BFG RV/3100312/2021

BFGRV/3100312/20212.7.2021

Gegenstandsloserklärung nach § 261 Abs. 2 BAO

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100312.2021

 

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterName_A in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, Anschrift_A,, vertreten durch Person_A, betreffend Beschwerde vom 17. Mai 2021 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 3. Mai 2021 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012, Steuernummer Steuernummer_1, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 261 Abs. 2 BAO iVm § 278 BAO als gegenstandslos erklärt.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

A.) Sachverhalt:
A.1.) Der Beschwerdeführer war im strittigen Jahr 2012 in Staat_A nichtselbständig beschäftigt (siehe Lohnausweis der Arbeitgeberin_A, Staat_A, vom 5. März 2013). Neben seiner Dienstwohnung am Arbeitsort (siehe Wohnsitzbestätigung vom 14. Mai 2019 sowie Schreiben vom 5. November 2019) verfügt der Beschwerdeführer seit 1998 in Österreich über einen Hauptwohnsitz in Ort_A sowie einen Nebenwohnsitz in Ort_B (siehe Auskunft aus dem Zentralen Melderegister vom 15. Juni 2020). Person_B, Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, und Person_C, Tochter des Beschwerdeführers, sind ebenfalls an derselben Anschrift in Ort_A gemeldet (siehe Auszüge aus dem Zentralen Melderegister vom 15. Juni 2020).

A.2.) Unter Annahme eines in Österreich befindlichen Mittelpunktes der Lebensinteressen erließ das Finanzamt_A einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 (mit Ausfertigungsdatum 14. Februar 2020), welchen der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 26. Februar 2020 bekämpfte. In weiterer Folge zog der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. Oktober 2020 seine Beschwerde (vom 26. Februar 2020) zurück, sodass das Bundesfinanzgericht das Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 20. Oktober 2020, GZ_1, einstellte.

Das Finanzamt_A hob mit Aufhebungsbescheid vom 10. November 2020 den Einkommensteuerbescheid 2012 (vom 14. Februar 2020) gemäß § 299 BAO auf und erließ neue Einkommensteuer- und Anspruchszinsenbescheide betreffend das Jahr 2012 (beide mit Ausfertigungsdatum 9. November 2020). Sämtliche Bescheide wurden vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. November 2020 bekämpft.
Das Bundefinanzgericht gab mit Entscheidung vom 19. April 2021, GZ_2, der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 (vom 9. November 2020) gemäß § 279 BAO Folge und hob diesen Bescheid mit der Begründung auf, dass dieser rechtswirksam vor dem Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO (vom 10. November 2020) ergangen sei.

A.3.) Das Finanzamt Österreich erließ in Folge einen neuerlichen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 (mit Ausfertigungsdatum 3. Mai 2021), in welchem die vom Beschwerdeführer im Jahr 2012 in Staat_A bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wiederum in Österreich der Einkommensteuer unterworfen wurden. In der Begründung führte die Abgabenbehörde ua. aus, gemäß § 299 Abs. 2 BAO sei mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Der Einkommensteuerbescheid 2012 (vom 14. Februar 2020) sei mit Aufhebungsbescheid vom 10. November 2020 aufgehoben worden, weshalb der gegenständliche Bescheid zu erlassen gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom 17. Mai 2021 fristgerecht Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 (vom 3. Mai 2021) und beantragte, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht direkt ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vorzulegen. Begründend führte der Beschwerdeführer unter Verweis auf die noch offenen Beschwerdeverfahren ua. aus, es werde zunächst auf die Beschwerdevorlage (Vorlagebericht) vom 16. Juni 2020 verwiesen, in welchem das Finanzamt_A dem Beschwerdeführer ausdrücklich zugestanden habe, dass für das Jahr 2012 kein Hinterziehungstatbestand vorliege. Das Recht auf Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2012 sei daher mangels Erfüllung des Hinterziehungstatbestandes verjährt. Gemäß § 299 BAO sei mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden, das hieße, der aufhebende Bescheid sei gleichzeitig mit dem neuen Bescheid (in einem Papier) zu erlassen. Anders könne die Gesetzesbestimmung nach dem Wortsinn nicht verstanden werden. Der Aufhebungsbescheid datiere vom 14. Februar 2020 (Anm. BFG: richtig wohl: 10. November 2020) und der diesen ersetzende vom 3. Mai 2021. Von einem zeitlich engen Zusammenhang könne also keine Rede sein. Der beschwerdegegenständliche Bescheid sei auch aus diesem Grund rechtswidrig. Aus dem bekämpften Bescheid ergebe sich auch nicht, ob die belangte Behörde bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage den nach dem zwischenstaatlichen Abkommen anzuwendenden durchschnittlichen Wechselkurs (verlautbart vom Ministerium) herangezogen habe.

Das Finanzamt Österreich legte mit Vorlagebericht vom 23. Juni 2021 die Beschwerde (vom 17. Mai 2021) dem Bundesfinanzgericht gemäß § 262 Abs. 2 BAO fristgerecht zur Entscheidung vor.

A.4.) Das Bundesfinanzgericht gab mit Entscheidung vom 1. Juli 2021, GZ_3, der Beschwerde des Beschwerdeführers (vom 19. November 2020) gegen den Aufhebungsbescheid des Finanzamtes_A (mit Ausfertigungsdatum 10. November 2020), mit welchem der Einkommensteuerbescheid 2012 (mit Ausfertigungsdatum 14. Februar 2020) gemäß § 299 BAO aufgehoben wurde, Folge und hob wiederum diesen angefochtenen Bescheid (vom 10. November 2020) auf. Begründend führte das Bundesfinanzgericht ua. aus, das Finanzamt habe im gegenständlichen Aufhebungsbescheid die Bezeichnung des Aufhebungsgrundes unterlassen. Nachdem die Festlegung des Aufhebungsgrundes im Rechtsmittelverfahren nicht nachgeholt werden könne und der Aufhebungsbescheid eine Bezeichnung des Grundes vermissen lasse, warum der Spruch im aufgehobenen Einkommensteuerbescheid 2012 als "nicht richtig" qualifiziert werde, sei dieser mangelhaft ergangen. Der Aufhebungsbescheid nach § 299 BAO (mit Ausfertigungsdatum 10. November 2020) sei daher ersatzlos aufzuheben.

B.) Beweiswürdigung:
Der streitgegenständliche Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus der vorliegenden unstrittigen Aktenlage, insbesondere aus den oben näher bezeichneten Schriftstücke.

C.) Rechtslage:
Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufhebenden Bescheid entsprochen, so ist gemäß § 261 Abs. 2 BAO eine gegen den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid (§ 299 Abs. 2 BAO) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) als gegenstandslos zu erklären.

§ 261 Abs. 2 BAO normiert die Gegenstandsloserklärung auch für Fälle, in denen nach bisheriger Rechtsauffassung Rechtsmittel als unzulässig geworden zurückzuweisen waren. Dies galt nach Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 299 Anm. 25 idF vor 15. Ergänzungslieferung, für die Zurückweisung einer Berufung gegen den Bescheid, der den gemäß § 299 BAO aufgehobenen Bescheid ersetzt, wenn der Berufung gegen den Aufhebungsbescheid stattgegeben wird (Ritz, BAO6, § 261 Tz. 4).
Die Gegenstandsloserklärung der Bescheidbeschwerde liegt nicht im Ermessen (Ritz/Koran, Finanzverwaltungsgerichtsbarkeit, 219; Ryda/Langheinrich, FJ 2014, 103; BFG 26.5.2014, RV/5102170/2012). Sie hat (durch die Abgabenbehörde) mit Beschwerdevorentscheidung bzw. (durch das Verwaltungsgericht) mit Beschluss zu erfolgen (Ritz, BAO6, § 261 Tz. 6).

D.) Erwägungen:
Mit dem sich aus der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom 1. Juli 2021, GZ_3, ergebenden Wegfall des Aufhebungsbescheides gemäß § 299 BAO (vom 10. November 2020) betreffend Einkommensteuer 2012 schied der - als verbundener Bescheid nach § 299 Abs. 2 BAO angedachte, im gegenständlichen Beschwerdeverfahren bekämpfte - Einkommensteuerbescheid 2012 (neuer Sachbescheid) vom 3. Mai 2021 aus dem Rechtsbestand aus. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vom (14. Februar 2020) gehört dadurch wieder dem Rechtsbestand an.

Die gegen den aus dem Rechtsbestand ausgeschiedenen Einkommensteuerbescheid 2012 vom 3. Mai 2021 gerichtete Beschwerde ist daher gemäß § 261 Abs. 2 BAO iVm § 278 BAO als gegenstandslos zu erklären.

E.) Revision:
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die streitgegenständliche Entscheidung ergibt sich im vorliegenden Fall unmittelbar aus den angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Es liegt sohin keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

 

Innsbruck, am 2. Juli 2021

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 261 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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