Grundstückswertberechnung gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG (BGBL 2015/118 ab 01.01.2016)
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100196.2019
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom 05.12.2018 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom 08.11.2018, ErfNr. Zl betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die Grunderwerbsteuer wird festgesetzt mit EUR 433,24.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensablauf:
Mit Einantwortungsbeschluss des BG 1 vom 20.09.2018 wurde die Verlassenschaft nach der am 07.08.2017 verstorbenen Mutter der erblichen Tochter (Beschwerdeführerin) zur Gänze eingeantwortet. Unter den Aktiven scheinen laut Protokoll über die Verlassenschaftsabhandlung 10/16 Anteile an der Liegenschaft EZ KG auf. In einer dem Finanzamt vorgelegten Verkehrswertermittlung vom 30.07.2018 wurde der Verkehrswert der Liegenschaft mit EUR 57.100 angegeben.
Mit Bescheid vom 08.11.2018 wurde der Beschwerdeführerin vom Wert der erworbenen Grundstücksanteile Grunderwerbsteuer in Höhe von EUR 479,69 vorgeschrieben. Der auf Grundlage des Pauschalwertmodells berechnete Grundstückswert wurde vom Finanzamt mit EUR 95.938,73 ermittelt (Grundstück plus Altbestand EUR 56.561,96 plus Neubau EUR 96.940 ergibt EUR 153.501,96, 10/16 Anteile davon entsprechen EUR 95.938,73).
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wurde die unrichtige Berechnung der Grunderwerbsteuer eingewendet. Die Beschwerdeführerin habe lediglich 10/16 Anteile des vom Finanzamt errechneten Grundstückswertes (EUR 95.938,73) erworben. Der sich dadurch ergebende Betrag von EUR 59.961,71 würde zu einer Steuerschuld von lediglich EUR 299,81 führen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 13.12.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Bemessungsgrundlage sei mittels Pauschalwertmodell, aufgeteilt in Grundstück und Altbestand des Hauses sowie das im Jahr 2003 neu ausgebaute Dachgeschoß berechnet worden. Der im konkreten Fall an die Beschwerdeführerin übergebene Grundstücksanteil (10/16) sei im Bescheid als solcher bezeichnet und berücksichtigt worden.
In dem gegen die "Berechnung der Beschwerdevorentscheidung" eingebrachten Vorlageantrag führt die Bf. aus, dass die Bemessungsgrundlage gemäß Einheitswertbescheid und auch das Haus wie beim Kauf ihrer Eltern im Jahr 1961 unverändert sei. Im Jahr 2003 sei kein Dachgeschoß neu ausgebaut worden. Zum Beweis dafür wurden Fotos aus den Jahren 1965, 2009 und 2018 vorgelegt. Das Haus sei in mehreren Etappen erbaut worden (Keller ca. 1880, 1. Stockwerk ca. 1926 und 2. Stockwerk ca. 1958). Über eine Innentreppe gelange man in das stets vorhanden gewesene 2. Geschoß. Dies sei seit 2009 die Wohnung der Beschwerdeführerin. Darüber befinde sich der Dachboden mit schiefen Wänden. Es liege sicher kein Antrag auf Ausbau eines Dachgeschoßes beim Bauamt vor. Einige namhaft gemachte Personen könnten den Altbestand dieses Hauses bezeugen.
Beweiswürdigung:
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr x. Die Ermittlung des Grundstückswertes erfolgte unter Verwendung des Berechnungsprogrammes des BMF auf Basis von § 2 Grundstückswert verordnung (GrWV).
Rechtliche Beurteilung:
§ 4 idF StRefG 2015/2016 ab 01.01.2016 lautet auszugsweise:
1) Die Steuer ist zu berechnen vom Wert der Gegenleistung (§ 5), mindestens vom Grundstückswert. Bei Vorgängen gemäß § 1 Abs. 2a und 3, bei Vorgängen nach dem Umgründungssteuergesetz sowie bei Erwerben gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. b und c ist die Steuer immer vom Grundstückswert zu berechnen. Der Grundstückswert ist entweder
• als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes 1955 – BewG. 1955, BGBl Nr. 148/1955 in der jeweils geltenden Fassung, und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes oder
• in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes
zu berechnen.
Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler unter Berücksichtigung der Grundsätze einer einfachen und sparsamen Verwaltung durch Verordnung sowohl die näheren Umstände und Modalitäten für die Hochrechnung des Bodenwertes und die Ermittlung des Gebäudewertes als auch den anzuwendenden Immobilienpreisspiegel samt Höhe eines Abschlages festzulegen........
Im Sinne der in § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 enthaltenen Ermächtigung erging zur Festlegung des Grundstückswertes die Grundstückswertverordnung - GrWV, BGBl II 2015/442.
Das erste der beiden im Gesetz alternativ vorgesehenen Ermittlungsverfahren ist das so genannte „Pauschalwert-Modell“, bei dem die Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes berechnet wird.
Das Pauschalwert-Modell ist ein vereinfachtes pauschales Wertermittlungsverfahren und stellt die einfache Selbstberechnung sowie die Vorhersehbarkeit der Grunderwerbsteuerbelastung sicher. Der nach dem Pauschalwert-Modell errechnete Grundstückswert setzt sich aus der Summe des hochgerechneten dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 BewG und dem Wert des Gebäudes zusammen. Der Grundstückswert nach dem Pauschalwert-Modell berücksichtigt neben der Lage des Grundstücks die Baukosten, die Bauweise und die Nutzung des Gebäudes, sowie die Nutzfläche (Bruttogrundfläche) und den Erhaltungszustand des Gebäudes. Die Ermittlung dieses Wertes wird in zwei Bestandteile, nämlich Grund und Boden sowie Gebäude aufgeteilt (Immolex 2016,01/6).
Weist ein Steuerschuldner nach, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als der nach der Verordnung ermittelte Grundstückswert, gilt der geringere gemeine Wert als Grundstückswert. Erfolgt dieser Nachweis durch Vorlage eines Schätzungsgutachtens, das von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobiliensachverständigen erstellt wurde, hat der von diesem festgestellte Wert die Vermutung der Richtigkeit für sich (§ 4 Abs. 1 GrEStG).
In § 4 Abs. 1 Satz 2 GrEStG ist iVm § 7 Abs. 1 Z 1 lit b GrEStG die ausschließliche Zugrundelegung des Grundstückswertes als Bemessungsgrundlage für die als unentgeltlich geltenden Erwerbe vorgesehen.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit b GrEStG gilt ein Erwerb als unentgeltlich, wenn er durch Erbanfall, durch Vermächtnis, durch Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs, wenn die Leistung an Erfüllung Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, oder gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 WEG erfolgt.
Nach § 2 Abs. 2 GrWV ist der Grundwert wie folgt zu berechnen: dreifacher (anteiliger) zuletzt festgestellter Bodenwert/m² x Grundfläche x Hochrechnungsfaktor lt. Anlage für die betreffende Gemeinde (hier 1, HF 1).
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist der Gebäudewert im Wesentlichen ausgehend von der Gebäudenutzfläche multipliziert mit dem Baukostenfaktor je Bundesland (hier Steiermark € 1.310/m2-Nutzfläche) zu ermitteln, wobei je nach Baujahr, Art des Gebäudes und eventueller Sanierungen dieser Wert bzw. auch der Baukostenfaktor entweder mit 100 % oder in einem geringeren Umfang anzusetzen sind (§ 2 Abs. 3 Z 3, 4 und 5 GrWV).
Erwägungen:
Die mit der Durchführung der gegenständlichen Verlassenschaftsabhandlung betraute Notarin hat dem Finanzamt das am 11.09.2018 errichtete Protokoll samt der im Sinne obenstehender Ausführungen auf Grundlage des § 2 GrWV nach dem Pauschalwertmodell ermittelten Grundstückswertberechnung vorgelegt. Die Beschwerdeführerin bestätigte die Vollständigkeit und die Richtigkeit der der Berechnung des Grundstückswertes zu Grunde liegenden Daten mit ihrer Unterschrift am 11.09.2018. Bei dem berechtigten Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass der vom Finanzamt angeführte Neuausbau des Dachgeschosses in Höhe von EUR 96.940 nie statt gefunden hätte, darf nicht übersehen werden, dass bei der konkreten Grundstückswertberechnung die in den letzten 20 Jahren durchgeführten und von der Bf. bestätigten Sanierungsmaßnahmen bei einem Teil des Wohnhauses sehr wohl zu berücksichtigen sind. Sowohl der bekannt gegebene erstmalige Einbau oder Austausch vom Badezimmer als auch der erstmalige Einbau oder Austausch von Elektro-, Gas-, Wasser-oder Heizungsinstallationen haben daher bei der Berechnung des Grundstückswertes ihren Niederschlag zu finden.
Der anteilge Grundstückswert der Liegenschaft EZ xx (nur Grundfläche 28 m²) ergibt laut Berechnung bei einem Bodenwert von 21,8000/m² einen Wert von 1.144,50 (10/16 Anteile von 1.831,20). Der Grundwert der Liegenschaft EZ xy für die Grundfläche von 125 m² wurde mit EUR 8.175 und der Gebäudewert für das 1926 errichtete Gebäude mit EUR 51.750 ermittelt. Der Grundstückswert dieser an die Beschwerdeführerin übertragenen 10/16 Anteile ist daher mit EUR 37.453,40 anzusetzen. Der Gebäudewert der EZ xy (Baujahr 1958) beträgt bei einer Nutzfläche von 73,36 m² unter Berücksichtigung der Sanierungsmaßnahmen EUR 76.881,28 (anteilig EUR 48.050,80).
Der Grundstückswert der von der Beschwerdeführerin erworbenen 10/16 Anteile an der oben beschriebenen Liegenschaft wurde mit insgesamt EUR 86.648,70 ermittelt. Von diesem Wert ist die Grunderwerbsteuer iHv 0,5% festzusetzen (86.648,70 x 0,5% ergibt EUR 433,24).
Die im konkreten Fall von einem Immobilienmakler vorgelegte Verkehrswertermittlung der gegenständlichen Liegenschaft kann nicht zum Nachweis dafür herangezogen werden, dass der gemeine Wert des Grundstückes geringer ist als der nach der Verordnung ermittelte Grundstückswert, da dieser Makler nicht die gesetzlichen Voraussetzungen eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobiliensachverständigen erfüllt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.
Graz, am 17. Juni 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 2 GrWV, Grundstückswertverordnung, BGBl. II Nr. 442/2015 |
