BFH IV R 47/66

BFHIV R 47/661.6.1967

Amtlicher Leitsatz:

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Teilbetriebs einer Personengesellschaft unterliegt auch dann nicht der Gewerbesteuer, wenn der Teilbetrieb nur deshalb nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG ein gewerbliches Unternehmen darstellte, weil er von einer Personengesellschaft betrieben wurde.

Zusammenfassung:

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Teilbetriebs einer Personengesellschaft unterliegt auch dann nicht der Gewerbesteuer, wenn der Teilbetrieb nur deshalb nach §2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG ein gewerbliches Unternehmen darstellte, weil er von einer Personengesellschaft betrieben wurde

Normen

§ 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG 1957
§ 7 GewStG 1957

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin, eine KG, die einen Großhandel betreibt, verkaufte am 23. Mai 1960 das in ihrem Gesamthandseigentum stehende und dem Betriebsvermögen zugerechnete Grundstück in B zum Preise von 580 000 DM. Der buchmäßige Veräußerungsgewinn betrug 190 473,06 DM. Für den Verkauf erhielt der Komplementär K eine Verkaufsprovision von 18 000 DM. Streitig ist, ob der genannte Veräußerungsgewinn zuzüglich der Provision von 18 000 DM = 208 473,06 DM der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag unterliegt.

Das Grundstück war Ende 1957 von dem Kommanditisten F zur Erhöhung seiner Kommanditeinlage zum Buchwert von 400 000 DM in das Betriebsvermögen der KG eingelegt worden. Im Innenverhältnis der Gesellschafter sollte der Kommanditist F Alleineigentümer des Grundstücks bleiben und ihm die Grundstücksnettoerträge als Vorwegvergütung zufließen. Ziel der Einlage war, der KG das dringend benötigte Betriebskapital durch baldige Veräußerung des Grundstücks zuzuführen. Mit dem Eigentumserwerb übernahm die KG die Grundstücksverwaltung mit dem vorhandenen Personal und führte diese Verwaltung abgesondert von ihrer sonstigen geschäftlichen Tätigkeit weiter. Die 18 Mietverhältnisse, blieben weiterhin im wesentlichen bestehen. Der Komplementär K der KG erhielt für die Grundstücksverwaltung ein jährliches Honorar von 6000 DM. Die erzielten Nettogewinne nahm die KG in ihre jährliche Abschlußbilanz auf und führte sie als Gewinn vorab dem Kommanditisten F zu.

Das Finanzamt (FA) erhöhte im Jahr der Veräußerung des Grundstücks den Gewerbeertrag der KG um den genannten Betrag von 208 473,06 DM. Die Sprungklage der KG, mit der sie geltend machte, der Veräußerungsgewinn stamme aus dem Betriebsvermögen des Kommanditisten F als wirtschaftlichem Alleineigentümer des Grundstückes, im übrigen handele es sich um die Veräußerung eines Teilbetriebes im Sinne des § 16 EStG, blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus, das Grundstück gehöre als Anlagegut zum Betriebsvermögen der KG. Der Erlös aus der Veräußerung des Grundstücks gehöre daher zum Gewinn der KG. Das Grundstück als Betriebsvermögen des Kommanditisten F anzusehen, sei jedenfalls gewerbesteuerlich nicht möglich. Die Regelung hinsichtlich der wirtschaftlichen Stellung des Kommanditisten F sei für die Frage der Zurechnung des Grundstücks zum Betriebsvermögen in Fragen des Gewerbesteuerrechts ohne Bedeutung. Eine Freistellung des Veräußerungsgewinns von der Gewerbesteuer unter dem Gesichtspunkt der Veräußerung eines Teilbetriebs komme ebenfalls nicht in Betracht. Zwar erfülle die Grundstücksverwaltung der KG grundsätzlich insoweit die Merkmale eines Teilbetriebs, als die organisatorische Selbständigkeit der Grundstücksverwaltung gegenüber der sonstigen Tätigkeit des Gewerbebetriebs gegeben gewesen sei. Die KG habe das gesamte Personal von ihrer Rechtsvorgängerin übernommen und mit ihm die Verwaltung mit gesonderter Buchführung weitergeführt. Auch ließen die Grundstücksnettoerträge erkennen, daß das Grundstück die Grundlage für ein lebensfähiges Unternehmen hätte bilden können. Indes sei Voraussetzung für die Anerkennung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Teilbetriebs, daß der Teilbetrieb selbst die typischen Merkmale eines Gewerbebetriebs aufweise. Das sei bei der Grundstücksverwaltung durch die KG nicht der Fall. Die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken oder Gebäuden sei regelmäßig kein Gewerbebetrieb, sondern Vermögensverwaltung, es sei denn, daß besondere, für eine gewerbliche Betätigung sprechende Umstände vorlägen. Solche Umstände seien hier jedoch nicht feststellbar. Die Verkaufsprovision an den Komplementär und Geschäftsführer K dürfe ebenfalls den gewerblichen Gewinn nicht mindern.

Entscheidungsgründe

Die Revision der KG führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und des Gewerbesteuerbescheids vom 27. November 1962 betreffend die Gewerbesteuer 1960 sowie zur Neufestsetzung der Gewerbesteuer.

1.

Dem FG ist darin beizutreten, daß das Grundstück zum Betriebsvermögen der KG gehörte und nicht Betriebsvermögen des Kommanditisten F darstellte. Die Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem Kommanditisten F, wonach diesem die Grundstückserträge zustehen und er im Innenverhältnis wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks sei, stellte lediglich eine Gewinnverteilungsabrede dar (vgl. hierzu das Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - VI 807/38 vom 4. Januar 1939, RStBl 1939, 284). Die Veräußerung des Grundstücks stellt daher einen Vorgang im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit der KG selbst dar.

2.

a)

Die Frage, ob im Streitfall die Grundstücksverwaltung einen organisatorischen mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Teilbetrieb der KG darstellt, liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Da die Feststellungen der Vorinstanz in dieser Hinsicht einwandfrei zustande kamen, auch ein Verstoß gegen die Denkgesetze und die Lebenserfahrung nicht erkennbar ist, ist der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO hieran gebunden. Der Revisionsbeklagte (das FA) erhebt hiergegen auch keine Einwendungen.

b)

Es ist auch nicht erkennbar, daß das FG den Begriff des Teilbetriebs als Rechtsbegriff verkannt habe. Unter Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) I 206/61 U vom 18. September 1962 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 75 S. 547 - BFH 75, 547 -, BStBl III 1962, 468) und IV 67/58 U vom 9. Dezember 1960 (BFH 72, 331, BStBl III 1961, 124) geht die Vorinstanz zutreffend davon aus, daß ein Teilbetrieb vorliege, wenn ein Unternehmen in mehrere selbständige, für sich lebensfähige Gewerbebetriebe aufgeteilt werden könne und es sich um einen organisatorisch mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Teilbetrieb eines Unternehmens handle.

c)

Der Vorinstanz kann jedoch darin nicht beigetreten werden, daß im Streitfalle ein zur Gewerbesteuer nicht heranzuziehender Gewinn aus einer Teilbetriebsveräußerung deshalb nicht vorliege, weil die Grundstücksverwaltung nicht die typischen Merkmale eines Gewerbebetriebs aufweise, sondern für sich gesehen eine Vermögensverwaltung darstelle. Die Grundstücksverwaltung der KG gehört zu ihrem Gewerbebetrieb und die Erlöse hieraus unterliegen der Gewerbesteuer, weil die KG ein gewerbliches Unternehmen betreibt (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG). Hieraus müssen die gewerbesteuerlichen Konsequenzen gezogen werden. Es geht nicht an, zwar die grundstücksverwaltende Tätigkeit der KG als gewerbliche anzusehen und der Gewerbesteuer zu unterwerfen, bei der Frage aber, ob Gewinne hieraus der Gewerbesteuer nicht unterliegen, die in § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG enthaltene gesetzliche Fiktion, wonach die Tätigkeit einer Personengesellschaft mit gewerblicher Tätigkeit stets und in vollem Umfang einen Gewerbebetrieb darstellt, nicht mehr gelten zu lassen. Im übrigen trifft auch auf diesen Fall der Grundgedanke zu, aus dem heraus gewerbesteuerlich die Gewinne aus der Veräußerung eines Unternehmens oder eines Teilbetriebs nicht erfaßt werden. Es wird davon ausgegangen, daß die Veräußerung des Unternehmens bzw. eines Teilbetriebes nicht mehr in den Rahmen der werbenden Tätigkeit bzw. der Tätigkeit eines umgehenden Gewerbebetriebs fällt, sondern gewissermaßen als Vorgang nach Beendigung des Gewerbebetriebs anzusehen ist. Die Gewerbesteuer auf Gewinne aus derartigen Vorgängen entfällt deshalb, weil darin keine gewerbliche Tätigkeit des Unternehmens-Inhabers mehr erblickt wird (vgl. Urteil des BFH I 78/61 S vom 25. Mai 1962 BFH 75, 467, BStBl III 1962, 438).

3.

Die Verkaufsprovision von 18 000 DM an den Komplementär und Geschäftsführer K ist dagegen zu Recht von der Vorinstanz im Gewerbeertrag erfaßt worden. Nach § 7 GewStG gilt als Grundlage für die Gewerbeertragsberechnung der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn. Nach § 15 Nr. 2 letzter Teilsatz EStG aber ist die Provision an den Komplementär und Geschäftsführer als gewerblicher Gewinn der KG anzusehen.

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