Unternehmensgruppen: Firmenwertabschreibung bei Beteiligungsanschaffung (Konzernzugehörigkeit) - Fortgesetztes Verfahren
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2018:RV.2100179.2018
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2018/15/0052. Mit Erk. v. 3.9.2019 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/2101079/2019 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senat über die als Beschwerden zu erledigenden Berufungen der X-GmbH, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Kudlichstraße 41, 4020 Linz, vom 26.05.2011 gegen die Bescheide des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom 20.04.2011 betreffend Feststellung Gruppenträger 2007 bis 2009 nach mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
Einkommen gemäß § 9 Abs. 6 Z. 2 KStG 1988 im Jahr 2007: -1,067.148,71 €
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Einkünfte aus Gewerbebetrieb: -1,067.148,71
Gesamtbetrag der Einkünfte: -1,067.148,71
Einkommen des Gruppenträgers: -1,067.148,71
Anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer: 0,00 €
Einkommen gemäß § 9 Abs. 6 Z. 2 KStG 1988 im Jahr 2008: 412.410,64 €
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Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 412.410,64 €
Gesamtbetrag der Einkünfte: 412.410,64 €
Einkommen des Gruppenträgers: 412.410,64 €
Die Beschwerde betreffend Feststellung Gruppenträger 2009 wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Zum Sachverhalt und zum Parteienvorbringen wird auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 03.05.2016, RV/2100667/2011, verwiesen.
Der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 13.03.2018 ist zu entnehmen:
"Von Seiten der Bf. wird vorgebracht, dass im Beschwerdefall weder eine einheitliche Leitung, noch ein beherrschender Einfluss vorgelegen hat. Es hat sich um ein klassisches Joint-Venture mit 50:50-Beteiligung gehandelt. Auch das Cash-Pooling war so ausgestaltet, dass nur eine kurzfristige Einbindung der [T-Holding-GmbH] vorlag. Die Cash-Pooling-Vereinbarung wurde später aufgelöst und [T-Holding-GmbH] hat sich selbst Kapital besorgt. Die Vereinbarung aus dem Jahr 2005 hat vorgesehen, dass selbst bei 75% der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder hätte entscheiden müssen. Es hätte nie ohne den Willen des Anderen eine einseitige Entscheidung getroffen werden können.Von Seiten des Finanzamtes wird auf das bisherige Vorbringen verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass aufgrund der Sachverhaltselemente und der Indizien das Tatbestandsmerkmal des beherrschenden Einflusses und der einheitlichen Leitung erfüllt ist. Von Seiten des Bf. wird ergänzend vorgebracht, dass von Seiten F Herr J als Geschäftsführer tätig war und Entscheidungen der Geschäftsführung nur einstimmig getroffen werden konnten. Von Seiten des Finanzamtes wird ergänzend vorgebracht, dass von K Herr D in die Geschäftsführung der [T-Holding-GmbH] entsandt wurde. Von Seiten der Bf. wird darauf hingewiesen, dass Herr D nur kurzfristig in der [M-GmbH] zwischengeparkt war und keine gleichzeitige Geschäftsführungsfunktion in [M-GmbH] und [T-Holding-GmbH] hatte. Im Übrigen schließen sich die Begriffe beherrschender Einfluss und einheitliche Leistung begrifflich aus."
Das Bundesfinanzgericht hat über die gemäß § 323 Abs. 38 BAO als Bescheidbeschwerden zu erledigenden Berufungen nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom VwGH 31.01.2018, Ro 2016/15/0020, im fortgesetzten Verfahren erwogen:
Strittig ist im Beschwerdefall, ob der Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin der T-Holding-GmbH im Zusammenhang mit der im Abtretungsvertrag vom 17.10.2006 bewirkten Anschaffung des Geschäftsanteils der B-GmbH eine Firmenwertabschreibung gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 zusteht oder ob die Beteiligungsanschaffung angesichts eines vorliegenden Konzernverhältnisses den Ausschlusstatbestand des § 9 Abs. 7 KStG 1988 erfüllt.
§ 9 Abs. 7 KStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2005, lautet:
"Bei der Gewinnermittlung sind Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert (§ 6 Z 2 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988) und Veräußerungsverluste hinsichtlich von Beteiligungen an Gruppenmitgliedern nicht abzugsfähig. Im Falle der Anschaffung einer Beteiligung (Abs. 4) durch ein Gruppenmitglied bzw. den Gruppenträger oder eine für eine Gruppenbildung geeignete Körperschaft an einer betriebsführenden unbeschränkt steuerpflichtigen Beteiligungskörperschaft (Abs. 2), ausgenommen unmittelbar oder mittelbar von einem konzernzugehörigen Unternehmen bzw. unmittelbar oder mittelbar von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter, ist ab Zugehörigkeit dieser Körperschaft zur Unternehmensgruppe beim unmittelbar
beteiligten Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger eine Firmenwertabschreibung in folgender Weise vorzunehmen: [...]"
Im Beschwerdefall ist somit entscheidend, ob die revisionsgegenständliche Beteiligungsanschaffung durch die T-Holding-GmbH "unmittelbar oder mittelbar von einem konzernzugehörigen Unternehmen bzw. unmittelbar oder mittelbar von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter" erfolgt ist.
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des SteuerreformG 2005 (451 BlgNr 22. GP , 26) begründen diesen Konzernerwerbsausschluss folgendermaßen:
"Zur Vermeidung von Gestaltungen soll nur eine 'fremdbezogene' Beteiligungsanschaffung Anlass für eine Firmenwertabschreibung geben, Anschaffungen im Konzern und damit auch innerhalb der Unternehmensgruppe kommen daher nicht in Betracht."
Für die Auslegung des Konzernbegriffs in § 9 Abs. 7 KStG 1988 ist - mangels - spezialrechtlicher Definition - mit der hM auf den gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriff des § 15 AktG bzw. § 115 GmbHG abzustellen (vgl. Urtz in Achatz/Kirchmayr, KStG § 9 Rn 428 sowie Pinetz/Stefaner in Lang ua, KStG2 § 9 Rn 108).
§ 15 AktG und § 115 GmbHG formulieren gleichlautend:
"(1) Sind rechtlich selbständige Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt, so bilden sie einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen.
(2) Steht ein rechtlich selbständiges Unternehmen auf Grund von Beteiligungen oder sonst unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluß eines
anderen Unternehmens, so gelten das herrschende und das abhängige Unternehmen zusammen als Konzern und einzeln als Konzernunternehmen."
Für die Annahme einer (tatsächlich wahrgenommenen) "einheitlichen Leitung" iSd § 15 AktG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Mindesterfordernis, dass eine sich "auf Grundsätzliches beschränkende Koordinierung in den wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik" vorhanden ist. Als Mittel der einheitlichen Leitung kommen vor allem Beteiligungen, die nicht Mehrheitsbeteiligungen zu sein brauchen, personelle Verflechtungen, maßgebende Finanzierungen und vertragliche Beziehungen in Betracht. Ein Konzern kann auch vorliegen, wenn kein Mutterunternehmen besteht, von dem die einheitliche Leitung ausgeht. Für einen Gleichordnungskonzern ist typisch, dass die Leitung nicht von einem "herrschenden Unternehmen" besorgt wird, sondern von einer anderen Stelle als Konzernspitze, sodass keines der Konzernunternehmen von einem anderen Konzernunternehmen abhängig ist (vgl. VwGH 18.12.1996, 94/15/0162).
In der Literatur wird zudem darauf hingewiesen, dass der Einflussnahme im finanziellen Bereich im beweglichen Beurteilungssystem für den Begriff der einheitlichen Leitung eine "Schlüsselstellung" zukomme (Jabornegg in Jabornegg/Strasser, AktG5 § 15 Rn 14). Dabei könne gerade auch die Teilnahme an einem konzerninternen Cash-Pooling angesichts der damit einhergehenden finanziellen Koordination für die Ausübung einheitlicher Leitung sprechen (P Doralt/Diregger in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG2 § 15 Rn 8). Die Absicherung der Einflussnahme durch ein rechtlich verbindliches Weisungsrecht sei nicht erforderlich, es genüge schon eine bloß faktische Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft (P Doralt/Diregger in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG2 § 15 Rn 8).
Im Beschwerdefall ist von der M-GmbH schon in der Gesellschaftervereinbarung zugesagt worden, "zur Förderung der gemeinsamen Gesellschaft" die Aufgaben "Finanzen, Controlling, IT, Technik (Planung/Konstruktion, Statik, Kalkulation)" zu übernehmen. Mit der Person des Geschäftsführers der M-GmbH, der auch Teil der Geschäftsführung der T-Holding-GmbH gewesen ist (R), hat es eine personelle Verflechtung gegeben. Zudem ist auf Ebene der Geschäftsführung der T-Holding-GmbH Einstimmigkeit erforderlich gewesen, womit - abgesehen von der Befassung Dritter im Streitfall - grundsätzlich keine Entscheidung gegen den Willen der M-GmbH gefällt werden konnte.
Auch ist die T-Holding-GmbH mit der M-GmbH über eine Cash-Pooling-Vereinbarung der K-Gruppe näher verbunden gewesen. Ziel der Gründung der T-Holding-GmbH ist es gewesen, alle Tiefbauaktivitäten der M-GmbH einerseits und der (konzernfremden) F-KG als zweiter Gründungsgesellschafterin zu bündeln.
Diese sachverhaltsmäßigen Umstände liegen im Beschwerdefall unbestritten vor. Soweit die Einwendungen von Seiten der Beschwerdeführerin den vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 31.01.2018, Ro 2016/15/0020 mit für das gegenständliche Verfahren bindender Wirkung geäußerten Rechtsansichten widersprechen, kann diesen nicht gefolgt werden.
Das Bundesfinanzgericht geht daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass im Beschwerdefall so gewichtige Umstände für eine "koordinierte Unternehmenspolitik" zwischen der T-Holding-GmbH als Erwerberin und ihrer Gründungsgesellschafterin M-GmbH als Verkäuferin bestanden haben, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vom Vorliegen eines Konzernverhältnisses im Sinne des Konzern-Ausschlusstatbestandes gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 auszugehen ist. Eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens durch das Bundesfinanzgericht war daher nicht zu veranlassen.
Dass neben der M-GmbH auch die F-KG über ihre Hälftebeteiligung maßgeblichen Einfluss auf die T-Holding-GmbH gehabt hat, schließt eine Anwendbarkeit des Ausschlusstatbestandes nach § 9 Abs. 7 KStG 1988 im Übrigen nicht von Vornherein aus (VwGH 31.01.2018, Ro 2016/15/0020, m.w.A.).
Die angefochtenen Bescheide für die Streitjahre 2007 und 2008 waren daher nur insoweit im Sinne des Beschwerdeantrages abzuändern, als der Beschwerdeführerin der (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von Seiten der belangten Behörde anerkannte) Aufwand für Werbung zuzuerkennen war. Die das Streitjahr 2009 betreffende Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da die Erledigung der gegenständlichen Bescheidbeschwerden unter Zugrundelegung der bereits für den Beschwerdefall mit Erkenntnis vom 31.01.2018, Ro 2016/15/0020, klargestellten Rechtsmeinungen des Verwaltungsgerichtshofes im Wege der Beweiswürdigung zu lösen war, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.
Graz, am 16. März 2018
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 9 Abs. 7 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
Verweise: |