Steht einem Steuerpflichtigen der Unterhaltsabsetzbetrag zu, steht ihm auch der Familienbonus Plus iSd § 33 Abs. 3a EStG 1988 in der jeweiligen Höhe zu.
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100182.2024
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 28.11.2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 8.11.2023 betreffend Einkommensteuer 2022 zu Recht erkannt:
I.
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Antrag auf ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2022 vom 27.1.2023 wurde der gesamte Familienbonus Plus für das volljährige Kind ***2*** beantragt und mit Einkommensteuerbescheid vom 7.3.2023 auch berücksichtigt.
Mit Erklärung des Kindesvaters vom 14.3.2023 wurde der Unterhaltsabsetzbetrag sowie der halbe Familienbonus Plus beantragt.
Mit Bescheid vom 8.11.2023 wurde obiger Einkommensteuerbescheid gemäß § 295a BAO geändert insofern, als lediglich der halbe Familienbonus Plus anerkannt wurde, da die andere Hälfte vom Unterhaltszahler beantragt worden wäre.
Mit Schreiben vom 28.11.2023 wurde Beschwerde gegen diesen Bescheid eingereicht wie folgt:
Voraussetzung dafür, dass der Vater den halben Familienbonus Plus beantragen könne, sei eine regelmäßige Alimentationszahlung. Dies sei für 2022 nicht der Fall. Da sie nicht beweisen könne, dass sie die Alimente nicht erhalten habe, solle man beim Vater den Nachweis der regelmäßigen Alimentationszahlungen einfordern.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 6.12.2023 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da laut Aktenlage die Alimente ganzjährig bezahlt worden wären.
Mit Schreiben vom 14.12.2023 wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht gestellt.
Vorliegend ist eine Überweisungsbestätigung, wonach vom Kindesvater an ***2*** am 29.8.2022 ein Betrag von 1.800,00 € überwiesen worden ist.
Zudem eine Bestätigung vom 14.6.2023, unterzeichnet von ***2***, wonach sie von ihrem Vater am 10.1.2022 einen Betrag von 3.300,00 € erhalten habe.
Weiters liegt vor eine Unterhaltsvereinbarung vom 20.2.2024, unterzeichnet von ***2***, wonach in den Jahren 2022 und 2023 jeweils 5.100,00 € an Unterhalt zu leisten gewesen wäre.
Mit Vorlagebericht vom 18.3.2024 wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und unter anderem wie folgt ausgeführt:
Bei volljährigen Kindern ergebe sich die Höhe der Unterhaltsverpflichtung aus der Vereinbarung zwischen dem Unterhaltsverpflichteten und dem volljährigen Kind. Da eine solche schriftliche Vereinbarung und der Zahlungsnachweis in dieser Höhe vom Kindesvater nachgewiesen worden wäre, stehe ihm der Unterhaltsabsetzbetrag und in der Folge auch der halbe Familienbonus Plus zu. Somit könne bei der Kindesmutter nur der halbe Familienbonus Plus berücksichtigt werden.
Am 23.4.2024 wurde folgendes Auskunftsersuchen an ***2*** abgefertigt:
"1.
Sämtliche mit Ihrem Vater abgeschlossenen Vereinbarungen den Unterhalt im Jahr 2022 betreffend sind einzureichen. Mündliche Vereinbarungen sind in ihren wesentlichen Punkten darzulegen.
2.
Unterhaltszahlungen in welcher Höhe wurden im Jahr 2022 durch Ihren Vater an Sie geleistet? Inwieweit wurde der Vereinbarung entsprochen?
3.
Im Hinblick auf die beiliegenden Schriftstücke Unterhaltsvereinbarung und Zahlungsbestätigung persönlich werden Sie aufgefordert, bekannt zu geben, ob diese von Ihnen unterfertigt wurden. Betreffend Zahlungsbestätigung Bank ist anzugeben, ob die Zahlung an Sie geleistet wurde und ob es sich dabei um eine Unterhaltsverpflichtung das Jahr 2022 betreffend handelt. Des Weiteren ist anzugeben, ob es sich bei der persönlich bestätigten Leistung von 3.300,00 € um die Tilgung einer Unterhaltsverpflichtung aus dem Jahr 2022 handelt."
Mit Schreiben vom 10.5.2024 wurde unter anderem wie folgt geantwortet:
Sie erhalte nur den Unterhalt und hätte dem unten Geschilderten oft auch nur mit Widerwillen zugestimmt.
Schriftliche Vereinbarungen mit ihrem Vater bezüglich Unterhaltszahlungen gebe es nicht. Ende 2021 hätte ihr der Vater den Vorschlag unterbreitet, ihr als Unterhalt den Coronabonus auszuzahlen (3.300,00 €). Sie sei seit 2019 in seiner Firma in einem geringfügigen Angestelltenverhältnis für kleiner Hilfstätigkeiten, sie hätte Bedenken geäußert, weil sie geglaubt hätte, dass man den Unterhalt nicht über die Firma abwickeln dürfe.
Den ersten "Bonus" (3.300,00 €) hätte sie am 29.12.2021 mit ihrem Lohn überwiesen bekommen, welcher bis Mitte August 2022 reichen sollte (400,00 € monatlich) und am 29.8.2022 hätte er den restlichen Unterhalt für das Jahr 2022 überwiesen (1.800,00 €).
Am 10.1.2022 hätte sie keinen Betrag von 3.300,00 € erhalten. Sie gehe davon aus, dass das die erste Bonuszahlung vom 29.12.2021 sein solle, wobei da nur 3.000,00 € richtig sein würden, die restlichen 252,75 € (rund 300,00 €) wären damals ihr monatlicher Lohn von der Firma gewesen.
Die Unterhaltsvereinbarung vom 20.2.2024 hätte sie unterschrieben, die Beträge seien nicht richtig, da 3.000,00 € vom Bonus gewesen wären und sie für das restliche Jahr im August 1.800,00 € Unterhalt überwiesen bekommen hätte, was insgesamt 4.800,00 € sein würden. Gleiches gelte für 2023.
Beigelegt wurde unter anderem eine Überweisungsbestätigung vom 27.12.2022 eine Bonuszahlung an ***2*** von ihrem Vater in Höhe von 3.000,00 € betreffend.
Am 13.5.2024 wurde ein weiteres Auskunftsersuchen an ***2*** abgefertigt wie folgt:
"1.
Trifft es zu, dass für das Jahr 2022 mit ihrem Vater ein Unterhalt in Höhe von 5.100,00 € vereinbart war (laut bereits übermittelter Bestätigung vom 20.2.2024)?
2.
Trifft es zu, dass Sie schriftlich bestätigt haben, am 10.1.2022 einen Betrag von 3.300,00 € erhalten zu haben, den Sie zu diesem Zeitpunkt nicht erhalten haben?
3.
Handelt es sich bei der Überweisung vom 29.12.2021 in Höhe von 3.252,75 € um ein Entgelt für erbrachte Leistungen im Rahmen Ihrer geringfügigen Tätigkeit oder um Unterhaltszahlungen durch Ihren Vater?
Sollte eine Aufteilung des Betrages notwendig sein, wäre eine solche vorzunehmen.
Falls durch diese Überweisung auch Unterhalt geleistet wurde, wäre anzugeben, der Unterhalt welchen Jahres damit beglichen worden ist.
Welche Unterhaltsvereinbarung war für das Jahr 2021 gültig?
4.
Handelt es sich bei der Überweisung vom 24.12.2022 in Höhe von 3.000,00 € um ein Entgelt für erbrachte Leistungen im Rahmen Ihrer geringfügigen Tätigkeit oder um Unterhaltszahlungen durch Ihren Vater? Wie ist die Booking Info "Bonuszahlung" zu verstehen?
Sollte eine Aufteilung des Betrages notwendig sein, wäre eine solche vorzunehmen.
Falls durch diese Überweisung auch Unterhalt geleistet wurde, wäre anzugeben, der Unterhalt welchen Jahres damit beglichen worden ist.
5.
Sämtliche Vereinbarungen Ihr geringfügiges Angestelltenverhältnis betreffend, die in den Jahren 2021 bis 2023 in Gültigkeit waren, sind einzureichen. Sollten keine schriftlichen Vereinbarungen bestehen, sind die wesentlichen, mündlich vereinbarten Vertragspunkte anzuführen.
6.
Wie ist die Beschreibung im Schreiben vom 10.5.2024 zu verstehen, dass Sie "im Prinzip nur Unterhalt erhalten"?
Wurden von Ihnen Leistungen im Rahmen der geringfügigen Beschäftigung erbracht?
Entgelt in welcher Höhe wurde in den Jahren 2021 bis 2023 bezogen?
Weisen Sie sämtliche Entgeltzahlungen aus Ihrem Angestelltenverhältnis in den Jahren 2021 bis 2023 nach."
Mit Schreiben vom 12.6.2024 wurde unter anderem wie folgt geantwortet:
Die Unterhaltsverpflichtung im Jahr 2022 wäre bei 4.800,00 € gelegen, der Betrag von 5.100,00 € sei falsch.
Die Überweisung von 3.252,75 € am 29.12.2021 betreffend betrug ihr Entgelt 252,75 €, der restliche Betrag sei der Coronabonus, den sie als Unterhalt für das Jahr 2022 (bis Mitte August) verwenden hätte sollen.
Für 2021 wäre die Situation gleich gewesen.
Die Überweisung von 3.000,00 € im Dezember 2022 sei der Coronabonus, den die als Unterhalt für 2023 verwenden hätte sollen.
Schriftliche Vereinbarungen das Angestelltenverhältnis betreffend gebe es nicht. Sie sei 6 Stunden pro Woche angemeldet und zuständig für kleinere Hilfstätigkeiten.
Der Unterhalt sei über die Bonuszahlungen von der Firma abgewickelt worden.
Mit Schreiben vom 18.6.2024 und vom 3.7.2024 wurden der Beschwerdeführerin und der Amtspartei die obigen Ermittlungsergebnisse zur Stellungnahme übersendet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Strittig ist, ob der Beschwerdeführerin der ganze oder der halbe Familienbonus Plus ihre volljährige Tochter ***2*** betreffend zusteht. Unstrittig wurde Familienbeihilfe bezogen.
Von ***2*** wurde mit ihrem Vater eine Unterhaltsleistung von 4.800,00 € für das Jahr 2022 vereinbart, die von ihm auch erfüllt worden ist.
2. Beweiswürdigung
Unstrittig steht der Beschwerdeführerin ein Familienbeihilfenanspruch zu.
Die Unterhaltsverpflichtung in Höhe von 4.800,00 € im Jahr 2022 wurde in den Beantwortungen der Auskunftsersuchen durch die Unterhaltsberechtigte ***2*** bestätigt.
Zudem wurde von ihr durch Überweisungsbestätigungen nachgewiesen, dass der vereinbarte Unterhalt durch den Vater auch geleistet worden ist.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
§ 33 Abs. 3a EStG 1988 idF BGBl I 2022/10 lautet auszugsweise:
Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
1. Der Familienbonus beträgt
…..
b.
nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 54,18 €.
…..
3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
…..
b.
Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
Da dem Vater von ***2*** der Unterhaltsabsetzbetrag aufgrund vollständiger Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtung im Jahr 2022 zusteht, steht ihm auch der halbe Familienbonus Plus zu.
Folglich hat auch die Beschwerdeführerin Anspruch auf den halben Familienbonus Plus.
Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Unterhalt in welcher Höhe vereinbart und ob dieser geleistet wurde sind auf Sachverhaltsebene zu behandelnde Tatfragen und daher auf Grund entsprechender Erhebungen in freier Beweiswürdigung zu beantworten. Die Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist folglich nicht zu erwarten und eine ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.
Linz, am 22. Juli 2024
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
