Immobilienveräußerung und Hauptwohnsitzbefreiung
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2014:RV.5100536.2014
Entscheidungstext
Bahnhofplatz 7
4020 Linz
DVR: 2108837
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache BF Susanne, Straße, Ort, St. Nr. 123, gegen den Bescheid des Finanzamtes ABC vom 16.12.2013, betreffend Einkommensteuer 2012 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
A. Im Veranlagungs- und Beschwerdeverfahren dargestellter Sachverhalt
Herr Karl BF und Frau Susanne BF waren Eigentümer von je 233/20000 des Grundstückes EZ 345, KG Ort2, ADR2. Mit Kaufvertrag vom 21.11.1995 wurde die darauf befindliche Wohnung erworben. Der Verkauf dieser erfolgte am 13.7.2012.
Am 23. Juni 2013 wurde eine Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung eingebracht. In der Folge wurde am 14.10. 2013 ein Vorhalt ausgefertigt und ausgeführt: "Ab dem 1. April 2012 ist die Veräußerung von Grundstücken unabhängig vom Zeitpunkt der Anschaffung einkommensteuerpflichtig. Sie haben nach dem 31. Marz 2012 aufgrund der vorliegenden Abgabenerklarung gemäß § 10 Grunderwerbsteuergesetz 1987 ein Grundstuck veräußert. Sie werden daher ersucht, beiliegendes Formular auszufullen und zu retournieren. Beachten Sie bitte, dass fur die Besteuerung der Grundstucksveräußerung im Rahmen der Einkommensteuer nicht das Vertragsdatum sondern der Zeitpunkt des Zuflusses des Kaufpreises relevant ist. Das bedeutet, dass die Besteuerung der Grundstucksverauserung nicht bei der Veranlagung fur das Jahr 2012 vorzunehmen ist, wenn der Kaufpreis nicht im Jahr 2012 zugeflossen ist (siehe auch Punkt 4). Das ausgefüllte und retournierte Formular gilt als Abgabenerklärung."
Im Einkommensteuerbescheid 2012 vom 16.12.2013 wurden die Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung „Wohnung, ADR2“ (lt. Kaufvertrag vom 13.7.2012) daraufhin der Besteuerung unterworfen.
Es wurden € 4725,-- als Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen festgesetzt.
Dagegen wurde am 13.1.2014 eine Beschwerde gemäß § 243 BAO bei der Abgabenbehörde eingebracht. Darin führte die Beschwerdeführerin aus, dass aus dem angefochtenen Bescheid die Bemessungsgrundlage (Verkaufspreis der Eigentumswohnung), auf deren Basis der Einkommensteuerbescheid beruht, nicht ersichtlich wäre. Es sei für sie nicht nachvollziehbar, woraus sich die Höhe der Einkommensteuer ergeben würde. Außerdem sei für sie nicht erklärlich, warum sie einkommensteuerpflichtig sei und ihr geschiedener Gatte – der zudem noch einen höheren Verkaufserlös erhalten habe als sie selbst – nicht. Weiters führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie mit ihrem geschiedenen Ehegatten gemeinsam Eigentümer der in Rede stehenden Wohnung gewesen sei und dass, während ihr geschiedener Gatte in der Wohnung verblieben sei, sie aufgrund der Trennung aus dieser ausgezogen sei. Die Beschwerdeführerin habe deswegen den Nebenwohnsitz an der gegenständlichen Wohnung angemeldet, weil sie auch nach außen hin ihren Anspruch auf die Wohnung dokumentieren habe wollen, auch wenn sie nicht mehr in jener gewohnt habe. Der Meldezettel sei dem Finanzamt übermittelt worden. Zuletzt habe die Beschwerdeführerin noch festhalten wollen, dass sie und ihr geschiedener Ehegatte die Wohnung nicht aus Spekulationsgründen erworben und verkauft hätten. Ihr Auszug habe allein private Gründe (Trennung) und keinen spekulativen Hintergrund enthalten.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 24.1.2014 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt: Die Bemessungsgrundlage sei gem. § 30 Abs. 4 EStG wie folgt ermittelt worden: anteiliger Verkaufserlös € 135.000,--. Da es sich um Altvermögen handle (Grundstück vor dem 1.4.2002 angeschafft) sei von diesem Verkaufserlös die Immobilien-Ertragssteuer iHv 3,5 % (= € 4725) vorzuschreiben. Von einer Vorschreibung sei abzusehen, wenn das Objekt zumindest zwei Jahre von Anschaffung bis zur Veräußerung oder fünf Jahre innerhalb der letzten zehn Jahre als Hauptwohnsitz gedient habe und der Hauptwohnsitz aufgegeben werde (Hauptwohnsitzbefreiung). Da dies im Falle der Beschwerdeführerin nicht zutreffe, sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Daraufhin wurde am 17.2.2014 ein Vorlageantrag eingebracht in welchem nach Ansicht der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Hauptwohnsitzbefreiung nach dem 1. Tatbestand zutreffen würden, außerdem sei die Bemessungsgrundlage nicht richtig ermittelt, da ein Teil des Verkaufserlöses für die Lastenfreistellung verwendet worden sei und laut Scheidungsurteil der geschiedene Ehegatte einen höheren Anteil erhalten hätte.
Zur Wahrung des Parteigehörs sei am 4.3.2014 an die Beschwerdeführerin ein Schreiben gerichtet worden, in dem die gesetzlichen Bestimmungen erläutert worden seien. Weiters sei hiebei um Stellungnahme gebeten worden. Die Beschwerdeführerin sei diesem Ersuchen nicht nachgekommen.
Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am 10. April 2014 vorgelegt.
B. Der Entscheidung zugrunde gelegter Sachverhalt
Die Richterin geht von folgendem festgestellten Sachverhalt aus:
Die Beschwerdeführerin und ihr geschiedener Gatte waren Eigentümer von je 233/20000 (Hälfteeigentümer) der Wohnung EZ 345, KG Ort2, ADR2, welche mit Kaufvertrag vom 21.11.1995 erworben wurde. Dies geht aus dem Grundbuchstand hervor.
Wie aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Meldezettel ersichtlich, hatte dieselbe von 4.4.1991 bis 11.1.2005 in der ADR2, Ort, ihren Hauptwohnsitz und von 11.5.2005 bis 3.9.2012 ebendort ihren Nebenwohnsitz gemeldet.
Der Hauptwohnsitz der Beschwerdeführerin befand sich ab 11.1.2005 in Ort, Straße.
Aus dem Kaufvertrag vom 13.7.2012 geht hervor, dass die Liegenschaftsanteile lastenfrei verkauft wurden. Dass die Wohnung je zur Hälfte übergeben wurde, kann aus Punkt II. des Vertrages entnommen werden. Im Punkt III. des Vertrages ist der Gesamtkaufpreis von € 270.000,00 ersichtlich. Hieraus ergibt sich ein anteiliger Verkaufserlös von € 135.000,00 und abzüglich 86% pauschale Anschaffungskosten in Höhe von € 116.00,00 somit eine Bemessungsgrundlage von € 18.900,00. Davon 25% ImmoEst ergibt einen Betrag von € 4.725,00.
Ein Kontoauszug vom 30.11.2012 bestätigt die Verfügung der Beschwerdeführerin über einen Betrag in Höhe von € 87.000,00.
Laut Scheidungsurteil des BG vom 12.12.2012 wurde das eheliche Gebrauchsvermögen bereits vorher aufgeteilt und erfolgte in der Vergleichsausfertigung daher keine Vereinbarung diesbezüglich.
Beweiswürdigung:
Der getroffene Sachverhalt gründet sich großteils auf die von der Abgabenbehörde aufgenommenen Beweise, sowie den Inhalt des Verwaltungsaktes.
Rechtslage:
Gemäß § 30 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 sind private Grundstücksveräußerungen Veräußerungseschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte).
Weiters sind gemäß § 30 Abs. 2 Z. 1 EStG 1988 Einkünfte aus der Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden aus der Besteuerung ausgenommen, wenn sie dem Veräußerer entweder (a) ab der Anschaffung bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird oder (b) innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.
Soweit gemäß § 30 Abs. 4 Z. 2 EStG 1988 Grundstücke am 31.3.2012 nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten anzusetzen.
Erwägungen:
Da von der Steuerpflicht nach § 30 EStG 1988 grundsätzlich alle entgeltlichen Übertragungen von Grundstücken des Privatvermögens nach dem 1.4.2012 umfasst sind, trifft auch die Beschwerdeführerin die Steuerpflicht nach EStG, da die Wohnung, an der sie Hälfteeigentümerin war, mit Kaufvertrag vom 13.7.2012 zu gleichen Teilen verkauft wurde.
Bei sogenannten „Altgrundstücken“ (= Anschaffung vor 1.4.2012) können die Anschaffungskosten mit einem Pauschalbetrag von 86% ermittelt werden. Dies trifft auf die Beschwerdeführerin zu, da die Wohnung in ihrem Falle mit Kaufvertrag vom 21.11.1995 erworben wurde. Die Ermittlung der Einkünfte erfolgt sodann durch Gegenüberstellung des Veräußerungserlöses und der Anschaffungskosten. Zum Veräußerungserlös gehören alle wirtschaftlichen Vorteile, die dem Veräußerer aus der Veräußerung erwachsen; bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung darf es weiters keinen Unterschied machen, ob dem Veräußerer die wirtschaftlichen Vorteile vom Erwerber oder von dritten Personen gewährt werden (vgl. VwGH 28.11.2000, 97/14/0032). Im gegenständlichen Fall umfasst der Veräußerungserlös also den empfangenen Barkaufpreis von € 270.000,00 sowie die Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Erwerber. Auch eine Lastenfreistellung durch den Altschuldner ist eine Schuldübernahme und somit als Zufluss beim Veräußerer zu qualifizieren (vgl. Baldauf in Jakom EStG7, § 19 Rz 26). Es ist daher der gesamte Barkaufpreis zur Berechnung heranzuziehen.
Eine Aufteilung der Einkünfte im Zuge eines, wie im gegenständlichen Fall gegebenen, Scheidungsvergleiches hat keinen Einfluss auf die Ermittlung der Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen, da die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt des Verkaufes der Wohnung gemeinsam mit ihrem Ehegatten je zur Hälfte Eigentümer der Wohnung war und diese laut Kaufvertrag auch zu gleichen Teilen verkauft haben.
Die Berechnung der Bemessungsgrundlage durch die Abgabenbehörde ist demnach schlüssig und nachvollziehbar.
anteiliger Verkaufserlös | € 135.000,00 |
abzüglich den pauschalen Anschaffungskosten von 86% (Grundstück vor 1.4.2002 angeschafft) | € 116.100,00 |
ergibt eine Bemessungsgrundlage von | € 18.900,00 |
davon 25% ImmoESt ergibt | € 4.725,00 |
Die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z. 1 lit. a EStG 1988 erfordert, dass die Wohnung "ab der Anschaffung“ und mindestens "seit zwei Jahren durchgehend" als Hauptwohnsitz gedient hat. Diesem Erfordernis wird dadurch Rechnung getragen, dass die Wohnung unmittelbar vor der Veräußerung oder jedenfalls vor der unmittelbaren Vorbereitung der Veräußerung dem Abgabepflichtigen noch immer als Hauptwohnsitz gedient hat (vgl. VwGH 24.1.2007, 2003/13/0118). Bezogen auf den gegenständlichen Fall liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da die Beschwerdeführerin den Hauptwohnsitz vom 4.4.1991 bis 11.1.2005 in der ADR2, Ort, hatte und nicht unmittelbar zwei Jahre vor der Veräußerung, die erst im Jahr 2012 erfolgte. Ein beibehaltener Nebenwohnsitz reicht für die Hauptwohnsitzbefreiung nicht aus. Der erste Tatbestand gemäß § 30 Abs. 2 Z. 1 lit. a EStG 1988 trifft somit auf die Beschwerdeführerin nicht zu.
Der zweite Tatbestand gemäß § 30 Abs. 2 Z. 1 lit. b EStG 1988 erfordert, dass die Wohnung innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung für mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient hat. Die Beschwerdeführerin hatte nicht innerhalb der letzten zehn Jahre vor Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend den Hauptwohnsitz in der streitgegenständlichen Wohnung, da die Wohnung 2012 veräußert wurde und sie 2005 den Hauptwohnsitz aufgegeben hatte. Hier würde die Beschwerdeführerin lediglich auf 3 anrechenbare Jahre (von 2002 bis 2005) kommen. Somit ist auch der zweite Tatbestand des § 30 Abs. 2 Z. 1 EStG 1988 nicht erfüllt.
In der Beschwerde war der Beschwerdeführerin unklar, warum gerade sie und nicht ihr Mann steuerpflichtig sei, obwohl er ja den höheren Verkaufserlös erhalten hätte. Ob und welche Befreiungsbestimmungen auf den Mann zutreffen, kann im gegenständlichen Verfahren jedoch nicht beurteilt werden.
Nicht Voraussetzung für die Besteuerung ist, dass der An- und Verkauf der Wohnung aus Spekulationsgründen erfolgte.
Die Beschwerde war demnach abzuweisen.
Zur Unzulässigkeit einer Revision:
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt bzw. ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz.
Dass dem Beschwerdebegehren kein Erfolg beschieden sein konnte, lag vor allem an der Würdigung des Sachverhaltes und nicht daran, dass Zweifel an der Auslegung rechtlicher Vorschriften existierten. Damit liegt kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am 28. Juli 2014
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 30 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |