Säumnisbeschwerde - Einstellung des Verfahrens
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2022:RS.7100052.2022
Entscheidungstext
Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt Österreich, betreffend Entscheidung über die Beschwerde gegen die Bescheide Umsatzsteuer 01-11/2019 sowie Umsatzsteuer 09/2018, jeweils vom 3. März 2020, beschlossen:
1. Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 284 Abs. 2 letzter Satz BAO eingestellt.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Säumnisbeschwerde
Seitens der beschwerdeführenden Partei (Bf.) wurde im Hinblick auf ihre am 3. April 2020 beim Finanzamt Lilienfeld St. Pölten eingebrachte Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 01-11/2019 sowie 09/2018 wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht Säumnisbeschwerde gemäß § 284 Abs. 1 BAO erhoben.
Diese Säumnisbeschwerde langte am 1. Juli 2022 beim Bundesfinanzgericht ein.
Auftrag an die belangte Behörde
Mit Beschluss vom 27. Juli 2022 wurde dem Finanzamt Österreich gemäß § 284 Abs. 2 BAO aufgetragen, zu entscheiden und eine Abschrift der Bescheide vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.
Mitteilung des Finanzamtes Österreich
Mit Eingabe vom 22. September 2022 teilte das Finanzamt Österreich mit, dass es über die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 01-11/2019 sowie 09/2018 entschieden hat und legte eine Abschrift der Beschwerdevorentscheidungen vom 12. und 16. August 2022 vor. Die beiden Bescheide wurden der Bf. am 24. August 2022 sowie am 5. September 2022 zugestellt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Rechtsgrundlagen
§ 284 BAO lautet:
§ 284. (1) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.
(2) Das Verwaltungsgericht hat der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren einzustellen.
(3) Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht erst dann auf das Verwaltungsgericht über, wenn die Frist (Abs. 2) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.
(4) Säumnisbeschwerden sind mit Erkenntnis abzuweisen, wenn die Verspätung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Abgabenbehörde zurückzuführen ist.
(5) Das Verwaltungsgericht kann sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Abgabenbehörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Abgabenbehörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst.
(6) Partei im Beschwerdeverfahren ist auch die Abgabenbehörde, deren Säumnis geltend gemacht wird.
(7) Sinngemäß sind anzuwenden:
a) § 256 Abs. 1 und 3 (Zurücknahme der Beschwerde),
b) § 260 Abs. 1 lit. a (Unzulässigkeit),
c) § 265 Abs. 6 (Verständigungspflichten),
d) § 266 (Vorlage der Akten),
e) § 268 (Ablehnung wegen Befangenheit oder Wettbewerbsgefährdung),
f) § 269 (Obliegenheiten und Befugnisse, Ermittlungen, Erörterungstermin),
g) §§ 272 bis 277 (Verfahren),
h) § 280 (Inhalt des Erkenntnisses oder des Beschlusses).
Klaglosstellung
Wird der Bescheid, dessen Erlassung mit Säumnisbeschwerde begehrt wird, erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde gemäß § 284 Abs. 2 letzter Satz BAO i.d.F. 2. AbgÄG 2014 einzustellen.
Das Beschwerdeverfahren ist somit gemäß § 284 Abs. 2 letzter Satz BAO i.d.F. 2. AbgÄG 2014 einzustellen.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, weil sich die Rechtsfolge der Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens unmittelbar aus § 284 Abs. 2 BAO ergibt und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war.
Wien, am 27. September 2022
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 284 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
