 1
KN-VO, VO 2658/87 , ABl. Nr. L 256 vom 07.09.1987 S. 1

Verweise:

EuGH 13.09.2018, C-372/17
EuGH 17.07.2014, C-472/12
EuGH 12.04.2018, C-227/17

Stichworte