BFH VI R 4/07

BFHVI R 4/0730.9.2008

Amtlicher Leitsatz:

Aufwendungen eines Zeitsoldaten für den Erwerb eines Verkehrsflugzeugführerscheins im Rahmen einer Fachausbildung sind vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dies gilt auch dann, wenn die Schulung die Ausbildung für den Erwerb des Privatflugzeugführerscheins einschließt (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 27. Mai 2003 VI R 85/02, BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202).

Auch Aufwendungen für den Privatflugzeug-Führerschein können Werbungskosten sein

Aufwendungen eines Zeitsoldaten, der im Rahmen einer Fachausbildung den Verkehrsflugzeug-Führerschein erwerben will, sind "vorab entstandene Werbungskosten" im steuerlichen Sinn. Und das gilt selbst dann, wenn damit zugleich die Ausbildung für den Erwerb des Privatflugzeug-Führerscheins verbunden ist. Der BFH sah darin keinen Widerspruch, da es sich hier um eine "durchgehende Schulung" gehandelt habe und die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten für den Verkehrsflugzeug-Führerschein die für den Privatflugzeug-Führerschein einschlössen. In steuerlicher Hinsicht seien die gesamten Kosten dann einheitlich als Werbungskosten zu beurteilen.

Quelle: Wolfgang Büser

Normen

§ 5 SVG
§ 5a SVG
§ 3c Abs. 1 EStG

FG Düsseldorf - 28.11.2006 - AZ: 10 K 4008/04 E

 

Gründe

I.

Der 1977 geborene Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 2003 als Zeitsoldat beschäftigt und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Antragsgemäß förderte das Kreiswehrersatzamt H mit Bescheid vom 15. September 2003 als Fachausbildung nach §§ 5, 5a des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) die Teilnahme des Klägers an der Berufsbildungsmaßnahme "mit dem Berufsziel Verkehrsflugzeugführer; hier: Erwerb des ATPL bei ... GmbH ...". Außerdem erkannte das Kreiswehrersatzamt in diesem Bescheid Lehrgangsgebühren bis zu 8 003 EUR als erstattungsfähig an. Mit Bescheid vom 3. September 2003 wurde der Kläger vom militärischen Dienst freigestellt.

Am 30. September 2003 schloss der Kläger mit der GmbH einen Vertrag, der die Ausbildung zum Erwerb der Erlaubnis für Verkehrsflugzeugführer (Airline Transport Pilot Licence --ATPL--) und Privatflugzeugführer (Private Pilot Licence --PPL--) in einem durchgehenden Verfahren ("ab initio") umfasste. Im Dezember des Streitjahres bestand er die theoretische Prüfung zum Erwerb der PPL und im September 2005 die theoretische Prüfung zum Erwerb der ATPL.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Schulungskosten in Höhe von 6 807 EUR als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Dies lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ab.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 744 veröffentlichten Gründen statt, nachdem der Kläger seinen Antrag der Höhe nach eingeschränkt hatte.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 9 Abs. 1 und 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Das FA beantragt sinngemäß,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision des FA ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Aufwendungen des Klägers für den Erwerb der Verkehrsflugzeugführerlizenz im Streitjahr zu Recht als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

1.

Bildungsaufwendungen können, sofern sie beruflich veranlasst sind, Werbungskosten sein. Zur Begründung im Einzelnen wird auf die Urteile des Senats vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01 (BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 ), vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01 (BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) und vom 27. Mai 2003 VI R 33/01 (BFHE 202, 314 , BStBl II 2004, 884) verwiesen. Entscheidend ist, ob Aufwendungen darauf gerichtet sind, Erwerbseinnahmen zu erzielen.

2.

Ausgehend von diesen Grundsätzen folgt aus den tatsächlichen Feststellungen des FG, dass die Aufwendungen des Klägers für den Erwerb der ATPL einschließlich der PPL als vorab entstandene Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

a)

Nach der Rechtsprechung des Senats, die von den Beteiligten auch nicht in Frage gestellt wird, sind Aufwendungen für den Erwerb der ATPL regelmäßig als Werbungskosten zu berücksichtigen (Urteile in BFHE 202, 314 , BStBl II 2004, 884; vom 27. Mai 2003 VI R 85/02, BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202). Demgegenüber sind die Kosten für den Erwerb einer PPL grundsätzlich keine Werbungskosten, da insoweit regelmäßig die private Lebensführung in nicht unerheblichem Maße betroffen ist (BFH-Urteil in BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202; BFH-Beschluss vom 3. Dezember 2003 VI B 17/01, BFH/NV 2004, 338). Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden, wenn die Ausbildung zum Privatpiloten Teil der durchgehenden Schulung zum Erwerb der ATPL ist. Anders als bei einer Stufenausbildung dient in einem solchen Fall die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, die auch für den Erwerb der PPL erforderlich sind, nicht vornehmlich dazu, ihrem Inhaber das Führen und Bedienen von (kleineren) Flugzeugen im nichtgewerblichen Luftverkehr zu ermöglichen. Die entsprechende Schulung ist vielmehr Bestandteil der Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer und in diesem Rahmen notwendige Voraussetzung für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins. In steuerlicher Hinsicht sind die gesamten Kosten dann einheitlich als Werbungskosten zu beurteilen.

b)

Im Streitfall ist Ziel der Ausbildung laut Ausbildungsvertrag zwischen dem Kläger und der GmbH die Schulung zum Verkehrsflugzeugführer im Wege einer durchgehenden Ausbildung. Der Erwerb der PPL stellt lediglich eine Ausbildungsstufe dar. Diese Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer über mehrere Ausbildungsstufen ist auch Gegenstand des Fachausbildungsbescheids des Kreiswehrersatzamtes und damit der staatlichen Förderung. Die (isolierte) Ausbildung zum Privatflugzeugführer ist keine Berufsbildungsmaßnahme i.S. des § 5 SVG und wäre deshalb auch nicht förderungswürdig.

3.

§ 3c Abs. 1 EStG kommt, wie das FG ebenfalls zu Recht entschieden hat, nicht zur Anwendung. Dies entspricht offensichtlich auch der Auffassung der Beteiligten. Zwar hat das FG insoweit die Revision ausdrücklich zugelassen, das FA hat jedoch in der Revisionsbegründung die Verletzung der genannten Norm nicht gerügt.

Im Ergebnis stand zur Überzeugung des FG nicht fest, dass die nach dem Streitjahr "möglicherweise steuerfrei erfolgte Erstattung" in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den im Streitjahr erbrachten Aufwendungen steht. An diese Würdigung ist der Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).

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