BFG RV/1100587/2014

BFGRV/1100587/201417.5.2016

Höhe des pauschalen Satzes für Anschaffungskosten bei einem privaten Verkauf eines als Bauerwartungsland gewidmeten Grundstückes

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.1100587.2014

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch die Kleinbrod Steuerberatung GmbH, Rohrbach 31, 6850 Dornbirn, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 03.07.2014 betreffend Einkommensteuer 2014 (Immobilienertragsteuer) zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die Einkommensteuer 2014 (Immoblienertragsteuer) wird bei einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 153.236,30 Euro und einem Steuersatz von 25% mit 38.309,08 Euro festgesetzt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

 

Entscheidungsgründe

 

Verfahrensgang

Am 18.12.2013 stellte der Beschwerdeführer (Bf.) durch seine Steuervertretung den Antrag auf bescheidmäßigeFestsetzung der Immobilienertragsteuer (ImmoESt) gemäß § 201 BAO. Der Bf. habe mit Kaufvertrag vom 3. Dezember 2013 das Grundstück Nr. 1, EZ 2, KG 3 mit einer Gesamtfläche von 2.771 m² zu einem Quadratmeterpreis in Höhe von 395 Euro und einem Gesamtpreis in Höhe von 1.094.150,00 Euro veräußert. Der Bf. sei durch eine Schenkung im Jahre 1995 Eigentümer der als "landwirtschaftliche Fläche" gewidmeten Liegenschaft geworden. Eine Umwidmung in Bauland habe bis zum heutigen Tage nicht stattgefunden. Erhebungen beim Amt der Stadt D. hätten ergeben, dass eine Umwidmung nicht zugesagt worden und von der Stadt auch nicht beabsichtig sei. Die Käuferin, die DL KG, habe die Liegenschaft auf Vorrat gekauft und einen Baugrundpreis bezahlt, obwohl keine Umwidmungszusage vorgelegen habe und eine solche auch nicht Vertragsbedingung sei. Da für diese Liegenschaft keine Umwidmung vor dem Verkauf und auch keine Umwidmungszusage der Stadt für die Zeit nach dem Verkauf vorliege, sei die Bemessungsgrundlage für die Versteuerung des Grundstücksverkaufes gemäß § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 mit dem Veräußerungspreis in Höhe von 1.094.545,00 Euro abzüglich Anschaffungskosten in Höhe 86 % von diesem Preis in Höhe von 941.308,70 Euro, insgesamt somit mit 153.236,30 Euro zu ermitteln. Die ImmoESt betrage daher bei einem Steuersatz von 25% 38.309,08 Euro.

Das Finanzamt gab diesem Antrag nicht statt und setzte die ImmoESt mit Bescheid vom 03.07.2014 gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 auf der aus der Differenz zwischen dem Veräußerungspreis und einem Pauschale für die Anschaffungskosten in Höhe von 40 % dieses Preises ermittelten Bemessungsgrundlage in Höhe von 656.727,00 Euro mit 164.181,75 Euro fest.

Zur Begründung führte es aus, dass nach Rz 6672 Einkommensteuerrichtlinien 2000 (EStR 2000) eine Umwidmung nach der zur Besteuerung führenden Grundstücksveräußerung zwar grundsätzlich kein Anwendungsfall für den Ansatz des niedrigeren Pauschalsatzes von 40% darstelle, ausnahmsweise aber auch eine nach der Grundstückveräußerung erfolgte Umwidmung zum Abzug dieses Pauschalsatzes führen könne, wenn diese in einem engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang stehe. Von einem engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang sei im Regelfall dann auszugehen, wenn für das erst später in Bauland umgewidmete Grundstück bereits der Baulandpreis bezahlt werde. Werde wie im Beschwerdefall ein noch nicht bebaubares Grundstück um einen Quadratmeterpreis von 395,00 Euro verkauft, während vergleichbares Freiland wesentlich billiger sei, so sei evident, dass dieser Kaufpreis nur aufgrund einer erwarteten Umwidmung erzielt werden könne. Der enge zeitliche und wirtschaftliche Zusammenhang ergebe sich daher in diesem Fall aus dem vereinbarten Kaufpreis.

In der gegen diesen Bescheid am 18.07.2014 erhobenen Beschwerde wies die Steuervertretung auf ein beigelegtes Antwortschreiben der Stadt D. hin, wonach der Leiter der Stadt- und Verkehrsplanung der Stadt D. auf entsprechende Anfrage ausgeführt habe, das in Rede stehende Grundstück sei als Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet I gewidmet. Dies gelte auch für die fünf benachbarten Grundstücke. Den jeweiligen Eigentümern sei deutlich gemacht worden, dass diese Grundstücke nur im Zusammenhang mit einer Baulandumlegung, also langfristig, in Bauflächen umgewidmet werden könnten. Es gebe aus diesem Grund auch keine Zusage der Stadt D., das in Rede stehende Grundstück kurz- bis mittelfristig umzuwidmen. Auch sei noch keine Verkehrserschließung für eine Bauflächenwidmung gegeben.
Aufgrund dieses Schreibens der Stadt D. werde deutlich, dass gegenständliche Veräußerung ohne Baulandwidmung erfolgt sei. Es liege daher kein enger wirtschaftlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen Veräußerung und allfälliger späterer Umwidmung vor.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.08.2014 ab: § 30 Abs. 4 Z 1 EStG erfasse auch Fälle, bei denen die Umwidmung erst nach der Veräußerung erfolge, wenn die Umwidmung in engem zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung stehe. Nach Ansicht der Finanzverwaltung könne sowohl von einem wirtschaftlichen als auch von einem zeitlichen Zusammenhang ausgegangen werden, wenn für das erst später in Bauland umgewidmete Grundstück bereits der Baulandpreis bezahlt werde. Dem in der Beschwerde vorgebrachten Argument, die Stadt D. habe keine Zusage für eine Umwidmung gemacht, sei zu entgegnen, dass es sich beim in Rede stehenden Grundstück um eine Bauerwartungsfläche handle. Als Bauerwartungsflächen dürften gemäß § 17 Abs. 1 Raumplanungsgesetz (RPG) nur Flächen festgelegt werden, die sich als Bauland eigneten. Das vorliegende Grundstück werde somit als Baufläche benötigt und sei die Umwidmung in Baufläche daher jedenfalls gewiss. Die Widmung als Bauerwartungsfläche sei daher als eine Art Umwidmungszusage der Gemeinde zu werten, was auch die Bezahlung des baulandüblichen Kaufpreises erkläre.

 

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Streitpunkt

Im Beschwerdefall ist strittig, ob bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Immobilienertragsteuer vom Verkaufspreis das Pauschale für Anschaffungskosten gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG in Höhe von 40 % oder jenes gemäß § 30 Abs. 4 Z 2 EStG in Höhe von 86 % abzuziehen ist.

Sachverhalt

Für die Beurteilung dieser Frage geht das Bundesfinanzgericht von folgendem Sachverhalt aus:

Der Bf. war aufgrund einer Schenkung im Jahr 1995 Eigentümer des Grundtücks Nr. 1635, EZ 2, KG 3 D., mit einer Gesamtfläche von 2.771 m². Mit Kaufvertrag vom 03.12.2013 verkaufte er dieses Grundstück um 1.095.545,00 Euro an die DL KG. Der Quadratmeterpreis betrug somit 395,00 Euro. Das Grundstück besteht aus unbebauten, landwirtschaftlich genutzten Feldern und Wiesen und ist mit fünf weiteren unmittelbar an diese angrenzenden Grundstücke als Bauerwartungsflächen-Betriebsgebiet I gewidmet. Das Grundstück war bis zum Verkauf an einen Landwirt zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet. Laut § 4 Abs. 2 des Kaufvertrages hat die Käuferin diesen Pachtvertrag übernommen. Der Kaufvertrag steht lediglich unter der aufschiebenden Bedingung seiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigung. Eine Bedingung eine Umwidmung der Grundstückes in Bauland betreffend enthält der Vertrag nicht. Auch eine Zusage der Stadt D., das Grundstück in Baufläche umzuwidmen, liegt nicht vor. Da eine für eine Bauflächenwidmung erforderliche Verkehrserschließung nicht durchgeführt worden ist, ist mit einer Umwidmung nur langfristig, d.h. nicht vor dem Ablauf von zehn Jahren zu rechen.

Für diese Sachverhaltsfeststellung stützt sich das Bundesfinanzgericht auf folgenden Unterlagen: Kaufvertrag vom 03.12.2013 und Pachtvertrag vom 11.07.2007; Auskunft der Stadt D., Zl. 5100-05 vom 11.07.2014 betreffend die Widmung der Grundstücke und vom 11.05.2016 (telefonisch, siehe Aktenvermerk) betreffend den präsumtiv frühesten Zeitpunkt für eine Umwidmung in zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der Auskunft vom 11.05.2016; Grundbuchsauszüge und Vorarlberg Atlas Planung und Kataster betreffend die Lage, die Fläche und die Art der Nutzung der Grundstücke.

 

Rechtslage

Im Beschwerdefall ist fogende Rechtslage maßgeblich:

Gemäß § 29 Abs. 2 EStG 1988 idF 1.StabG2012, BGBl. I 2012/22 unterliegen Einkünfte aus privaten Grundstücksverkäufen (§ 30) und aus Spekulationsgeschäften (§ 31) als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer.

Private Grundstücksverkäufe sind gemäß § 30 Abs. 1 EStG idFAbgAG 2012, BGBl. I 2012/112 Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes unterliegen. Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.

Soweit Grundstücke zum 31.03.2012 nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 und 2 EStG 1988 idFAbgÄG 2012, BGBl. I 2012/112 anzusetzen:

Z 1: Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem 31.12.1987 der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. Als Umwidmung gilt die Änderung der Widmung, die nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden hat und die erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht. Dies gilt auch für eine spätere Umwidmung in engem zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung.

Z 2: In allen übrigen Fällen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% der Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten.

Der Unterschiedsbetrag erhöht sich um die Hälfte der in Teilbeträgen gemäß § 28 Abs. 3 EStG abgesetzten Herstellungsaufwendungen, soweit sie innerhalb von fünfzehn Jahren vor der Veräußerung vom Steuerpflichtigen selbst oder im Falle der unentgeltlichen Übertragung von seinem Rechtsvorgänger geltend gemacht wurden.

Gemäß § 30 a Abs. 1 EStGidFAbgAG 2012, BGBl. I 2012/112 unterliegen Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 dem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht eine Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.

Bei Grundstücken, die vor dem 01.04.2012 angeschafft wurden und die nicht am 31.03.2012 gemäß § 30 EStG alter Fassung steuerverfangen waren (Altvermögen), werden für die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes die Anschaffungskosten mit pauschalen Werten angenommen. Je nachdem, ob bei Grundstücken nach dem 31.12.1987 eine Umwidmung von Grünland in Bauland erfolgte oder nicht sind die pauschalen Anschaffungskosten mit 40% oder mit 86% der Veräußerungspreises anzusetzen.

Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Stabilitätsgesetz 2012 (ErläutRV 1. StabG 2012) sind auch Widmungen, die nicht in Bauland erfolgen, aber eine Bebauung nach Art einer Baulandwidmung ermöglichen wie z.B. eine Sonderwidmung für Einkaufszentren, als Umwidmung iSd der § 30 Abs. 4 Z 1 EStG zu subsumieren. Hingegen sind Widmungsänderungen von Grünland in Bauland keine Umwidmungen iSd § 30 Abs. 4 Z 1 EStG, wenn eine Bebauung auf Grund von raumordnungsrechtlichen Maßnahmen nicht zulässig ist wie z.B. bei Aufschließungsgebieten oder bei Bauerwartungsland. Eine Umwidmung ist in diesen Fällen erst gegeben, wenn eine spätere Widmungsänderung erstmals eine Bebauung ermöglicht.

Erfolgt eine Umwidmung nach der Veräußerung, besteht zwischen diesen aber ein enger zeitlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang, so liegt ebenfalls eine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG vor. Die EStR 2000 idF GZ. BMF-010200/0012-VI/6/2013, Rz 6672, führen dazu aus, hinsichtlich des zeitlichen Zusammenhanges sei auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Dabei sei insbesondere der Preisbildung eine besonderes Gewicht beizumessen. Werde für das erst später in Bauland umgewidmete Grundstück bereits der Baulandpreis bezahlt, sei im Regelfall von einem engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang auszugehen.

 

Rechtliche Würdigung

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass das in Rede stehende Grundstück vom Bf. vor dem 1.4.2012 angeschafft wurde und am 31.3.2012 nicht gemäß § 30 EStG 1988 alter Fassung steuerverfangen war. Es liegt somit Altvermögen vor, für das bei der Ermittlung des Veräußerungspreises pauschale Anschaffungskosten gemäß § 30 Abs. 4 zu berücksichtigen sind. Unstrittig ist ferner, dass diese Grundstücke von der Stadt D. als Bauerwartungsflächen-Betriebsgebiet I gewidmet ist.

Gemäß § 17 Abs. 1 des Vorarlberger Raumplanungsgesetz LGBl. Nr. 39/1996 (RPG) dürfen als Bauerwartungsflächen nur Flächen festgelegt werden, die sich aufgrund der natürlichen Verhältnisse für die Bebauung eignen und voraussichtlich nach 15 Jahren nach dem Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes für einen Zeitraum von höchstens weiteren 15 Jahren als Bauflächen benötigt werden. Flächen, die gemäß § 13 Abs. 2 als Bauflächen nicht geeignet sind, dürfen nicht als Bauerwartungsflächen gewidmet werden.

Bauerwartungsflächen dürfen gemäß § 17 Abs. 3 RPG wie Landwirtschaftsgebiete (§ 18 Abs. 3) genutzt werden. Die Errichtung von Gebäuden und Anlagen für neue land-und forstwirtschaftliche Betriebe ist jedoch nicht zulässig.

Die Widmung eines Grundstückes zu einer Bauerwartungsfläche ist nicht als Umwidmung iSd § 30 Abs. 4 Z 1 EStG zu werten, da ein derart gewidmetes Grundstücke nicht zu einer Bebauung, wie sie bei einer Widmung als Bauland oder Baufläche nach dem Raumplanungsgesetz berechtigt. Vielmehr darf eine solche Fläche bis zur Widmung als Baufläche nur zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden, ohne dass Gebäude oder Anlagen errichtet werden dürften. Die Tatsache, dass sich eine solche Fläche als Bauland eignen und als innerhalb eines bestimmten Zeitraumes als Bauland benötigt werden muss, um überhaupt als Bauerwartungsfläche gewidmet zu werden, genügt nicht, um bereits eine Widmung als Bauland zu unterstellen. Eine solche liegt erst mit der tatsächlichen Widmung einer Fläche als Bauland vor.

Nun sieht § 30 Abs. 4 Z 1 EStG aber auch eine nach der Veräußerung erfolgte Widmung, die aber in wirtschaftlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dieser Veräußerung steht, als Besteuerungsfall des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG vor. Ein solcher Fall liegt vor, wenn ein Grundstück zwar noch als Freifläche verkauft wird, im Zeitpunkt der Veräußerung aber bereits eine Umwidmung absehbar ist und das Grundstück in Hinblick auf diese absehbare Umwidmung erfolgt. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Veräußerung und einer später erfolgten Umwidmung liegt jedenfalls vor, wenn für das Grundstück bereits der volle Baulandpreis bezahlt wird. In solch einem Fall kann davon ausgegangen werden, dass dieser Veräußerungspreis nur deshalb vereinbart wurde, weil beide Vertragsparteien mit einer Umwidmung des veräußerten Grundstückes gerechnet haben (vgl. dazu EStR 2000, Rz 6672; Bodis/Hammerl in Doralt,/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, Tz 281; Klaushofer/Steckenbauer/Leitner/Urtz in Urtz, ÖStZ Spezial-Die neue Immobiliensteuer, 149).

Im Beschwerdefall lag der Quadratmeterpreis für die verkauften Grundstücke mit 395,00 Euro im Bereich der laut Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftstreuhänder 2014 durchschnittlich erzielten Quadratmeterpreise für Baugrundstücke im Bundesland Vorarlberg mit 334,78 Euro im Jahr 2013 und 373,45 im Jahr 2014. Dass für das in Rede stehende Grundstück ein Baulandpreis und nicht ein Preis für Grünflächen bezahlt wurde, ist auch zwischen den Parteien unstrittig. Damit ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Veräußerung der in Rede stehenden Grundstücken und einer erwarteten Umwidmung derselben in Bauflächen im Beschwerdefall gegeben.

Allerdings bedarf es für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen nach § 30 Abs. 4 Z 1 EStG kumulativ zum wirtschaftlichen auch eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen Veräußerung und Umwidmung. Das Kriterium des zeitlichen Zusammenhangs ist eigenständig zu beurteilen, ansonsten der Gesetzgeber dieses Kriterium nicht neben jenem des wirtschaftlichen Zusammenhanges angeführt hätte (so auch Klaushofer/Steckenbauer/Leitner/Urtz in Urtz, ÖStZ Spezial-Die neue Immobiliensteuer, 149). Auch die EStR 2000, Rz 6672, führen aus, der zeitliche Zusammenhang sei im Einzelfall zu untersuchen.

Dass der enge zeitliche Zusammenhang nicht einfach im wirtschaftlichen aufgeht, zeigt auch die mit dem 2. Abgabenänderungsgesetz 2014, BGBl. I 2014/05 mit Wirkung ab 1.1.2015 erfolgte Novellierung des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG, mit der der letzte Satz der Z 1 wie folgt geändert wurde:

"Dies gilt auch für eine in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung stehende Umwidmung, wenn diese innerhalb von fünf Jahren nach der Veräußerung erfolgt ist, sowie für eine Kaufpreiserhöhung aufgrund einer späteren Umwidmung; eine spätere Umwidmung gilt als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295 a Bundesabgabenordnung".

Dazu bemerken die ErlRV, die Novellierung sei erfolgt, weil sich das bisherige Abstellen auf einen engen zeitlichen Zusammenhang aus der Sicht der Rechtsanwender nicht bewährt habe. Daher solle in Zukunft nicht mehr ein enger zeitlicher Zusammenhang erforderlich sein, sondern es solle jede Umwidmung relevant sein, die innerhalb von fünf Jahren nach der Veräußerung stattfindet, sofern ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Veräußerung gegeben ist.

Die Erläuterungen zeigen nicht nur, dass das Kriterium des engen zeitlichen Zusammenhanges eigenständig zu beurteilen war, sondern auch, dass ebendiese Beurteilung, auch mangels entsprechender Aussagen in den Gesetzmaterialien zum 1. StabG2012 oder auch der EStR 2000, in der Praxis schwierig war. Dies zumal die ImmoESt selbst zu berechnen war und der Parteienvertreter im Zeitpunkt der Erklärung wissen musste, ob ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Veräußerung und Umwidmung gegeben war oder nicht. Diese Frage konnte aber nur bejaht werden, wenn aufgrund objektiver Umstände mit an Gewissheit grenzender Sicherheit gesagt werden konnte, dass eine Umwidmung in naher Zukunft erfolgen würde. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Gesetzgeber nicht von irgendeinem zeitlichen Zusammenhang (der auch noch nach 30 Jahren bestehen könnte), sondern von einem engen zeitlichen Zusammenhang sprach. Ein enger zeitlicher Zusammenhang wird aber wohl nur anzunehmen gewesen sein, wenn schon bei Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes aufgrund konkreter Umstände mit einer Umwidmung in der nächsten Zeit nach der Veräußerung zu rechnen war. Die mit der Novellierung durch das 2. Abgabenänderungsgesetz 2014 eingeführte absolute Zeitspanne zwischen Veräußerung und Umwidmung von fünf Jahren könnte dafür als äußerste Grenze für einen solchen engen zeitlichen Zusammenhang herangezogen werden.

Daher kann allein aus der Bezahlung eines Baulandpreises nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht auf einen engen zeitlichen Zusammenhang geschlossen werden (so auch Klaushofer/Steckenbauer/Leitner/Urtz in Urtz, ÖStZ Spezial-Die neue Immobiliensteuer, 149). Die Preisbildung spiegelt vor allem die Erwartungen der Parteien an die zukünftige Entwicklung des Grundstückswertes wider. Sie sagt aber nichts über zeitliche Dimension dieser Erwartung oder über die Umsetzung der erwarteten Umwidmung aus. Ein Baulandpreis stellt daher unzweifelhaft ein entscheidendes Indiz für einen wirtschaftlichen, nicht aber für einen engen zeitlichen Zusammenhang der Veräußerung mit einer Umwidmung dar. Um diesen zeitlichen Zusammenhang bejahen zu können, müssten vielmehr andere Indizien vorliegen, die auf eine Umwidmung im zeitlichen Nahebereich der Grundstücksveräußerung schließen lassen. Solche Indizien könnten ein bereits laufendes Umwidmungsverfahren, eine das Grundstück betreffende Verkehrserschließung oder eine konkrete Zusage der Gemeinde, dass mit einer Umwidmung in naher Zukunft zu rechnen sein wird, sein.

Derartige Indizien liegen im Beschwerdefall aber nicht vor. Eine konkrete Zusage der Gemeinde, das Grundstück kurzfristig oder mittelfristig umzuwidmen, gibt es nicht. Vielmehr hat die Stadt D. im Schreiben vom 11.07.2014 zum Ausdruck gebracht, dass eine Umwidmung nur langfristig im Zusammenhang mit einer Baulandumlegung erfolgen wird und zudem noch gar keine für eine Umwidmung erforderliche Verkehrserschließung durchgeführt worden ist. Laut einer telefonischen Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters der Stadt D., DI X., vom 11.05.2016 ist mit einer Umwidmung nicht vor zehn Jahren zu rechnen. Bei einem Zeitraum zwischen Veräußerung und Umwidmung von mindestens zwölf Jahren kann aber keinesfalls von einem engen zeitlichen Zusammenhang gesprochen werden.

Auch das vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vorgebachte Argument, aus der Widmung des Grundstückes als Bauerwartungsfläche sei eine Art Umwidmungszusage der Stadt abzuleiten, überzeugt nicht. Aus der Widmung als Bauerwartungsflächen folgt nur, dass sich die Grundstücke für eine Bebauung eignen und voraussichtlich nach 15 Jahren nach dem Inkrafttreten des Flächenwidmungsplanes für einen Zeitraum von höchstens weiteren 15 Jahren als Bauflächen benötigt werden. Aus dem Gesetz lässt sich somit weder ein zeitlicher Rahmen für noch überhaupt ein Anspruch oder eine Zusage auf eine Umwidmung ableiten.

Im Beschwerdefall ist daher aufgrund des Baulandpreises ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Veräußerung und einer künftigen Umwidmung zu bejahen, nicht aber ein enger zeitlicher Zusammenhang. Daher ist die Besteuerung des in Rede stehenden Grundstücksverkaufes nach § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 vorzunehmen und vom Veräußerungspreis in Höhe von 1.094.545,00 Euro ein Pauschalsatz von 86% bzw. 941.308,70 Euro abzuziehen. Der Immobilienertragsteuer in Höhe von 25% unterliegen daher 153.236,30 Euro, die Steuer beträgt 38.309,00 Euro.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Für die im Beschwerdefall zu lösende Rechstfrage, wie der Begriff "enger zeitlicher Zusammenhang" im Sinne des § 30 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 idFAbgÄG 2012, BGBl. I 2012/112 auszulegen ist, liegt keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Dieser Rechtsfrage kommt daher grundsätzliche Bedeutung zu und ist eine ordentliche Revision an Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

Feldkirch, am 17. Mai 2016

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 29 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 6672
Klaushofer/Steckenbauer/Leitner/Urtz, ÖStZ Spezial, Die neue Immobiliensteuer, 149

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